[Review] Manuel Rodríguez e Hijos FF Cutaway (mit L.R.Baggs-Preamp)

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Malon
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Historie:
Meine ersten Gehversuche auf einer Nylonstring als Bossa Nova- und Swing-Gitarrist fanden ab 2012 auf einer Manuel Rodríguez Caballero 10 Cut, Electric Neck und Fishman Piezo/Preamp statt. Eine ordentliche, bühnentaugliche Gitarre für kleines Geld, die nur wenig "gepimpt" werden mußte (Lautstärke der Einzelsaiten im PU, Saitenlage). Für einen Umsteiger wie mich war der schmale Hals und der Klang über Pickup bei den Thomann-Hörbeispielen das entscheidende Kaufkriterium.
Nach gut einem Jahr war mir aber klar, daß diese Gitarre Grenzen hat und war auf der Suche nach einem besseren Modell. Klanglich dachte ich an eine Flamenca. Ich war damals davon überzeugt, daß ein 44-mm-Sattel eine tolle Sache sei und habe einfach mal bei Manuel Rodríguez angefragt, ob sie denn eine Flamenca bauen können, aber mit schmalem Hals usw. Naja, Herr Manuel Rodríguez III meinte, ich solle doch einfach mal vorbeikommen.
Nach einigen Wochen Überlegung bin ich am 06.12.13 (Nationalfeiertag in Spanien) für wenig Geld nach Madrid geflogen, ließ mich dort von einem Mitarbeiter, der kein Englisch sprach und seiner Nichte, die zwar Englisch sprach aber wenig Ahnung vom Gitarrenbau hatte, am Flughafen abholen und durch die Fabrik in Esquivias (Geburtsort von Miguel de Cervantes) führen, um dann anschließend ein paar Gitarren zu testen. Der Inhaber war zu dem Zeitpunkt auf einer Messe. Ich hatte mir vorher im Netz die Modellpalette von Manuel Rodríguez schon angesehen, deswegen gab es schon gewisse Präferenzen. Die für mich interessanteste Gitarre war das Modell FF Cut, eine Flamenca Blanca mit Cutaway und Tonabnehmer.

MRFF0.jpg


Die habe ich dann auch als erstes getestet und war begeistert von der unglaublich flachen Saitenlage, dem flachen, sehr leicht bespielbaren Hals und der phantastischen Ansprache. Jeder Ton sprang mich förmlich an. Die 52er Sattelbreite machte das Spielen um Längen einfacher, die Saiten knallten nicht ständig auf die Fingernägel, ich spielte sofort viel sauberer. Über Pickup und einen SR-Amp (heißen jetzt Schertler) war es dann perfekt. Alle anderen (Pickup-)Modelle, die ich probiert habe, konnten der FF von der Bespielbarkeit her das Wasser nicht reichen.
Natürlich wollte ich ein paar Optionen:
1. "Old Finish". Das ist eine Art Schellack, der rauh auf der Gitarre bleibt und so aussieht, wie man es auf den unteren Fotos sehen kann. Die Oberfläche fühlt sich papierartig an.
2. Die schwarz/goldenen Mechaniken der "Clasicas". Man hat bei M.R. so ziemlich alle Modelle von GEWA zur Auswahl, aber leider keine qualitativ hochwertigen Mechaniken.
3. L.R. Baggs Pickup/Preamp (wie getestet) und nicht Fishman (Standard)
4. Braunes "Luxury case" (wahlweise auch schwarz)
5. kein Golpeador (vulgo Pickguard)

Nach ca. 3 Monaten kam die Gitarre per TNT an, im Koffer, im Karton, völlig unbeschädigt.

MRFF1+2.jpg


Zahlen, Daten Fakten:
Decke: Mittenwälder Fichte
Body: Zypresse, massiv, Boden mit Palisandereinlage
Hals: Cedro mit Ebenholzstreifen, Halsdicke am 1. Bund 20 mm
Kopfplatte: Palisanderfurnier
Griffbrett: Ebenholz, mit Side-Dots
Mensur: 650 mm
Sattel & Stegeinlage: Knochen, gebleicht, 52 mm
Steg: Palisander
Verzierungen: viele Bindings und Mosaicos aus Holz
Elektronik: L.R.Baggs Piezo mit 3-Band EQ/Preamp + Notch-Filter, Phasenschalter und Stimmgerät
Listenpreis – normal lackiert und mit Fishman wäre ca. 1.500,-- Euro

Erster Eindruck:
Ich war etwas schockiert, wie schlampig diese Gitarre, die mit allen Optionen über 2.000,-- Euro incl. spanischer MwSt. und Versand gekostet hat, verarbeitet war: da gab es an der Kopfplatte sägerauhe Flächen, ein paar unschöne Stellen im Holz, ein kleines "Astloch" im Holz in der Decke, der Sattel extrem scharfkantig, so daß man sich bei einem Barrée im ersten Bund daran aufrieb… Viele Unsauberkeiten hätte man bei einer Hochglanzlackierung nicht gesehen, aber wenn man schon ein paar Hunderter für das "Old Finish" drauflegt, meint man erwarten zu können, daß die Verarbeitung entsprechend anders ist. Und ich hätte vor allem nicht erwartet, daß Spaniens größter Gitarrenbauer (über 20 Beschäftigte) eine Gitarre so ausliefert, wenn der Kunde persönlich vor Ort war. Außerdem: der Koffer sieht zwar mit dem Kunststoffband-Geflecht "Vintage" aus und enthält einen Hygrometer (=Spielzeug), ist aber weder qualitativ hochwertig, noch ist es überhaupt ein Klassikgitarrenkoffer. Das ist ein stinknormaler Sperrholz-Westernkoffer, viel zu groß für die Gitarre. Ähnliche gibt's z.B. bei Thomann für unter 100 Euro.

MRCase.jpg


Klang & Bespielbarkeit:

Die phantastische Bespielbarkeit und die Ansprache relativierte das aber sofort: Manuel Rodríguez weiß ganz genau, wie man eine Gitarre baut, welche Hölzer dazu verwendet werden müssen usw. An der Konstruktion und am klanglichen Ergebnis gibt es gar nichts zu meckern. Sagen wir mal so: die Gitarre klänge ja auch nicht besser, wenn die Kopfplatte 10 min länger mit dem Schleifpapier bearbeitet worden wäre. Ich denke, das ist typisch "spanische Mentalität" im Gitarrenbau: Sorgfalt nur da, wo's klanglich was bringt. Das hat mir auch ein deutscher Gitarrenbaumeister bestätigt.
Klanglich entspricht die FF Cut genau ihren Hölzern: Zypresse betont die tieferen Mitten, d.h. die Gitarre hat keine "Klassik"-Bässe, sondern einen sehr spanischen, "growligen" Sound mit tiefen, tragfähigen Mitten. Nach einer kurzen Einspielzeit hatte sie ihre endgültige Lautstärke erreicht und klang m.E. genauso wie die hochglanzlackierte FF (mit Golpeador) in Esquivias. Insgesamt ist der Klang akustisch etwas dunkel, hier machen sich Carbonsaiten gut, wie z.B. Savarez 500ARJ. Über Pickup klingt die Gitarre allerdings großartig und sehr ausgewogen in allen Frequenzen. Das Sustain ist für eine Flamenca sehr gut. Die FF ist bundrein, alle Töne kommen suaber, gut und mit Substanz (also kein "Plop" ab dem 7. Bund G-Saite oder so etwas).
Ich habe später zum Vergleich eine Cutaway-Flamenca von Cordoba (ca. 1.500,-- Euro) in einem Laden angespielt. Die M.R. ist deutlich voller, dynamischer und lauter. Und spielt sich gegenüber der Cordoba wie eine E-Gitarre im Vergleich zu einer Western.

Nachträgliche Modifikationen:
Der Sattel wurde durch ein ergonomisch verrundetes Exemplar aus ungebleichtem Knochen ersetzt – siehe Foto. Man beachte, wie die Saiten bei Auslieferung (links) aufgezogen waren. Die Pickup Saitenlautstärken wurden in Nuancen angeglichen.

MRFF4+5.jpg


Fehler:
Nach zwei Wochen (dummerweise über Nacht im Wohnzimmer gestanden) ein Deckenriß, von der "Astloch"-Macke in ausgehend. Den habe ich reparieren lassen, seither ist Ruhe.

Pickup:
Der L.R.Baggs-Preamp ist ein Riesenkasten in der Zarge und nimmt sicher einiges an Lautstärke weg. Außerdem ist er (im Gegensatz zum Piezo) gar nicht speziell für Klassik-Gitarren ausgelegt. Das heißt, der Mittenregler sitzt im falschen Frequenzband. Mit einer guten Regelung am Amp ist das kein Beinbruch, besser ist es aber, erst gar kein Riesenloch in der Zarge zu haben und Klangregelung, Notch-Filter und das Stimmgerät "auszusourcen". Meine 2015 gekaufte Hanika hat NUR den Piezo. Die Klangregelung ist im L.R.Baggs Venue D.I.-"Bodentreter"

MRFF3.jpg


Fazit:

Beim Hanika Bodenprojekt (s. www.hanika.de) habe ich objektiv 24 "identische" Gitarren mit Fichtendecke und unterschiedlichen Bodenhölzern testen können. Die Fichte/Zypresse-Hanika klang sehr ähnlich zur Manuel Rodríguez FF. Leider klangen andere Hölzer für mich als Jazzer aber erheblich besser, so daß die FF jetzt bei Auftritten nur noch Reservegitarre ist, wenn mal eine Saite reißt oder so. Klar war die Hanika nochmal um die Hälfte teurer und klingt genau so, wie ich mir das vorstelle, aber von der Bespielbarkeit erreicht sie nur 95% der FF.
Ich würde sie mir, nachdem ich eine Klasse höhere Gitarren kenne, nicht noch einmal kaufen. Im Vergleich zu einer 350-Euro-Einsteigergitarre war es aber ein Riesenschritt nach vorn und hat mein Gitarrenspiel drastisch verbessert.
Das heißt: wer eine superleicht zu bespielende Nylon mit Pickup für unter 2.000,-- sucht, für den ist die FF genau richtig. Die Verarbeitung sollte man nicht zu eng sehen, solange die Substanz stimmt.

Positiv:
Bespielbarkeit, Ansprache, Klang über Pickup

Negativ:
Unsaubere Verarbeitung (hat keine Auswirkung auf den Klang!), Mechaniken könnten besser sein, Sattel birgt Verletzungsrisiko, Klang unverstärkt ist relativ dunkel (= Geschmackssache), Koffer ist zu groß

Empfehlung:
Ganz klar: für Jazz, Latin, Bossa über Pickup ein tolles Instrument. Ein bißchen vom Gitarrenbauer pimpen lassen (Steg!), evtl. bessere Mechaniken und am besten ein L.R.Baggs Venue D.I. einplanen, dann bekommt man für ca. 1.500,-- eine wirklich großartig leicht bespielbare Gitarre mit Ansprache auf Oberklasse-Niveau. Ich denke, mit dem Venue tut's auch der preiswertere Fishman, der klingt ja auch nicht wirklich schlecht. Vielleicht bekommt man die Gitarre sogar ohne Preamp, nur mit Piezo.

Nicht geeignet:
Für Klassik und unverstärkte Auftritte. Flamenco kann ich nicht einschätzen, die FF ist laut, aber nicht so laut wie meine Hanika mit Cutaway. Evtl fehlen die Höhen etwas - vielleicht soll das aber auch so sein (?)

Kaufen:
Ich kenne momentan keinen Vertrieb in Deutschland oder in einschlägigen Web-Shops für M.R-Gitarren. Am besten Señor Manuel Rodríguez III direkt anschreiben, er spricht perfekt Englisch, weil er in den USA aufgewachsen ist. Dann kann man sich ein paar kleinere Optionen aussuchen, wie z.B. ein anderes Mosaik, andersfarbige Mechaniken, Weglassen des Golpeador… Oder halt nach Madrid fliegen.

Anbei noch ein paar Bilder aus der Fabrik:

Von außen
Factory1.jpg
Die klimatisierte Schatzkammer
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Mosaico-Arbeitsplatz
Factory3.jpg
Zargenpresse
Factory4.jpg
Ein paar Kilo Ebenholz
Factory5.jpg
Cedro-Hälse
Factory6.jpg
Ein paar Laminadas und Flamencas
Factory7.jpg
 
Eigenschaft
 
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Reaktionen: 6 Benutzer
Hey, hab dein Review heute morgen gelesen.
Hut ab:hat:

Was mir jedoch nicht gefallen würde, wäre des Astloch auf der Decke (mit riss???) Und die Vorstellung, dass ich meine 2.000€ Gitarre vom Gitarrenbauer zum Gitarrenbauer bringen müsste.

Ich mein, ich hab gerade 2.000€ ausgegeben, da erwarte ich auch was :)
 

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