Die Keyboards pfiff doch im Grunde seit Jahren aus dem letzten Loch.
Was das Magazin gekillt hat:
Noch in den 90ern gab es einen riesengroßen Mainstream-Markt für elektronische Hardware-Instrumente. Die konnte man natürlich prima in einer Zeitschrift mit dem Namen "Keyboards" featuren und testen.
Nach der Jahrtausendwende kam dann rapide der Schwenk auf Software und auf die Musikproduktion in the box. 2003 wurde jeder, aber auch jeder Act, der noch Hardware verwendet, bei Interviews in der KEYS gefragt: "Sacht ma, wollt ihr nicht mal den ganzen Hardwarekrams wegschmeißen und endlich wie alle anderen™ komplett auf Software umsteigen?!"
Die Keyboards schwenkte natürlich verschärft auf Computer und Software um. Dann kamen aber Leute daher und fragten, was das noch mit Keyboards zu tun hatte. Daraufhin wurde das ganze Gelumpe in die neue Sound & Recording ausgelagert.
Folge: Die Keyboards hatte fast keine Inhalte mehr – im Gegensatz zur KEYS, die den Schnitt nicht gemacht hat und immer noch monatlich erscheint. Workstations wurden nur alle Jubeljahre mal gedroppt. Livetaugliche VAs waren oberhalb der Kompaktklasse auf dem absteigenden Ast, da kamen auch nicht mehr oft welche. Top-Arranger hat man auch mal getestet, aber die kamen auch nicht mehr so oft, und das Segment wurde fast nur noch von Yamaha abgedeckt. Digitalpianos testete man auch gelegentlich, aber das hätte doof ausgesehen, wenn ein früher für Synthesizertests berühmtes Magazin auf einmal zu 80% Digitalpianos getestet hätte.
Neue Bereiche abzudecken, lohnte sich eh nicht, weil deren Zielgruppen schon andere Magazine lasen. Gerade Arranger wurden in allen Klassen inzwischen verschärft von der Tastenwelt erschlagen, teilweise auch von der OKEY!, die als einziges Magazin auch elektronische Orgeln (damit meine ich nicht Hammond-Klone) brachte. Das dürfte auch der Grund sein, warum die Funtasten sich nicht als eigenes Magazin lohnte – das, und man brauchte deren Inhalte, um die Keyboards wieder aufzufüllen.
Hardwaresynths wiederum teilten sich zunehmend auf. Rompler – seit jeher von der Keyboard getestet – gab es weiterhin, aber eben nicht sonderlich viele. Der mainstreamige VA-Synth – dito – war auf dem absteigenden Ast. Das Analog-Revival lief schon, war aber für Nerds, und die Nerds lasen längst das SynMag, das ihnen auch von der Schreibe eher entgegenkam. Die wenigsten Analogsynths, die ab Mitte/Ende der 2000er rauskamen, waren auch für Leute tauglich, die keine Nerds waren, also für Keyboards-Leser.
Überhaupt lasen viele inzwischen Reviews lieber online, z. B. auf Amazona, weil sie da schneller erschienen. Reviews in den großen Printmagazinen hatten außerdem ein G'schmäckle, sie wirkten wie reine Lobhudelei mit nur wenig Nitpicking an unwichtigen Punkten. Onlinemagazine waren ehrlicher, Foren noch ehrlicher.
Erschwerend kam dann auch das Verschwinden ganzer Rubriken dazu. Die Kleinanzeigen wurden mit dem Aufkommen von eBay überflüssig. Synthesizer von gestern ging irgendwann das Material aus, man hätte im Prinzip nur noch obskure Geräte featuren können, nach denen kein Hahn krähte. Albenreviews verschwanden auch.
Letztlich mußte die Keyboards wirklich sehen, woher sie noch Material zusammenkratzen konnte. Eine Zeitlang baute man einfach drei- oder viermal im Jahr ein Themenheft zusammen. Aber ziemlich schnell gingen einfach die für Keyboarder interessanten Themen zu Ende – schon Modular schien eine Verlegenheitsaktion gewesen zu sein. Was mich noch interessiert hätte, wär ein zweites Live-Heft gewesen mit Themen zwischen Keys in nicht rein elektronischen Bands und Modular-Jams – aber da hätte man eigentlich an Interviewpartnern nur Jarre und von Jarre inspirierte Leute gehabt.
So hatten sie wirklich schon Schwierigkeiten, alle drei Monate ein Magazin vollzukriegen. Ein Magazin alle drei Monate führte auch Reviews ad absurdum, denn jeder, der an so einem Review interessiert gewesen wäre, hätte es schon vor Monaten gelesen und das getestete Gerät womöglich längst zu Hause stehen.
Ohne die Reviews bleibt aber nicht mehr viel übrig. Hätten sie mehr Interviews, Workshops und dergleichen bringen können, dann hätten sie auch öfter Ausgaben raushauen können. Können sie aber nicht. Und so hat sich das ganze Magazin am Ende überlebt.
Martman