Rootless Voicings auch im Pop üblich?

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Smirnoff
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Hi Leute,

mein erster Beitrag hier, nachdem ich schon eine Weile mitlese... Aber jetzt hab ich doch mal 'ne Frage: Ich versuche derzeit meinen Horizont des Keyboard-Spiels im Band-Kontext etwas zu erweitern. Zumindest im Jazz werden ja gerne mit der linken Hand Voicings ohne Grundtöne gespielt, die z.B. aus Terz, Septime, None etc. bestehen...

Macht "man" sowas auch in harmonisch deutlich einfacheren Rock-/Pop-Songs? Also ich stell mir das stilistisch problematisch vor, wenn ich bei sowas wie Knocking on heavens door mit Jazz-Voicings ankomme, obwohl die ganze Band nur Grundton, Terz und Quinte spielt...

Also im Endeffekt lässt sich die Frage auch anders Formulieren: Soll ich Optionstöne spielen, obwohl sie vom Song (bzw. Leadsheet aus dem Netz :p) nicht vorgesehen sind?

Okay, das ist 'ne stilistische Frage und Ihr werdet jetzt wahrscheinlich alle sagen "Probiers doch einfach mal" oder "das muss jeder für sich selbst herausfinden"... Stimmt natürlich, aber mich würden einfach Eure Erfahrungen interessieren, da ich noch nicht lange spiele und daher noch sehr wenig eigene habe :)

Also danke schonmal und viele Grüße
Daniel
 
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Erfahrungsgemäß schwierig. :p Wir spielen neben Jazz auch Chansons und Akustik-Pop, mit fließendem Übergang zwischen den Welten. ;) Es gibt Songs, da kann man ganz gut erweiterte Voicings benutzen, auch wenns im Original nicht der Fall ist. Das funktioniert vor allem bei dem, was neuerdings unter dem Begriff "New Adult Contemporary" als Jazz verkauft wird, musikalisch aber Popmusik ist, also z.B. Norah Jones, Katie Melua, Rebecca Bakken. Deren Material lässt sich größtenteils auch "richtig" jazzig spielen, obwohl die Grundharmonien absolute 0815-Turnarounds sind.

Auf der anderen Seite gibts viele Stücke, z.B. aus der Singer-/Songwriter-Ecke, die leben ausschließlich vom Gesang. Begleitung ist und bleibt da funktionales Beiwerk, das ja nicht zuviel von der Frontfrau ablenken darf. Mehr als die drei oder vier Akkorde in Grundbesetzung (1-3-5) ist da nicht drin, weils einfach nicht passt. Kurze Zwischenspiele maximal über die Pentatonik. Auf jeden Fall Hände weg von allem, was die glattgebügelte Heile-Welt-Musik auch nur im Ansatz aus ihrer Lethargie weckt. :cool: Ich geb zu, es fühlt sich beim Spielen manchmal doof an, minutenlang nur Standardakkorde runterzududeln. Da warte ich dann immer sehnsüchtig aufs nächste Jazzsolo. :D
 
Jetzt wird doch aber ziemlich häufig gesagt, man solle die Grundtöne der Akkorde nicht spielen bzw. dem Bass überlassen... Gilt das in den Fällen, dass nur einfache Dreiklänge gespielt werden, nicht? Oder soll ich dann nur noch Terz und Quinte spielen???
 
Ich würde das auch nicht als allgemeingültige Regel unterschreiben. Es hängt - wie Du schon selbst sagst - von der Stilrichtung und auch von der Besetzung ab. Spielt man in einer Rockband mit zwei Gitarristen, spielt man tendenziel weniger - manchmal reichen wirklich nur zwei Töne aus. Gitarristen spielen ja auch ot "Power-Chords" - also nur reine Quinten. Andererseits läßt man auch bei Jazz nicht immer grundsätzlich den Grundton weg.
Gerade im Pop-/Rock-Bereich leben viele Stücke von einem ganz bestimmten Arrangement. Oft ist es einfach eine Soundfrage - welchen Effekt man gerade erzielen will, wie "dicht" es klingen soll usw.
 
Ich mach das selber gerne auch, man sollte es aber nicht übertreiben. Bei Knocking on Heavens Door z.b. paßt auf der "door" wunderbar ein moll-11er. Ich würde sagen, ein unverkrampfter Umgang damit tut ganz gut, denn wer behauptet, im Pop dürfe man nur Dreiklänge spielen, hat mE keine Phantasie, aber insofern ein Stückchen recht, daß ausschließlich jazzige Voicings sicher die Atmosphäre des Stücks deutlich verändern (z.T. kann das allerdings auch gewollt sein je nach Interpretation). Hier ist also wirklich das eigene Ohr entscheidend.

Allerdings würd ich dann nicht unbedingt die "klassischen" Bill Evans-Lefthand-Voicings nehmen, sondern eher offene Voicings. Quarten kommen z.B. oft sehr schön im Pop. Oder einfach eine zum Standardvoicing dezent hinzugefügte 9. Auch schön sind jazzige Übergangsakkorde, z.B. einfache 7er mit ner 13, zwischen zwei "Pop"-Akkorden.
 
ich persönlich bin da ziemlich schmerzfrei und benutze gerne alle möglichen akkorderweiterungen in popstücken.
gerade wenn der bass eher nur gründtöne spielt und die gitarre es bei "einfacheren" akkorden belässt macht mir es spaß dem ganzen ein bisschen "farbe" zu geben.
 
Jetzt wird doch aber ziemlich häufig gesagt, man solle die Grundtöne der Akkorde nicht spielen bzw. dem Bass überlassen... Gilt das in den Fällen, dass nur einfache Dreiklänge gespielt werden, nicht? Oder soll ich dann nur noch Terz und Quinte spielen???
Das mit dem Grundton ist kein Dogma, auch im Jazz nicht. Wenn man dem Bassisten sorgfältig zuhört, wird auch mit Grundton ein akustisch sauberes Ergebnis zu erzielen sein. Und in Songs, in denen nichts außer 1-3-5 geht, wird der Bassist mit Sicherheit nicht mehr als Grundton und/oder Quinte vom jeweiligen Akkord nehmen, so dass du die 1-3-5 Akkorde bedenklos so spielen kannst.
 
Okay, danke Euch allen für die Hinweise/Denkanstöße! Werde dann am Freitag in der nächsten Probe wohl mal ein bisschen experimentieren (also damit meine ich: noch mehr als sonst :))
 

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