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Review UAD plugin: Neve 88RS Channel Strip
Da gibt es ja interessante Neuigkeiten bei Universal Audio!
Pünktlich zum Frühjahr beschert uns UA ein Bundle an spannenden Plugins.
Eins davon ist die Neuauflage des Neve 88RS Channel Strip. Das habe ich mir mal etwas genauer angesehen und möchte hier ein kleines Review dazu schreiben.
Zur Historie:
Das Neve 88RS PlugIn gab es bislang schon im Portfolio der UA Plugins. Hier handelt es sich um eine komplette Neuauflage mit erweiterter Funktionalität, sozusagen MkII.
Die Vorgängerversion steht weiterhin als "Legacy" zur Verfügung.
Die Collection bringt die Low- und Hicut Filter, Compressor/Limiter, ein Gate, den 4-Band Equalizer und den Ausgangsverstärker der legendären Console mit.
Und den berühmten Mikrofon- und Line Preamp - für mich besonders reizvoll wird das Plugin durch die Unterstützung der Unison – Technologie.
Der Preamp kann also direkt auf die Eingänge des Apollo gelegt werden und simuliert dort die Hardwarevariante.
Sehr interessant für die Anwendung im kleinen Homestudio.
Ich habe aus nahe liegenden Gründen leider keine Vergleichsmöglichkeit zur originalen Hardware – Console, kann von daher nur subjektiv beschreiben, was die Nachbildung für mich tun kann.
Die Oberfläche
Die Neve-Teile sind nach meinem Geschmack immer etwas speziell zu bedienen. So auch hier.
Das ist sicherlich Gewöhnungssache und auch nicht unbedingt negativ zu sehen. Speziell halt. Und es ist sehr an die echte Hardware angelehnt (siehe Foto).
Der eingefleischte Vollzeit-Tech kommt sicher spielend damit klar.
Ich als Gelegenheits-Tontechniker erwische mich immer noch dabei, wie meine Augen den richtigen "Pfad" suchen.
Welcher Poti gehört nochmal zu welchem EQ-Band?
Dagegen wirkt die Oberfläche des Plugins ja regelrecht aufgeräumt
Es ist sehr hilfreich, auf die Farben der Knöpfe zu achten. Die haben hier ihre Berechtigung. Am Hardware - Gerät würde man das intuitiv ja auch machen.
Im Detail
Preamps
Die Preamp - Sektion besteht aus den bekannten Komponenten.
Der Line/Mic - Selektor schaltet sich automatisch je nach gewähltem Eingang des (Apollo-) Interfaces.
Eine Mikrofonvorverstärkung von 20 - 70dB bringt genug Reserven, um auch ein nach Gain lechzendes Mikrofon wie das Shure SM7 zum Leben zu erwecken.
Die OL (Overload) - LED zeigt an, wenn das Eingangssignal übersteuert.
Obligatorisch sind Phasenumkehr - und -20dB Padschalter.
Was macht der Preamp soundtechnisch mit dem Signal?
Ich konnte ihn bis jetzt nur an meinem Shure SM7 testen, dort macht er aber eine sehr gute Figur.
Vergleichsweise habe ich hier noch einen Golden Age Project Preamp, der ja ebenfalls eine Neve - Kopie darstellt.
Direkt miteinander verglichen, wirkt der Preamp des Neve 88RS Plugins klarer und feiner auflösend.
Er gibt dem Signal eine gewisse, sanfte Körnigkeit, "Grip" in einer modernen, offeneren Form.
Das sage ich ganz wertfrei, beides hat seinen Charakter.
Vielleicht ist es aber auch unfair, beide Teile miteinander vergleichen zu wollen.
Der Preamp des Golden Age ist ja dem Neve 1073 nachempfunden, hat also schon von vorn herein eine etwas andere Charakteristik, die für mich etwas mittiger/mehr "vintage" klingt.
Außerdem ist der 1073 in der Lage, den Eingang deutlich heißer zu fahren, wodurch eine viel stärkere Verzerrung und Färbung des Signals möglich ist.
Der Preamp des 88RS ist zivilisierter und von vornherein auf möglichst cleane Wiedergabe ausgelegt.
Ich persönlich würde und werde für Aufnahmen, die mehrere Instrumente und Spuren enthalten, den Preamp des Plugin bevorzugen.
Es bringt zwar ebenfalls seinen eigenen Charakter mit, ist aber damit zurückhaltender und offener für den Mix.
Und es hat etwas mehr von den seidigen Höhen, etwas mehr "Glanz", für die man landläufig die Neves kennt.
Dafür ist es nicht so ein Mittenmonster, also ideal für zeitgemäße Vocalrecordings.
Low- und Hicut
Das Neve Plugin bringt sowohl Low- als auch Hicut - Filter mit. Die Bedienung ist simpel und nachvollziehbar.
Am hellblauen Poti stellt man die Frequenz ein, an der der Hicut (7,5 - 18 kHz) greifen soll.
Durch Drücken auf die darunter liegende LED wird der Filter aktiviert.
Analog geht man mit dem dunkelblauen Lowcut (31,5 bis 315 Hz) auf der rechten Seite vor.
Die unterschiedlichen Farben der Knöpfe sind schon mal hilfreich, wenn man nicht gerade eine Blau/Grau-Schwäche hat.
Denn eigentlich würde ich intuitiv den LowCut auf der linken Seite erwarten. Geschenkt.
Der Filter greift mit 12 dB pro Oktave.
Gut durchdacht auch hier wieder die Unison - Einbindung:
Betätige ich den Lowcut - Knopf am Apollo wird automatisch der Lowcut im Plugin aktiviert, dabei wird die zuletzt eingestellte Grenzfrequenz verwendet.
Das sind so die Kleinigkeiten, die mich persönlich erfreuen: Da hat sich jemand Gedanken gemacht.
Die Dynamik-Abteilung
Hier wird es dann schon etwas kniffliger.
Die kleinen bunten Plugin - Knöpfchen sehen ja so harmlos aus und laden mit ihrer relativ großzügigen Skalierung zum Spielen ein.
Wir haben es hier aber mit einem ausgewachsenem Gate/Expander und Limter/Compressor zu tun, die ordentlich ins Klanggeschehen eingreifen.
Etwas Fingerspitzengefühl und Aufmerksamkeit ist also gefragt.
Zum groben Überblick:
Beide Dynamikprozessoren können über die gelben Knöpfe "G/E" und "L/C" separat und unabhängig voneinander geschaltet werden.
Ihre zugehörigen Controls befinden sich jeweils vertikal darunter.
Die Einstellungen von Gate und Compressor beeinflussen sich nicht untereinander.
Beide Effektprozessoren arbeiten über einen VCA.
Gate
Auf die grundlegende Arbeitsweise eines Gates möchte ich hier nicht eingehen.
Ein paar Besonderheiten finde ich jedoch erwähnenswert.
Interessant und sehr nutzbar am Gate finde ich den "Fast" - Mode.
Damit bekommt man ein sehr schnelles Gate (50 microsec.), was sich sehr gut auf perkussiven Instrumenten macht.
Das Gate tut was ich davon erwarte, es arbeitet sehr schnell und lässt sich sehr variabel einstellen.
Die für Gates üblichen Flattereien in der sensiblen Zone treten auch hier auf, nicht sehr vordergründig aber doch wahrnehmbar.
Instrumente mit größerem Dynamikumfang, bei denen es auch auf den Ausklang ankommt, wie z.B. die Stimme, würde ich normalerweise nicht gaten.
Ich hatte damit rein aus Neugier gespielt, um störende Raumeinflüsse an der Stimme zu eliminieren.
Im Einzeltrack waren bei sensiblen Einstellungen immer noch Flattereien zu verzeichnen.
Hier spielt der Hyteresis (HYST) - Regler eine wichtige Rolle. In meiner relativen Unbedarftheit musste ich erst einmal im Manual nachlesen, was damit genau gesteuert wird.
"..macht das Gate weniger anfällig für 'stuttering'..."
Aha, hier gibt also noch Raum für Experimente.
Die gelben LED's im rechten Bereich des PlugIns zeigen den Wert der Dämpfung des Gates/Expander an.
Compressor
Der im PlugIn enthaltene Compressor/Limiter bietet eine stufenlose Kompressionrate zwischen 1:1 (keine Kompression) und unendlich:1 (Limiter).
Es gibt zwei Attack - Zeitbereiche: 3 - 7 ms im Normalmodus, 1 - 7 ms im Fast - Mode.
Die Release - Zeit ist stufenlos von 10ms bis zu 3s einstellbar oder alternativ per Release - Automatik.
Der Compressor arbeitet mit Softknee - Chrakteristik, kann aber per Schalter (HN) auf Hardknee umgeschaltet werden.
Eine Besonderheit des Compressor ist der "doppelte" Threshold.
Der erste, per Regler einstellbare Threshold arbeitet, wie man es von einem Compressor erwartet: Fällt die Signalstärke unter den eingestellten Threshold - Wert, wird der Compresor inaktiv und released das Signal.
Im Plugin gibt es einen zweiten, nicht regelbaren Threshold:
Bei Erreichen einer Signalstärke ca. 40dB unterhalb des eingestellten Threshold, wird die Release - Zeit drastisch verlangsamt.
Die Idee dahinter ist, dass der Compressor bei einer plötzlich auftretenden Signalstille nicht zu schnell aufmacht.
Der Grad der Kompression wird länger auf dem selben Level gehalten.
Zum Beispiel zwischen zwei Snare-Anschlägen wird der Compressor so in einem (niedrigen) Level aktiv gehalten.
Dadurch werden Zu- und Abschaltverzerrungen des Compressors minimiert.
Der Grad der Compression wird in der roten L/C - Anzeige im rechten Bereich des PlugIns angezeigt.
Für mein Empfinden arbeitet der Compressor sehr sauber und angenehm weich. Ob das (auch) ein Ergebnis des doppelten Threshold ist, kann ich nur vermuten.
Mir gefällt, was ich höre.
Auch hier ist wieder zu sagen, das er wenig färbt.
Der EQ
Ja, soviel zum Thema Übersichtlichkeit
Hatte ich empfohlen, auf die Farben zu achten?
UA scheint sich der Schwierigkeiten beim visuellen Zuordnen bewusst zu sein und legt eine entsprechende Grafik dem Manual bei.
Aha! Mit Kenntnis der zugrunde liegenden Geometrie arbeitet sich doch schon deutlich zielsicherer als nur mit den (nicht so sehr) unterschiedlichen Farben.
Der EQ arbeitet post-dynamics, das Signal durchläuft also zuerst die Dynamikbearbeitung. Mittels des Schalters "P-DYN" kann der EQ auf pre-dynamics umgeschaltet werden.
Interessant, dass der post-Modus als default gewählt wurde.
Ich persönlich packe mir fast immer erst einen EQ und dann einen Compressor in den Signalweg, einfach um mit "sauberen"
Signalen zu komprimieren.
Aber die "richtige" Reihenfolge ist sicher eine Philosophie für sich, über die man ausschweifend diskutieren kann.
Über den EQ gibt es nicht viel zu sagen, er macht technisch was er soll. Klanglich macht er das ganz vorzüglich! Sauber und klar, aber ohne klinische Kälte (ach wie ich diese Klangbeschreibungen mag ).
Er passt qualitativ vollkommen in das Gesamtkonzept.
LEDs/Gain und "Master"
Auf der rechten Seite des PlugIns befinden sich die wichtigen Regler und Anzeigen in sehr beruhigender weil sparsamer und aufgeräumter(!) Form.
Neben den bereits erwähnten Anzeigen für Gate und Compressor gibt es noch die Anzeige der Stärke des Ausgangssignals.
Der Level-Fader bedient den Ausgangsverstärker. Der kann bis ins Clipping getrieben werden.
Auch wenn die 88RS - Console per se ein kultivierter Zeitgenosse ist, hat man hier nochmal die Möglichkeit, das Signal in die Sättigung zu treiben und mit mehr Farbe zu versorgen.
Wie gesagt, alles sehr kultiviert und hochwertig.
Um dabei das Ausgangssignal vor dem Clipping zu bewahren, hat man dem PlugIn noch einen Masterregler (Output) spendiert.
Der ändert nichts mehr am Klangcharakter des Signal, sondern sorgt nur für dessen Mäßigung, wenn nötig.
Klangbeispiele
Auf den Seiten von UA gibt es ein paar sehr aussagekräftige Audiobeispiele zum PlugIn, die ich in der Kürze der Zeit nicht so hinbekommen hätte, deshalb möchte ich hier darauf verweisen:
http://www.uaudio.com/store/unison/neve-88rs-collection.html dort unter "Listen"
Mein persönliches Fazit
Mir macht das Plugin schlicht Spass. Es ist vielseitig und bringt viele Facetten und Möglichkeiten ins Spiel - sowohl als Preamp als auch im Mixbus. Der Equalizer klingt einfach klasse, ebenso die Dynamik - Abteilung. Letztere könnte vielleicht noch etwas kräftiger färben, aber hier fehlt mir der direkte Vergleich zur Hardware.
Insgesamt bringt es "Druck" und "Glanz" ins Geschehen und wertet die ausgezeichnete Qualität der Apollo - Eingänge noch einmal merklich auf.
Die Neve 88RS - Console ist kein "vintage" - Teil, soll es aber auch im Original nicht sein, sondern zeichnet sich vielmehr durch eine sehr detaillierte Wiedergabe aus.
Beim Einsatz des Plugins sollte man ein Auge auf die Ressourcenauslastung haben. Es ist ziemlich hungrig und nimmt pro Instanz gute 25% in Anspruch. Da kommt man schnell an die Grenzen zumindest des Apollo Twin.
Danke für die Aufmerksamkeit an alle, die sich bis hierher durchgekämpft haben.
Kleine Aussicht:
Ich habe vor, demnächst noch die beiden anderen neuen PlugIns aus dem Bundle etwas näher zu untersuchen: Marshall Plexi (Oho, spannend) und das Tube-Tech CL 1B Compressor PlugIn (was ich persönlich als sehr gelungen empfinde).
Viele Grüße
Frank
PS: Ich kann im Moment nicht auf etwaige Fragen eingehen, da nach Diktat verreist
Bin aber trotzdem an Austausch interessiert, wenn ich bald wieder da bin.
Da gibt es ja interessante Neuigkeiten bei Universal Audio!
Pünktlich zum Frühjahr beschert uns UA ein Bundle an spannenden Plugins.
Eins davon ist die Neuauflage des Neve 88RS Channel Strip. Das habe ich mir mal etwas genauer angesehen und möchte hier ein kleines Review dazu schreiben.
Zur Historie:
Das Neve 88RS PlugIn gab es bislang schon im Portfolio der UA Plugins. Hier handelt es sich um eine komplette Neuauflage mit erweiterter Funktionalität, sozusagen MkII.
Die Vorgängerversion steht weiterhin als "Legacy" zur Verfügung.
Die Collection bringt die Low- und Hicut Filter, Compressor/Limiter, ein Gate, den 4-Band Equalizer und den Ausgangsverstärker der legendären Console mit.
Und den berühmten Mikrofon- und Line Preamp - für mich besonders reizvoll wird das Plugin durch die Unterstützung der Unison – Technologie.
Der Preamp kann also direkt auf die Eingänge des Apollo gelegt werden und simuliert dort die Hardwarevariante.
Sehr interessant für die Anwendung im kleinen Homestudio.
Ich habe aus nahe liegenden Gründen leider keine Vergleichsmöglichkeit zur originalen Hardware – Console, kann von daher nur subjektiv beschreiben, was die Nachbildung für mich tun kann.
Die Oberfläche
Die Neve-Teile sind nach meinem Geschmack immer etwas speziell zu bedienen. So auch hier.
Das ist sicherlich Gewöhnungssache und auch nicht unbedingt negativ zu sehen. Speziell halt. Und es ist sehr an die echte Hardware angelehnt (siehe Foto).
Der eingefleischte Vollzeit-Tech kommt sicher spielend damit klar.
Ich als Gelegenheits-Tontechniker erwische mich immer noch dabei, wie meine Augen den richtigen "Pfad" suchen.
Welcher Poti gehört nochmal zu welchem EQ-Band?
Dagegen wirkt die Oberfläche des Plugins ja regelrecht aufgeräumt
Es ist sehr hilfreich, auf die Farben der Knöpfe zu achten. Die haben hier ihre Berechtigung. Am Hardware - Gerät würde man das intuitiv ja auch machen.
Im Detail
Preamps
Die Preamp - Sektion besteht aus den bekannten Komponenten.
Der Line/Mic - Selektor schaltet sich automatisch je nach gewähltem Eingang des (Apollo-) Interfaces.
Eine Mikrofonvorverstärkung von 20 - 70dB bringt genug Reserven, um auch ein nach Gain lechzendes Mikrofon wie das Shure SM7 zum Leben zu erwecken.
Die OL (Overload) - LED zeigt an, wenn das Eingangssignal übersteuert.
Obligatorisch sind Phasenumkehr - und -20dB Padschalter.
Was macht der Preamp soundtechnisch mit dem Signal?
Ich konnte ihn bis jetzt nur an meinem Shure SM7 testen, dort macht er aber eine sehr gute Figur.
Vergleichsweise habe ich hier noch einen Golden Age Project Preamp, der ja ebenfalls eine Neve - Kopie darstellt.
Direkt miteinander verglichen, wirkt der Preamp des Neve 88RS Plugins klarer und feiner auflösend.
Er gibt dem Signal eine gewisse, sanfte Körnigkeit, "Grip" in einer modernen, offeneren Form.
Das sage ich ganz wertfrei, beides hat seinen Charakter.
Vielleicht ist es aber auch unfair, beide Teile miteinander vergleichen zu wollen.
Der Preamp des Golden Age ist ja dem Neve 1073 nachempfunden, hat also schon von vorn herein eine etwas andere Charakteristik, die für mich etwas mittiger/mehr "vintage" klingt.
Außerdem ist der 1073 in der Lage, den Eingang deutlich heißer zu fahren, wodurch eine viel stärkere Verzerrung und Färbung des Signals möglich ist.
Der Preamp des 88RS ist zivilisierter und von vornherein auf möglichst cleane Wiedergabe ausgelegt.
Ich persönlich würde und werde für Aufnahmen, die mehrere Instrumente und Spuren enthalten, den Preamp des Plugin bevorzugen.
Es bringt zwar ebenfalls seinen eigenen Charakter mit, ist aber damit zurückhaltender und offener für den Mix.
Und es hat etwas mehr von den seidigen Höhen, etwas mehr "Glanz", für die man landläufig die Neves kennt.
Dafür ist es nicht so ein Mittenmonster, also ideal für zeitgemäße Vocalrecordings.
Low- und Hicut
Das Neve Plugin bringt sowohl Low- als auch Hicut - Filter mit. Die Bedienung ist simpel und nachvollziehbar.
Am hellblauen Poti stellt man die Frequenz ein, an der der Hicut (7,5 - 18 kHz) greifen soll.
Durch Drücken auf die darunter liegende LED wird der Filter aktiviert.
Analog geht man mit dem dunkelblauen Lowcut (31,5 bis 315 Hz) auf der rechten Seite vor.
Die unterschiedlichen Farben der Knöpfe sind schon mal hilfreich, wenn man nicht gerade eine Blau/Grau-Schwäche hat.
Denn eigentlich würde ich intuitiv den LowCut auf der linken Seite erwarten. Geschenkt.
Der Filter greift mit 12 dB pro Oktave.
Gut durchdacht auch hier wieder die Unison - Einbindung:
Betätige ich den Lowcut - Knopf am Apollo wird automatisch der Lowcut im Plugin aktiviert, dabei wird die zuletzt eingestellte Grenzfrequenz verwendet.
Das sind so die Kleinigkeiten, die mich persönlich erfreuen: Da hat sich jemand Gedanken gemacht.
Die Dynamik-Abteilung
Hier wird es dann schon etwas kniffliger.
Die kleinen bunten Plugin - Knöpfchen sehen ja so harmlos aus und laden mit ihrer relativ großzügigen Skalierung zum Spielen ein.
Wir haben es hier aber mit einem ausgewachsenem Gate/Expander und Limter/Compressor zu tun, die ordentlich ins Klanggeschehen eingreifen.
Etwas Fingerspitzengefühl und Aufmerksamkeit ist also gefragt.
Zum groben Überblick:
Beide Dynamikprozessoren können über die gelben Knöpfe "G/E" und "L/C" separat und unabhängig voneinander geschaltet werden.
Ihre zugehörigen Controls befinden sich jeweils vertikal darunter.
Die Einstellungen von Gate und Compressor beeinflussen sich nicht untereinander.
Beide Effektprozessoren arbeiten über einen VCA.
Gate
Auf die grundlegende Arbeitsweise eines Gates möchte ich hier nicht eingehen.
Ein paar Besonderheiten finde ich jedoch erwähnenswert.
Interessant und sehr nutzbar am Gate finde ich den "Fast" - Mode.
Damit bekommt man ein sehr schnelles Gate (50 microsec.), was sich sehr gut auf perkussiven Instrumenten macht.
Das Gate tut was ich davon erwarte, es arbeitet sehr schnell und lässt sich sehr variabel einstellen.
Die für Gates üblichen Flattereien in der sensiblen Zone treten auch hier auf, nicht sehr vordergründig aber doch wahrnehmbar.
Instrumente mit größerem Dynamikumfang, bei denen es auch auf den Ausklang ankommt, wie z.B. die Stimme, würde ich normalerweise nicht gaten.
Ich hatte damit rein aus Neugier gespielt, um störende Raumeinflüsse an der Stimme zu eliminieren.
Im Einzeltrack waren bei sensiblen Einstellungen immer noch Flattereien zu verzeichnen.
Hier spielt der Hyteresis (HYST) - Regler eine wichtige Rolle. In meiner relativen Unbedarftheit musste ich erst einmal im Manual nachlesen, was damit genau gesteuert wird.
"..macht das Gate weniger anfällig für 'stuttering'..."
Aha, hier gibt also noch Raum für Experimente.
Die gelben LED's im rechten Bereich des PlugIns zeigen den Wert der Dämpfung des Gates/Expander an.
Compressor
Der im PlugIn enthaltene Compressor/Limiter bietet eine stufenlose Kompressionrate zwischen 1:1 (keine Kompression) und unendlich:1 (Limiter).
Es gibt zwei Attack - Zeitbereiche: 3 - 7 ms im Normalmodus, 1 - 7 ms im Fast - Mode.
Die Release - Zeit ist stufenlos von 10ms bis zu 3s einstellbar oder alternativ per Release - Automatik.
Der Compressor arbeitet mit Softknee - Chrakteristik, kann aber per Schalter (HN) auf Hardknee umgeschaltet werden.
Eine Besonderheit des Compressor ist der "doppelte" Threshold.
Der erste, per Regler einstellbare Threshold arbeitet, wie man es von einem Compressor erwartet: Fällt die Signalstärke unter den eingestellten Threshold - Wert, wird der Compresor inaktiv und released das Signal.
Im Plugin gibt es einen zweiten, nicht regelbaren Threshold:
Bei Erreichen einer Signalstärke ca. 40dB unterhalb des eingestellten Threshold, wird die Release - Zeit drastisch verlangsamt.
Die Idee dahinter ist, dass der Compressor bei einer plötzlich auftretenden Signalstille nicht zu schnell aufmacht.
Der Grad der Kompression wird länger auf dem selben Level gehalten.
Zum Beispiel zwischen zwei Snare-Anschlägen wird der Compressor so in einem (niedrigen) Level aktiv gehalten.
Dadurch werden Zu- und Abschaltverzerrungen des Compressors minimiert.
Der Grad der Compression wird in der roten L/C - Anzeige im rechten Bereich des PlugIns angezeigt.
Für mein Empfinden arbeitet der Compressor sehr sauber und angenehm weich. Ob das (auch) ein Ergebnis des doppelten Threshold ist, kann ich nur vermuten.
Mir gefällt, was ich höre.
Auch hier ist wieder zu sagen, das er wenig färbt.
Der EQ
Ja, soviel zum Thema Übersichtlichkeit
Hatte ich empfohlen, auf die Farben zu achten?
UA scheint sich der Schwierigkeiten beim visuellen Zuordnen bewusst zu sein und legt eine entsprechende Grafik dem Manual bei.
Aha! Mit Kenntnis der zugrunde liegenden Geometrie arbeitet sich doch schon deutlich zielsicherer als nur mit den (nicht so sehr) unterschiedlichen Farben.
Der EQ arbeitet post-dynamics, das Signal durchläuft also zuerst die Dynamikbearbeitung. Mittels des Schalters "P-DYN" kann der EQ auf pre-dynamics umgeschaltet werden.
Interessant, dass der post-Modus als default gewählt wurde.
Ich persönlich packe mir fast immer erst einen EQ und dann einen Compressor in den Signalweg, einfach um mit "sauberen"
Signalen zu komprimieren.
Aber die "richtige" Reihenfolge ist sicher eine Philosophie für sich, über die man ausschweifend diskutieren kann.
Über den EQ gibt es nicht viel zu sagen, er macht technisch was er soll. Klanglich macht er das ganz vorzüglich! Sauber und klar, aber ohne klinische Kälte (ach wie ich diese Klangbeschreibungen mag ).
Er passt qualitativ vollkommen in das Gesamtkonzept.
LEDs/Gain und "Master"
Auf der rechten Seite des PlugIns befinden sich die wichtigen Regler und Anzeigen in sehr beruhigender weil sparsamer und aufgeräumter(!) Form.
Neben den bereits erwähnten Anzeigen für Gate und Compressor gibt es noch die Anzeige der Stärke des Ausgangssignals.
Der Level-Fader bedient den Ausgangsverstärker. Der kann bis ins Clipping getrieben werden.
Auch wenn die 88RS - Console per se ein kultivierter Zeitgenosse ist, hat man hier nochmal die Möglichkeit, das Signal in die Sättigung zu treiben und mit mehr Farbe zu versorgen.
Wie gesagt, alles sehr kultiviert und hochwertig.
Um dabei das Ausgangssignal vor dem Clipping zu bewahren, hat man dem PlugIn noch einen Masterregler (Output) spendiert.
Der ändert nichts mehr am Klangcharakter des Signal, sondern sorgt nur für dessen Mäßigung, wenn nötig.
Klangbeispiele
Auf den Seiten von UA gibt es ein paar sehr aussagekräftige Audiobeispiele zum PlugIn, die ich in der Kürze der Zeit nicht so hinbekommen hätte, deshalb möchte ich hier darauf verweisen:
http://www.uaudio.com/store/unison/neve-88rs-collection.html dort unter "Listen"
Mein persönliches Fazit
Mir macht das Plugin schlicht Spass. Es ist vielseitig und bringt viele Facetten und Möglichkeiten ins Spiel - sowohl als Preamp als auch im Mixbus. Der Equalizer klingt einfach klasse, ebenso die Dynamik - Abteilung. Letztere könnte vielleicht noch etwas kräftiger färben, aber hier fehlt mir der direkte Vergleich zur Hardware.
Insgesamt bringt es "Druck" und "Glanz" ins Geschehen und wertet die ausgezeichnete Qualität der Apollo - Eingänge noch einmal merklich auf.
Die Neve 88RS - Console ist kein "vintage" - Teil, soll es aber auch im Original nicht sein, sondern zeichnet sich vielmehr durch eine sehr detaillierte Wiedergabe aus.
Beim Einsatz des Plugins sollte man ein Auge auf die Ressourcenauslastung haben. Es ist ziemlich hungrig und nimmt pro Instanz gute 25% in Anspruch. Da kommt man schnell an die Grenzen zumindest des Apollo Twin.
Danke für die Aufmerksamkeit an alle, die sich bis hierher durchgekämpft haben.
Kleine Aussicht:
Ich habe vor, demnächst noch die beiden anderen neuen PlugIns aus dem Bundle etwas näher zu untersuchen: Marshall Plexi (Oho, spannend) und das Tube-Tech CL 1B Compressor PlugIn (was ich persönlich als sehr gelungen empfinde).
Viele Grüße
Frank
PS: Ich kann im Moment nicht auf etwaige Fragen eingehen, da nach Diktat verreist
Bin aber trotzdem an Austausch interessiert, wenn ich bald wieder da bin.
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