"Schlaflied für niemand"

  • Ersteller wallabie
  • Erstellt am
W
wallabie
Registrierter Benutzer
Zuletzt hier
10.11.19
Registriert
14.06.09
Beiträge
299
Kekse
58
Die Worte hab ich vor ein paar Jahren geschrieben - möchte jetzt wieder daran arbeiten... hat jemand eine Meinung und würde diese gerne teilen? :)

"Schlaflied für niemand"


Die Dunkelheit stillt wortlos
Das Auge und den Mund
Bringt im Eifer der Verehrung
Die Wahrheit und das Licht
In ein Blumenmeer voll Dornen
Lege ich mein Herz zur ruh
Besäht mit Schlägen, voller Wunden
Und doch schlägt es immer noch

Heb es auf mit Deiner Hand
Du hast die Macht um es zu heiln
Benutz die Gabe mit bedacht
Sonst zerbricht der letzte Teil
Und im Echo deiner Stimme
die von Weitem nach mir ruft
Hör ich was zählt ist nur das heute
Was vergangen ist soll ruhn

Eingeweicht und zerissen
Eine Blume, eine Zeit
Um einen Strauß zu binden
Der die Nichts-Sehenden befreit
Es gibt Dinge voller Schönheit
Sie rufen nach sich selbst
An einem Ort voll trüber Schatten
Wo es heute noch Leben gibt

Heb es auf mit Deiner Hand
Du hast die Macht um es zu heiln
Benutz die Gabe mit bedacht
Sonst zerbricht der letzte Teil
Und im Echo deiner Stimme
die von Weitem nach mir ruft
Hör ich was zählt ist nur das heute
Was vergangen ist soll ruhn

Dreh Dir einen Regenbogen
Schneide Wege durch die Zeit
Und ein Herz wird dort entspringen
Wo es heute noch Leben gibt.
 
Eigenschaft
 
sehr lyrisch, poetisch ... vertontes gedicht ... melancholisch ... kleine besetzung ...

habe sehr unterschiedliche erfahrung gemacht mit texten, die schon eine weile lagen ... mal hat es wie faust auf auge gepaßt - da lag es nur an der fehlenden musik oder dem "aha"-effekt ... mal bin ich etliche male drum rum gekreist und am ende kam doch was gutes zustande und mal hat und hat es nicht gepaßt ... bin persönlich sehr vorsichtig, was das ändern von älteren texten angeht - irgendwie ist das für mich auch so was wie ein tagebucheintrag: da krakel ich im nachinein auch nicht mehr drin rum und manches ist mehr verschlimmbessern als upgraden ...

deshalb mal erst rein sprachlich:
Die Dunkelheit stillt wortlos
Das Auge und den Mund
Bringt im Eifer der Verehrung
Die Wahrheit und das Licht
Die Dunkelheit besitzt einen Eifer der Verehrung und bringt Wahrheit und Licht?

Heb es auf mit Deiner Hand
Du hast die Macht um es zu heiln
Benutz die Gabe mit bedacht
Sonst zerbricht der letzte Teil
Der letzte Teil des Herzens (um das ging es vorher)? Das letzte Teil? Das finde ich, fällt bildlich und sprachlich raus ...

Eingeweicht und zerissen
Eine Blume, eine Zeit
Um einen Strauß zu binden
Der die Nichts-Sehenden befreit
Eine Blume, um einen Strauß zu binden? Gewollte Paradoxie?
Die Nicht-Sehenden oder die Nichts-Sehenden (=Blinden)
Hier merke ich, dass ich anfange, abzuschalten, weil es mir unnötig kompliziert ausgedrückt scheint ...


Dreh Dir einen Regenbogen
Schneide Wege durch die Zeit
Und ein Herz wird dort entspringen
Wo es heute noch Leben gibt.
Hier empfinde ich es so ähnlich, etwas (gewollt?) um die Ecke gedacht oder gesehen ... bei mir löst "dreh Dir einen Regenbogen" kein Bild aus, schneide Wege durch die Zeit schon wieder eher, aber ich bekomme den Zusammenhang zum Gesamten nicht hin - und leider auch nicht zu den letzten zwei Zeilen, was besonders schade ist, da ja hier die Quintessenz zu liegen scheint ...

Es geht um Zeit, um einen Schmerz in der Vergangenheit, ein gebrochenes Herz.
Um ein Du, das dieses Herz zu heilen vermag, wenn mit Bedacht vorgegangen wird.
Um ein Herz, das sich erneuern könnte, wo es heute noch Leben gibt?

Vielleicht sind die Rätsel gewollt, vielleicht sind es nur Rätsel für mich ...

x-Riff
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Hallo,
oh - normalerweise wird mir das immer angezeigt, wenn ich eine Antwort auf ein von mir gestartetes Thema erhalte. Das hab ich jetzt übersehen -

Bedanke mich sehr herzlich bei Dir, dass Du Dir das durchgelesen hast und Dir auch die Zeit genommen hast, die abschweifenden Gedanken meinerseits zu kommentieren :). Ich weiß noch, dass ich dies Zeilen an einem kalten Oktobertag vor einigen Jahren schrieb. Im Sommer, der davor lag, lernte ich ein Mädchen kennen... es begann da ein bisschen stürmisch, wunderschön... ich war so kreativ in dieser Zeit... eben einige Monate später, auf der Geburtstagsfeier meines besten Freundes, sagte sie dann: ... aus...
Da war ich dann ein bisschen niedergeschlagen... kam irgendwann heim, zum schönsten Morgenstunde... legte mich ins Bett... konnte nicht schlafen... schrieb das auf, was mir durch den Kopf ging... und das waren eben diese Zeilen...

"Durchdacht" war da bei dem Text einmal gar nichts... eher verworren. Scheinbar zu sehr verworren :)
 
Hi Wallabie,
Poesie muss nicht mit einem Handbuch ausgereicht werden und manches kann auch im Dunkeln liegen ... mir lag daran, Dir mitzuteilen, wie Deine Zeilen auf mich gewirkt haben, was bei mir angekommen ist ...

Das, was Du zum Entstehen des Gedichtes sagst, finde ich unglaublich nah ... jeder kennt sowas ... so eine Intensität, so eine unmittelbare Empfindungsdichte ...

Vielleicht daraus eine Rahmengeschichte machen? Das Lyrische Ich findet diese Zeilen, fühlt sich zurückerinnert an die Situation, legt die Zeilen wieder aus der Hand ... hätte den Vorteil, dass man nicht im Nachhinein die damals entstandenen Zeilen verändert, aber dennoch die Lesenden und Hörenden einbezieht und auch dunkle, poetische Stellen so belassen kann ...

Herzliche Grüße

x-Riff
 
Hi @wallabie,

bin gerade erst durch X-Riffs Antwort so richtig auf diesen Thread aufmerksam geworden. Wegen des poetischen Grundklangs, der dir scheinbar spontan aus der Feder geflossen zu sein scheint, möchte ich nicht zu viel darin herumfuhrwerken, aber doch ein paar Alternativvorschlläge an den Stellen machen, wo es mir auch etwas intransparent vorkommt oder wo ich denke, dass man es vom Klang her noch etwas angleichen sollte...

Also los:


"Die Dunkelheit stillt wortlos
Das Auge und den Mund"
Das ist für mich eine in sich geschlossene Einheit,
die man gut nachempfinden kann. In der nächsten Zeile
würde ich neu ansetzen, sonst wird das Bild schief
.

Bringt im Eifer der Verehrung
Die Wahrheit und das Licht
--> Ist das so gemeint, dass sich in die (immer noch stürmische) Verehrung für diese Frau
in der Stille und Dunkelheit der Nacht die nüchterne, brutal helle Erkenntnis mischt, dass diese Liebe vor ihrem Aus steht?
Vorschlag: "In den Eifer der Verehrung // dringt/mischt sich grell Ernüchterung.

In ein Blumenmeer voll Dornen
Lege ich mein Herz zur Ruh
Besäht (meinst du vielleicht: Übersät? Passt meines Erachtens besser und ließe sich auch singen, ich nehme an, die Betonung liegt ohnehin auf "sät"?) mit Schlägen, voller Wunden
Und doch schlägt es immer noch --> da fällt das "noch" vom Klangschema etwas aus dem Rahmen. Letztendlich würde sich "immerzu" anbieten, aber das hat auch was Kitschiges und passt von der Bedeutung nicht ganz...

Heb es auf mit Deiner Hand
Du hast die Macht um es zu heiln
Benutz die Gabe mit Bedacht --> "Nutz(e) die Gabe mit Bedacht" fände ich poetischer
Sonst zerbricht der letzte Teil
Und im Echo deiner Stimme
die von Weitem nach mir ruft
Hör ich was zählt ist nur das Heute
Was vergangen ist soll ruhn

Eingeweicht und zerissen --> vielleicht eher Aufgeweicht und zerrissen?
Eine Blume, eine Zeit
Um einen Strauß zu binden
Der (die) Nicht(s)-Sehende(n) befreit
Es gibt Dinge voller Schönheit
Sie rufen nach sich selbst --> ist das so gemeint, dass "Schönes anderes Schöne einlädt"? "nach sich selbst rufen" klingt für mich aber eher nach Abkapselung, Selbstbezogenheit, "Um den eigenen Nabel kreisen", also nicht so positiv...
Wie wär's mit "die laden andre ein" oder "die ziehen/reißen andre mit" ("mit" würde auch ganz gut zu "gibt" passen)


An einem Ort voll trüber Schatten
Wo es heut(e) noch Leben gibt ---> da fehlt mit "gibt" auch wieder ein Klang, der zu "selbst" passt"

Refrain s. o.


Dreh Dir einen Regenbogen --> Wie wär's mit "Bau dir einen Regenbogen" ("drehen" klingt so nach Kränzen, Zigaretten oder so :))
Schneide Wege durch die Zeit
Und ein Herz wird dort entspringen
Wo es heut (e) noch Leben gibt. --> vielleicht etwas melodramatisch, aber letztendlich ist das Herz ja gebrochen und "wund" und will von der Liebe wieder "gepflückt" werden - vielleicht also "wo es heut' nach Leben schreit"? Damit hätte der Song auch noch eine Art "Höhepunkt" zum Schluss, und du hättest einen Reim auf "Zeit".

LG

Swingaling
--- Beiträge wurden zusammengefasst ---
Edit:

Heb es auf mit Deiner Hand
Du hast die Macht um es zu heiln
Benutz die Gabe mit Bedacht --> "Nutz(e) die Gabe mit Bedacht" fände ich poetischer
Sonst zerbricht der letzte Teil
Und im Echo deiner Stimme
die von Weitem nach mir ruft
Hör ich was zählt ist nur das Heute
Was vergangen ist soll ruhn

Dazu ist mir gerade noch eingefallen, dass man das auch umstellen könnte:

Heb es auf mit deiner Hand
Um es zu heiln durch deine Macht
Damit der Rest nicht auch zerbricht
Nutz diese Gabe mit Bedacht

LG

Swingaling
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Hallo Swingaling,

auch Dir ein großes Danke für das lesen des Textes und dass Du Dir Zeit genommen hast, Dir das alles durchzudenken... die Vorschläge sind sehr willkommen :)

Sollte es noch jemanden interessieren. Nachdem ich damals diesen Text geschrieben hatte - also am gleichen Tag, mir war ja auch fad - hab ich auch ein kleines Demo gemacht. Also Text und Musik und Aufnahme am gleichen Tag... deshalb möchte ich an dem Ding eben jetzt, Jahre später, auch nochmal herangehen... also das war die Urverison und werden sehen, was daraus wird :). Yeah!

Ein bisschen übernachtig und chaotisch...

https://soundcloud.com/melahide/schlaflied-fur-niemand-demo
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Hallo Wallabie,

gefällt mir sehr gut, deine Urversion - und ich stelle mal wieder fest, wie wichtig es ist, den Song im Ohr zu haben, wenn man an Songtexten bastelt, weil es eben nicht nur um Silbenzahl, Metrik und Wortbetonungen geht wie beim Dichten... Die "logischen" Ungereimtheiten spielen in der gesungenen Fassung auch eine deutlich kleinere Rolle, als wenn man den Text geschrieben vor sich sieht. Da ich von der Texterseite her komme (ich schreibe beruflich, aber keine Songtexte :)), finde ich es sehr spannend, dass das noch mal ein ganz anderer Zugang ist.

Ich bin mir sicher, dass das am Ende ein tolles Stück werden wird, und Stimme und Melodie passen perfekt dazu - ich würde da nur noch Details ausbessern, glaube ich :)

LG

Nicole
 
Hi, wallabie,
ich schließe mich @Swingaling an - als Songlyric wirkt dein Text viel besser, denn als "bloßes" Gedicht.

Ich bin wie @Swingaling auch von der schreibenden Zunft; deshalb lege ich jedes geschriebene bzw. gedruckte Wort auf die Goldwaage, drehe es zwei-, dreimal um und schaue dahinter. Beim gesungenen Wort geht das gar nicht - dazu habe ich keine Zeit, denn der Song geht weiter.
Auch wenn der Text vielleicht hier und da eine kleine Unebenheit aufweist, ist es nicht schlimm - im Gegenteil, diese Unebenheiten, mit der Regelmäßigkeit der Melodie und des Rhythmus zusammen, verursacht eine wohltuende Spannung.

Vielleicht kann man es so sagen: Text allein oder Musik allein sind Mono; Text und Musik zusammen sind Stereo! :great:

Cheers,
Jed
 

Ähnliche Themen


Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben