[Review] Marshall - Origin 20C Combo

unixbook
unixbook
Registrierter Benutzer
Zuletzt hier
15.01.25
Registriert
09.07.15
Beiträge
1.022
Kekse
27.019
Marshall Origin 20C Combo


Preis: 519 Euro

Spezifikationen:
  • 1 Kanal
  • Leistung: 20 Watt
  • Gain Boost-Funktion
  • zwei Voicings (Normal, High Treble), die über den Tilt-Regler stufenlos gemischt werden können
  • schaltbare Leistungsreduktion (dreistufig)
  • Vorstufenröhren: 3x ECC83 (12AX7)
  • Endstufenröhren: 2x EL34
  • Lautsprecher: 1x 10" Celestion V
  • Potis: Gain - Tilt - Bass - Middle - Treble - Master – Presence
  • Schalter: Power On/Off - Output Low/Mid/High - Gain Boost (Pull Volume)
  • serieller Effekt-Einschleifweg
  • Input (6,3 mm Klinke)
  • DI Out (6,3 mm Klinke)
  • FX Send & Return (2 x 6,3 mm Klinke)
  • Footswitch (6,3 mm Klinke)
  • Lautsprecher Ausgänge: 3 x 6,3 mm Klinke (16 Ohm / 8 Ohm)
  • Abmessungen (B x H x T): 520 x 440 x 240 mm
  • Gewicht: 13,9 kg
  • inkl. Fußschalter
Ausgangslage:

Der Marshall Origin 20C Combo war für mich ein typischer Spontankauf. Ich hatte ihn bei meinem damaligen Dealer stehen sehen und hatte einen spontanen Anfall von GAS.

Verarbeitung:

Der in Vietnam gebaute Marshall Origin 20C Combo ist in Bezug auf seine Verarbeitung im positiven Sinne unauffällig. Da gibt es nichts auszusetzen von meiner Seite.

MarshallOrigin20C - 4.jpeg


Bedienung:

Abgesehen vom Fußschalter befinden sich die eigentlichen Bedienelemente alle auf der Oberseite. Diese sind im weit überwiegend selbsterklärend.

Ganz links befindet sich neben der Eingangsbuchse ein Gain-Poti. Dies ist als Push-Pull-Poti ausgeführt, mit dem man im gezogenen Zustand den Boost aktivieren kann.

Rechts davon befinden sich die vier Potis der EQ-Sektion (Tilt, Bass, Middle und Treble). Der Tilt-Poti ist eine Eigenheit der Origin-Serie vom Marshall. Die beiden Eingangspaare der Marshall-Klassiker 1959 und 1987 sind wohlbekannt: eines für den warmen Normal-Kanal und eines für den knackigen High-Treble-Kanal. Um beide Kanäle gleichzeitig nutzen zu können, war ein Patchkabel notwendig, um die Eingangssektionen zu verbinden. Mit dem Tilt-Regler der Origin-Serie ist es möglich die gewünschte Klangbalance zwischen Normal- und Bright-Kanal stufenlos per Poti einzustellen. Zu den anderen drei Potis der EQ-Sektion braucht man nichts erklären.

Neben der EQ-Sektion finden sich die beiden Potis der Output-Sektion: Master und Presence. Während das Master-Poti die Leistung der Endstufe regelt, während der Presence-Regler bei einem Marshall-Verstärker den oberen Frequenzbereich der Klangwiedergabe steuert und insbesondere die Wahrnehmung von Klarheit, Brillanz und Durchsetzungskraft des Sounds beeinflusst. Technisch gesehen wird der Presence-Regler in der Negativ-Rückkopplungsschleife der Endstufe eingesetzt. Er hebt gezielt die höheren Frequenzen im Signal an, indem er die Rückkopplung bestimmter Frequenzen reduziert. Dadurch werden diese Frequenzen verstärkt und dominanter dargestellt. Im Gegensatz zu den Treble-, Middle- und Bass-Reglern, die in der Vorstufe wirken, greift der Presence-Regler in die Endstufe ein. Dies führt zu einer anderen Art der Klangveränderung, die oft als "offener" oder "lebendiger" wahrgenommen wird.

Ganz rechts am Bedienfeld befinden sich neben einer Lampe, die darüber informiert, dass der Verstärker angeschaltet ist noch zwei Kippschalter. Der linke dieser beiden Kippschalter dient zur Wahl der Ausgangsleistung. Hier stehen neben den vollen 20 Watt noch die Optionen 3 und 0,5 Watt zur Verfügung. Der letzte Kippschalter schaltet das Gerät ein bzw. aus.

MarshallOrigin20C - 3.jpeg


Auf der Rückseite des Bedienpanels, um hier ran zu kommen muss man hinter die obere Rückwand greifen, finden sich der Anschluss für ein Kaltgerätekabel, die Klinkenanschlüsse für die Lautsprecher und den Fußschalter sowie ein nicht-frequenzkorrigierter XLR-DI-Out.

MarshallOrigin20C - 5.jpeg


Der Fußschalter verfügt über zwei Funktionen: Er aktiviert bzw. deaktiviert den Gain-Boost und er schaltet den FX-Send-Return an und aus. Ist der Fußschalter mit dem Amp verbunden, dann ist die Push-Pull-Funktion des Gain-Potis deaktiviert.

Das Gerät lässt sich technisch gesehen recht einfach bedienen. Allerdings liegt in der Bedienung auch einer der Gründe, warum dieser Verstärker für mich kein Keeper war: Ich bevorzuge Amps die sich von der Front einstellen lassen. Das Konzept der Bedienung von oben stammt aus einer Zeit vor der Nutzung von PA-Anlagen. Man stellte seinen Amp vor sich an den Bühnenrand und ließ ihn ins Publikum brüllen. Das ist einerseits puristisch, aber in der Praxis finde ich es nervig. Ich möchte bei einem Blick von vorne die Einstellungen an meinem Amp erfassen können. Wer aber den Klang des Origin 20 mag und dennoch eine Bedienung von vorne vorzieht, der könnte den Origin 20H in Erwägung ziehen, der dieses Manko nicht mitbringt.

Klang:

Der Marshall Origin 20C zeigt schnell, wo seine Stärken liegen – cleane Sounds gehören nur bedingt dazu. Zwar kann er ausgewogene, durchsichtige Clean-Klänge erzeugen, die im Bassbereich eher schlank gehalten sind, doch sowohl die maximale Lautstärke als auch die klangliche Variabilität lassen hier zu wünschen übrig. Um genug Schalldruck zu entwickeln, der im Bandkontext gegen Bass, Schlagzeug oder Keyboards bestehen kann, muss der Gain-Regler deutlich hochgedreht werden. Damit rutscht man zwangsläufig in den Overdrive-Bereich – und genau hier entfaltet der Combo sein volles Potenzial.

Die Verzerrungen, die der Origin 20C liefert, sind angenehm organisch und zeigen die Feinheiten eines Röhrenverstärkers. Sie wirken harmonisch, reagieren sensibel auf den Spielstil und folgen präzise den dynamischen Nuancen des Gitarristen. Besonders beeindruckend ist die Art, wie der Combo die singende Dichte der Mitten moduliert: Mit dem Volume-Regler der Gitarre lässt sich die Intensität der Verzerrung fein steuern, wodurch das Klangbild variantenreich und ausdrucksstark bleibt. Der 10″-Lautsprecher des Combos, ein Celestion V Type Jr., liefert einen ausgewogenen Klang, der den typischen Marshall-Charakter bestens unterstützt. Besonders die prägnanten Mitten und die angenehm zurückgenommenen Höhen verleihen dem Sound eine harmonische Ausstrahlung. Klanglich positioniert sich der Speaker irgendwo zwischen einem Vintage 30 und einem Greenback, was ihm eine vielseitige und doch charaktervolle Note gibt. Während das bekannte "Bretzeln" des Marshallsounds hervorragend zur Geltung kommt, könnten die tiefen Frequenzen etwas differenzierter sein – hier merkt man die Grenzen eines einzelnen 10″-Speakers im Vergleich zu größeren 2x12″- oder 4x12″-Boxen. Dennoch bietet der V Type Jr. eine überzeugende Performance.

In dem Klangbild ist auch der Hauptgrund zu finden, warum mein Marshall Origin 20C wieder gehen musste. Nicht weil er schlecht klingt, sondern weil er mich gelehrt hat, dass ich eben hauptsächlich auf Cleans stehe die allenfalls leicht angecruncht sind. Das ist kein Fehler dieses Amps, kein Manko oder Minuspunkt für ihn. Aber für mich war dieses Klangbild einfach nicht das richtige.

Noch ein paar Worte zu der Leistungsreduktion: Eigentlich ist die Idee ja super den vollen Klang auch bei reduzierter Ausgangsleistung zu erhalten. Leider funktioniert das nicht – zumindest nicht bei diesem Amp. Stellt man die Leistungsreduktion auf 3 Watt, dann sind die Resultate noch annehmbar. In der 0,3 Watt Position hingegen wird das Klangbild doch sehr dünn für meinen Geschmack.

MarshallOrigin20C - 1.jpeg


Fazit:

Was dieser Verstärker kann das macht er wirklich gut. Er eignet sich hervorragend für Overdrive-Sounds und bringt diese lebendig und transparent rüber. Trotz des nur zehn Zoll großen Lautsprechers hat er dabei auch untenrum genug Wumms. Was er nur sehr leise und eher dürftig rüberbringt sind schöne Cleans. Deswegen durfte er bei mir dann auch weiterziehen in Hände die seinen Charakter mehr zu schätzen wissen. Ich bin ihm dennoch dankbar, da er mich lehrte, dass ich eben kein Marshall-Spieler bin. Auch eine wertvolle Erfahrung.
 
  • Gefällt mir
  • Interessant
Reaktionen: 3 Benutzer

Ähnliche Themen


Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben