Skin Repair - gerissenes Banjo-Fell ersetzen

Jed
Jed
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Nein, es geht nicht um Naturkosmetik, sondern um so etwas:

OB Riss.jpg

Selber Schuld - im Spätsommer richtig stramm gezogen, bei Winteranfang nicht aufgepasst - und schon schlug die Trockenheit zu!

Was soll's. Sowas gehört zum Banjoistenleben dazu, wenn man der guten Klangqualität des Naturfells verfallen ist.
Und eigentlich war dieses Fell damals eine Notlösung. Nach dem letzten Riss kaufte ich es in einer örtlichen Musikalienhandlung. Und die hatte Naturfelle nur in der Trommelabteilung, also habe ich dieses honigfarbene, etwas durchscheinende Exemplar genommen. Sie spielte sich nicht schlecht - ich bekam einen richtig knackigen, klasischen Ton hin - und die Farbe passte gut zum hellen Holz. Allerdings deuteten die hellen Striemen auf eine Schwachstelle, und das war wohl so. Sonst kenne ich Risse nur am Tonring, wo das Fell über Stahl spannt.

Diesmal habe ich den Ersatz aus England kommen lassen, und zwar von der Firma Clifford Essex (bei der ich auch meine Classic-Banjo- und Zither-Banjo-Saiten bestelle). Und was geliefert wurde war ein wunderschönes, blütenweißes, glattes, rundes Stück Pergament. Fast kam in in die Versuchung, es auf Buchformat zuzuschneiden, Feder und Tusche zu nehmen und ein Evangelium abzuschreiben ... :D
Man sieht kaum den Unterschied zwischen Innen- und Außenseite. Aber am Rand hinten drauf steht "UNDERSIDE" geschrieben, also gibt's auch im nassen Zustand kein Vertun! Außerdem liefert Clifford Essex eine einseitige Eingauanleitung, die sich in ein paar Punkten von der alten Anleitung von S.S. Stewart aus dem Jahr 1896 unterscheidet.

Das ist jetzt das dritte Mal, wo ich ein Fell auf diesem Banjo spanne - ich berichte euch mal wie es läuft.

Cheers,
Jed
 
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Diesmal habe ich den Ersatz aus England kommen lassen, und zwar von der Firma Clifford Essex (bei der ich auch meine Classic-Banjo- und Zither-Banjo-Saiten bestelle). Und was geliefert wurde war ein wunderschönes, blütenweißes, glattes, rundes Stück Pergament. Fast kam in in die Versuchung, es auf Buchformat zuzuschneiden, Feder und Tusche zu nehmen und ein Evangelium abzuschreiben ... :D
Man sieht kaum den Unterschied zwischen Innen- und Außenseite. Aber am Rand hinten drauf steht "UNDERSIDE" geschrieben, also gibt's auch im nassen Zustand kein Vertun!

Genau sowas hatte ich damals bei der unten genannten Firma für mein Zither-Mandolinbanjo bestellt und erhalten. Ober- und Unterseite sind leicht zu unterscheiden: Lupe! Oben sind die Poren für die Haare (Felle) zu erkennen. Oder anders ausgedrückt: Oben ist die stark porige Oberfläche. Mit den Banjofellen wird viel Reibach gemacht; ist auch nur Pergament bzw. Rohhaut. :rolleyes:

http://www.pergament-trommelfell.de/produkte_trommelfell.html
 
Ober- und Unterseite sind leicht zu unterscheiden: Lupe!

:D
Beim ersten Vellum, das ich aufgespannt habe, ging das auch ohne Lupe. Im trockenen Zustand.
Deshalb habe ich nichts Böses gedacht und das Vellum beim Wässern ein paarmal hin- und hergewendet. Und im nassen Zustand konnte ich innen und außen nicht mehr unterscheiden - weder visuell noch taktil!
Ich habe das Fell natürlich verkehrt herum montiert (streng nach Murphy's Law: "Was schief gehen kann, wird schief gehen"), aber es klang wunderbar, sah auch nicht schlimm aus, und ich habe jahrelang schöne Musik damit gemacht.

Jum jetzigen Fall/Fell: Gestern habe ich das Banjo auseinandergenommen und das "flesh hoop" aus dem alten Vellum herausgeschnitten, dann das neue Vellum nach der Anleitung von Clifford Essex aufgespannt. Bis auf eine Ausnahme, die ich nach S.S. Stewart ausführte, und zwar den überstehenden Rand des Felles habe ich mit einem sehr scharfen Messer (Cuttermesser) im noch feuchten Zustand abgetrennt.

Jetzt hängt der Reif mit Fell (richtig 'rum!) zum Trocknen, durch nur 6 Spannhaken gehalten. Morgen will ich wie von Essex vorgeschlagen Fell und Spannring wieder abnehmen, die restlichen Haken anbringen, das Fell akkurat aufsetzen und alles vorsichtig spannen.

Cheers,
Jed
 
So, jetzt ist die Arbeit vollbracht:
WP_20180203_19_22_06_Pro.jpg
Es ist alles gut gegangen. Vor allem die endgültige Lage des Spannrings ist perfekt - er sitzt hoch genug, um das Fell dort, wo es über dem Tonring verläuft, vor Beschädigung zu schützen, aber nicht so hoch, das er am Halsansatz die Saiten stören würde.

Das Fell ist mittlerweile ausgereckt und ziemlich stabil, aber das hat ein paar Tage gedauert. In der Zeit musste ich es wiederholt auf die richtige Spannung hochziehen. Dabei machte ich die Beobachtung, dass ein Fell, das ein wenig zu schlapp ist, die Basstöne bevorzugt. Die klingen dann schön laut und satt, aber sie übertönen die Höhen. In dem Augenblick, wo tiefe und hohe Töne gleichermaßen präsent sind, stimmt die Fellspannung.

Ich bin auch mit dem Klang des neuen Felles sehr zufrieden. Das vorherige Trommelfell war schon knackig - man konnte scharf artikuliert spielen - aber das neue Banjofell ist genauso knackig aber gleichzeitig geschmeidiger, runder im Ton.

Falls es interessiert, habe ich ein paar Fotos während der Arbeit gemacht. Das Banjo ist ein eigenartiges Teil - billig in der Ausführung aber super im Ton. Wie alt es ist, weiß ich nicht. es kam so um 1956 in unsere Familie und war damals schon lange nicht mehr gespielt worden. Eine Wirbel, der Steg, der Saitenhalter fehlten - und die Saiten sowieso. Erst mein Vater und dann ich haben es Stück für Stück gerettet, renoviert und verbessert.
Das es ein billiges Teil ist, sieht man daran, dass es nur 16 Spannhaken hat (teure Banjos aus der Zeit hatten gut und gerne doppeltsoviele) und dass die Perlmuttmarkierungn klein und einfach rund sind, und außerdem nur 4 vorhanden sind (im 5., 7., 10. und 12. Bund - das reicht zur Orientierung beim Spielen, macht aber optisch nicht viel her).
Andererseits ist der Hals offensichtlich aus gutem Holz verarbeitet, denn er ist immer noch fast gerade - er hat lediglich jene kaum merkbare Biegung in der unteren Hälfte, die man "Relief" nennt. Dafür war der "dowel-stick" vollkommen verzogen, sodass ich gezwungen war, den eigenartigen Beschlag aus Messingblech herzustellen (siehe Foto). Dieser hat aber den Vorteil, dass man durch unterlegte dünne Holzplättchen den Halswinkel und damit die Saitenhöhe sehr fein einstellen kann.
Wieder ein Pluspunkt ist der Tone Ring. Dieser verleiht dem Instrument den knackigen, klassischen Ton. Er besteht aus einem Stück flachstahl 12,75 x 1,6 mm im Querschnitt. Die Oberkante steht 4 mm über dem Rand des Topfes. Die Enden sind noch nicht einmal miteinander verlötet (siehe Foto). Die Fellspannung bewirkt, dass er fest ansitzt, auch bei variationen in Temperatur und Feuchtigkeit der Umgebung.

Cheers,
Jed
 

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Es ist alles gut gegangen. Vor allem die endgültige Lage des Spannrings ist perfekt - er sitzt hoch genug, um das Fell dort, wo es über dem Tonring verläuft, vor Beschädigung zu schützen, aber nicht so hoch, das er am Halsansatz die Saiten stören würde.

Das Fell ist mittlerweile ausgereckt und ziemlich stabil, aber das hat ein paar Tage gedauert.

Ja, so soll es sein: Der Spannring erhebt sich minimal über der Fellhöhe.

Manch einer wundert sich, dass manche Naturfelle so gelblich opak erscheinen, andere dagegen weiß. Das liegt am Spannen während das Fell noch feucht ist: Die Hautfasern werden gedehnt und erscheinen dann weiß. Ein Fell, dass nur mittels Spannring fixiert wird und womöglich noch fast Falten zeigt, wird nach dem Trocknen eher gelblich erscheinen. Ganz selten sogar etwas durchsichtig.
Die heutigen Naturfelle werden jedoch schon bei der Herstellung und Bearbeitung gedehnt, gebügelt und geschliffen und sind dann schon vor dem Aufziehen weißlich.

Ich habe übrigens das Fell von meinem neuen Windsor No. 45 nochmals neu aufgezogen. Wieder konnte ich die Spannung an der Tonhöhe mittels Tuner problemlos messen und einstellen. Das geht aber nur bei ausgebautem Kopfsystem, weil -wie gesagt- im eingebauten Zustand alles mögliche mitschwingt und es keinen eindeutigen Ton ergibt.
Übrigens ganz erstaunlich: ich habe drei Zither-Banjos und alle drei haben unterschiedliche Kopfsysteme.
 

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