Wichtig wäre mir an dieser Stelle z.B. der richtige Ansatz, einspielen, buzzing, also das "Grundsätzliche"
In der Video-Workshop-Reihe
Play With A Pro gibt es zum Thema
Warm Up Veröffentlichungen von
David Bilger und
Reinhold Friedrich, jeweils mit 2 Videos.
Gesprochen wird in allen Play With A Pro Videos in leicht verständlichem Englisch ohne Untertitel, auch von Reinhold Friedrich.
http://playwithapro.com/video/instrument/trumpet
Soweit ich es gerade nachschauen konnte, habe ich dennoch Links zur verwendeten Literatur hinterlegt. Die Noten sind natürlich bei mehreren deutschen Online-Notenhändlern zu unterschiedlichen Preisen erhältlich.
Die von David Bilger verwendete
Arban-Ausgabe ist nur noch antiquarisch erhältlich. Das Buch hatte mit Goldman, Smith und Gordon sehr renommierte Herausgeber und war über 70 Jahre lang die amerikanische Standardausgabe für "den Arban":
Arban's Complete Conservatory Method For Trumpet, ed. by E.F. Goldman & W.M. Smith, annotated by Claude Gordon, Carl Fischer New York
Das in der Frage gewünschte
Grundsätzliche wird vor allem im zweiteiligen Video von
David Bilger behandelt. Der
Einzelpreis beträgt derzeit 19.99 USD, für
beide zusammen gibt es ein Angebot für 29.99 USD.
Überblick zu den Themen
Vol. 1, 40 min: 01 Intro, 02 Mouthpiece Buzzing, 03 Bends, 04 Articulation, 05 Flexibility, 06 Multiple Tonguing, 07 Your Warmup Book.
Vol. 2, 68 min: 01 Intro, 02 Sound, 03 Articulation, 04 Power, 05 Range, 06 Agility
David Bilger wurde 1995 Principal beim Philadephia Orchestra, einem der Big Five, also der führenden amerikanischen Sinfonieorchester.
David Bilger Vol. 1, Warm Up Program, 40 min.
Für sein Warm Up bevorzugt Bilger seine Bb-Perinet-Trompete und beginnt mit dem
Mundstück Buzzing, der Tonerzeugung allein auf dem Mundstück.
Das Buzzing hat bei ihm eine andere Ausrichtung als bei Reinhard Friedrich. Es wird also nicht über den gesamten Range bzw. als Training des oberen Tonumfangs ausgeführt, sondern als Einfinden ins tägliche Üben. Bilger bleibt deshalb im leichtest ansprechenden Register.
Gemeinsam ist Bilger und Friedrich eine glissandoartige Ausführung des Buzzing, Reinhold Friedrich sagt dazu an einer Stelle: "I only touch the notes, I don't fix them."
Besonders Lip Buzzing ist sehr anstrengend, es wird von Bilger im Video aber auch nicht ausgeführt. Da auch beim Mundstück Buzzing die Ankopplung der Luftsäule in der Trompete fehlt, ist für einen stabilen und intonierbaren Ton ein guter Luftfluss erforderlich.
In dieser Anforderung liegt natürlich auch der Nutzen des Buzzing, solange man auf eine saubere Ausführung und kleine Erholungspausen zwischendurch achtet.
Man kann sehr schnell am Klang des Buzzing unterscheiden lernen, ob man damit die Grundlage für einen guten Trompetenton entwickelt oder nicht.
Generell gilt für alles Üben: wird der Ansatz müde, sollte man das Üben unterbrechen oder gegebenenfalls auch beenden. Man ist nicht jeden Tag gleich leistungsfähig und es bringt keinen Fortschritt, sich platt zu spielen.
Nach dem Buzzing kommen
Bends auf der Trompete, das Biegen von Tönen um einen Halbton abwärts und zurück ins Tonzentrum allein durch den Ansatz.
Vergleichbare Übungen stehen auch von Adam Rapa bei Youtube online.
Articulation beginnt nach einigen Hinweisen mit einer gestoßenen Tonleiterübung und einer Übung zum Wechsel von Flatterzunge und gestoßenem Ton. Nach deren Besprechung folgt eine Artikulations-Etüde aus Edwin F. Goldman, Practical Studies for the Trumpet in staccato und portato Ausführung.
Flexibility beschäftigt sich mit Naturton-Bindungen durch alle sieben Positionen, anschließend folgt eine Übung zum Lip Trill, der eben nicht wie ein Shake durch wechselnden Mundstückdruck unterstützt wird, sondern allein durch schnelles binden zum nächsthöheren Naturton.
Multiple Tonguing demonstriert den Einstieg ins Üben von Doppel- und Triolenzunge.
Your Warm Up Book bildet den Abschluss des ersten Teils mit einigen Gedanken zur schriftlichen Dokumentation des Übens.
David Bilger Vol. 2, Higher Faster Louder, 68 min.
In diesem Video vertieft Bilger die Inhalte aus dem ersten Teil, bei den demonstrierten Übungen kommt es zu Überschneidungen. Die Übungen spielt er teilweise auch auf seiner C-Perinet.
Sound beginnt wie Vol. 1 mit dem Mundstück Buzzing, den Schwerpunkt bilden dabei die Demonstration der Tonzentrierung und Klangentwicklung auf der Trompete durch Bends. Anschließend empfiehlt Bilger die Beschäftigung mit Etüden im Stil von Vocalisen, er nennt Concone, Bordogni und Arban. Wie immer wird auch besprochen, auf was man bei der Ausführung achten sollte.
Dazu eine Anmerkung: als sehr gelungenes Heft mit Vocalisen schätze ich
Fritz Damrow, Bel Canto For Brass. Auf der Heft-CD sind sowohl die Solo-Trompete als auch das Piano Play-Along aufgenommen.
Es gibt außerdem noch ein weiteres Heft von Damrow mit klassischen Vokalisen, Vocalises for Trumpet and Piano.
Im Kapitel
Articulation demonstriert Bilger wieder den Wechsel von angestoßenem Ton und Flatterzunge, dann geht es um sauberen Tonbeginn und gleichmäßigen Ton durch Luftfluss und bildhafte Vorstellung. Schließlich geht es noch um das Üben der Doppelzunge anhand einer "Einsteiger"-Übung.
Bei
Power geht es um die Entwicklung großer Dynamik, was natürlich die Voraussetzung einschließt, auch LAUT üben zu können. Zur Veranschaulichung wird eine bekannte Übung aus Arban variiert und auch die Rolle der Atemtechnik wird behandelt.
Das Kapitel
Range beginnt mit der Unterstützung der Tonhöhe durch die Zungenwölbung (a-e-i) und Übungen wie den Flexibilities und Lip Trills für deren Entwicklung.
Logischerweise folgt der Verweis auf das Heft
Charles Colin, Advanced Lip Flexibilities Complete, mit dem Bilger ausgebildet wurde. Er verweist aber auch auf gleichwertige Übungen bei Arban oder
Bai Lin, Lip Flexibilities, mir fällt dazu noch
Earl Irons, 27 Groups of Exercises als nützliches Material ein.
Natürlich werden von Bilger auch die Rolle des Luftflusses und der Einfluss einer zuversichtlichen Einstellung für den Tonumfang erwähnt.
Bilger demonstriert in seinem Video aber im Gegensatz zu Friedrich keine Übungen zu High Notes.
Agility meint hier die Geläufigkeit und Bilgers Empfehlung für die Entwicklung schnellen Spielens sind unter dem Verweis auf den Übungsstoff der Streicher vor allem Tonleiterübungen und Akkordbrechungen. Bei diesen Übungen sollten auch eventuelle Lücken im Umgang mit entlegenen Tonarten geschlossen werden.
Non-Technical Fundamentals bezeichnet für Bilger Themen wie Transposition und Rhythmus-Sicherheit sowie "Lyricism", worunter ich "gesangliches Spielen" verstehen würde, durch das ein überzeugender Vortag möglich wird, der den Zuhörer berührt. Als schönen Abschluss gibt es das Thema von "I Remember Clifford".
David Bilgers Lektionen kommen ohne "Wow"-Effekt daher, die Übungen sind überwiegend sehr einfach gehalten, um bereits frühzeitig Nutzen aus den Videos ziehen zu können. Den Nutzen sehe ich vor allem darin, dass man einen Spitzen-Trompeter hört und sieht, mit dem man sich beim Üben vergleichen kann. M.E. bringt es etwas, sich an Bilgers Klang und seiner perfekten Ansatzmaske zu orientieren.
Reinhold Friedrichs Solo Warm Up, 47 min.
Das Video hat seinen Schwerpunkt in der Entwicklung von Ansatz und Höhe, es daher besonders etwas fortgeschrittenere Trompeter ausgerichtet. Die Übungen dazu nehmen mehr als die Hälfte der Zeit ein. Das Buzzing ohne und mit Mundstück ist wesentlich umfangreicher als bei Bilger, Übungen zur Doppel- und Triolenzunge kommen dagegen nicht vor.
Nach dem
Lippen und Mundstück Buzzing folgt Friedrichs Variante der
Cichowicz Long Tone Studies über den gesamten Tonumfang samt Doppelpedalregister.
Diese Übungen sind legendär und werden unter Trompetern überwiegend als "Flow Studies" bezeichnet. Allerdings sind die "echten" Flow Studies von Cichowicz etwas völlig anderes, nämlich eine Sammlung klassischer Etüden vornehmlich osteuropäischer Komponisten des 19. Jahrhunderts.
Auf dem Instrument wird zunächst eine Bindeübung von
Walter M. Smith gespielt.
Anschließend geht es um
Geläufigkeit. Dazu wird zunächst aus den
Herbert L. Clarke Technical Studies di chromatische Study 1 gespielt. Anschließend empfiehlt Friedrich eine der weiteren Clarke Übungen und demonstriert Study 4.
Für die
Artikulation und das Üben der Tonleitern wird eine Skalenübung von
Aaron Harris aus der dicken (362 Seiten) Ausgabe von
Charles Colin, Complete Modern Method for Trumpet or Cornet staccato ausgeführt, gefolgt von einer abschließenden Übung zum Biegen des zweiten Tons um einen Halbton nach unten.
Die Video-Aufnahme wurde nach einer offenbar kurzen Nacht in fröhlicher Runde während einer Master Class von Reinhold Friedrich in der Toscana gemacht - Dress Code? Fehlanzeige.

Gelegentliche Patzer wurden nicht herausgeschnitten, man sieht und hört das Üben daher ganz authentisch.
Wer Reinhold Friedrich als Weltklasse-Trompeter noch nicht kennt, kann anhand vieler Aufnahmen nachvollziehen, wie makellos er heikle Stellen auch vor Publikum spielen kann oder eine Hochleistung wie den 3. Satz von Johann Sebastian Bachs 2. Brandenburgischem Konzert direkt nach dem Konzert als Zugabe wiederholt:
Reinhold Friedich Group Warm Up, 33 Minuten.
Das Video enthält nur zwei Ausschnitte aus der Gruppenarbeit im Toscana Workshop. Zunächst kommt das Mundstück Buzzing. Diese Übung, eine anschließende Atemübung und die Erläuterungen dazu machen ungefähr die Hälfte der Laufzeit aus.
Im zweiten Teil folgt jene Harris Skalen-Übung, die auch im Solo Warm Up demonstriert wird.
Der Nutzen des Reinhold Friedrich Solo Warm Up liegt meines Erachtens im Play-Along und als Ansporn beim Erarbeiten eines wachsenden Tonumfangs.
Ein wenig fortgeschrittener Trompeter wird nicht unmittelbar profitieren können, auch wird das zugrunde liegende Konzept von Cichowicz oder "Song and Wind" an keiner Stelle erläutert.
Vincent Cichowicz war Trompeter während der legendären Zeit des Chicago Symphony Orchestra, als deren Blechbläser ihren Klang zum Markenzeichen des Orchesters machten.
Cichowicz' bekannteste Übungszusammenstellung, die Long Tone Studies, wurden erst vor wenigen Jahren offiziell veröffentlicht. Sie waren über Jahrzehnte Teil einer fotokopierten Sammlung von Seminarmaterial und osteuropäischer Etüden. Mit der Zeit fanden die Original-Cichowicz Long Tone Studies durch Weitergabe unter Trompetern Eingang in den Kanon besonders hoch geschätzter Übungen.
Ihren Sinn einer Entwicklung des guten gesanglichen Klangs können die Long Tone Studies am besten erfüllen, wenn Atemtechnik vorhanden ist bzw. einhergehend entwickelt wird (Stichwort Mundtück-Buzzing).
Die besonders hohen wie tiefen Töne in der Reinhold Friedrich Variation der Übung sind dabei ein guter Hinweis auf den Stand der Dinge.
In Verbindung mit den von Kristian Steenstrup erklärten und demonstrierten Atemübungen von Arnold Jacobs bilden sie ein effektives "Power Pack" für Atmung und Ansatz.
Gruß Claus