Schneller Lauf - Fingersatz für eine Hand

MusikBert
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Hallo Musiker,

ich sitze gerade an einem schnellen Lauf, den ich mit zwei Händen (LH greift über die RH) spiele ...

Lauf.jpg


doch möchte ich den Lauf ab dem G3 mit nur einer Hand (RH) spielen. Der (für mich) natürliche Fingersatz für die RH 1, 2, 3, 4, 1, 2, 3, 4, 1, 2, 3, 4, 5 mit Daumenuntersatz ist für mich zwar gut spielbar, ist aber deutlich langsamer als das Spiel mit beiden Händen. Gibt es für solche Läufe mit einer Hand einen effektiveren Fingersatz als das "unschöne" Rübergreifen mit der LH?

Gruß, Bert
 
Eigenschaft
 
Unschön ist kein passendes Wort, deshalb habe ich es in Anführungszeichen gesetzt; gemeint habe ich den Unterschied zu der Eleganz des einhändigen Laufes.

Gruß, Bert
 
Verstehe.
Aber sollte nicht der musikalische Output die „Eleganz“ stechen ?
 
Was genau ist am Übergreifen unschön ?!
Mir unverständlich ...

Mir auch. Zumal du hier mit nur einer Hand einen wirklich "uneleganten" und daher gleichzeitig "unschönen" Daumenuntersatz hättest, der für den notwendigen Bewegungsfluss eher hinderlich ist.
Wenn schon mit nur einer Hand, dann eher durch Sprung aus dem Handgelenk. Dabei die jeweils letzte Note artikulatorisch leicht kürzen, indem das Handgelenk hochgenommen wird, dann mit fallendem Handgelenk die nächste Note aus der Luft anspringen.
Der Daumen kann dabei in der Flugphase schon etwas der Zieltaste entgegengehen, das sollte aber keine starke Kontraktion der Hand bewirken - also den Daumen nicht beim jeweils letzten Ton bereits untersetzen, das würde hier zu Ausschlägen am Ellenbogen führen, die aussehen, als ob du den Ententanz aufführen wolltest.

Aber das ist jetzt ohnehin rein hypothetisch, weil der Handwechsel hier erste Wahl ist. Der ist auch nicht unschön, sondern ausgesprochen praktisch. Und sieht auch elegant aus, wenn man die Bewegung in einer schönen Wellenform gestaltet und nicht mit hektischem Fliegenfangen verwechselt.
Ausserdem findet ein Übergreifen nur einmal statt, wobei du die linke Hand schon ganz entspannt in Position bringen kannst, während die rechte noch spielt. Und die rechte Hand greift ja nicht über, sondern wird unter der linken einfach weggezogen.
Wann der Handwechsel dann genau eingeleitet wird, ist davon abhängig, wie du das Arpeggio klanglich gestalten möchtest, und ob du die Stelle mit Pedal spielst.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Danke schön für Deine Antwort.

In der Musikschule habe ich solche Läufe über viele Jahre nur mit Daumenuntersatz gelernt, ob mit Pedal oder ohne - es wurde mit den Fingern gebunden (die angeschlagenen Taste wird erst dann losgelassen, nachdem die nächste Taste angeschlagen wurde und der Ton erklungen war). Bis zu einer bestimmten Geschwindigkeit habe ich mit dem Daumenuntersatz keine Probleme (240 Anschläge pro Min. sind gut drin), aber schneller geht's dann bei mir nicht so sicher/sauber.

In diesem Beispiel kann man sich tatsächlich mit dem Handwechsel gut helfen, weil die LH frei ist, und für mich ist es wirklich eine Erleichterung beim schnellen Spiel, aber wenn die LH anderweitig beschäftigt wäre, müßte die RH den Lauf allein machen.
In der letzten Zeit lese ich immer mal, daß der Daumenuntersatz nicht (immer) "das Gelbe vom Ei" sei, wobei einige KL auf den Daumenuntersatz immer noch schwören.

Wenn schon mit nur einer Hand, dann eher durch Sprung aus dem Handgelenk.

Na, so ein Sprung werde ich erstmal lange üben müssen, damit er sich wie ein Schritt anhört, und die Pause zwischen dem 4. und 1. Finger nicht hörbar ist; in meinem Stück wird zwar mit dem Pedal gespielt, aber ich übe das Gebunden erstmal ohne Pedal.

Wenn ich Deine Ausführung richtig verstanden habe, dann gibt es für meinen Lauf drei Möglichkeiten schnellen Spiels:
  1. Mit dem Handwechsel, wie ich es im Blatt notiert habe.
  2. Einhändig mit der RH und Daumenuntersatz.
  3. Einhändig mit der RH und einem Sprung nach vier Schritten.
Wobei 1) für mich das Einfachste ist; 2) wie ich's in der Musikschule gelernt habe (und spielen sollte); 3) eine neue Technik, die ich zu erlernen versuche.

Noch mal vielen Dank.

Gruß, Bert
 
Mit lockeren Fingern und einem beweglichen Handgelenk kann man die Stelle auch einhändig spielen. Ich verwende dafür oft 12351235 etc. Daumenuntersatz ist dabei eher kontraproduktiv, eine schnelle und gleichmäßige Armführung hilft weiter.Das höchste g dann mit dem linken Zeigefinger spielen. Man muß dafür allerdings die grundlegenden Übungen für schnelle Arpeggien kennen und können.

Der Vorteil einhändiger Arpeggien liegt darin, daß man links noch etwas anderes spielen kann.

Man kann solche Arpeggien einhändig aber auch so spielen, daß man den rechten Daumen aufs h legt und dann 1234 nimmt. Dafür das erste tiefe g mit links spielen.

Oder den Daumen aufs d und dann 1235. Die ersten g und h mit links.

Beidhändig kann man auch 3 Töne mit rechts spielen (g h d mit 123) und dann einen mit links (f mit 2).

Es gibt weitere Varianten, Phantasie ist gefragt.

Viele Grüße,
McCoy
 
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Ich verwende dafür oft 12351235 etc. Daumenuntersatz ist dabei eher kontraproduktiv (...)

Ja, 1235 hätte ich bei geschlossenen Akkorden auch gespielt, für das Arpeggio nehme ich aber 1234, weil mein schwacher 5. nicht so viele Übungseinheiten absolvieren kann wie die anderen Finger. Mit 1235 wäre bei mir auch der Daumenuntersatz kaum (eher gar nicht) möglich, mit 1234 dagegen problemlos.

(...) eine schnelle und gleichmäßige Armführung hilft weiter (...)

Bei mir noch nicht, bei so einem Sprung (egal mit welchem Fingersatz) höre ich die Pause zwischen den Tönen..

Oder den Daumen aufs d und dann 1235. Die ersten g und h mit links.

Dieser Fingersatz geht mir gar nicht in den Kopf; sicherlich könnten das die Finger spielen (anatomisch betrachtet), aber geistig sind sie mit diesem Fingersatz überfordert - sie können sich das nicht merken und spielen falsche Tasten. Da ist wohl jede Hand anders "gebaut".

Auf jeden Fall finde ich Deine Betrachtung sehr interessant. Danke schön.

Gruß, Bert
 
Mit 1235 wäre bei mir auch der Daumenuntersatz kaum (eher gar nicht) möglich, mit 1234 dagegen problemlos.

Da gibt es natürlich noch andere Möglichkeiten, bei der du durch eine Verkürzung der Handspanne sogar relativ gut deinen offenbar heissgeliebten Daumenuntersatz verwenden kannst, allerdings wird dann der Ausgleich der Dynamik etwas heikler.
Solche auf geringe Handspannen ausgelegten Fingersätze, die dann allerdings teilweise quer zur musikalischen Struktur laufen (im konkreten Fall zur sequenzierten Vierergruppe) findet man gelegentlich in älteren Klavierschulen:

lauf.PNG

Als dynamische Ausgleichsübung (Dreier-Fingersatz gegen Vierer-Betonung) kann man sowas durchaus mal versuchen. Ansonsten würde ich dir aber empfehlen, den originalen FS mit Handwechsel zu üben- der ist und bleibt hier einfach unschlagbar!

... bei so einem Sprung (egal mit welchem Fingersatz) höre ich die Pautse zwischen den Tönen..

Na und? Dann machst du artikulatorisch eben aus der Not eine Tugend. Genau das hatte ich in meinem Post #5 im Sinn:

Dabei die jeweils letzte Note artikulatorisch leicht kürzen, indem das Handgelenk hochgenommen wird, dann mit fallendem Handgelenk die nächste Note aus der Luft anspringen.

Ich bin sowieso kein Freund monotoner legato-Matscherei. Legato und staccato betrachte ich als artikulatorisch genau zu dosierende Sonderfälle, ansonsten bevorzuge ich gut konturierte und leicht abgesetzte Töne. Bei einer gut durchmischten Artikulation kann man auch immer etwas auf die Tempobremse treten, weil das Ohr mehr Informationen erhält und dadurch ein leicht reduziertes Tempo gar nicht als solches wahrnimmt.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
[...] geistig sind sie mit diesem Fingersatz überfordert - sie können sich das nicht merken und spielen falsche Tasten.
Dann hast. du zuwenig Dreiklangs- und Vierklangsumkehrungen geübt.
Ansonsten würde ich dir aber empfehlen, den originalen FS mit Handwechsel zu üben- der ist und bleibt hier einfach unschlagbar!
Ich empfehle den Tipp meines Lehrers: Wenn es mehrere Möglichkeiten gibt, übe sie alle. Irgendwann brauchst du sie sowieso.
die dann allerdings teilweise quer zur musikalischen Struktur laufen
Das ist doch Unsinn: reine Übungssache. 100x spielen, dann läuft das eine so gut wie das andere.

Viele Grüße,
McCoy
 
Das ist doch Unsinn: reine Übungssache.

Reine Übungssache: Ja. Wie alles im Leben.

Unsinn: Nein - u.a. auch deswegen, weil ein parall zu einer motivischen Sequenz (im konkreten Fall oktavierend) motorisch ebenfalls sequenzierender FS (z.B. 4 Töne = 4 Finger) leichter zu memorieren ist, und daher eben meist nicht "100x" gespielt werden muss, bis er sitzt.
OK - nach 100 Durchläufen dürften auch die unerwünschten dynamischen Akzente weitgehend nivelliert sein, die bei weniger fingerfertigen Kandidaten eben leicht entstehen können, wenn man eine musikalisch als 3 x 4 angelegte Passage mit einem 4 x 3 - FS spielt.

Aber vielleicht ist das Argument ja auch nur Unsinn, weil für dich technisch selbstverständlich erscheint, was einem weniger virtuosen Tastendrücker durchaus Schwierigkeiten bereiten könnte - oder weil es von mir kommt. Ersteres wäre ein Anzeichen beginnender Betriebsblindheit, letzteres wäre bedauerlich, aber dann auch nicht zu ändern.
 
(...) bei der du durch eine Verkürzung der Handspanne sogar relativ gut deinen offenbar heissgeliebten Daumenuntersatz verwenden kannst (...)

Es ist nicht mein heißgeliebter Daumenuntersatz, so habe ich das gebundene Spiel in der Musikschule gelernt, alternativlos. Tonleitern und arpeggierte Akkordläufe über vier Oktaven (in allen Tonarten) gehörten fünf Jahre lang zu meinem täglichen Brot (das mußt du beherrschen, und wenn du das schon kannst, mußt du es frischhalten, damit du's nicht vergißt), und mit der Vorführung dieser Hausaufgabe (jede Woche eine andere Tonart) begann jede Unterrichtsstunde - Woche für Woche, Jahr für Jahr.
Weder diese Übung noch den Daumenuntersatz stellte ich infrage, für mich war es eine angenehme Lockerungsübung.
Die Fingersätze waren bei diesen Übungen "festgelegt"; z. B. für C-Dur-Arpeggios waren es in der RH 1231231231235 und 1241241241245 für die 1. bzw. 2. Umkehrung. Für die dominante Septime (hier G7) war es 12341234123412345.
Da die LH den gleichen Lauf (parallel oder gegenläufig) gleichzeitig mit der RH spielte, mußte jede Hand ihre Arbeit allein machen, und gebunden hieß hier: Daumenuntersatz. Das war (in meinem Klavierunterricht) in Stein gemeißelt.

Das ist kein Originalfingersatz, den Lauf habe ich in meine (freie) Begleitung eines Liedes selbst eingebaut und nur zur Anschauung den von mir gespielten Fingersatz in das Notenblatt eingetragen.
Anfangs spielte ich den Lauf so, wie ich's in der MuSchu gelernt hatte (1234 mit Daumenuntersatz), aber ich konnte die hier gewollte Geschwindigkeit nicht erreichen. Mit Hilfe der LH ist die Geschwindigkeit kein Problem. Allerdings habe ich noch in den Ohren die ablehnende Bemerkung meiner KL, als ich einmal so (LH greift über die RH) gespielten übermäßigen Akkordlauf als Einleitung eingelegt hatte - na, das spielen wir aber anders, und "anders" hieß: einhändig, gebunden mit Daumenuntersatz.
Auch in den vielen Klavierspiel-Büchern, die ich im Regal habe, wird für gebundenes Spiel nur der Daumenuntersatz gelehrt, deshalb denke ich, daß diese Spielweise ihre Daseinsberechtigung hat. Hinzu kommt, daß der Daumenuntersatz bereits von Anfängern schnell erlernbar ist und fließend gespielt wird.

Die Spielmethoden entwickeln sich weiter, und wenn einer den von Dir beschriebenen Sprung so perfekt beherrscht, daß sich das Spiel ohne Pedal wie ein gebundener Schritt anhört, dann ist es sicherlich eine gute Alternative; meine Arme/Finger sind aber noch nicht so flink, so daß ich mit dem Daumenuntersatz bzw. mit der Hilfe der LH vorliebnehmen muß.

Dann hast. du zuwenig Dreiklangs- und Vierklangsumkehrungen geübt.

Oder zuviel ;-).

Für bestimmte Muster hat sich bei mir der (festgelegte) Fingersatz so eingebrannt, daß ich wohl viel Übungszeit bräuchte, auf einen anderen Fingersatz umzusteigen.
Übrigens, das war auch ein in Stein gemeißelter (Lehr)Satz: Spiele immer denselben Fingersatz.

Gruß, Bert
 
Für bestimmte Muster hat sich bei mir der (festgelegte) Fingersatz so eingebrannt, daß ich wohl viel Übungszeit bräuchte, auf einen anderen Fingersatz umzusteigen.

Das "Einbrennen" von Fingersätzen ist natürlich eines der Ziele beim Üben von "Mustern", d.h. von Tonkonstellationen, die in der Praxis eines Stils oder Genres erfahrungsgemäß relativ häufig vorkommen. Offensichtlich ist bei dir im Unterricht aber das nicht minder wichtige Variantenspiel sträflich vernachlässigt werden, wozu eben auch Fingersatz-Varianten gehören.
Systematisch variierendes Üben ist aus vielen Gründen notwendig, u.a. weil bei einem gleichförmig wiederholten, bereits gut "eingebrannten" Pattern irgendwann der Lerneffekt gegen Null geht - so etwas dann in immer gleicher Form im Unterricht herunternudeln zu lassen, ist stupider Drill, und in meinen Augen reine Zeitverschwendung und das Gegenteil eines inspirierenden Unterrichts.

Der Kollege @McCoy hat mit seiner Lehrerwahl offenkundig mehr Glück gehabt, denn dessen Ratschlag "Wenn es mehrere Möglichkeiten gibt, übe sie alle. Irgendwann brauchst du sie sowieso" ist absolut sinnvoll, weil er die technische und mentale Flexibilität fordert und fördert.

Übrigens, das war auch ein in Stein gemeißelter (Lehr)Satz: Spiele immer denselben Fingersatz.

Ein solcher "Lehrsatz" soll beliebigem, unkontrolliertem "Herumfingern" entgegenwirken, darf aber nicht zum Korsett werden.
Wenn man z.B. durch willentliches Ausprobieren und kontrolliertes Variieren den "finalen" Fingersatz für ein Vortragsstück erarbeitet hat, dann ist es unabdingbar, dies,en Fingersatz beizubehalten- alles anderer wäre sogar fatal, weil dann Hänger und sonstige Störungen im Spielfluss fast unausbleiblich sind.
Auch bei technischen Übungen ist diese Vorgabe unter bestimmten Voraussetzungen richtig, gilt dann aber immer nur für jeweils eine unter vielen Varianten.

Auch in den vielen Klavierspiel-Büchern, die ich im Regal habe, wird für gebundenes Spiel nur der Daumenuntersatz gelehrt, deshalb denke ich, daß diese Spielweise ihre Daseinsberechtigung hat.

Natürlich hat diese Spielweise ihre Daseinberechtigung. Allerdings hat diese starke Ausrichtung auf das "gebundene Spiel" seine historischen Wurzeln im 19. Jahrhundert und dessen Klangideal - darauf bauen dann auch die später entstandenen Klavierschulen auf.
Wie du ja vielleicht weißt, sind die Verwendung des Daumens und des Daumenuntersatzes relativ neue Techniken, die sich erst im Verlauf des Barock durchsetzen konnten.
Legato war vor der Romantik also eher die Ausnahme, nicht die Regel.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Offensichtlich ist bei dir im Unterricht aber das nicht minder wichtige Variantenspiel sträflich vernachlässigt werden (...)

Das sehe ich anders; jede Schule/Methode/Lehrkraft setzt eigene Schwerpunkte; meine Tonleitern und Arpeggien hatten einen fest-vorgeschriebenen Fingersatz (so hat es die Methode in dem Heft verlangt), variiert wurde die Rhythmik/Betonung. Die Grundbetonung war für alle Übungen: vier Zähler und der erste Schlag der Vierergruppe wurde betont, so daß bei einem Fingersatz 123123 ... bzw. 124124 jeder Finger "drankam", bei der Vorführung wurde dann jeder Lauf in einem von der KL spontan bestimmten Rhythmus wiederholt (z. B. abwechselnd punktierte Achtel und Sechzehntel, oder zweimal Achtel und zweimal Viertel usw.).

Hier war der Fingersatz festgelegt, weil "irgendetwas" geübt werden sollte. Muß man nicht mögen, kann man aber machen; ich fand diese Übungen sehr bereichernd (und ich mache sie heute noch ganz freiwillig), überhaupt nicht langweilig oder stumpfsinnig, und ich bin davon fest überzeugt, daß sie mein Klavierspiel in erheblichem Maße verbessert haben. Sicherlich hätte eine andere Übung mein Spiel auf eine andere Art auch vorangebracht; ich denke, daß hier die Einstellung zu der Übung, Geduld und Ausdauer eine größere Rolle spielen als die Übung selbst.

Ratschlag "Wenn es mehrere Möglichkeiten gibt, übe sie alle. Irgendwann brauchst du sie sowieso" ist absolut sinnvoll (...)

Wenn man im Kindesalter anfängt, kann man solchem Ratschlag gut folgen und später aus dem Vollen schöpfen. Da bin ich voll dabei. Wenn man aber erst mit Ü50 anfängt, hat man nicht mehr die (übrig gebliebene Lebens)Zeit, alle Möglichkeiten zu üben, und dann ist es auch sinnvoll, eine wichtige Auswahl zu treffen, mit der man in seinem Spiel zurechtkommt.

Allerdings hat diese starke Ausrichtung auf das "gebundene Spiel" seine historischen Wurzeln im 19. Jahrhundert und dessen Klangideal - darauf bauen dann auch die später entstandenen Klavierschulen auf.

Den Daumenuntersatz verbinde ich mit Bach (und später); es war mir nicht bekannt, daß das gebundene Spiel nur eine "Geschmackssache" ist, und daß man es durchaus (nach persönlicher Vorliebe) variieren kann. Meine KL hatte mir vermittelt, gebundenes Spiel ist (wenn es in dem Notenblatt notiert ist) Pflicht, und wenn es irgendwie geht, wird mit dem Fingerspiel gebunden (also nicht mit dem Pedal).
Ich fand es als eine (meist angenehme) Herausforderung, den passenden Fingersatz zu finden, mit dem ich das gebundene Spiel glatt und flüssig gestalten kann. Aber ebenso begrüße ich es, jetzt zu lesen, daß das ungebundene Spiel kein technischer Mangel bzw. Unzulänglichkeit des Spielers ist, sondern ein persönlicher Spielausdruck. Das erklärt jetzt für mich auch die Möglichkeit, den Daumenuntersatz durch einen schnellen Sprung zu ersetzen.

Gruß, Bert
 
.... es war mir nicht bekannt, daß das gebundene Spiel nur eine "Geschmackssache" ist ...

Wenn man "Geschmackssache" im Sinne von "Zeitgeschmack" versteht, kann man das unter Vorbehalten so ausdrücken. Im Sinne von "persönlichem Geschmack" ist mir das jedoch eine etwas zu großzügige Auslegung: Entscheidend ist letztlich, was musikalisch gefordert und interpretatorisch vertretbar ist.
 
@MusikBert #Geschmackssache
Du müsstest aus deinem Bestand die Gavotta von James Hook kennen (bzw. gespielt haben), das zweite Stück im Spielband von Feils und Einstieg in polyphones Spiel.
Wenn Du dessen Notation mit der Aufnahme von Margret Feils vegleichst, dann findest Du bereits in diesem kurzen Stück diverse Artikulationen (Legato, Nonlegato, Staccato, Akzent...), was in den Wiederholungen der Formteile noch variiert wird.

Gruß Claus
 
Nein, das Stück hatte ich nicht gespielt (habe es mir aber jetzt im Blatt angeguckt und von der CD angehört). Die ersten Stücke in Margret Feils, das war in meinem ersten Unterrichtsjahr, hatte meine KL übersprungen (das kannst du schon) und ist gleich zu den Stücken 8 und 9 gegangen; Bagatelle (Diabelli) und Quadrille (Haydn), und an diesen beiden Stücken habe ich die Begriffe gebunden absetzen abspringen und staccato spielen gelernt. In der Tat waren es für mich nicht nur begrifflich "Fremdwörter", auch die Spielweise und die Fingerarbeit waren für mich neu, und jetzt, nach so vielen Jahren, wo ich gebunden und absetzen quasi im Blut habe, erkenne ich den pädagogischen Wert dieser Stücke.
Auch erkenne ich den Geschmack des gebundenen Spiels - die Bagatelle habe ich damals viel lieber gespielt als die Quadrille, obwohl keines der beiden Stücke meinem Musikgeschmack entspricht, aber das gebundene Spiel (kombiniert mit absetzen) zieht mich einfach an.

Gruß, Bert
 
... variiert wurde die Rhythmik/Betonung.

Das ist gängige Praxis und darf man daher voraussetzen. Aber wie sah es - um beim Thema "das gebundene Spiel (kombiniert mit absetzen)" zu bleiben - z.B. mit Artikulationsvarianten aus? Bei nur einer Bindung hast du bereits bei nur vier Fingern drei Möglichkeiten: 1_2 3 4 / 1 2_3 4 / 1 2 3_4 (Unterstrich = legato). Im Fünftonraum vermehren sich die Kombinationen entsprechend: 1_2 3 4 | 5 4_3 2 (usw.) ...
Es sind doch genau diese Artikulationsvarianten, die die Flexibilität des Handgelenks fördern, die du dann z.B. benötigst, um Arpeggien wie in deinem Beispiel gegebenenfalls auch ohne Daumenuntersatz bewältigen zu können.
 
Artikulationsvarianten wurden nur an den Stücken erarbeitet, dazu wurde auch der für mich bester Fingersatz ermittelt; Tonleitern und Arpeggien (die wöchentlichen Standardübungen) wurden über den gesamten Lauf über vier Oktaven immer gebunden gespielt - vom ersten bis zum letzten Ton, egal welcher Rhythmus bzw. Betonungsmuster gespielt wurde, und gebunden wurde nur mit Fingerschritten und Daumenuntersatz.

(...) die Flexibilität des Handgelenks fördern (...)

Ich glaube, es geht hier um Definition/Verständnis von gebunden; ich habe es so gelernt, daß gebunden (ohne Pedalhilfe) nur per Schritt möglich ist (d.h. irgendein Fuß/Finger muß immer den Kontakt mit dem Boden/Tasten halten; der Kontakt zum Boden darf nie unterbrochen werden). Diese Forderung kann ein Sprung nie erfüllen, egal wie flexibel das Handgelenk ist.

Eine andere Sache wäre, den Sprung so schnell zu machen, daß die neue Taste angeschlagen wird (und der neue Ton erklingt) während die gerade verlassene Taste hochgeht und der alte Ton noch klingt, so daß keine Pause/Stille zwischen den beiden Tönen entsteht.
Und das kann ich mir als Grenzfall eines Sprunges beim gebundenen Spiel vorstellen. Ob die Tasten tatsächlich so funktionieren, weiß ich nicht. Wenn ich auf meinem Yamaha P-155 mit einem Finger die b-Taste anschlage und lasse den Finger ganz schnell auf die benachbarte h-Taste fallen, höre ich zwei ungebundene Töne, wenngleich sie sehr schnell aufeinander folgen (ich sage es vorsichtig - fast wie gebunden).

Sicherlich gibt es Spieler, die so einen Sprung auch über eine größere Distanz machen, und die Töne hören sich an wie gebunden.

Gruß, Bert
 

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