Dazu mal meine Geschichte: Kürzlich war ich auf der Suche nach einem Delay. Mein Anforderungsprofil:
-nicht weniger als ca. 500ms Verzögerungszeit
-Feedback bis zur Selbsterregung
-während der Selbsterregung knackfrei veränderbare Verzögerung
-eher geschmackvoll-schlichte Optik (keine Danelectro-Raumschiffe)
-einen warmen Charaktersound (also eher analog/magnetisch)
Ich brauche nicht:
-wesentlich mehr als 500ms Verzögerungszeit
-Stereoausgänge, Ping-Pong etc.
-auf die Millisekunde genau einstellbare Verzögerung
-Tap-Tempo
-Phrase-Sample-Looping-Schnickschnack
-True Bypass
Einsetzen möchte ich ein Delay schon explizit als >Effekt< - psychedelische Soundtrips sind mehr mein Ding als dezentes Andicken von Soli. Ausgeben möchte ich nicht wesentlich mehr als 100EUR.
Ich bin bei der Suche auch auf das Red Repeat gestoßen, was sich zwar am oberen Ende meines Preisrahmens bewegte, aber von seinen Features her ganz brauchbar aussah. Ich habe es bestellt und ausprobiert, und das was mein Fazit: Vieles läßt daran für meine Ansprüche zu Wünschen übrig, aber der Reihe nach:
Mechanisch macht es einen recht soliden Eindruck, Negativpunkte in der Verarbeitung gibt's aber für die nicht gar so sorgfältig ausgeführte Lackierung. Außerdem ist das Gefühl beim Einstöpseln irgendwie hakelig; die Stecker flutschen irgendwie nicht so richtig flüssig rein. Ein dickes Plus gibt's von mir für die Optik, die ich sehr stimmig und gelungen finde.
Die maximale Verzögerungszeit habe ich im Vergleich zu einem VST-Plugin zu sogar ca. 650ms bestimmt (Herstellerangabe 600ms), das ist mehr als genug für mich. Seltsamerweise ist dafür aber der Regelweg nach unten auf ca. 150ms beschränkt - Slapbacks sind damit nicht möglich. Es ist ein reinrassiges Digitalecho, und dafür ist der Grundklang in Ordnung. Saubere, recht warme Echos werden produziert, die man mit dem Tonregler auch richtig dumpf bekommt. Ich hätte mir von diesem Tonregler aber mehr versprochen; geil wäre es z.B. gewesen, statt des üblichen Tiefpasses im Rückkopplungszweig einen Bandpass zu haben, der bei zugedrehtem Tonpoti die Höhen, bei offenem Tonpoti die Bässe beschneidet und in der Mittelstellung die Wiederholungen allmählich mittig-resonant zerfließen läßt... So gibt's halt einfach nur dumpfe Echos. Richtig enttäuscht bin ich vom Repeat-Regler. In der Produktbeschreibung ist zu lesen: "Und wenn man den Echoregler weiter als 12Uhr dreht, fängt es sogar selbst zu oszillieren an - genau wie ein altes Analog-Delay." Von wegen 12Uhr! Man muß ihn schon fast bis zum Anschlag aufdrehen, und auch dann oszilliert es nur, wenn höchstens eine mittlere Delay-Zeit eingestellt ist. Nutzen kann man die Oszillation aber kaum, denn wenn man dabei die Delayzeit verstellt, schaukelt sich der Effekt nicht wieder hoch. Allenfalls erhält man bei höheren Delayzeiten ein monotones Endlos-Pochen, bei kurzen auch eine starke Oszillation, aber da man diese weder mit dem Tonregler noch durch Veränderung der Delay-Zeit (hier rächt sich auch wieder die nicht ausreichend kurz einstellbare Verzögerung) richtig gut beeinflussen kann, sind Ufo-Effekte und kreischende Feedbacks nicht möglich.
Alles in Allem ist es ein durchaus brauchbares und gut klingendes Echopedal, das aber deutlich unter seinen Möglichkeiten bleibt und meinen Ansprüchen somit leider nicht voll gerecht wird.
Die Suche war also noch nicht zu Ende, und ich habe mich weiter umgeschaut. Ich habe dann das MoEn Pretty Dolly gefunden:
http://www.younext.de/product_info.php?info=p169_Vintage-Pretty-Dolly-Analoges-Delay-Pedal.html
Ich hatte es mir gleich mal bestellt (für die Anmeldung als Neukunde gab's von YouNext noch einen 2EUR-Gutschein, so daß das Ding letztlich nur 59EUR gekostet hat), und nach erstem Antesten stand fest: Das ist zwar auch noch nicht ganz perfekt, geht aber schon mehr in die (für mich) richtige Richtung als das Red Repeat!
Vorneweg: In beiden, Red Repeat und Pretty Dolly, schlägt das gleiche Herz (ich hab sie aufgemacht und nachgesehen) - der digitale Echo-IC PT2399 in Verbindung mit dem Kompander SA571. Vor diesem Hintergrund wird der Vergleich doch gleich interessanter... Die Verzögerungszeit ist beim Dolly von kleiner als 50ms (in dem Bereich wird's schwer, sie zu messen...) bis zu knapp über eine Sekunde einstellbar, wogegen der Red Repeat ganz eindeutig den kürzeren zieht. Im direkten Vergleich hat das Dolly einen deutlich analogeren Klangcharakter, was besonders bei den ganz langen Delays auffällt (über ca. 500ms), wo die einzelnen Wiederholungen deutlich das charakteristische Zerbröckeln zeigen. Das liegt hier aber daran, daß der Chip eigentlich nicht für derart lange Verzögerungen geeignet ist - wer basteln will, kann das Repeat-Poti von 100k auf besser geeignete 50k verkleinern, um die maximale Verzögerung auf ca. 500ms zu beschränken und so den vollen Regelbereich praxisbezogener zu nutzen. Das Red Repeat klingt jedenfalls deutlich klarer und neutraler, während das Dolly den Klang der Echos (auch der kurzen) schon stärker mit dem eigenen Analogcharakter würzt. Ob das ein Vorteil oder Nachteil ist, entscheidet der Geschmack; mir gefällt es ganz gut. Das Spielen mit der Selbsterregung klappte hier allerdings immer noch nicht so richtig. Zwar setzt die Oszillation dank des zu kürzeren Echos hin stark erweiterten Regelbereiches recht gut ein, aber wenn man dann mit der Verzögerungszeit spielt, wird das Feedback nicht aufrecht erhalten. Die Verarbeitung wirkt sehr ordentlich und solide, nichts hakelt, sehr schön. Und, falls das wichtig ist: Das Dolly hat einen True Bypass, während der Red Repeat das Signal im Bypass buffert. Mir ist das egal, aber es soll ja Leute geben, die darauf Wert legen...
Eines hatte mich beim Red Repeat auch noch gestört. Der Schalter hat nämlich offenbar nur den Ausgang des Effektes geschaltet; der Eingang blieb immer mit dem Echo verbunden. Das hat dazu geführt, daß ggf. nach dem Anschalten noch die ausklingenden Echos der zuvor im Bypass gespielten Töne zu hören waren! Das konnte je nach Situation schon ziemlich störend sein. Beim Pretty Dolly werden, True Bypass sei Dank, Ein- und Ausgang gleichzeitig geschaltet, so daß der Effekt auch wirklich erst mit dem Anschalten zu arbeiten beginnt. Was ich mir aber wünschen würde, wäre, wenn (wenigstens optional) nur der Eingang geschaltet würde, so daß Echo-Fahnen über das Ausschalten hinaus ausklingen können. Aber ich weiß nicht, ob das überhaupt ein Gerät bietet...
Schließlich habe ich hinsichtlich der Selbsterregung den Tip bekommen, daß sich der Effekt durch Verkleinerung des Rückkopplungswiderstandes mehr aufschaukelt. Das habe ich probiert und den Widerstand von 22k auf 1k verringert. Nun habe ich tatsächlich reichlich Reserven für Feedbacks im oberen Stellbereich des Repeat-Potis, aber so ganz das Wahre ist die Oszillation klanglich immer noch nicht; es ist und bleibt halt ein einfaches Digital-Delay...