Rhythmus flüssig lesen lernen

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Ich habe vor kurzem mal wieder angefangen mein Blattspiel auf dem Klavier verbessern zu wollen. Ich habe viele Jahre die Lieder vor allem angehört, mir dann mühsam die Tonhöhen rausgelesen und das Stück dann schnell auswendig gelernt. Jetzt werde ich gerade tatsächlich flüssiger, die Tonhöhen zu erkennen... und stelle fest, dass ich im Rhythmik erkennen fast ein Analphabet bin.

Daher meine Frage: was ist eine sinnvolle Strategie, um dieses Defizit möglichst zügig aufzuarbeiten? Leichte Lieder vom Blatt spielen werde ich auf jeden Fall weiter. Aber das Problem ist: wenn ich das Lied kenne (wie bei fast allen in meiner Sammlung von leichten Heumann-Arrangements) dann muss ich eigentlich nicht wirklich die Rhythmik erkennen. Kenne ich das Stück aber nicht fällt es schwer zu erkennen, ob ich es richtig gelesen habe.

Bei den Tonhöhen habe ich eine App benutzt um täglich immer wieder Noten zu lesen, gibt es sowas auch für Rhythmus-Patterns? So dass ich irgendwann "Achtel, Achtel, Viertel, punktierte Viertel, Achtel" sehe und den Rhythmus eher wie aus dem Wortbildgedächtnis erkenne als die Buchstaben einzeln zu lesen und dann "H... U... N... D... ...Hund" erkenne. Oder eher andere didaktische Methoden, Bücher?
 
M. E, ist das Erfassen der Gruppen von Notenwerten mit Klopf- oder Klatschübungen zu üben.
Der linke Fuß schlägt die Viertel und die Hände die rhythmischen Figuren. Man kann das mit mehr Sicherheit auch zum Metronom üben, den Fuß würde ich trotzdem öfter mal mitlaufen lassen.

Für den gemütlichen Einstieg könnte man sich @McCoys Blatt zu rhythmischen Grundfiguren anschauen, damit man schon mal weiß, was üblich ist.
https://www.musiker-board.de/threads/notation-nur-vereinfacht-oder-falsch.734135/post-9383877

Gut wäre auch, zur Variation von Übungszeilen einzelne Notenwerte durch Pausenwerte zu ersetzen.
Die Klaviermusik bietet reichlich Stoff in allen Anforderungsgraden.
Schubert op90.jpg

Schubert, 4 Impromptus, op. 90

Gruß Claus
 
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Vielen Dank, Claus. Ich habe jetzt eine App für's iPad gefunden, die genau das macht, gibt Patterns vor und man muss sie auf dem Touchscreen nachtippen. Mal schauen, wie viel das bringt :)
 
Schon nicht schlecht, ich empfinde aber auf irgendein Display tappen als suboptimal, weil es mangels Körperlichkeit nur schwer eine Verbindung zum Puls herstellt Besser ist m.E. auf der Stelle laufen und dabei klatschen. So übst du die Synchronisierung mit dem Beat, woran viele Musiker knabbern.

Gerade bei Bläsern in Bigbands merke ich das häufig. Zwar erkennen sie die rhythmische Struktur auf dem Papier, aber zum Beat schaffen sie erst nach viel holpern.
 
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Ok ich schaffe das auch nicht wirklich mit Metronom.
welche App ist das denn?

Danke und Gruß
 
welche App ist das denn?
Die hier, ReadRhythm:
https://apps.apple.com/de/app/rhythm-sight-reading-trainer/id396302174?l=en

Schon nicht schlecht, ich empfinde aber auf irgendein Display tappen als suboptimal, weil es mangels Körperlichkeit nur schwer eine Verbindung zum Puls herstellt Besser ist m.E. auf der Stelle laufen und dabei klatschen.
Die Körperlichkeit besteht beim Tastenspielen ja auch nur im Krümmen/Drücken eines Fingers, ähnlich wie bei der App auch, der Knoten ist ja vor allem im meinem Kopf beim Lesen. Einen einmal erkannten Rhythmus reproduziert mein Körper eigentlich recht zuverlässig.

Aber wieso Verbindung zum Puls? Mein Arzt ist froh dass ich den mit Sport auf 70 gedrückt habe, der soll nicht bei 2h üben dann auf 120 gehen, nur weil das Lied so ist. 😉
 
Genau wie Trommla sagt, Apps sind keine Hilfe. Man lernt viel effektiver über Noten lesen und dabei die Rhythmik klatschen.

Geht das nicht, fängt man mit einfacheren Noten an, z.B. Czerny op. 139, gibt es bei IMSLP.
Das sind kurze Klavierübungen für Anäfnger, rhythmisch gesehen erst Halbe und Viertel, dann Viertel und Achtel, dann kommen auch punktierte Notenwerte dazu usw.).
Das Metronom würde dann ins Spiel bringen, wenn man rhythmische Gruppieren auf einen Blick erfassen kann, also schon beim Lesen flüssig und richtig klatschen.

Gruß Claus
 
Genau wie Trommla sagt, Apps sind keine Hilfe. Man lernt viel effektiver über Noten lesen und dabei die Rhythmik klatschen.
Und wie merke ich dabei, ob ich es richtig erfasst habe oder mir gerade etwas Falsches einschleife? Die App erlaubt mir, das zu prüfen.

Warum denkst du denn, dass das ohne App effektiver ist? Persönliche Einschätzung oder kennst du da etwas wissenschaftlich Belegtes? Grundsätzlich mache ich in der App ja genau das: Noten lesen und sie tippen. Der kognitive Unterschied scheint mir erst mal nur der zwischen Tippen und Klatschen zu sein.
 
Und wie merke ich dabei, ob ich es richtig erfasst habe oder mir gerade etwas Falsches einschleife?
Warum verweise ich darauf, mit einfachen Noten anzufangen?
Durch Klatschen des Rhythmus übt man etwas, was man bereits verstanden hat, nämlich eine rhythmische Notation auszuzählen und wiederzugeben.
Dieser Prozess wird durch das Üben beschleunigt, in der Leistung konstanter, in der Anforderung mit der Zeit höher und im Ablauf routiniert.

"Etwas Falsches einschleifen" würde voraussetzen, dass man das Konzept der Rhythmuspyramide nicht verstanden hat, Notenwerte nicht erkennt, wenn sie vor einem liegen und nicht bis 3 oder 4 zählen kann, aber trotzdem unverdrossen vor sich hin klatscht.

Wenn man das anders machen mag, nur zu.

Gruß Claus
 
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Warum verweise ich darauf, mit einfachen Noten anzufangen?
Durch Klatschen des Rhythmus übt man etwas, was man bereits verstanden hat, nämlich eine rhythmische Notation auszuzählen und wiederzugeben.
Dieser Prozess wird durch das Üben beschleunigt, in der Leistung konstanter, in der Anforderung mit der Zeit höher und im Ablauf routiniert.
Das finde ich plausibel.

Mich würde jetzt noch sehr interessieren, wo du genau den Unterschied zu dem, was man in der App macht siehst. Denn die hat schon enorme Vorteile, in der Bahn, in der Mittagspause oder auf dem Klo kann ich mich nicht so gut klatschend hinstellen, aber problemlos schnell mal ein paar Übungen in der App machen. Und sei es unterstützend zum Abends mit Noten hinsetzen.
 
Jungs, wir können doch beides, Country und Western ;)
Der Vorteil einer App liegt auf der Hand, ich würde beide Wege nutzen, um ein möglichst sicheres Fundament aufzubauen.
 
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@Murenius
Ich habe Rhythmen zählen anhand von gedruckten Noten und klatschen "händisch" gelernt und kann das empfehlen.
Wenn Du mit der App gut zurechtkommst und das gewünschte Ziel erreichst, ist das natürlich genauso gut. (y)

Gruß Claus
 
Und wie merke ich dabei, ob ich es richtig erfasst habe oder mir gerade etwas Falsches einschleife? Die App erlaubt mir, das zu prüfen.

Warum denkst du denn, dass das ohne App effektiver ist?
1+ Claus

Ein sehr guter Schlagzeuger und Didakt hat mir mal gesagt (vor etwaeinem jahr), dass alle Rythmusapps am Markt schlecht sind, weil sie nicht genau sind (Timing) und weil das Tippn auf ein Display weit weg ist, von dem motorischen Abläufen beim Musizieren. Und Du willst das ja gerne verbinden.
Dass die App das prüft und man das so in der Bahn nebenbei macht gibt auch Probleme:
1 - es ist attraktiv in der Bahn und beiläufig zu üben - es ist aber 10x effektiver mit voller Aufmerksamkeit, grade auf einem Stuhl und mit ruhiger Umgebung dich 5-10 Minuten auf die Übung zu konzentrieren. In der Bahn Musik hören ist vielleicht besser ;)
2 - wenn die App Dir sagt was Du richtig und falsch machst, verlierst Du die Möglichkeit zu erlernen (üben) das was Du hörst zu beurteilen.
Später in Band/Orchester/wasauchimmer wirst Du Dich auch nur am Gehör orientieren können. Am Schlag des Dirigenten, an der Snaredrum ect... Das kann man üben. Aber eine App nimmt einem diese "Mühe" oft ab und dann werben sie damit, dass alles schneller geht. Es ist aber in den meisten Fällen besser mit Musik zu üben ;)
Das ist ein bisschen wie mit der Intonation, wenn Schüler monatelang in ein Stimmgerät starren, scheinbar sauber spielen, dann aber aufgeschmissen sind, wenn es keinen Tuner mehr in der Probe gibt.


Mein Tip für die Fehlerkorrektur: zähle laut mit. Das ist am Anfang schwierig aber wenn Du bei solchen Übungen mitzählst kommt irgendwan der Punkt an dem es eine ganz natürliche, sehr musikalische Fehlerkorrektur wird.
Und Mitzählen heißt nicht murmeln oder nicken und im Kopf irgendwas denken, sondern laut im Raum hörbar 1 2 3 4 zu sagen. Dann kommen die Hilfen mit 1 und 2 usw...
Mit diesem "Können" (das Mitzählen beim spielen) kann man auch super Timingübungen und Hilfestllungen bauen...

Dann tauchte noch der Tip mit dem "mitlaufen" auf. Ja sehr gut! Das ist vor allem bei Timingarbeit eine SecretWeapon - muss aber meiner Erfahrung nach immer getrennt geübt werden. Lohnt sich 'f jedm
 
Ich glaube, das ist sehr von der Persönlichkeitsstruktur des Lernenden abhängig, welche Herangehensweise für einen die beste ist.
Ich selbst habe z. B. in meinem Leben NIE laut mitgezählt, weil ich das schon als Kind strikt abgelehnt habe, und habe in meinem Leben noch kein Metronom benutzt. Das mag aber, wie gesagt, von Person zu Person verschieden sein.

Was das "Bildgedächtnis" zu notierten Rhythmen angeht wäre ich skeptisch, da das optische Erscheinungsbild, in dem die rhythmische Struktur daherkommt, doch sehr verschieden sein kann (Notation, Notensatz, Schriftart, Instrument bzw. Instrumentengruppe, ...).

Aber einen Aspekt will ich unbedingt unterstreichen. Nämlich, daß es mMn enorm wichtig ist, nicht nur die rhythmische Struktur eines Patterns wiedergeben zu können, sondern auch den (darunterliegenden) Puls zu (er-)kennen und zu empfinden.
Wie es der Kollege weiter oben schon erwähnt hat ...
... eine Verbindung zum Puls herstellt
Denn so, wie sich jede Melodie immer auf einen bestimmten Grundton bezieht (den man auch immer im Hirn und im Ohr haben sollte), so bezieht sich jedes Rhythmuspattern immer auf einen bestimmten Puls (= Grundschlag), den man stets mitdenken und mitfühlen sollte. Und zwar schon beim Üben.
Rhythmus ganz allgemein hat ja nur Sinn, wenn er auf einen Puls bezogen wird. Ansonsten wäre er sinnnlos.

Um das zu üben und zu gewährleisten, empfielt sich eine leicht ausführbare, regelmäßig wiederkehrende Bewegung, als da wären: Fuß wippen, Fuß tappen, schnippen, Kopf nicken, klatschen, ... Das schult gleichzeitig auch die stabile Tempoempfindung.

LG
Thomas
 
Also, Rückmeldung (danke für die vielen Hinweise und Tipps): beides zusammen funktioniert für mich sehr gut. Die App verfestigt durch häufige Wiederholung, die Beschäftigung mit richtigen Stücken liefert realistische Problemstellungen und ordnet die Häppchen der App ein. :)
 
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