Hey, danke für die ausführliche Antwort und schön, dass ich mit meinen Vermutungen so halbwegs richtig lag ;-)
In dem Fall macht ihr ja gar nicht so viel "falsch". Ich würde grundsätzlich sagen, dass es richtig ist, mit "fertigen" Stücken zu arbeiten und nicht gleich frei drauf los zu improvisieren. Das gibt Halt und Struktur, da kann man sich orientieren, dann hat man schon mal was.
Bisserl schwer für eine rhythmusorientierte Gitarre ist die Musik, die Euch vorschwebt, durchaus auch... da müsst Ihr auch aufpassen, Eure Gitarristin nicht zu überfordern und zu vergraulen. Wenn das Piano etwas "fitter" ist, ist sie damit das schwächste Glied wahrscheinlich - war ja auch das Thema, das Du angesprochen hast. Den Spieß mal umgedreht (ich kann das aus der Gitarristenperspektive ja durchaus beurteilen) - was soll sie mit ihren Skills den auch groß tun außer Akkorde spielen? Oder noch anders - was macht ein "besserer" Gitarrist vielleicht besser? Klar - der kann dann verschiedenste Vocings spielen, der kann mit den passenden Tonleitern zwischendurch ein paar nette Fills spielen, der kann Akkorde mal umdrehen, der lässt mal den Grundton und die Quinte weg und spielt nur 3/7/#9 dazu usw usw...
Will sagen - es wäre gut, wenn Eure Gitarristin sich langsam aber sicher mit den "Geheimnissen" des Rhythmusspiels vertraut macht. Dass sie Akkorde kann, ist schon mal gut - jetzt soll sie sich dann langsam aber sicher auch die anderen Varianten dieser Akkorde erarbeiten, besonders eben gitarrentypische Mehrklänge. Tipps aus meiner Richtung gehen sehr in "eigentlich dürfen nie mehr als 3 Saiten klingen", "reduzieren, Töne gezielt weglassen", "wenn der Bass/das Piano den Grundton spielt, muss die Gitarre das wirklich nicht auch noch tun" - soweit zur Harmonie. Rhythmisch ist eigentlich jede Art von Übung gut - bisschen Funk, bisschen Blues, bisschen Latino... was auch immer. Ganz wichtig: Basics, Basics, Basics. Nicht gleich mit höherer Jazz-Harmonielehre loslegen unbedingt, lieber mal paar Akkorde pauken und dann mal dieselben Akkorde auf andere Art spielen. Wenn man sowas wie Gmaj7 - Am7 - C6 - G6 usw. spielen kann und dabei je Akkord 3-6 Varianten im Kopf hat, dann ist das eine Menge wert - auch wenn man nicht weiß, was man da harmonisch genau macht.
Ganz konkret würde ich üben empfehlen, dabei hören und dabei auch lernen - ein Basis-Buch zur Rhythmusgitarre bespielsweise, oder auch anspruchsvoller in Richtung Harmonielehre für Gitarre vielleicht sogar "In Vivo Guitar". Und Stücke nachspielen, für die sie konkrete Tabulatur/Noten bekommen kann, um ein Feeling dafür zu entwickeln, was Gitarren in Eurer Musikrichtung so unternehmen.
Letztlich ist es ja so - ohne Übung und Erfahrung kommt man nicht viel voran, das ist zu akzeptieren. Wichtig ist, dass - wenn ihr zusammenbleiben wollt - jeder auch die Chance bekommt, sich individuell zu entwickeln, und das schließt Rücksicht auf die weniger starken ein. Mein Liebslingsbeispiel ist meine Band. Ich bin da auch an der Rhythmusgitarre, und ich kann wirklich nicht viel, aber das was ich da mache, das mache ich ganz okay. Könnte ich den Lead-Teil ausfüllen? Nö. Weiß ich immer genau, was ich da mache? Nö. Stört es? Nö, im Gegenteil. Das schöne an großen Combos ist ja, dass sich jeder auf das konzentrieren kann, was wirklich sein muss - weniger ist mehr.
Also mal so als Idee:
Schritt 1: Die Gitarristin soll mal andere Voicings der Akkorde lernen/spielen, sich mal ins Thema "grundtonloses Spiel" reinfuchsen und parallel vielleicht mal ein bisschen Skalen/Tonleitern antesten. Idealerweise mit Unterricht natürlich, selbst und allein kommt man da schnell in den Wald. 3-Saiten-Akkorde maximal, das reicht. Vielleicht in den höheren Lagen, dann kommt's gegen das Piano stärker durch.
Schritt 2: Die Gitarre spielt nicht da, wo das Piano den Akkord setzt. In Boogie-Nummern z.B. mal testweise nur auf der 2 und der 4, das Piano hält sich da etwas zurück. Je nach Rhythmus natürlich andere Takte, mal drüber nachdenken.
Mehr Ideen gibts hier:
http://www.justinguitar.com/en/JA-000-Jazz.php
Soo, das war es erstmal... etwas Gitarrenlastig vielleicht, aber es ging ja auch in Deiner Frage darum, vielleicht hilft's was. Sonst gerne weiter fragen...
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(Ergänzung: zu "Got My Mojo Workin'" solltet Ihr alle - und die Gitarristin besonders - die verschiedenen Versionen von Muddy Waters anhören und lernen und analysieren, das ist ein wahrer Fundus gerade für Euer "Problem"... Videobeispiel hier:http://www.youtube.com/watch?v=uwqJTos3aRo aber auf jeden Fall mal ein paar Aufnahmen anhören!