Habe nach fast 3 Jahren Pause einen kompletten Systemwechsel vollzogen.
Bin von Cubase SX 3 auf ProTools LE umgestiegen.
Grund? Ich wollte etwas Zuverlässiges aus "einem Guss" ohne mich mit irgendwelchen technischen PC oder Moduldetails rumärgern zu müssen. Und da die Profis auf Digidesign vertrauen, kann ich das als Homerekordler sicher auch wagen. So war mein Gedanke.
Nun, was soll ich sagen. Habe seit '89 mit Cubase "gearbeitet" und muss sagen, der Wechsel ist mir nicht sehr schwer gefallen. Nun mal zum Budget:
Die MBox2 Mini von Digidesign kostet an die 250 Euronen.
Mit von der Partie ist ProTools LE 8x (aktuell 8.0.1 per Update) und eine erfreulich erquickliche Anzahl wirklich brauchbarer Instrumente und professioneller Effekte.
Was sich sofort, schon nach wenigen Minuten, eingestellt hat, war das subjektive Empfinden, dass die ProTools Sachen einfach räumlich transparenter und wesentlich professioneller klingen. Die Effekte sind allererste Sahne und die Instrumente sind es im Grunde auch. Besonders angetan hat es mir der Xpand.
Beim Mic habe ich mich aus Kosten- und Qualitätsgründen für ein AKG Perception 220 entschieden. Hatte vorher das Perception 99 oder 100, also den kleinsten Vertreter aus der Gruppe. Das 220 ist ein guter Allrounder und schlägt mit knapp 140 Euro zu (inkl. Spinne und kleiner Koffer). Das kleine Perception gibt es glaube ich nicht mehr bzw. es lohnt sich kaum wegen 40 Euro auf viele Vorteile zu verzichten. So hat das 220 zusätzlich zu Spinne und Koffer noch einen zuschaltbaren Tiefpassfilter spendiert bekommen.
Antreiben tue ich das Teil mit einem ART TUBE MP (ca. 50 €).
Ein Mikrofonvorverstärker, wie er auch in teuren Edelkonsolen zum Einsatz kommt. Halt eben nur Einkanalig. Der hat eine (handverlesene) analoge Röhre und pusht das Mikrosignal im positiven Sinne noch mal auf. Rundet es gewissermaßen schön ab und liefert gleich auch die 48V Phantomspannung mit. Zur Gitarrenabnahme ggf. nur bedingt zu empfehlen. Nicht wegen dem Klang. Eher weil Mono. Für Sprache und Gesang OK.
Das und jedes andere Mic, kann auch direkt in die MBox2 eingestöpselt werden. Die versorgt einen der zwei Eingänge wahlweise auch mit 48V. Der TUBE ist also nicht zwingend erforderlich. Manko: werden mehr Eingänge benötigt brauchts einen externen Mixer oder sowas. Es gibt auch mehrkanalige Versionen der MBox, die kosten dann aber auch ein paar Hunderter mehr. Hab mir da mit einem Behringer Xenix (ca. 160 €) ausgeholfen, benutze ihn aber eher fürs Signalrouting (MBox, Mic, PC auf Kopfhörer, Monitore oder sonst wo hin). Und solange man die Finger von der Effektsektion und dem EQ lässt, macht sich der Xenix auch nicht negativ im Signal bemerkbar. Ob er sich positiv bemerkbar machen kann, habe ich noch nicht wirklich ausprobiert
Ich hebe mit ihm manchmal die Bässe etwas an, wenn das Fenster im Raum geöffnet ist.
Der EQ klingt recht vernünftig und schön warm, die Effekte sind auch nicht so übel. Im Kreativprozess spielt der Xenix bei mir aber eher keine Rolle.
Eine ganz entscheidende Rolle, wenn es darum geht einen amtlichen Sound zu produzieren, spielt neben dem Interface und Instrumente/Effekte die Abhöre! Mit guten Lautsprechern kannst Du auch mit einem Eierbecher und zwei Schuhlöffeln geile Mucke mixen!
Es gibt einen wichtigen Unterschied zwischen gewöhnlichen Hifi - Lautsprechern und Studiomonitoren. Studiomonitore geben das Signal möglichst neutral und linear wieder.
HiFi Lautsprecher "runden" den Klang immer ab. Verfälschen ihn also. Dazu kommen dann noch Einflüsse durch den verwendeten Verstärker und den umgebenden Raum.
Das hat dann zur Folge, dass Mischungen unausgeglichen klingen. Zuwenig / zuviel Brillanz oder zuviel / zuwenig Bässe. Ist wirklich schwer ohne vernünftige Abhöre hier ein befriedigendes Ergebnis zu erzielen. Man muss wesentlich öfter zwischen verschiedenen Abhörmöglichkeiten wechseln um sicherzustellen, dass der Mix auch überall gleich gut klingt.
Im Homerecording eignen sich meiner Ansicht nach aktive Nahfeldmonitore am besten. Sie sind in kleinen Räumen einsetzbar und befinden sich i.d.R. direkt rechts und links vor dem zentral angeordneten Tontechniker. In Abständen zwischen 80 und 150 cm. In Verbindung mit einem Sub-Woofer bringen sie fürs Geld am effizientesten den Klang an die Ohren.
Aktiv, weil sie ihren Verstärker gleich mitbringen. Und der ist optimal an den Frequenzverlauf der Lautsprecher angepasst.
Hier sollte man auf keinen Fall sparen. Es gilt wirklich die Regel, jeder investierte Euro bringt Dich auf der Qualitätsskala einen Schritt nach vorne. Wirkt sich unmittelbar auf den Mix aus. Gemischt wird bei ProTools übrigens wie bei Cubase auch am PC. Klar.
Ein guter Kompromiss sind aus meiner Sicht die ESI Near 05 Nahfeldmonitore.
Nicht zu teuer (ca. 400 € / Paar), paarig vermessen (also Lautsprecher mit möglichst identischem Signalverlauf wurden gepaart) und klingen gerade in kleinen Räumen und bei einem Abstand von bis zu ca. 1,5 Meter ausgezeichnet transparent und natürlich. Ein Jahr später habe ich mir noch den SW10K Sub dazu gekauft (ca. 350 €). Das war dann noch mal ein RIESEN Schritt in Richtung objektiver Klangbeurteilung und vor allem auch der künstlerischen Klangentwicklung! Nicht nur im Bereich der tiefen Frequenzen. Die Höhen fügen sich ganz anders in das Bild ein, wenn das Fundament schön präsent ist.
Das gilt nicht nur für Rock/Pop/Techno Produktionen, sondern macht sich auch bei der Wiedergabe und Beurteilung aufgenommener Gitarren und anderer Naturtoninstrumente und Stimmen angenehm bemerkbar.
Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, ein entsprechender PC ist logisch erforderlich.
Habe mich für ein leistungsfähiges Notebook auf Vista Basis entschieden. Da ich beruflich viel Reise und die Maschine eh brauche, kann ich mit der MBox2 Mini, dem AKG und einem sehr kompaktem Klemmstativ (25 €) gewissermaßen mein ganzes Studio (bis auf die Abhöre) mitnehmen. Die Instrumente kommen zu 100% aus dem PC. Wenn man sich jetzt noch eine Klampfe auf den Rücken schnallt, kann man überall und zu jeder Zeit qualitativ hochwertige Aufnahmen machen und auf wirklich hohem Niveau Musik produzieren.
Sogar ohne externe Stromquelle.
Ist der Mobilitätsfaktor nicht ganz so entscheidend, tut es jeder leistungsfähige Desktop PC auch. Dual oder Quad > 2 GHz und möglichst 4 GB RAM (bei 32 bit OS nur 3 GB davon nutzbar). 64 bit Betriebssysteme habe ich noch nicht fürs Studio getestet.
Laut Digidesign soll es keinen Ärger mit Windows 7 geben. Und selbst wenn es nicht auf Anhieb klappen sollte, bin ich sicher, dass Digidesign da innerhalb kürzester Zeit Abhilfe schaffen würde. Den Support von Digidesign musste ich zu keiner Zeit in Anspruch nehmen. Das Zeug hat auf Anhieb einwandfrei funktioniert.
Wer den Digidesign / ProTools Sound mal anchecken mag, in meiner Signatur einfach dem Link folgen.
Also ohne Abhöre ist man mit 250 € Mitglied im Digidesign Club.
Es geht sogar noch günstiger mit Hilfe des Digidesign USB Sticks. Aber für mich ist die Mini mobil genug. Mit Abhöre und Mic. kommen zwischen 500 und 1000 Euro dazu. Mehr geht natürlich immer.
Ein guter Kopfhörer ist 100% notwendig.
Noch wichtiger aber ist im Mischbetrieb, dass man seinen Kopfhörer kennt. Also genau weiß, wie er im Verhältnis zur Lautsprecherwiedergabe klingt.
Besonders im Bassbereich sind Kopfhörer immer nur Krücken! Aber es geht nicht immer ohne sie. Gerade wenn man Nuancen prüfen will, also mit der Lupe hinhören muss, sind Kopfhörer unerlässlich.
Ich verlasse mich da schon seit langem auf AKG. Zur Zeit der K240 und der K141 MKII. Bei denen habe ich mittlerweile gelernt, wann sie mich im Klangbild "bescheißen"
was sie eh immer tun
. Denn das Hirn löst Signale der beiden Stereokanäle bei Kopfhörern anders auf. Die Signale kommen unverzögert und ohne Raumresonanzen an den Lauschern an. Bei Lautsprechern sind immer auch Raumresonanzen und Signallaufzeiten im Spiel (tiefe Frequenzen sind anders unterwegs als hohe). Plus, das Signal kommt im Idealfall mit Verzögerung erst von vorne und dann, in Form von frühen und späten Reflektionen, von allen Seiten.
Alles andere Geld geht dann halt für Zubehör und Instrumente drauf. Und da gibt es bekanntlich keine Grenzen. Übrigens benutze ich zum Einspielen der Takes die 49 € günstige MAudio Keystation 49e. Was das Spielgefühl betrifft sicher nicht der Brüller. Dafür aber zuverlässig! Wenn es in den Bereich gewichteter Tasten und echtem Spielgefühl geht, kommen auch schnell einige hundert bis tausend Euro auf den Wunschzettel. Midi-Keyboards mit integrierten Controllern gibts um die 150 € bis 350 €.
Nicht ganz abseits des Themas ein ganz heißer Tipp:
der Omnisphere von Spectrasonics (ca. 350 €).
Ein Softwaresynthie-/sampler für den Liveeinsatz genauso geeignet wie für den Sequenzerbetrieb. Hier zeigt er nur durch gelegentliche Instabilität gewisse Schwächen. Besonders, wenn das Projekt die Leistungsgrenzen des Rechners erreicht. Dann schießt der Omnisphere die Baustelle gerne mal komplett ab. Hat dafür im Gegenzug einige wirklich pfiffige Ideen bezüglich Soundmanagement und Layering im Liveeinsatz.
Ein echter Meilenstein in der Synthie-Entwicklung und ein Novum wenn es um abgefahrene synthetische Sounds mit fettestem Analog-Druck und -Feeling geht. Die Voices und viele FXe in Da Du Da Du Du Du sind aus dem Omnisphere. Die Bassläufe kommen hingegen vom Xpand. Die Drums vom mitgelieferten Boom. Bis auf die Voices und ein paar Grummeln hier und Zischen da ist der Sound komplett aus den Innereien des 250 € MBox2 Mini Packages entstanden.
Hoffe ich konnte mit meiner Beschreibung mal eine Lanze für Digidesign brechen und dem Einsteiger einige Anregungen zu seinem künftigen Equipment liefern.
Ich bin der Meinung, es muss nicht immer Cubase sein
Viel Spaß bei was auch immer
Musikalische Grüße Mike