Schwankende Beliebtheit eines Songs [Musikpsychologie]

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mannyk
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Hallo liebe Community,

Ich befasse mich im Bereich der Musikpsychologie mit dem Phäomen der schwankenden Beliebheit eines Songs bei mehrmaligem Hören einer Person.

Das heißt, ich würde mich gerne damit befassen, finde aber keinerlei Literatur dazu.

Ich habe folgende Annahme und Theorie:
Angenommen ich findet einen neuen Song supertoll, welchen ihr dementsprechend oft anhört. Aber - und das kennt ihr wohl alle - ihr hört diesen Song einfach zu oft (und dann fängt auch der beste Song an zu nerven). Als Folge daraus hört ich diesen nun viel weniger. Das geht solange (unbewusst), bis euch der Song wieder mehr interessiert und ihr ihn wieder öfter hört.

Ich glaube, dass dies mit einer sinusförmigen Schwankung zu vergleichen ist.

Was meint ihr dazu? Rede ich nonsense oder weiß jemand von euch villeicht sogar irgendwelche Quellen, die mir weiterhelfen könnten?
Über eure Meinung würde ich mich ehrlich freuen!
Danke und lg,
mannyk
 
Eigenschaft
 
Aus der normalen Psychologie kann ich dir sagen, dass umso öfter man ein Lied erst einmal gehört hat (unbekanntes Lied) umso mehr Sympathie empfindet man normalerweise. Der Mensch ist darauf ausgelegt, dass er gewohnte Dinge mag und das überträgt sich auch auf die Musik/Melodien.

Als Schlussfolgerung ist es also effektiv um in Werbefilme ganz suptil Lieder einfließen zu lassen und wenn der Zuschauer sich an das Lied gewöhnt hat es als Single anzubieten. :D


Die Idee der Sinuskurve finde ich nicht gelungen, da die Fragestellung viel zu undifferenziert ist.
Die Wellen-Idee finde ich an sich recht gut, allerdings wäre die Amplitude nicht konstant. Ich denke, dass es einen Punkt gibt, an dem die Beliebtheit des Liedes den Höhepunkt erreicht und danach wieder leicht abschwächt.
 
Kennen tut man das auf jeden Fall, aber ich denke, das Mögen eines Songs hat nicht nur mit hören/nicht hören/zu viel hören zu tun, sondern mit nostalgischen Gefühlen und Stimmungen, die aufkommen, wenn man ein Lied hört, das man früher öfter gehört hat. Dann mag man das Lied hauptsächlich wegen dieser Gefühle und nicht unbedingt, weil der Song so gut ist.
 
Ganz grob und sehr allgemein:
Es hat etwas mit Erfüllung einer Erwartungshaltung zu tun.

Ich höre Musik und dann erhebe ich automatisch Erwartungen: "was passiert als nächstes" - bezüglich Struktur und Melodieverlauf usw.
Plötzlich ungewohnte Rhytmen, ungewohnte Akkorde an der richtigen Stelle... das wirkt zuerst verwirrend und überfordert.:
http://www.youtube.com/watch?v=WL_I1z5OHe4
http://www.youtube.com/watch?v=kr7PTeLXzTE&feature=related
Die Erwartungshaltung ist nicht erfüllt. Hört man es öfter, beginnt man die Knackpunkte der Komposition zu kennen und die Erwartungshaltung wird automatisch ein Stück mehr erfüllt. Dann beginnt sichd as Stück richtig zu entfalten, dazu gleich mehr.

Anderes Beispiel ist eine schlagartig fast vollends erfüllte Erwartungshaltung weil man den Song von Anfang an zu kennen scheint:
http://www.youtube.com/watch?v=uwxPQn80aW8
=> Langweilig

Das Beispiel eben kann nur eine erbarmungslos gute Melodie retten wie sie viele Volkslieder haben. Die sind auch alle einfach aber...

Perfekt ist wie so oft das Mittelmaß:
Der Hörer kann sich sofort orientieren aber beim genauen Hinhören tauchen auch beim 10. mal noch unerfüllte Erwartungen auf.
Man findet also immer wieder Neues.
Ein Beispiel wäre eine Bachfuge, die man gut verfolgen kann weil die Melodie einen anspricht, wenn man sich aber genau reinhört erkennt man interessante Harmonien, Kontrapunkte, 2. 3. Stimme usw...
Im modernen fällt mir persönlich Tool und Dream Theater - generell die Proggis ein. Meistens gibts ein Riff/Hook und dennoch wird der Hörer immer wieder gefordert. Man findet sich zurecht aber kann es auch nicht sofort durchschauen.

Das ist eine sehr allgemeine Erklärung darüber was man im Groben gut findet und was nicht.

Ist leider, wie ich im Nachhinein feststelle etwas am Thema vorbei... naja die schwankende Beliebtheit spielt da vielleicht etwas mit rein. :D
 
... ihr hört diesen Song einfach zu oft (und dann fängt auch der beste Song an zu nerven). Als Folge daraus hört ich diesen nun viel weniger. Das geht solange (unbewusst), bis euch der Song wieder mehr interessiert und ihr ihn wieder öfter hört.
Hallo mannyk,

man schenkt Musik wohl hauptsächlich Aufmerksamkeit um etwas zu erleben und sei es nur, um die Langeweile zu vertreiben. Der Mensch hat einen natürlichen Erlebnishunger. Dieser spielt sich jedoch innerhalb gewisser Grenzen ab. Zuviel bedeutet Überforderung, zu wenig Langeweile.

Ein neuer Song kann aufgrund unterschiedlicher Aspekte interessant erscheinen.
Z.B. kann der Interpret authentisch erscheinende Gefühle vermitteln, die uns ansprechen weil wir uns ein Stück weit in ihnen wiederfinden. Es kann sogar zur Identifikation mit dem Interpreten kommen, der im Extremfall zum Superstar werden kann.
Natürlich kann die Musik auf ganz unterschiedliche Art und Weise die Aussage des Songs gestalten. Der Akzent kann auf der Melodie liegen, auf der Harmonik, dem Rhythmus, dem Arrangement, dem formalen Aufbau usw.. Bei besonders "wirkungsvollen" Songs sind i.d.R. alle Komponenten gut aufeinander abgestimmt.

Damit haben wir die verschiedene Dimensionen angesprochen, die in einem Song eine Rolle spielen können. Deren Komplexität (die auch in ihrer Wechselwirkung bestehen kann) nehmen wir zunächst nur unbewußt oder lediglich in Konturen wahr. Beim ersten Hören gehört die Aufmerksamkeit i.d.R. der Grundaussage und der groben Gesamtstruktur. Diese muß zu uns passen. Sie sollte uns ansprechen und uns weder über- noch unterfordern.

Vielleicht ist es ein bestimmter Aspekt im Song, der uns besonders gefällt und dem wir uns bei mehrmaligem Hören immer wieder widmen - bis ein Sättigungseffekt eintritt und wir nichts mehr wesentliches erleben können. Folglich hören wir den Song dann nicht mehr so oft. Wir hören und erleben in der Zwischenzeit anderes. Doch der Song hat uns im Innersten vielleicht so angesprochen, daß wir auch das zwischenzeitlich Erlebte oder wiedergewonnene Erinnerungen (unbewußt) gerne in Beziehung zum dem Song setzen wollen und so doch wieder zu neuen Erlebnissen kommen können.

Vielleicht widmen wir auch, nach einem zeitlichen Abstand, unsere Aufmerksamkeit anderen Aspekten des Songs. Dazu waren wir bisher möglicherweise nicht in der Lage, weil uns die Grundaussage/Grobstruktur zu sehr gefesselt hat.

Wenn wir den Song, auch nach längeren Pausen, immer wieder hören, wird er irgendwann keine wesentlichen Erlebnisse mehr liefern können - er ist "ausgelutscht" - die "Sinuskurve" klingt aus. (Ausnahme: Wir verbinden wichtige Ereignisse mit dem Song, an die wir uns auch nach vielen Jahren gern erinnern.)

Allgemein ausgedrückt, zeichnen sich gelungene Kunstwerke m.E. dadurch aus, daß man sehr lange von ihnen zehren kann. Sie schaffen es, nicht nur einen überzeugenden Ersteindruck zu hinterlassen, sondern man kann in ihnen über eine sehr lange Zeit immer wieder neue Aspekte erkennen, die sich auf interessante Weise in das Gesamtbild einfügen. Sie sorgen auf diese Weise immer wieder zu neuartigen Erlebnissen und Erkenntnissen, die aufgrund ihrer Komplexität beim ersten Hören verborgen bleiben müssen.

Passende Literatur zu dem Thema habe ich jetzt nicht direkt parat. Ein wenig zu "Originalität, Neuheit, Vielfalt, Langeweile" steht in dieser Dissertation:
Ralf von Appen: Der Wert der Musik: Zur Ästhetik des Populären, transcript-Verlag (2007) ab S. 163.

Viele Grüße

Klaus
 
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