Schwachsinn? Mit dem Quintenzirkel jazzy Progressionen komponieren (DVD)

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Hallo liebe Musiker!

Ich hatte mir eine DVD gekauft die mit "Black Music Progressions" beworben wird. Also RnB/ Soul Progressionen. Genau das was ich mir immer gewünscht habe!!! ..aber meien Freude wurde getrübt, als ich merkte, dass der "Lehrer" der DVD sich oft bei der normalen Dur-Skala verspielt und bei einigen musiktheoretischen Termini "wischi-waschi" redet, um es mal so zu sagen! ;)

Auf jedenfall wird innerhalb von 12 Minuten der Quintenzirkel erklärt und gesagt, dass man mit dem Quintelzirkel seine "coolen" und jazzy RnB-Progressionen bekommt. Der Hauptsatz der DVD war: "Entweder ihr schreibt ein Lied mit den Akkorden in Uhrzeigerrichtung des Quintenzirkels (Quinten) oder gegen die Uhrzeigerichtung" .. da hab ich gedacht, dass der Typ null Ahnung von Musiktheorie hat, aber dann haut er eine sehr gut klingende Progression als Beispiel raus, die wirklich das wiederspiegelt was versprochen wurde: einen dunklen, jazzy, bluesy Sound. Hier mal die Progression:

Gbmaj7, Bm7, Emaj13 und Db-9+15 (so wird er da beschrieben.. die Töne sind Db, F,A,B (engl) und D) ...

Das hört sich echt smooth durch die vielen Akkorderweiterungen an, aber ich hab keine Ahnung wie man sowas mit dem Quintenzirkel komponiert haben soll!!!

Könnt ihr mir da eine Erklärung geben? Ich meine das hört sich sehr gut an, aber die Beschreibung, dass man einfach irgendwelche Akkorde in Richtungd es Quintenzirkels nehmen soll ist doch sehr unbefriedigend für mich und ich weiß ehrlich gesagt auch nicht mehr, seit dem ich mir den Kram angesehen habe. Der hat noch nichtmals gesagt welche Akkorde man nehmen soll (Moll, Dur, Dominant, Sus, etc), sondern einfach es so dargestellt als ob es egal ist, welche Akkordart man nimmt, hauptsache die Rootnote ist die des Quintenzirkels...

Vielen Dank für Eure Hilfe!!
 
Eigenschaft
 
Meine Meinung:

Bei sehr vielen, eher traditionelleren, JazzStilen wird die Auswahl des Grundtons nicht das große Geheimnis sein, sondern vielmehr ein - am Klavier - gefinkeltes Voicing und die Wahl der Tensions. Was Dich da vielleicht eher weiterbringen wird in Deinem Studier-Drang ist das Studium der Reharmonisationsmöglichkeiten, also "welche Akkorde können durch welche andere ersetzt werden", und das der unendlichen Voicingmöglichkeiten. Daß man wissen sollte, daß ein Quintenzirkel kein Zeichengerät ist, ist klar. Aber ihn als ein zentrales Element im Musikmachen/Komponieren hinzustellen, halte ich für übertrieben. Ist doch nicht mehr, als eine DENK-Hilfe ...

Und die Bezeichnung XX-9+15 ist überaus originell und kreativ ... ??!!

LG, Thomas
 
Hmm, also ich ich sag immer der Quintenzirkel ist eine Art Spickzettel für Musiker. Und er KANN auch ne Hilfe beim Komponieren sein. Das liegt einfach daran, dass der Quintfall ein Dominantes Element in der Musik allgemein ist. Es gibt auch zahlreiche Stücke in die eine Quintfallsequenz eingebaut ist, oder die generell (fast) nur daraus bestehen.
Aber darüber hinaus so einen Quatsch zu erzählen...:mad:
Zumal die Grundtöne Gb - B - E und Db nur in der Reihenfolge Db - Gb - B - E Quintfälle sind. Ich nehme an, genau das meint der "Lehrer". Zitat:"...sondern einfach es so dargestellt als ob es egal ist, welche Akkordart man nimmt, hauptsache die Rootnote ist die des Quintenzirkels..."

Genau das ist der "Lehrinhalt". Dass es natürlich NICHT egal ist welcher Akkord denn nun über dem Grunddton steht, wird verschwiegen. Zuviel lernen müssen verkleinert die Zielgruppe.

Der Markt für Unterrichtsmaterial im Gitarrenbereich ist dermassen mit gruseligen Produktionen (gerade aus Amiland) versaut... Da wird oft soviel "vereinfacht" dass dann nur noch Humbug rauskommt.
 
Meine Meinung

man denkt zu viel ...

bei dieser komplexen Music z.B Jazz ist der Grundton -Root das wichtigste , nicht unbedingt die Tonart auf der sich ein Song aufbaut .

Nimm doch den Song von Jimi Hendrix ..Hey Joe ..da hat man hier auch schon oft gerätselt was die Tonart ist .

Die Akorde sind E - C- G- D- A- E .. so und jetzt schau dir mal den Quintenzirkel an ...aha , das Solo ist in Em penta.

Nimm lieber ein Instrument in die Hand ..das spaart tausend fragen ...wer keine Ahnung hat da wär ich mal vorsichtig .:rolleyes:

mfg;)
 
Guten Morgen Thomas! (und auch guten Morgen an alle Anderen.. habe eure Beiträge erst jetzt gesehen :) )

Nochmal zur DVD: Ich hatte gestern noch die "Rnb-Sessions-DVD" zuende gesehen und teilweise (besonders die Stelle mit dem Quintenzirkel) wiederholt.. zuerst dachte ich, dass er vielleicht doch nicht so (musiktheoretisch-) ungebildet ist, da er meinet, dass man auf dem Zirkel den genauen "gegenteiligen" Akkord eines Akkordes finden kann. Dieser Akkord würde sich auf der gegenüberliegenden Seite befinden.... dann habe als Beispiel mal selber C-Dur gespielt und dann geguckt was auf der "gegenüberliegenden Seite steht".. das wäre Fis.. also der Tritonus! Da hab ich gedacht, vielleicht steckt da doch mehr hinter..

Da zerschluck sich aber direkt, als er im letzten Kapitel ein Internettool vorschlug, das einem einfach zig Akkorde zeigt (zB Maj7,Sus,add9, und auch den lustigen -9+15 :D). Er meinet dann man könnte sich einfach einen Akkord daraus aussuchen und den dann für den Ton im Quintenzirkel spielen (nach dem Motto: wenn ich Quintenzirkle "C" steht, ist es scheiß egal ob Dur, Moll, augmented...). Und dann hat er (durch eine Midifunktion dieses Tools) einfach die Akkorde in ein Taktstruktur geschoben und rumprobiert. Also noch nichtmals selber gespielt ... und dann meinte er, dass das "erwachsene Musik" und es Zeit ist dieses Tool der Topproduzenten zu benutzen, um "erwachsene Akkorde zu spielen"... :D So einen Mist habe ich echt noch erlebt und glaube das Ding verkauft sich via Internet auch gut....:bad:


zur Reharmonisationsmöglichkeiten: Kannst du mir da ein Buch, oder Video, etc empfehlen?

LG
 
Naja, das hier im Board schon tausend Mal erwähnte Werk von Frank Sikora "Neue Jazz-Harmonielehre". Oder von Mark Levine "Das Jazz Theoriebuch" ...

Aber am meisten lernst Du meiner Meinung (und Erfahrung) nach, wenn Du (zu-)hörst und probierst. Es gibt Akkorde, die sich beinahe immer und beliebig durch andere ersetzen lassen, ohne daß es groß auffällt. Z. B. eine IV durch eine II. Da wird kaum jemand den Unterschied hören, und dennoch IST es ein Unterschied.
Oder eine I durch eine VI oder eine III. Das geht so gut wie immer.

Und dann geht es darum, im Originalsong jeweils den nächsten ZIELAKKORD, quasi als Etappenstation zu finden und definieren, und sich dann zu fragen "auf welche ANDERE Weise als die im Original komme ich harmonisch gesehen zu diesem Zielakkord ?". Und zwar so, daß es zwar eindeutig anders klingt als im Original, aber dennoch logisch, schlüssig und überzeugend, ohne zu "holpern". Und ... BESONDERS wichtig ... : Man wird nachprüfen, ob alle neu eingesetzten Akkorde auch ZU-einander gut klingen und such gut in einander einfügen. Und daß kein Konflikte mit einer Melodie auftreten ...

So wirst Du mit der Zeit ganz alleine drauf kommen, daß man z. B. vor jeden DomseptAkkord seine entsprechende II quasi als "Vorbereitungs-Akkord" vorschalten kann. Und, daß man jeden DomseptAkkord durch seinen Tritonus-Vertreter (= Akkord, dessen Grundton einen Tritonus vom Original-Akkord-Grundton weit weg ist, der jedoch die selben Töne als Terz und Septim hat, nur halt vertauscht) ersetzen kann, was (meistens) chromatisch absteigende und sich nähernde Bass-Linien ergibt ... man kann Mollakkorde verduren und durige vermollen oder, wenn man´s gerne schwebend und offen hat, mit Slash-Akkorden/Sus-Akkorden experimentieren, die sich ebenfalls sehr gut auch als "vorbereitende Akkorde" eignen ...

Und Du wirst die Welt der "upper structures" erkunden, die eine eigene kleine Welt für sich ist und immense Möglichkeiten in sich birgt ...

Als wirkliche Quelle der tiefen Weisheit und der Inspiration kann der simple Turnaround dienen, finde ich. Indem Du einen einfachen Turnaround (z. B. C - Am - F - G7) mit immer mehr Akkord-Vertretern versiehst, und diese Vertreter wieder durch andere Vertreter der Vertreter, kannst Du zu Harmoniefolgen kommen, die sowas von "strange" klingen, aber dennoch immer als Turnaroung "funktionieren", obwohl schon kein Stein mehr auf dem anderen geblieben ist ...
Wer es kann, kann eine halbe Stunde lang Turnaround spielen, ohne sich dabei zu wiederholen. Wenn man alle Möglichkeiten konsequent ausarbeitet und verfolgt. Und man kann dabei gleich auch mit verschiedenen Tensions (und grundlegenden Akkord-Qualitäten) herumexperimentieren. An welche Position im Turnaround paßt ein Maj7-Akkord, wo muß ein Domsept hin ... ? Welche Akkorde sind angelegt als spannungsgeladene und vertragen daher "extreme Reharmonisationen", welche sind eher stabil und erdig ... so wird aus einem

C - Am - F - G7 ein
C maj7 6/9 - A7#9b13 - D7#9b13 - G7b13(sus4) (keine Ahnung, wie ein USIVm anders zu nennen wäre ... Akkord F-H-Eb-G-C)

Viel Erfolg und Freude beim Entdecken ...

LG, Thomas
 
C maj7 6/9 - A7#9b13 - D7#9b13 - G7b13(sus4) (keine Ahnung, wie ein USIVm anders zu nennen wäre ... Akkord F-H-Eb-G-C)

Was ist ein USIVm? Den gennanten Tönen nach würde ich ihn jedoch einen G7,11,#5 nennen, da die Bezeichnung sus für einen Akkord ohne Terz steht.
 
da die Bezeichnung sus für einen Akkord ohne Terz steht.

Ja, ist mir klar. Deswegen frage ich ja, wie man sowas nennen könnte ...

USIVm heißt Upper Structure IV Moll. Also in der linken (im Falle eines Klavieres) den Tritonus des Basis-Septakkordes, also Terz und Septime, in der rechten Hand den (reinen) Moll-Dreiklang auf der relativen IV Stufe davon. In unserem genannten Falle also:
Links: G7-Tritonus mit F - H. Rechts der Molldreiklang auf der IV Stufe von G, also C-Moll: Eb - G - C.

LG, Thomas
 
Als ich vor ein paar Jahren von der Heavy Metal Gitarre zum Keyboard gewechselt bin, wollte ich immer diese smoothen Rhodes-Progressionen spielen, die ich von vielen 70er jahre Funk und Soul Sachen kannte und natürlich von modernen "Smooth Jazz" und natürlich "normalen" Jazz. Ich meine, ich wußte das ich in meinem reifen Alter kein Chick Corea werde, aber diese gängigen Fahrstuhl-Smooth-Jazz oder Soul-Progressions würden mich echt zufrieden stellen! :)

Dann habe ich die ganzen "normalen" Vierklänge entdeckt und dachte, dass ich jetzt voll smooth, jazzy und cool. Naja, dem war dann nicht so.. ;) Und da hänge ich immernoch fest. Ich schreibe meine kleinen Lieder nur alle in der Diatonik. Und irgendwie hört es sich alles so vertraut an.. ich kann irgendwie nicht aus der Diatonik (sowohl Harmonie als auch dann die Melodie) ausbrechen. Dadurch, dass ich jetzt den Blues lerne, habe ich natürlich so Anfänger "Tricks" wie Tritonus Substitution und die Flat5 (Bluenote). Oder halt einfach mal Chromatisch auf eine Note zugehen. Aber dann hört es schon auf... irgendwie bin ich doch noch sehr verwirrt. Ich glaube das Frank Sikora Buch werde ich mir wirklich mal kaufen müssen um einen Schritt weiterzukommen!


Dein Beispiel mit dem Turnaround rumspielen, werde ich wirklich mal in meine Übungen aufnehmen. Auch wenn ich jetzt noch keine großen Ideen hätte, wie ich die Akkorde austauschen kann.. ich schrecke innerlich immer Zusammen, wenn ich zum Beispiele eine streng diatonische Melodie habe und dann Akkorde aus einer anderen Tonleiter darunter lege. Sowas verwirrt mich echt total.. :(

Vielen, vielen Dank für deine ganze Hilfe, Thomas!!
 
turko
  • Gelöscht von Basselch
  • Grund: Bitte Urheberrecht beachten!
Also das "Stück" ist wirklich beeindruckend! Man, ich muß mir das Buch zulegen! Schade, dass das nur so teuer ist, aber es lohnt sich wohl das Geld zu investieren! :)

Das mit der Stimmführung ist mir auch schon aufgefallen in den Songs. Deswegen baue ich auch öfter die Harmonie auf eine Melodie auf (höchster Ton). Natürlich wieder nur diatonisch... :( Aber alles andere außer die oberste Stimme als Stimmführung zu nehmen ist mir leider noch zu hoch..
 
Oft ist es auch eine Frage der Hörgewohnheiten. Ich habe auch immer gerne Jazz gehört, fand es sehr cool, was dort passiert, doch wenn ich mich ans Klavier setzte, ging einfach nichts "Smoothes". Erst, als ich anfing Jazzstücke zu spielen, und auch ganz bewusst bestimmte typische Klänge näher kennenzulernen (vor allem mich daran zu gewöhnen, wie konsonant die große Sekund im Jazz ist) konnte anfangen, selbst etwas in die Richtung zu spielen.

Deswegen würde ich dir empfehlen, dir Noten zu suchen, Akkorde zu dir bekannten Liedern, und die selbst mal zu spielen. Mit der Zeit kommt man in das Feeling rein. :)
 
Der Quintenzirkel wird vollkommen überbewertet.
 
Der Quintenzirkel wird vollkommen überbewertet.

Okay, aber hier geht's ja nicht nur um den Quintenzirkel, sondern um die DVD, die der Threadersteller angesprochen hat. Siehst du denn trotz aller Fundamentalkritik eine Berechtigung des Quintenzirkels für das didaktische Ziel, das Gegenstand der DVD ist?

Harald
 
Um die Frage kurz zu beantworten: Eher nicht. Besser ist es, Musik, die man mag, zu hören, und nach seinem eigenen Gehör Progressionen zu finden, die für einen selbst dann in diese Richtung gehen. So wird man eher Komponist eigener Sachen. Folgt man der betagten Harmonielehre, muss man sich schon sehr gut mit ihr auskennen und immer wieder Regeln brechen, um nicht zu kopieren. Allerdings berücksichtigt meine Kritik hier nicht, dass neben den Akkorden und Tönen vorallem auch der Sound wichtig ist, um etwas als individuell oder originell anerkennbar zu machen.
 
@GrandmasterB

Ich würde gerne wissen, wie dieses Akkordfinder Online Tool heißt, um es mal auszuprobieren, denn abseits der üblichen Dur- und Mollakkorde habe ich keine Vorstellungen von den Färbungen der einzelnen Akkordarten.

https://www.musiker-board.de/member.php?u=99424
 

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