Straight To Hell, oder: Wie wir für ein Rage-Konzert durch die Hölle gingen und wie Victor Smolski ENGL zum Weinen brachte
Ich hatte also im Gewinnspiel von ENGL Deutschland und dem Musiker-Board zwei VIP Tickets für ein Konzert der Rage MetalStorm-Tour gewonnen.
Gegen 12 Uhr mittags machte ich mich also mit meinem Kumpel auf Richtung Nürnberg. Das wir beide ums verrecken erkältet waren hielt uns natürlich nicht ab die Zugfahrt verlief grade deshalb ziemlich unspektakulär, bis auf eine Personenkontrolle im Zug, die uns aus dem Schlaf riss. Am Ende bekamen wir nicht einmal unsere eigenen Ausweise wieder, sondern die Polizei verwechselte uns anhand der Ausweisbilder
Anhang anzeigen 214265
Wir kamen also gegen 16 Uhr in Nürnberg am Hauptbahnhof an und machten einen kleinen Trip durch die Innenstadt, um den Kulturellen Part auch nicht zu kurz zu halten.
Anhang anzeigen 214271
Quatsch, wir haben natürlich nur was zu Essen gesucht.
Wir nehmen also die U-Bahn, steigen in einen Bus um, schauen auf unsere Smartphones und sehen, dass wir schon 2 Stationen zu weit gefahren sind. Gut, raus aus dem Bus, GPS angeschmissen und losgehechtet. Pünktlich um 17:30 Uhr stehen wir vor einer Halle, aus der gewaltig Krach (Musik) schallt einen Eingang gabs aber anscheinend nicht. Wir fragen also den nächstbesten Typen, der uns um das Gebäude rumschickt. Dort finden wir nur ein verschlossenes Tor, und noch einen Typen, der uns wieder woanders hinschickt. Gut, das sah dann aus wie ein Eingang, und ich rufe den Tourmanager an. Beim dritten Versuch geht er endlich dran. Gut, er weiß Bescheid, er will zum Eingang kommen. Zehn Minuten später ist immer noch kein Mensch aufgetaucht, außer ein Mädel, dass anscheinend ortskundig ist. Die lotst uns wieder zu dem verschlossenen Tor. Dahinter stehen ein paar Kerle, und einer von ihnen ist tatsächlich der Tourmanager. Top Sache, wir sind drin und kriegen noch ein paar Guest-Aufkleber, die wir uns aufbappen sollen. Nun hieß es warten
Anhang anzeigen 214272
Eine gute halbe Stunde später sehen wir einen gut gelaunten Victor Smolski mit einer Riesenportion Salat herauskommen. Wir haben uns natürlich nicht getraut, ihn beim Essen zu stören und haben gewartet, bis er fertig war und der Tourmanager uns ihm vorstellte.
Bis jetzt war ich mit meinem Kumpel allein, und ich hatte mich auch kurz gewundert, da doch eigentlich zwei mal zwei Tickets verlost wurden, aber als Victor dann anfing zu reden und sich mit uns über Musik und Gitarren unterhielt, war ich etwas abgelenkt. Er führte uns also in auf die Bühne und zeigte uns seine Anlage. Die Bühne war gerammelt voll vom ganzen Zeug von vier Bands, aber die zwei Fullstacks haben uns quasi angelacht. Leider gab es dort alles nur kein Licht, weshalb man auf den Fotos von der Bühne quasi nix erkennt.
Victor benutzt wie gesagt zwei Fullstacks auf der Bühne. Davon wird einer im dritten Kanal mit sehr wenig Gain betrieben, der andere im vierten Kanal mit gib ihm die Kante. Zwischen beiden gibt es eine minimale Verzögerung, um den Sound künstlich zu doppeln. Vor den Amps hängt nur ein Custom-Wah, dessen Namen ich dreimal erfragt habe und trotzdem wieder vergessen hab
Im Effektloop hängt nur ein Chorus für den Cleansound und ein Delay für Soli (320 bis 340 ms).
Im Studio sieht das Ganze auch nicht ganz anders aus, zwei Spuren (manchmal auch drei) in unterschiedlichen Kanälen gespielt, fertig. Dies ist laut Victor auch der Grund, warum sein Amp vier Kanäle haben sollte. Der Rage-Sound ist also kein Hexenwerk.
Danach hat er noch etwas über die Verhandlungen mit ENGL erzählt, als es um den Preis ging, zu dem der Amp erhältlich sein sollte. ENGL wollte ihn für 2.300 auf den Markt bringen, und Victor hat so lange auf ihnen rumgehackt, bis er letztenendes für die jetzigen 1.790 verkauft wird. ENGL hat geweint, um ihn zu zitieren
. Aber es war für ihn wichtig, dass der Verstärker für ein breiteres Publikum zugänglich, d.h. finanzierbar ist.
Ich bin gleich wieder da, sagte er, verschwand hinter der Bühne und kam mit zwei ENGL- Kappen wieder, die er uns in die Hand drückte.
Wir gingen zusammen nach vorne, und auf einmal wurde ich von zwei Kerlen angesprochen: Hey, seid ihr vom Musiker-Board? Die ham uns irgendwie vergessen. Ärgerlich. Wir sagten Viktor, dass sie auch zu den Gewinnern gehören. Er verschwand kurz und kam mit From the Cradle to the Stage-CDs wieder, die er uns überreichte.
Danach gings zu den Gitarren. Als erstes zeigte er uns seine neueste Errungenschaft, eine Siggi Braun.
Anhang anzeigen 214273
Daneben standen seine Yamaha-Gitarren. Sein kommentar zu diesen: Früher hab ich viel Stangenware gespielt, da waren 2 von 10 Scheiße. Aber jetzt kannst du die nicht mehr spielen, da sind 10 von 10 Scheiße. Also bauen sie mir jetzt Custominstrumente, mit sonem Blingbling und so - er wurschtelte irgendwas am Pickup-Rahmen, und auf einmal blinkte dieser wie wild: Da ist ein Tuner eingebaut. Da war er mächtig stolz drauf.
In allen seinen Gitarren spielt er einen Seymour Duncan Jeff Beck Humbucker und der Tone-Regler ist abgeklemmt. Tone brauch kein Mensch, ist total schwachsinnig. Weiß nicht, warum das erfunden wurde, sagte er. Anstelle dem Tone-Regler ist jetzt ein Killswitch verbaut.
Dann die abschließende Frage: Habt ihr noch irgendwelche Fragen? Können wir noch ein Foto machen? fragte ich. Klar, kein Problem, hier drin oder draußen. Ich schlug draußen vor, weil da wars hell. Victor schob sich durch die Masse an Menschen, die schon vor der Bühne stand, und ein freundlicher Mensch von Nuclear Blast machte draußen ein Foto von uns allen mit meinem Handy. Super!
Anhang anzeigen 214274
Victor verabschiedete sich und wünschte noch viel Spaß. Wir unterhielten uns noch über Gitarren und Musik, und drinnen fing die erste Band an zu spielen. Ich postete noch schnell im Musiker-Board, und dann gings auf ins Getümmel.
Drinnen bin ich mit meinem Kumpel an die Theke, haben uns ein Bierchen geholt und sind in die Menge gestürzt.
Anhang anzeigen 214275
Scar of the Sun hieß die erste Band. Fünf Griechen, die teilweise richtig coole Riffs draufhatten. Der Gesang war zwar irgendwie immer gleich, aber insgesamt konnte man sich das gut anhören. Auch wenn der Bassist teilweise etwas müde aussah
. Leider war der Sound relativ dumpf und die Lead-Gitarre kaum zu hören.
Dann war auch schon Umbaupause. Wir sind wieder an die frische Luft und wollten wieder rein, wenns weiter geht. Tja, Pustekuchen. Wir sind rein, als es drin wieder laut wurde, und sehen die Griechen an der Theke stehen. Die haben wir erstmal angelabert und lustig mit denen gequatscht. Die waren richtig cool drauf. Am Ende haben wir noch ein Foto gemacht und sind dann wieder rein, Communic hatte schon längst angefangen zu spielen.
Anhang anzeigen 214276
Die haben sehr gut gespielt und eine schöne Bühnenshow abgezogen, auch wenn das Publikum nicht sonderlich toll mitgemacht hat.
Danach wieder Pause, wir holen uns noch ein Bierchen, und waren pünktlich wieder da, als Tyr begann. Die haben eingeheizt, leck mich am Ärmel. Gut gelaunte Musiker, und sogar das Publikum hat angefangen, zaghaft die Fäuste und Pommesgabeln in die Luft zu werfen und mitzusingen. Das hat sich gesteigert, und bei den letzten Liedern war die Hölle los. Als der Sänger dann rief: Are you ready for RAAAAAGE?! gabs kein Halten mehr. Mit ihrem letzten Lied haben sie definitiv alles getoppt, und die Party war perfekt.
Kurze Verschnaufpause, noch ein Bierchen getrunken und wir sind so weit wie möglich nach vorne gewuselt. Es wurde dunkel, ein episches Intro wurde gespielt, und dann tuts der Rappel und der Bautz. Victor hat seine Drohung wahr gemacht: Wir spielen sehr laut. Wenn ihr nachher in den vorderen Reihen steht, kriegt ihr mehr vom Amp als von der PA. Wir haben natürlich zu der vordere-Reihe-Fraktion gehört, und ich hatte noch nie auf einem Konzert so ein geiles Publikum um mich! Die Leute haben gesungen, getanzt, gebrüllt, geklatscht, die Hände in die Luft geworfen, und keiner kam auf die Idee, er müsste dabei irgendwen verhauen. Was zugegebenermaßen wohl auch mit dem Altersdurchschnitt zusammenhing, der definitiv über meinem Alter lag. Und der absolute Wahnsinn war: Es hat keiner aufgehört! Keiner! Alle haben das ganze Konzert lang Party gemacht, keiner hat die Hände runtergenommen oder aufgehört den Kopf zu schütteln.
Als Rage dann Ende machen wollten, haben die Leute so lange Krach gemacht und das Mirko von Peavey übertönt, bis sie noch ein paar Liedchen gespielt haben. Beim nächsten Versuch, das Konzert zu beenden ging der Spaß wieder von vorne los und sie mussten nochmal spielen. Danach war aber wirklich Sense, und mir haben sämtliche Knochen weh getan, von denen ich vorher nichtmal wusste, dass ich da Knochen habe.
Anhang anzeigen 214277
Anhang anzeigen 214278
Anhang anzeigen 214283
Anhang anzeigen 214285
Die Halle leerte sich langsam, und ich setz mich mit meinem Kumpel raus um noch gemütlich ein Bierchen zum Abschluss zu trinken. Doch wer kommt mit einem breiten Grinsen auf uns zu? Victor, mit den Worten: Na Jungs, der Amp schiebt ordentlich, oder?! Coole Sache. Wir quatschen also noch ein bisschen mit ihm, kaufen ein Tourshirt und lassen unsere CDs signieren. Nachdem er wieder verschwunden war, haben wir uns noch mit einer Frau unterhalten, die wir dort kennen gelernt haben. Irgend ein verschwitzter, schon ziemlich betrunkener Typ kommt auf uns zugestürzt und labert uns in englisch an. Mein Kumpel und die Frau waren aus einem mir zu dem Zeitpunkt nicht ersichtlichen Grund etwas perplex, aber ich hab mich halt munter mit ihm unterhalten. Als er wieder verschwunden war, meinten die beiden anderen zu mir: Du weißt schon, dass das der Bassist von Tyr war?! Nö, wusste ich nicht.
Wir sind dann gemütlich zum Bahnhof gelaufen, weil wir ja eh Zeit hatten: Es war gegen ein Uhr, unser Zug fuhr um fünf. Und hier begann der Höllentripp: Falls jemand in absehbarer Zeit plant, an einem Bahnhof zu übernachten, kann ich Nürnberg Hbf nicht empfehlen. Die Bänke sind extrem unbequem und mir haben am nächsten Tag alle Gräten weh getan.
Anhang anzeigen 214286
Aber wenigstens wars warm, auch wenn wir schon um vier verjagt wurden. Zu unserem Glück öffnet dort ein Bäcker um vier und wir konnten ein lebensrettendes Croissant frühstücken. Das hat mir glaube ich das Leben gerettet.
Ich bin also gegen viertel nach acht in meiner Wohnung angekommen, habe noch schnell geduscht und hab bis abends um sechs geschlafen.