Also ich habe nur einen kleinen Streichelzoo von Gitarren.
Und von meinen 26 Gitarren sind auch nur 20 Akustische.
Und von den 20 Akustischen habe ich dann auch noch die unterschiedlichsten Kombinationen von Decken- und Korpushölzern.
Deckenhölzer sind verschiedene Fichten (Sitka, Engelmann, Alpine), Zeder, Mahagoni und Koa
Korpushölzer sind Palisander, Mahagoni, Koa und Ahorn.
Zusätzlich habe ich noch unterschiedliche Korpusformen von der Backpacker bis hin zur 17" Jumbo, also das volle Programm (und jedes Jahr kommen so 2 neue dazu).
Nein, ich habe kein Geschäft, ich spiele und sammle nur gern.
Nebenbei haben natürlich meine Freunde auch noch, die die unterschiedlichsten Gitarren spielen und bei den Pub-Sessions oder im Gitarrenchor in der Kirche trifft man auch das eine oder andere Instrument.
Ich möchte also mal sagen, dass ich vielleicht kein Profi bin, aber wenigstens durch eigene Erfahrung einen kleinen Überblick über die verschiedenen Hölzer und Konstruktionen habe.
Und ich kann ganz genau eines sagen:
Es ist eigentlich vollkommen togal, welches Holz verwendet wird. Adi, Engelmann, Sitka, Palisander, Mahagoni - wenn da nicht der Gitarrenbauer in stundenlanger teurer Arbeit die Beleistung genau an die Eigenschaften des Decken- und Zargenholzes anpasst und das ganze auch noch *richtig* macht, dann ist es - sorry - Latte.
Weil fabrikmäßige Herstellung immer heißt, daß die Fabrik "auf der sicheren Seite" bleibt, was die Solidität angeht. Die wollen nämlich nur eines: Möglichst wenig Rückläufer, Garantiefälle und schlechte Presse wegen vorgeblicher Qualitätsmängel, die meist nur flaschen Klimabedingungen, Hitze oder anderem Abusus geschuldet sind.
Der Gitarrenbauer, der nicht auf Masse, sonndern auf Klasse baut, der geht mit dem Material auch ganz anders um. Der baut dann schon mal "auf Messers Schneide", sagt aber dem Kunden dann auch, dass das KEINE Massengitarre sondern eine Maßgitarre ist und daß die dann aber auch einer besonderen Aufmerksamkeit bedarf.
Der Gitarrenbauer baut dann aber auch maximal 12-15 solcher Gitarren im Jahr, weil mehr Zeit hat der nicht.
Egal, welche Massenfertigung dahinter steckt ... sobald ein Fließband in Sicht ist, wird es "Schema F".
Schema F heisst Kompromisse, gerade in der Klasse unter 2000 Euro auch Kostenbewußtsein und dementsprechend suboptimale Gitarren.
Da kann man dann schön sehen, wie die Permutationen von Bau- und Konstruktionsmängeln bedingt durch Kostendruck, die wechsende Materialqualität - jedes Stück Holz, selbst wenn es vom selben Stamm kommt, ist individuell, Schwankungen in der Fertigungskonsistenz und schlußendlich bei der Qualitätskontrolle dafür sorgen, dass das was "hinten rauskommt"... hinten 'rauskommt.
Bob Taylor hat mal eine Reihe von Gitarren aus Palettenholz gebaut. Andere Gitarrenbauer haben Gitarren aus Pappmaché gebaut - und alle diese "wunderbaren" Gitarren haben sogar nach was geklungen. Die waren gut im Klang. Warum? Weil da ein Fachmann nicht im Serienbau 08/15 gebaut hat, sondern am Material entlang.
Schlussendlich: das meiste, was in der "Konsumerklasse" an "Unterschieden" zwischen Sitka, Engelmann, Mahagoni und Palisander angeblich vorhanden ist, ist meiner unmassgeblichen Meinung nach eine wilde Melange aus Psychoakustik und ungewollter Änderung der Spielart. Wenn ich eine Hog-Gitarre in den Händen habe, dann "will" ich, dass die weicher klingt, spiele also tendenziell vielleicht unbewußt weiter weg vom Steg, wenn ich Palisander spiele, dann "will" ich härteren Klang, spiele also näher am Steg.
Und nebenbei, dan ganze "die Gitarrendecke muß eingespielt werden" ist in meinen Ohren auch Bullsh... Der Spieler spielt sich auf die Gitarre ein. Nicht umgekehrt. Der Gitarre ist es egal, ob sie gespielt wird. Dem Spieler ist es nicht egal, ob er die Gitarre spielt.
Und ganz zum Schluss... die besten Bluegrass-Rhythmusgitarristen spielen Hog. Und die spielen LAUT. Und nicht matschig. Wenn es matschig wird, dann weil die Decke nicht mehr mitmacht, nicht weil der Korpus nicht mehr mitmacht.
Aber was steige ich wieder auf meine Soapbox... gegen Vorurteile kann man so wenig kämpfen wie gegen Windmühlen.