TripleK
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Hallo liebe Freunde hochwertiger Mikrofonbaukunst!
Ich habe nun endlich das neue Gefell MD 300 auf Herz und Niere ( ;-) ) geprüft und möchte euch daran teilhaben lassen.
Was ist das MD 300 für ein Mikrofon?
Es handelt sich um ein dynamisches Tauchspulen-Mikrofon, welches für Broadcastanwendungen optimiert wurde. Es soll also Sprache gut übertragen bzw. aufnehmen. Es ist optisch schon eine Erscheinung mit seinen über 17 cm Länge und fast 5 cm Durchmesser am Korb. Es wiegt 330 g und macht einen sehr robusten Eindruck. Es wird komplett in Deutschland gefertigt.
Warum wollte ich dieses Mikrofon haben?
Im Kondensatormikrofon-Bereich habe ich ein paar sehr neutrale und wenige färbende Vertreter. Meine dynamischen Mikros sind alle eher in der Ecke färbend. Dieses neue Gefell MD 300 ist zwar hörspychologisch auf gute Sprachverständlichkeit getrimmt, verspricht aber vom Frequenzgang her nur moderate Abweichungen von der Nullinie.
Die zu erwartende Vielseitigkeit war für mich ein guter Grund, die rund 650 € Straßenpreis zu investieren (und zwar hier). Das weiter unten beschriebene Testszenario gibt Antwort auf die Frage, ob es sich gelohnt hat.
Erster Eindruck:
Das Mikrofon kommt ganz Gefell-untypisch in einem verhältnismäßig sehr großen, gut gepolsterten Pappkarton. Ich war etwas verwundert, weil ich die schicken Holzkistchen gewöhnt bin, in denen meine anderen Gefell-Mikros geliefert wurden, inclusive dem über 200 € günstigeren MD 100. Da ein Broadcast-Mikro jedoch meist Stationär eingesetzt wird, hat man wohl andere Eigenschaften priorisiert. Das bestätigte mir auch Herr Militzer von Microtech-Gefell auf Nachfrage.
Eine Stativhalterung ist jedoch dabei. Diese schraubt man an das Mikro und wirkt ebenso unverwüstlich wie das Mikro selbst.
Die Nextel-Oberfläche lässt das Mikro in meinen Augen edel erscheinen, ähnlich wie bei den Schöps Mikros.
Man kann es sogar handheld verwenden, wenn der Bizeps das lange genug mitmacht;-)
Die Kapsel jedenfalls ist elastisch aufgehängt und meine Tests mit Livegesang bestätigen, dass das unproblematisch ist in bezug auf Griffgeräusche. Ob man das Ganze optisch gut findet, ist nochmal eine andere Geschichte.
Technische Daten:
Das Tauchspulen-Mikrofon gibt es nur mit Nierencharakteristik.
Die Empfindlichkeit liegt mit 1,6 mV/PA im normalen Bereich für dynamische Mikrofone.
Der Grenzschalldruckpegel für 0,5% Klirrfaktor beträgt 142dB. Dieser Wert ist als einziger nicht auf der Microtech-Gefell.de Website zu finden. Auf Nachfrage bekam ich ein detailliertes Datenblatt zugeschickt. Aber mal ehrlich, für welchen „normalen“ Sprachanwender ist dieser Wert interessant? Doch nur für uns Mikrofon-Nerds, die stets die wahre und verborgene Schönheit hinter dem Offensichtlichen zu ergründen suchen;-)
Mich hat interessiert, ob dieser Grenzschalldruckpegel beabsichtigt war oder eher zufällig bei raus gekommen ist. Weil dieser ja quasi keine Einschränkung macht in bezug auf laute Schallquellen wie Bass-Drum, Snare, Trompete, Gitarren-Boxen… Tatsächlich ist der Wert aber nicht im Hinblick auf eventuelle vielseitige Verwendbarkeit des Mikros designt worden.
Der angegebene Übertragungsbereich von 20 Hz-20kHz hat mich etwas stutzig gemacht. Widerspricht er doch deutlich dem Frequenzverlauf im Diagramm. Da sind wir nämlich bei 100 Hz schon bei -10 dB. Aber Achtung: Das Mikro ist für absolute Nahbesprechung konzipiert und soll dabei einen hörpsychologisch angenehmen Freuqenzverlauf abbilden. Bei einem Meter Abstand haben wir einen deutlichen Bass-Roll-Off. Das ist für die Aufnahme von Background-Vocals ein entscheidender Vorteil. Bei ca. einem Meter Abstand ergibt sich automatisch eine schöne Frequenzkurve mit Low-Cut und leichtem High-Cut. Noch ein wenig Hall (wenn der aufgenommene Raumhall nicht ausreichen sollte) und fertig sind die Background-Vocals.
Gefell schrieb mir hierzu:
Alle Mikrofone werden im reflexionsarmen Messraum der Fa. Microtech Gefell gemessen.
Der Messabstand zum Lautsprecher beträgt 1m. Es wird der Amplitudenfrequenzgang im Bereich von 40Hz – 20kHz und die Empfindlichkeit des Mikrofones ohne 1kOhm –Abschlusswiderstand gemessen. Bei 100 Hz der Abfall von -10dB ist richtig, weil sich durch den Proximityeffekt in der Nahbesprechung der Frequenzgang im unteren Frequenzbereich deutlich erhöht. siehe Bild
Generell gibt es Toleranzen in der Fertigung die in einem Toleranzschlauch festgelegt sind.
Natürlich hab ich den Korb erstmal abgeschraubt und fand folgede Konstruktion:
Was ist das denn für eine interessante Kapsel?
Die Kapsel besitzt eine für den Cardioidtyp eingesetzte niedrig abgestimmte Membranresonanz und setzt auf das Prinzip einer breitbandig abgestimmten Umwegstrecke mit abgestuften Resonatoren im Luftspalt.
Im Vergleich zu anderen Verfahren baut die Kapsel nicht auf den Prinzipien der abgestimmten mehrfachen Umwegstrecken auf, sondern besitzt phasenbeeinflussende Glieder, die am Luftspalt der Spule angekoppelt sind, und dem Klangereignis in der Summe aller Abstimmungen natürlich folgen.
So bewahrt die Kapsel neben dem gleichmäßigen Amplitudengang auch eine Phasenlinearität und führt zu einer gleichmäßigen Gruppenlaufzeit im Ansprechverhalten.
Soweit das Statement von Gefell.
(Ich finde es schon recht cool, wenn man als Mikrofonbau-Laie bei Gefell anfragt, und sich da jemand die Zeit nimmt, um zu antworten!)
Mein Testszenario war folgendes:
Ich habe mir zum Ziel gesetzt einen kompletten Song aufzunehmen und nur dieses eine Mikro zu verwenden. Mirkofoniert wurde:
Bis auf die Backgroundvocals und die Geige, bei denen ich jeweils etwa 1m Abstand zum Mikro hatte, wurde alles nahe mikrofoniert. Also zwischen 2 und 20 cm.
In einem ersten Roh-Mix habe ich nur die Lautstärke angepasst und die Instrumente im Panorama verteilt (und Nebengeräusche rausgeschnitten). Sonst habe ich keine weitere Bearbeitung vorgenommen. Wahrscheinlich haben die wenigsten von uns schonmal einen derart bearbeiteten bzw. nicht bearbeiteten Song gehört. Dann mal Ohren auf und los
https://soundcloud.com/triple-k-studio/sofia-roh
Hier nun die bearbeitete Version (EQ, Kompression, Hall/Echo, Limiting). Natürlich klingt diese Version anders, vielleicht „besser“. Aber interessant ist ja die Frage, wie leicht lässt sich das Signal des MD300 bearbeiten. Und das war erstaunlich. Ich konnte alles machen, was ich wollte, ohne dass es irgendwie gezickt hätte.
https://soundcloud.com/triple-k-studio/sofia-master-2
Fazit:
Ich benutze das Mikro wirklich gerne. Meine Lieblingsanwendungen sind Bass-Box (!!!), als eines von 2 Mikros am E-Gitarren Amp und Bass-Drum (abhängig von der Stilistik). Ich habe es mittlerweile auch an Trompete und Mundharmonika verwendet. Das funktioniert alles. Durch seine für ein Dynamisches Mikro hohe Feinzeichnung und neutrale Abstimmung ist mir noch nichts begegnet, wo es nicht funktioniert hätte.
Für jemand also, der mit wenig Materialaufwand möglichst vielseitig aufgestellt sein will aber auch Qualität haben möchte eine gute Wahl.
Wer in Einzeldisziplinen noch mehr Qualität möchte, der nimmt für Vocals vielleicht lieber ein Kondensator-Mikrofon, wie beispielsweise das Gefell MT71s und für Klassische Gitarre und Geige ein Kleinmembraner (letztere gibt es auch von Gefell, habe ich aber noch nicht getestet).
Ach ja, das Mikro ist ja für Sprachanwendungen optimiert. Mir fällt gerade auf, das ich das tatsächlich nicht getestet habe
Ich habe nun endlich das neue Gefell MD 300 auf Herz und Niere ( ;-) ) geprüft und möchte euch daran teilhaben lassen.
Was ist das MD 300 für ein Mikrofon?
Es handelt sich um ein dynamisches Tauchspulen-Mikrofon, welches für Broadcastanwendungen optimiert wurde. Es soll also Sprache gut übertragen bzw. aufnehmen. Es ist optisch schon eine Erscheinung mit seinen über 17 cm Länge und fast 5 cm Durchmesser am Korb. Es wiegt 330 g und macht einen sehr robusten Eindruck. Es wird komplett in Deutschland gefertigt.
Warum wollte ich dieses Mikrofon haben?
Im Kondensatormikrofon-Bereich habe ich ein paar sehr neutrale und wenige färbende Vertreter. Meine dynamischen Mikros sind alle eher in der Ecke färbend. Dieses neue Gefell MD 300 ist zwar hörspychologisch auf gute Sprachverständlichkeit getrimmt, verspricht aber vom Frequenzgang her nur moderate Abweichungen von der Nullinie.
Die zu erwartende Vielseitigkeit war für mich ein guter Grund, die rund 650 € Straßenpreis zu investieren (und zwar hier). Das weiter unten beschriebene Testszenario gibt Antwort auf die Frage, ob es sich gelohnt hat.
Erster Eindruck:
Das Mikrofon kommt ganz Gefell-untypisch in einem verhältnismäßig sehr großen, gut gepolsterten Pappkarton. Ich war etwas verwundert, weil ich die schicken Holzkistchen gewöhnt bin, in denen meine anderen Gefell-Mikros geliefert wurden, inclusive dem über 200 € günstigeren MD 100. Da ein Broadcast-Mikro jedoch meist Stationär eingesetzt wird, hat man wohl andere Eigenschaften priorisiert. Das bestätigte mir auch Herr Militzer von Microtech-Gefell auf Nachfrage.
Eine Stativhalterung ist jedoch dabei. Diese schraubt man an das Mikro und wirkt ebenso unverwüstlich wie das Mikro selbst.
Die Nextel-Oberfläche lässt das Mikro in meinen Augen edel erscheinen, ähnlich wie bei den Schöps Mikros.
Man kann es sogar handheld verwenden, wenn der Bizeps das lange genug mitmacht;-)
Die Kapsel jedenfalls ist elastisch aufgehängt und meine Tests mit Livegesang bestätigen, dass das unproblematisch ist in bezug auf Griffgeräusche. Ob man das Ganze optisch gut findet, ist nochmal eine andere Geschichte.
Technische Daten:
Das Tauchspulen-Mikrofon gibt es nur mit Nierencharakteristik.
Die Empfindlichkeit liegt mit 1,6 mV/PA im normalen Bereich für dynamische Mikrofone.
Der Grenzschalldruckpegel für 0,5% Klirrfaktor beträgt 142dB. Dieser Wert ist als einziger nicht auf der Microtech-Gefell.de Website zu finden. Auf Nachfrage bekam ich ein detailliertes Datenblatt zugeschickt. Aber mal ehrlich, für welchen „normalen“ Sprachanwender ist dieser Wert interessant? Doch nur für uns Mikrofon-Nerds, die stets die wahre und verborgene Schönheit hinter dem Offensichtlichen zu ergründen suchen;-)
Mich hat interessiert, ob dieser Grenzschalldruckpegel beabsichtigt war oder eher zufällig bei raus gekommen ist. Weil dieser ja quasi keine Einschränkung macht in bezug auf laute Schallquellen wie Bass-Drum, Snare, Trompete, Gitarren-Boxen… Tatsächlich ist der Wert aber nicht im Hinblick auf eventuelle vielseitige Verwendbarkeit des Mikros designt worden.
Der angegebene Übertragungsbereich von 20 Hz-20kHz hat mich etwas stutzig gemacht. Widerspricht er doch deutlich dem Frequenzverlauf im Diagramm. Da sind wir nämlich bei 100 Hz schon bei -10 dB. Aber Achtung: Das Mikro ist für absolute Nahbesprechung konzipiert und soll dabei einen hörpsychologisch angenehmen Freuqenzverlauf abbilden. Bei einem Meter Abstand haben wir einen deutlichen Bass-Roll-Off. Das ist für die Aufnahme von Background-Vocals ein entscheidender Vorteil. Bei ca. einem Meter Abstand ergibt sich automatisch eine schöne Frequenzkurve mit Low-Cut und leichtem High-Cut. Noch ein wenig Hall (wenn der aufgenommene Raumhall nicht ausreichen sollte) und fertig sind die Background-Vocals.
Gefell schrieb mir hierzu:
Alle Mikrofone werden im reflexionsarmen Messraum der Fa. Microtech Gefell gemessen.
Der Messabstand zum Lautsprecher beträgt 1m. Es wird der Amplitudenfrequenzgang im Bereich von 40Hz – 20kHz und die Empfindlichkeit des Mikrofones ohne 1kOhm –Abschlusswiderstand gemessen. Bei 100 Hz der Abfall von -10dB ist richtig, weil sich durch den Proximityeffekt in der Nahbesprechung der Frequenzgang im unteren Frequenzbereich deutlich erhöht. siehe Bild
Generell gibt es Toleranzen in der Fertigung die in einem Toleranzschlauch festgelegt sind.
Natürlich hab ich den Korb erstmal abgeschraubt und fand folgede Konstruktion:
Was ist das denn für eine interessante Kapsel?
Die Kapsel besitzt eine für den Cardioidtyp eingesetzte niedrig abgestimmte Membranresonanz und setzt auf das Prinzip einer breitbandig abgestimmten Umwegstrecke mit abgestuften Resonatoren im Luftspalt.
Im Vergleich zu anderen Verfahren baut die Kapsel nicht auf den Prinzipien der abgestimmten mehrfachen Umwegstrecken auf, sondern besitzt phasenbeeinflussende Glieder, die am Luftspalt der Spule angekoppelt sind, und dem Klangereignis in der Summe aller Abstimmungen natürlich folgen.
So bewahrt die Kapsel neben dem gleichmäßigen Amplitudengang auch eine Phasenlinearität und führt zu einer gleichmäßigen Gruppenlaufzeit im Ansprechverhalten.
Soweit das Statement von Gefell.
(Ich finde es schon recht cool, wenn man als Mikrofonbau-Laie bei Gefell anfragt, und sich da jemand die Zeit nimmt, um zu antworten!)
Mein Testszenario war folgendes:
Ich habe mir zum Ziel gesetzt einen kompletten Song aufzunehmen und nur dieses eine Mikro zu verwenden. Mirkofoniert wurde:
- Klassische Gitarre
- E-Gitarren Amp
- Bass Amp
- Bass-Drum
- Snare
- Cow-Bell
- Schellenkranz
- Triangel
- Geige
- Main-Vocal
- Backgroundvocals
Bis auf die Backgroundvocals und die Geige, bei denen ich jeweils etwa 1m Abstand zum Mikro hatte, wurde alles nahe mikrofoniert. Also zwischen 2 und 20 cm.
In einem ersten Roh-Mix habe ich nur die Lautstärke angepasst und die Instrumente im Panorama verteilt (und Nebengeräusche rausgeschnitten). Sonst habe ich keine weitere Bearbeitung vorgenommen. Wahrscheinlich haben die wenigsten von uns schonmal einen derart bearbeiteten bzw. nicht bearbeiteten Song gehört. Dann mal Ohren auf und los
https://soundcloud.com/triple-k-studio/sofia-roh
Hier nun die bearbeitete Version (EQ, Kompression, Hall/Echo, Limiting). Natürlich klingt diese Version anders, vielleicht „besser“. Aber interessant ist ja die Frage, wie leicht lässt sich das Signal des MD300 bearbeiten. Und das war erstaunlich. Ich konnte alles machen, was ich wollte, ohne dass es irgendwie gezickt hätte.
https://soundcloud.com/triple-k-studio/sofia-master-2
Fazit:
Ich benutze das Mikro wirklich gerne. Meine Lieblingsanwendungen sind Bass-Box (!!!), als eines von 2 Mikros am E-Gitarren Amp und Bass-Drum (abhängig von der Stilistik). Ich habe es mittlerweile auch an Trompete und Mundharmonika verwendet. Das funktioniert alles. Durch seine für ein Dynamisches Mikro hohe Feinzeichnung und neutrale Abstimmung ist mir noch nichts begegnet, wo es nicht funktioniert hätte.
Für jemand also, der mit wenig Materialaufwand möglichst vielseitig aufgestellt sein will aber auch Qualität haben möchte eine gute Wahl.
Wer in Einzeldisziplinen noch mehr Qualität möchte, der nimmt für Vocals vielleicht lieber ein Kondensator-Mikrofon, wie beispielsweise das Gefell MT71s und für Klassische Gitarre und Geige ein Kleinmembraner (letztere gibt es auch von Gefell, habe ich aber noch nicht getestet).
Ach ja, das Mikro ist ja für Sprachanwendungen optimiert. Mir fällt gerade auf, das ich das tatsächlich nicht getestet habe
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