Rollende Restauration meines Solton-Leslies

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Letzten Sommer habe ich mir günstig ein gut erhaltenes Solton Dopplertone 150 zugelegt. Der Verkäufer hatte nicht zuviel versprochen, allerdings haben diese alten Geräte meistens irgendwelche Macken, die sich erst im längeren Gebrauch zeigen, oder bieten gerade in Sachen Handhabung einiges an Spielraum für Verbesserungen.

Da wir nun so ein Extraforum haben und das Projekt nahezu abgeschlossen ist, möchte ich mal vorstellen, was ich da die ganze Zeit getrieben habe. Die Maßnahmen haben sich von Herbst 2008 bis jetzt erstreckt, allerdings recht sporadisch und im Wechsel von Schrauben und Geldverdienen durch Gigs mit dem frisch modifizierten oder reparierten Gerät.

Trotz guter Ausgangslage traten schnell zwei Fehler zu Tage: Der Hochtöner, ein RCF TW-101 oder 102 hatte in der Rockband des Vorbesitzers schon ziemlich gelitten und verzerrte, außerdem blieb der Rotor auf "fast" nach kurzer Laufzeit stehen. Zu"guter"letzt knallte das Leslie beim Umschalten der Geschwindigkeit wie eine Granate. Mangels Ahnung meinerseits passierte erst mal nichts...

... bis mir im Winter die eingebaute Endstufe bei einer Pegelspitze in die Knie ging. Nach kurzer Erwägung, das Leslie einfach unrepariert für ein paar Euros zu verkaufen, hat mir Helmut einen Kreis sehr kompetenter Experten vermittelt, von denen ich Anleitung und Mut zur Restauration bekam (und bekomme...). An dieser Stelle nochmals herzlichen Dank für all die wertvolle Hilfe!

Zunächst erfolgte der komplette Ausbau der originalen Tontechnik und der Umbau auf Passivbetrieb. Im gleichen Zug wichen der defekte RCF-Hochtöner und die originale Frequenzweiche einem KU-516 von Monacor und einer Weiche, die dem Verhalten der eines Leslie 122 nahekommt. Da ich schon einen Crunchmaster von Hughes & Kettner besaß, fiel meine Wahl für die Endstufe auf die CF-100 aus selbigem Hause. 120W an 4Ω erschienen mir zunächst als ausreichend, außerdem bewirkt der "Character"-Regler, der eine Röhrenschaltung simuliert, eine schöne Klangfärbung.
Mehr dazu ist auch hier zu finden: https://www.musiker-board.de/vb/klavier-orgel-vintage/303095-solton-leslie-passiv-befeuern.html
Parallel versuchte ich, das Stehenbleiben des Rotors in den Griff zu bekommen. Nach Versuchen mit einem Ersatzmotor stellte sich die Ursache glücklicherweise als eine Lappalie heraus - nämlich unzureichende Spannung des Antriebsriemens.

Entgegen aller Befürchtungen, dass man bei so alten Geräten wohl damit leben müsse, habe ich auch das Umschaltknallen beseitigt. Der Ersatz der Entstörkondensatoren im Fußschalter brachte noch nichts, dafür aber die Reinigung der 230V-Schalter mit einem Glasfaserstift. Auch wenn er es vermutlich nicht lesen wird - besten Dank an den freundlichen Mitarbeiter bei Conrad, der mir den Tipp gegeben hat!

Bis auf die Trennung der Antriebs- und Tontechnikkomponenten und den Ausbau der originalen Frequenzweiche, auf der die Motorleitungen durchgeschliffen werden, war der Umbau nicht besonders schwierig oder zeitaufwändig. Die meisten Schwierigkeiten und Verzögerungen ergaben sich daraus, dass ich vorher kaum mit Elektrik und Elektronik zu tun hatte und viele Sachen zum ersten Mal tat. Aber keine Sorge - mit ein wenig Anleitung ist das alles zu schaffen!

Klanglich war das Leslie nach dem Umbau nicht mehr zu erkennen. Einerseits hatte ich nun natürlich komplett funktionsfähige Komponenten, andererseits gestaltete sich das Klangbild deutlich kompakter, satter und nicht so schrill in den Höhen.
Die angehängten Bilder zeigen den Zustand nach der ersten Umbaustufe.
 
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Nachdem die Tontechnik wieder fit war, beschäftigte ich mich damit, mir das Leben mit so einem großen Klotz etwas einfacher zu machen. Die originalen Klappgriffe waren recht solide und sogar klapperfrei, allerdings etwas ungünstig zu greifen und wichen daher mittelgroßen Schalengriffen von Penn-Elcom.

Mit jedem Einsatz wurde mir außerdem klar, wozu Rollen mit 100mm Durchmesser auf dem Markt sind - denn so gut die Steckrollen von Fender auch für Gitarrenverstärker geeignet sind, am Leslie kann man ihnen beim Zerfall zusehen.
Da ich den kompletten Turm auf den Zentimeter genau ins Auto stellen kann, wollte ich eine Lösung, die nicht weiter aufträgt. Meine Wahl fiel letztendlich auf ein abnehmbares Rollenbrett, ähnlich wie es an manchen Subwoofern oder Flightcases zu finden ist. Für die Befestigung boten sich die kleinen Überwurf-Butterflies 17343 von Adam Hall an, deren Zunge aber leider ein Stückchen zu kurz ist. Im Nachhinein würde ich daher für ähnliche Verschlüsse von Penn-Elcom mit längerer Zunge entscheiden - aber meine Adapterlösung mit 15mm Holzklötzchen funktioniert auch.
An seinem Platz wird das Rollenbrett von einem Stapelsystem gehalten, so dass die Verschlüsse nicht auch noch seitliche Kräfte aufnehmen müssen. Noch besser wäre es gewesen, die Stapelecken näher an den Rand zu setzen, denn so gibt das Brett trotz 21mm Multiplex ein wenig nach.

Als nächstes ging es daran, den Transport des extrem unhandlichen Hochtönerkabinetts zu erleichtern. Da ein Griff oben zu wenig war, habe ich an die Seiten zwei kleine Riemengriffe von Adam Hall geschraubt, die das Tragen mitunter sehr erleichtern. Versenkte Klappgriffe hätte ich zwar gerne gehabt, aber der Einbau hätte sich ziemlich kompliziert gestaltet.

Ermuntert durch die guten Erfahrungen mit dem "Surfbrett", habe ich dem Hochtöner ein ähnliches Befestigungssystem verpasst. Nun kamen gleich die längsten Überwurfcatches aus Penn-Elcoms L-0737-Serie samt passender Schließhaken zum Einsatz. Da der Platz knapp wurde, dienen die kleinen Kofferfüße 9645 (ebenfalls von Penn) als Stapelsystem. Etwas diffizil war es, am abgerundeten Gehäuse präzise zu messen, aber auch hier stand trotz leichter Abweichungen am Ende der Arbeit ein tadellos funktionierendes Ergebnis.
Um eine Schwächung des Materials und eventuelle Klangeinbußen zu vermeiden habe ich übrigens hinter die Butterflies ein kleines Brettchen Pappelsperrholz gesetzt. Das kostet wenig, ist leicht zu verarbeiten und bietet den Muttern frisches Material als Anpressfläche.

Um mit dem Bassteil zur Not auch alleine fertig zu werden (was allerdings nicht unbedingt empfehlenswert ist), hatte ich oben zwei alte Riemengriffe angeschraubt, an deren Stelle auf dem vorletzten Bild Blindschrauben zu sehen sind. Da sich dies nicht richtig bewährte, habe ich diese durch die Eckgriffe 1195/90 von Penn ersetzt. Ich hatte meine Bedenken, da so ein großes Loch zu sägen, konnte jedoch keinerlei Klangänderung feststellen und freue mich daher einfach an der besseren Tragbarkeit.

Wie elegant diese Umbauen aussehen, liegt im Auge des Betrachters. Ich bin die letzte Zeit ziemlich viel mit dem Leslie unterwegs gewesen und finde, dass jede der Modifikationen einen deutlichen Unterschied ausgemacht hat. Außerdem ist der Klang ja das Wichtigste - und der hat sich nicht verändert.
 

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Sehr schön Andi. Da werde ich mir doch direkt mal ein paar Anregungen und Ideen klauen ;)
 
Die Sommersaison 2009 brachte zwei Neuigkeiten mit sich, die eine weitere Anpassung des Leslies nötig machten. Zum Einen besitze ich mit der Nord C1 nun eine Orgel, die Pedalbassregister erzeugen kann, zum Anderen habe ich mit meinem Trio ein Partyset aus 40 Covernummern einstudiert. Da ich auch dabei den Bass übernehme, brachten die Anforderungen an Frequenzen und Lautstärke das Leslie samt Antrieb schnell an seine Grenzen.

Die CF-100 machte mir durch die häufig leuchtende Clip-Lampe Sorgen, während der originale RCF-Bass nicht in der Lage war, das Gespielte sauber wiederzugeben.
Im ersten Schritt habe ich anstatt des alten Chassis einen Delta 15LF von Eminence verbaut - ein guter und überraschend günstiger Ersatz.
Im zweiten Schritt habe ich mir versuchsweise eine Soundcraft Spirit Powerstation 600 geliehen. 350W an 4Ω mögen für einen Instrumentalverstärker zunächst übertrieben erscheinen, doch es ist kaum zu glauben, wieviel besser das Leslie damit bei gleicher Lautstärke klingt. Meine Bedenken gegenüber einer linear arbeitenden PA-Endstufe haben sich nicht bestätigt - aufdringliche Höhen oder "steriler" Klang treten nicht auf. Das erzielbare Dynamikspektrum und die Klangqualität gewinnen durch die Leistungsreserven ungemein - und der Höllenspaß, den das macht, ist kaum zu beschreiben.

Natürlich klingt nur ein Röhrenleslie wie ein Röhrenleslie, und wer richtig verzerrt spielen möchte, stößt mit dieser Lösung eventuell auch an gewisse Grenzen, doch für jemand wie mich, der in Prinzip ein "Cleanmonster" mit reichlich Bassreserve braucht, ist das genau richtig. Leichtes Anzerren bei durchgetretenem Pedal bekommt der sehr schöne Overdrive der Nord C1 auch hin. Nebenher erspart dieser Weg auch Schwierigkeiten mit Gitarrengeräten, die Linepegel nicht richtig vertragen.
Sobald ich eine entsprechende PA-Endstufe habe, hat das Rack mit den Hughes & Kettner-Teilen vorerst ausgedient, allerdings hat es schon eine neue Aufgabe in Aussicht ;)
 
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Ein großes Lob von mir, Andi!

Ich kenne deine Arbeiten ja mittlerweile schon und bin erstaunt, was dir neues einfällt, wie du dein Leslie noch transportabler machen kannst. Ich habe mir bei dir ja auch schon einige Ideen geholt.
Wenn ich deinen Bericht so lese, juckt es mich ja auch schon wieder in den Fingern, meine Leslies auf Vordermann zu bringen. Doch dazu fehlen mir momentan die Finanzen. Aber das wird schon!

Also, ich bin auf deine weiteren Arbeiten gespannt. Insbesondere was deine Endstufen-Problematik anbelangt. Wenn man Allsound wieder läuft, werd ich dort auch entscheiden, dieses evtl. passiv laufen zu lassen.....
Komm Zeit, kommt Leslie :)

Viel Spaß weiterhin und halte uns auf dem Laufenden!!
 
Auch dir dankeschön.
Das Angenehme an so einer "Rollenden Restauration" ist eben, dass beständig Geld und Ideen nachfließen. Einerseits verdient das Leslie zwischendrin immer wieder ein paar Euros, andererseits macht sich im regelmäßigen Gebrauch bemerkbar, wo noch Raum für Verbesserungen besteht.
Die Ausgaben läppern sich natürlich ganz schön zusammen, verteilen sich andererseits aber auch auf kleinere Einzelinvestitionen.

Die Früchte der eigenen Arbeit zu hören und zu spüren ist eh unbezahlbar ;)
 
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