M
Malon
Registrierter Benutzer
Schon seltsam, daß es bis jetzt hier noch kein Review über eine "The Loar" gibt. Nach allem, was man so hört, scheint Preis-/Leistung unübertroffen zu sein. Mal sehen, ob das stimmt.
Hintergrund / Prämisse:
Gesucht wurde eine Steelstring-Gitarre ohne Cutaway und ohne Tonabnehmer, die einen kleineren Korpus als eine Dreadnaught besitzt und beim Fingerpicking laut genug ist, um sich gegen mehrere Stimmen (Chorgesang) durchzusetzen. Die Sängerin unseres Duos (meine Lebensgefährtin) macht u.a. offenes Singen mit 10 oder mehr Stimmen und begleitet dabei Folk-Style. Die bisherige Ibanez-Bühnengitarre (630er Mensur) setzt sich da nicht durch, d.h. die Stimmen "sacken" schnell, wenn alle lossingen, weil keiner die Gitarre hört.
Eine kleinere Korpusform ist wegen ihrer Körpergröße notwendig. Tonabnehmer/Amp unerwünscht, sie geht auch mal mit der Gitarre vorm Bauch von Sänger zu Sänger, gibt auch Freiluft-Seminare usw. Aber selbst ich - mit knapp 1,80 m - finde eine Dreadnaught nicht gerade handlich.
Preisvorstellung: naja so bis 500,-- wäre gut, wenn's dann 700,-- werden, ist es auch noch o.k.
Nach ein bißchen Recherche im Internet bin ich auf "The Loar" aufmerksam geworden. Designed in USA, Made in China, positive Testberichte, erstaunlich günstig. Leider nur bei Thomann erhältlich, ein Test in München also Fehlanzeige.
Ein paar Wochen später hatte ich am 22.Dezember 2014 Gelegenheit (zusammen mit gefühlt 10.000 anderen Musikern), bei Thomann im Laden einige Small-Body-Gitarren zu testen. In der engeren Wahl waren vorher z.B. die Alvarez AF75 Folk/OM (Zederndecke), Ibanez AVN1, Epiphone EL-00 Pro und natürlich die The Loar LH-200 und -250. Haupaugenmerk war Lautstärke, Transparenz und Durchsetzungsfähigkeit.
Der Vergleichstest:
Bei Thomann können alle Gitarren der unteren Preisklassen (< ca. 1.000,--) ohne "Aufseher" gestestet werden, was wir ausgiebig machten. Sämtliche in Frage kommenden Gitarren mit kleinerem Korpus bis ca. 600,-- Euro fielen aber durch - außer The Loar. Viele klangen nur nach Saiten, da war von einer Decke nichts zu hören - also wie eine Bühnengitarre mit "resonanzfreier" Decke. Einige klangen sehr dünn oder nasal. Möglicherweise ist das ja für gewisse Spieltechniken (Bottleneck o.ä.) erwünscht, aber für Folk-Fingerpickung fehlte einfach die Substanz.
Es gab nur eine einzige Ausnahme: es war zu dem Zeitpunkt die The Loar LH-204 "Brownstone" im Laden, die mit der LH-200 konstruktiv identisch ist. Das bedeutet: massive Fichtendecke, laminierter Mahagonikorpus, aber anderes Finish und andere Mechaniken. Der Klang der Brownstone war klar, laut, durchsetzungsfähig und kein bißchen matschig-bassig wie z.B. viele preiswerte Dreadnoughts. Sehr leicht bespielbar!
Das Wunschobjekt LH-250 - mit massivem Mahagoni-Body - war aber leider nicht vorrätig.
Der Kauf:
Ein paar Wochen später bestellten wir ungetestet The Loar LH-250-SN, die kam Thomann-typisch im Karton, gepolstert, unbeschädigt, schnell und problemlos per DHL.
Steckbrief:
Decke: Fichte, massiv
Body: Mahagoni, massiv
Hals: Mahagoni, massiv
Griffbrett: Palisander mit Kunststoff-Binding
Steg: Palisander
Sattel: Knochen, 42,9 mm
Korpusform: irgendwo zwischen Gibson L-00 und Martin OM
Mensur: 650 mm
Bünde: 19. Sehr schmale, flache Bundstäbchen
Abalone Inlays, Hochglanzlack, ein paar Verzierungen, Endpin
Open-Butterbean-Mechaniken
Bodytiefe hinten 105 mm, nach vorne schmaler werdend
Body hinten: 375 mm
Body vorne: 273 mm
Gesamtlänge: 1048 mm
Lackierung: Hochglanz, Kunststoffbinding, Vintage Sunburst.
Der Fimenname The Loar ist offensichtlich eine Reminiszenz an Lloyd Loar (1886 - 1943), der bei Gibson u.a. für die erste Archtop-Gitarre (L5) und einige Mandolinen-Modelle in den 20er Jahren verantwortlich war. The Loar fertigt neben "alten" Small-Body-Acoustics vor allem "alte" Archtops und Mandolinen.
Der Test:
Ausgepackt, gestimmt - die etwas antiquiert aussehenden offenen Mechaniken laufen weich, präzise und wirken sehr stabil und langlebig. Hut ab, tolle Dinger!
Hals: ein bißchen dicker als LH-204, aber trotzdem noch gut bespielbar. Man hat da schon was in der Hand, aber er ist trotzdem noch schlank. Das Kunststoffbinding ist komfortabel, auch wenn es etwas billig aussieht. Ebenso der Lack: in Matt wäre die LH-250 ein Traum, Hochglanz wirkt halt erstmal etwas "chinesisch". Der Lack wirkt auf den ersten Blick dick, ist aber einwandfrei aufgetragen, keine Macken, unschöne Stellen usw. Auch die Verzierungen sind sauber verarbeitet. Selbstverständlich ist die Gitarre bundrein.
Es macht wenig Sinn, hier selber Fotos zu machen, unsere LH-250 sieht genauso aus wie die Werksfotos.
Der Klang hat mich dann aber erstmal umgehauen: die LH-250 ist noch ein gutes Pfund fetter, lauter und durchsetzungsstärker als die LH-204 (200). Die 250er hat deutlich mehr "Fleisch" im Sound. Dabei transparent, ausgewogen und sustainreich. Es matscht nichts. Die Bässe sind da, aber (endlich mal) nicht überbetont. Und man muß sich bewußt machen: wir testen hier keineswegs eine Gibson L-00 oder Martin OM, sondern eine Gitarre für etwas über 400,-- Euro.
Der Klang ist für Fingerpickung und damit fürs Recording ideal. Kann man bei Gitarren von Trennschärfe sprechen? Wenn ja: Das ist hier außergewöhnlich gelungen.
Die Saitenlage war recht gut, lediglich am Sattel habe ich ein paar Zehntel tiefer feilen lassen. Außerdem habe ich die 12er Werksbesaitung gegen 11er getauscht. Die 650er Mensur fordert einfach ihren Tribut, vor allem, wenn man sonst überwiegend Nylons spielt.
Seltsam ist nur, daß man auf dieser Gitarre nicht mit dem Plektrum "schrammeln" kann. Man bekommt einfach keine sauberen (Barrée-)Akkorde hin, ständig schnarrt etwas. Ich vermute, die schmalen, flachen Bünde sind dafür verantwortlich (?)
Mit Fingern gespielt: keine Spur davon. Die LH-250 klingt genau so wie man sich eine "gepickte" Blues- oder Folkgitarre vorstellt. Da fehlen weder Brillanzen, noch Bässe, noch Mitten, das ist laut und man hört wirklich jeden Ton und auch jeden Fehler supergenau.
Ich habe natürlich noch keine Gibson L-00 oder Martin OM gespielt und kann nicht beurteilen, wie nah die LH-250 da dran liegt. Als Spieler von Oberklasse-Nylonstrings kann ich aber sehr gut einschätzen, wie gut eine Gitarre verarbeitet ist, wie die Klangentfaltung ist, wie sauber und transparent die Gitarre klingt und was das Holz zum Klang beiträgt. So gesehen bin ich wirklich baff, was man hier für dieses kleine Geld bekommt. Und war bei Thomann auch etwas verwundert, was in ähnlicher Preisklasse mit z.T. bekannten Markennamen sonst noch so als Small-Body angeboten wird. Da liegen teilweise Welten dazwischen.
Der ultimative Test im Chor hat dann übrigens auch funktioniert, die 250er ist laut/durchsetzungsstark genug, da "sackt" dann niemand mehr ab.
Positives in Kürze:
Für Fingerpicker: Klang, Ansprache, Transparenz, Lautstärke, Preis-/Leistung
Weder Positiv noch Negativ:
Verarbeitung und Bespielbarkeit ist nach heutigem Stand der Technik normal
Negatives in Kürze:
Abgesehen von der etwas "chinesisch" angehauchten Optik und der Nuance, die der Sattel zu hoch war, kann ich auch bei genauestem Suchen nicht bei der Verarbeitung meckern.
Die Konstruktion läßt kein Plektrum-Geschrammel zu.
Fazit - Empfehlung:
Fingerpicker (Blues & Folk) aufgepaßt: Es gibt sie, DIE perfekte Gitarre für den kleinen Geldbeutel. Ihr werdet sie lieben!
Plektrum-Schrammler: Finger weg!
LH-200-Besitzer: hättet ihr mal besser noch 'nen Hunni draufgelegt
Hintergrund / Prämisse:
Gesucht wurde eine Steelstring-Gitarre ohne Cutaway und ohne Tonabnehmer, die einen kleineren Korpus als eine Dreadnaught besitzt und beim Fingerpicking laut genug ist, um sich gegen mehrere Stimmen (Chorgesang) durchzusetzen. Die Sängerin unseres Duos (meine Lebensgefährtin) macht u.a. offenes Singen mit 10 oder mehr Stimmen und begleitet dabei Folk-Style. Die bisherige Ibanez-Bühnengitarre (630er Mensur) setzt sich da nicht durch, d.h. die Stimmen "sacken" schnell, wenn alle lossingen, weil keiner die Gitarre hört.
Eine kleinere Korpusform ist wegen ihrer Körpergröße notwendig. Tonabnehmer/Amp unerwünscht, sie geht auch mal mit der Gitarre vorm Bauch von Sänger zu Sänger, gibt auch Freiluft-Seminare usw. Aber selbst ich - mit knapp 1,80 m - finde eine Dreadnaught nicht gerade handlich.
Preisvorstellung: naja so bis 500,-- wäre gut, wenn's dann 700,-- werden, ist es auch noch o.k.
Nach ein bißchen Recherche im Internet bin ich auf "The Loar" aufmerksam geworden. Designed in USA, Made in China, positive Testberichte, erstaunlich günstig. Leider nur bei Thomann erhältlich, ein Test in München also Fehlanzeige.
Ein paar Wochen später hatte ich am 22.Dezember 2014 Gelegenheit (zusammen mit gefühlt 10.000 anderen Musikern), bei Thomann im Laden einige Small-Body-Gitarren zu testen. In der engeren Wahl waren vorher z.B. die Alvarez AF75 Folk/OM (Zederndecke), Ibanez AVN1, Epiphone EL-00 Pro und natürlich die The Loar LH-200 und -250. Haupaugenmerk war Lautstärke, Transparenz und Durchsetzungsfähigkeit.
Der Vergleichstest:
Bei Thomann können alle Gitarren der unteren Preisklassen (< ca. 1.000,--) ohne "Aufseher" gestestet werden, was wir ausgiebig machten. Sämtliche in Frage kommenden Gitarren mit kleinerem Korpus bis ca. 600,-- Euro fielen aber durch - außer The Loar. Viele klangen nur nach Saiten, da war von einer Decke nichts zu hören - also wie eine Bühnengitarre mit "resonanzfreier" Decke. Einige klangen sehr dünn oder nasal. Möglicherweise ist das ja für gewisse Spieltechniken (Bottleneck o.ä.) erwünscht, aber für Folk-Fingerpickung fehlte einfach die Substanz.
Es gab nur eine einzige Ausnahme: es war zu dem Zeitpunkt die The Loar LH-204 "Brownstone" im Laden, die mit der LH-200 konstruktiv identisch ist. Das bedeutet: massive Fichtendecke, laminierter Mahagonikorpus, aber anderes Finish und andere Mechaniken. Der Klang der Brownstone war klar, laut, durchsetzungsfähig und kein bißchen matschig-bassig wie z.B. viele preiswerte Dreadnoughts. Sehr leicht bespielbar!
Das Wunschobjekt LH-250 - mit massivem Mahagoni-Body - war aber leider nicht vorrätig.
Der Kauf:
Ein paar Wochen später bestellten wir ungetestet The Loar LH-250-SN, die kam Thomann-typisch im Karton, gepolstert, unbeschädigt, schnell und problemlos per DHL.
Steckbrief:
Decke: Fichte, massiv
Body: Mahagoni, massiv
Hals: Mahagoni, massiv
Griffbrett: Palisander mit Kunststoff-Binding
Steg: Palisander
Sattel: Knochen, 42,9 mm
Korpusform: irgendwo zwischen Gibson L-00 und Martin OM
Mensur: 650 mm
Bünde: 19. Sehr schmale, flache Bundstäbchen
Abalone Inlays, Hochglanzlack, ein paar Verzierungen, Endpin
Open-Butterbean-Mechaniken
Bodytiefe hinten 105 mm, nach vorne schmaler werdend
Body hinten: 375 mm
Body vorne: 273 mm
Gesamtlänge: 1048 mm
Lackierung: Hochglanz, Kunststoffbinding, Vintage Sunburst.
Der Fimenname The Loar ist offensichtlich eine Reminiszenz an Lloyd Loar (1886 - 1943), der bei Gibson u.a. für die erste Archtop-Gitarre (L5) und einige Mandolinen-Modelle in den 20er Jahren verantwortlich war. The Loar fertigt neben "alten" Small-Body-Acoustics vor allem "alte" Archtops und Mandolinen.
Der Test:
Ausgepackt, gestimmt - die etwas antiquiert aussehenden offenen Mechaniken laufen weich, präzise und wirken sehr stabil und langlebig. Hut ab, tolle Dinger!
Hals: ein bißchen dicker als LH-204, aber trotzdem noch gut bespielbar. Man hat da schon was in der Hand, aber er ist trotzdem noch schlank. Das Kunststoffbinding ist komfortabel, auch wenn es etwas billig aussieht. Ebenso der Lack: in Matt wäre die LH-250 ein Traum, Hochglanz wirkt halt erstmal etwas "chinesisch". Der Lack wirkt auf den ersten Blick dick, ist aber einwandfrei aufgetragen, keine Macken, unschöne Stellen usw. Auch die Verzierungen sind sauber verarbeitet. Selbstverständlich ist die Gitarre bundrein.
Es macht wenig Sinn, hier selber Fotos zu machen, unsere LH-250 sieht genauso aus wie die Werksfotos.
Der Klang hat mich dann aber erstmal umgehauen: die LH-250 ist noch ein gutes Pfund fetter, lauter und durchsetzungsstärker als die LH-204 (200). Die 250er hat deutlich mehr "Fleisch" im Sound. Dabei transparent, ausgewogen und sustainreich. Es matscht nichts. Die Bässe sind da, aber (endlich mal) nicht überbetont. Und man muß sich bewußt machen: wir testen hier keineswegs eine Gibson L-00 oder Martin OM, sondern eine Gitarre für etwas über 400,-- Euro.
Der Klang ist für Fingerpickung und damit fürs Recording ideal. Kann man bei Gitarren von Trennschärfe sprechen? Wenn ja: Das ist hier außergewöhnlich gelungen.
Die Saitenlage war recht gut, lediglich am Sattel habe ich ein paar Zehntel tiefer feilen lassen. Außerdem habe ich die 12er Werksbesaitung gegen 11er getauscht. Die 650er Mensur fordert einfach ihren Tribut, vor allem, wenn man sonst überwiegend Nylons spielt.
Seltsam ist nur, daß man auf dieser Gitarre nicht mit dem Plektrum "schrammeln" kann. Man bekommt einfach keine sauberen (Barrée-)Akkorde hin, ständig schnarrt etwas. Ich vermute, die schmalen, flachen Bünde sind dafür verantwortlich (?)
Mit Fingern gespielt: keine Spur davon. Die LH-250 klingt genau so wie man sich eine "gepickte" Blues- oder Folkgitarre vorstellt. Da fehlen weder Brillanzen, noch Bässe, noch Mitten, das ist laut und man hört wirklich jeden Ton und auch jeden Fehler supergenau.
Ich habe natürlich noch keine Gibson L-00 oder Martin OM gespielt und kann nicht beurteilen, wie nah die LH-250 da dran liegt. Als Spieler von Oberklasse-Nylonstrings kann ich aber sehr gut einschätzen, wie gut eine Gitarre verarbeitet ist, wie die Klangentfaltung ist, wie sauber und transparent die Gitarre klingt und was das Holz zum Klang beiträgt. So gesehen bin ich wirklich baff, was man hier für dieses kleine Geld bekommt. Und war bei Thomann auch etwas verwundert, was in ähnlicher Preisklasse mit z.T. bekannten Markennamen sonst noch so als Small-Body angeboten wird. Da liegen teilweise Welten dazwischen.
Der ultimative Test im Chor hat dann übrigens auch funktioniert, die 250er ist laut/durchsetzungsstark genug, da "sackt" dann niemand mehr ab.
Positives in Kürze:
Für Fingerpicker: Klang, Ansprache, Transparenz, Lautstärke, Preis-/Leistung
Weder Positiv noch Negativ:
Verarbeitung und Bespielbarkeit ist nach heutigem Stand der Technik normal
Negatives in Kürze:
Abgesehen von der etwas "chinesisch" angehauchten Optik und der Nuance, die der Sattel zu hoch war, kann ich auch bei genauestem Suchen nicht bei der Verarbeitung meckern.
Die Konstruktion läßt kein Plektrum-Geschrammel zu.
Fazit - Empfehlung:
Fingerpicker (Blues & Folk) aufgepaßt: Es gibt sie, DIE perfekte Gitarre für den kleinen Geldbeutel. Ihr werdet sie lieben!
Plektrum-Schrammler: Finger weg!
LH-200-Besitzer: hättet ihr mal besser noch 'nen Hunni draufgelegt
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