Hier gehen gerade unglaublich viele Dinge miteinander quer. A-Geigen mit Mikro, A-Geigen mit Piezo, E-Geigen mit Piezo, Transe, Röhre, ClassD und nun ein Geigenbauer, der Material- und Klangeigenschaften im Geigenbau mit wissenschlaftlichen Mitteln angeht, versucht reproduzierbare Forschung zu machen, Formeln formuliert und forscht ob es möglich ist, Klangeigenschaften verlässlich zu prognostizieren. Dazu muss er Bestände sammeln und über die Empirie Daten sammeln, bewerten und Modelle kalibrieren. Was auf der Website steht ist unvollständig, unerklärt, nicht belegt und führt zu einer "ich glaub das" oder zu einer "ich glaube das nicht" Haltung. Ich finde das Interessant, habe derzeit aber Zweifel, ob der Zuverlässigkeit der Erkenntnisse:
1. Es ist Pionierarbeit, praktisch ein neues Wissensgebiet.
2. Da Schleske mit dem Ansatz allein ist, können seine Erkenntnisse noch nicht überprüft werden.
3. Holz ist ein ungemein vielfältiger Baustoff, die Rückkopplung auf die Akustik vermutlich komplett unerforscht, das Gesamtsystem hochgradik komplex.
4 Nachvollziehbare Bewertungskritierien bezüglich des Hauptfaktors "Klang" sind für mich nicht erkennbar, sehr viel in dem Gebiet ist "Geschmacksache".
Ich will Schleske nicht schlechtreden und meine Argumente fallen oberflächlich betrachtet in die Kategorie "Pedanten, Nörgler & Bedenkenträger. Ausserdem finde ich es toll und bewundernswert, dass sich hier jemand an eine derartige Aufgabe herantraut. Allerdings habe ich selber beruflich regelmäßig mit Prognosen im Bruchverhalten von Holz zu tun. Auf diesem vergleichsweise einfachen Sektor gibt es Menschen, die versuchen mit Messungen, Kernbohrungen, Ultraschalluntersuchungen, Zugversuchen, Druckversuchen an Proben verifizierbare Ergebnisse zu erarbeiten. Bisher ist dies keinem so richtig gelungen, alle Erklärungsmodelle unterliegen starken Einschränkungen, keine Vorgehensweise ist belegbar richtig. In der Praxis führt dies dazu, dass die ganzen Rechenwege so komplex aufgebaut werden, das die eingebauten Variablen in den wirklich schwer zu beurteilenden Einzelfällen stets genügend Ermessensspielraum anbieten, um das vom Sachverständigen bevorzugte Ergebnis auszuspucken. Ich hoffe wirklich, dass Schleske in der Akustik mehr Erfolg haben wird.
Davon abgesehen: seine
Einteilung der Frequenzbereiche halte ich für eine tolle Hilfe beim Justieren des EQ. Das unangenehme daran ist allerdings, dass man selbst spielend nichts beurteilen kann, da man ja das direkte Saitengeräusch auch am Ohr hat, Akustikgeige mit PU ist unmöglich fein zu justieren, E-Geige immer noch schwierig. Dazu dann noch unterschiedliche Raumakustiken und lange Wiedergabeketten, in denen sich eine minimale Änderung am Preamp maximal durchschlagen kann. Wohl dem, der einen fest eingebauten Pickup hat, gerade am letzten Wochenende habe ich mal wieder den alten Piezo an die Akustikgeige geklemmt und festgestellt, das wirklich nichts den Klang stärker beeinflusst, als Lage und Art der Befestigung des Piezos. Ganz nebenher musste ich dabei auch feststellen, dass der Piezo-Klang sich zwischen A- und E-Geige nur minimal unterscheidet, wer glaubt die A-Geige mit Piezo klänge aus dem Amp heraus anders als eine E-Geige, der hat halt das Akustiksignal am linken Ohr und addiert dies stets zum Ampsignal hinzu.
Die Transe-oder-Röhre Diskussion finde ich durchaus berechtigt. Als Schüler habe ich aus Kostengründen auf Transe gesetzt, den Zerrbereich aber stets vermieden. Sämtliche späteren Versuche mit Röhrenamps habe ich irgendwann abgebrochen, mit einem Röhrenpreamp habe ich dabei wochenlang herumgefrickelt. Auf der Suche nach meinem aktuellen Amp hatte ich auch eine Röhre im Testfeld gehabt, hat sich aber nicht durchgesetzt. Ich glaube das liegt daran, dass ich das Geigensignal grundsätzlich "clean" haben möchte. Den geilsten Amp, über den ich bisher gespielt habe, das war der Roland Jazz-Chorus, eine Transistor-Gitarrenlegende für cleane Sounds. Das Problem liegt ja tatsächlich im Zerrbereich: die Zupfer haben eine frei schwingende Saite, welche praktisch ein Sinussignal mit Obertönen hergibt. Wird dieses Signal verzerrt, bekommt die runde Schwingung Ecken, statt Sinus gibt es die "Rechteckwelle". Wir Streicher haben aber kein Sinussignal - die stete Anregung durch die Bogenhaare führt zu einem obertonreichen Signal der Familie "Sägezahn". Diese dann noch mit Verzerrungen auszustatten erschließt sich mir noch nicht so richtig, bisher war ich immer der Meinung, dass ein starkes ausgewogenes cleanes Signal die Basis für alles was danach kommt sein sollte, denn ein sauberes Singal zu verzerren ist einfach, umgekehrt ist es unmöglich.