Piano "Weiss Spaichingen", ich bitte um Begutachtung

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Ich habe es andernorts ja schon erwähnt, wir haben ein Piano geerbt. Das Haus muss geräumt werden und ich als (noch) Nicht-Pianospieler stehe vor der Entscheidung ein paar hundert Euro in Transport und Wartung dieses Pianos zu stecken, bei dem am Ende hoffentlich ein gutes Musikinstrument heraus kommt und nicht nur ein Möbelstück.

Das Piano wurde nicht viel gespielt aber sonst immer sehr sorgfältig behandelt.

Es handelt sich um ein Piano der Manufaktur Weiss in Spaichingen. Das Baujahr konnte ich nicht ermitteln, aber an der Innenseite der unteren Abdeckung ist "3538" und am Stimmstock "5471" gestempelt. Es ist die Variante mit 110cm Höhe. Es ist knapp 144cm breit.

Äußerlich sieht das Instrument sehr manierlich aus. Kleine Abschürfungen an einer Kante sind bei dem Alter sicherlich vertretbar. Im Inneren sieht es ebenfalls sehr ordentlich aus. Ich habe reichlich Fotos gemacht. Sehr wahrscheinlich von den unwichtigsten Dingen, aber ich bin eben Laie. Rein optisch ist mir aufgefallen, dass auf der Oberseite der Hämmerchen auf dem Holz teilweise kleine Sprenkel sind, so als wäre einmal etwas darauf gespritzt. Die Sprenkel sind auch auf der Oberseite der Pedal Hebel. Also der inneliegenden langen horizontalen Hölzer, ich weiß nicht genau wie man dazu sagt. Die Filze der Köpfe sind sauber, nur geringe Abdrücke der Saiten sind sichtbar und keinerlei Beschädigungen. Vor Allem auch keine Motten. Das Instrument riecht nicht gammelig, nur nach Holz und eben ein wenig staubig.

Auf einer Bass Saite ist auf der Wicklung ein kleiner Schmutzrest, der zu einer kleinräumigen Verfärbung der Kupferwicklung geführt hat, sonst ist nichts auffällig gewesen.

Die Resonanzplatte ist glatt und ohne Risse.

Alle Tasten schlagen gut an, einige Hämmerchen fallen aber ein wenig langsamer zurück. In der obersten Oktave sind sie sehr zögerlich und das cis' bleibt von alleine immer einen halben Zentimeter vor der Ruheposition liegen. An der Mechanik muss also etwas gearbeitet werden.

Ich habe ein Foto gemacht, bei dem ich zuerst mit dem Pedal die Hämmer angehoben habe und beim anschließenden Loslassen habe ich ausgelöst. Nach ein paar Aufnahmen hatte ich eine, bei der man sieht, dass die Hämmerchen nicht gleichzeitig wieder herunter kommen. Das ist dasjenige, in dem diese aussehen als würden viele von ihnen hängen. Das sind aber nur Bruchteile von Sekunden Unterschied. Man sieht es, aber es ist schwer zu fotografieren.

Natürlich ist das Instrument verstimmt. Zum Einen wurde es jahrelang nicht gewartet, es steht zu befürchten, dass nie wirklich eine Wartung durchgeführt wurde. Gestimmt wurde es zumindest in den letzten 10 Jahren nicht, so lange kenne ich das Klavier schon.

Derzeit steht das Piano im wenig beheizten Haus bei ca 10°. Laut Stimmgerät sind alle Töne gehen eine 440Hz Stimmung etwa 20 Cent zu tief +/- etwas. Die Töne mit mehreren Saiten zeigen starke Schwebungen und einige klingen ganz schön schräg. Ich habe alle durchgespielt und das auch aufgezeichnet. Nur zur Sicherheit.

Ich habe zwei Klavierstimmer angeschrieben, wovon der eine meint: Transport ist kein Problem, auch wenn das Klavier jetzt kalt ist. Am neuen Ort aufstellen, akklimatisieren lassen und dann müsste ich erfahrungsgemäß mit ca 300-500€ Wartung rechnen wenn länger nichts gemacht wurde. Genaues weiß er erst, wenn er Hand anlegen kann. Remote Schätzung kann nicht seriös sein. Es würde sich bei dem Instrument aber sicher lohnen.

Der zweite hat gemeint: Seit Wochen im kalten Haus ist schlecht. Es kann passieren, dass nach dem Aufstellen das Holz zu arbeiten beginnt und die ganze Mechanik sich verzieht. Ganz abgesehen von der Stimmung, aber das ist ohnehin ein Stahlrahmen. Der hält das gut aus. Er würde unbedingt empfehlen, das VOR dem Transport durchsehen zu lassen.

:gruebel:

Also, was machen? Ich will natürlich gerne den Wert erhalten, wenn es einen hat und dann auch darauf spielen lernen. Dafür würde ich auch 700-800€ in Transport und Wartung investieren, sollte das nötig sein. Falls das Piano aber den Transport nicht "überlebt" oder der Klavierstimmer am Ende nur mitleidig den Kopf schüttelt, habe ich schon eine Menge Geld in den Sand gesetzt, das ich auch anders investieren könnte.

Ich muss mich kurzfristig entscheiden, weil das Klavier raus muss, auf die Eine oder andere Art. Natürlich kann mir die Entscheidung keiner abnehmen, aber der Eine oder Andere hat vielleicht Erfahrung mit diesen Dingen und kann eine Risiko Schätzung abgeben.
 
Eigenschaft
 
Update:
Klavierstimmer 1 ist mit meinen Fotos sehr zufrieden und rät mir unbedingt von einem Verkauf ab. Transportieren, kühl stellen und innerhalb von 24 Stunden temperieren, 2 Wochen akklimatisieren lassen und DANN überholen. Die erkannten Probleme sind vermutlich normale Wartungsmängel und "mit wenig Aufwand" zu beheben.

Er ist davon überzeugt, dass es sich um ein gutes Piano handelt und alles was ich in Transport und Reparatur investiere sich am Ende mehrfach amortisieren würde, sollte ich es später verkaufen wollen.

Ich werde also demnächst in "gut bürgerliche Kreise mit eigenem Klavier" aufsteigen.
:great:

Allerdings hat er beim Stimmen einiges vor sich:

 
Ich werde also demnächst in "gut bürgerliche Kreise mit eigenem Klavier" aufsteigen.
:great:
Klavierspieler sind meistens Typen, die sich in irgendwelchen abgesoffenen und verrauchten Jazzspelunken herumtreiben ...

Allerdings hat er beim Stimmen einiges vor sich:


Hat das Klavier auch schwarze Tasten? :D
Scherz beiseite: Ich bin kein Klavierstimmer, aber von der Stimmung her hört sich das für mich machbar an. Im schlimmsten Fall muß der Stimmer 2x zum Stimmen kommen.

Es wäre auf jeden Fall toll, wenn Du hier weiter berichtest und vielleicht ein paar Fotos reinstellst.

Viele Grüße,
McCoy
 
Hat das Klavier auch schwarze Tasten? :D
Ja, reichlich! Ich habe aber keine Angst vor schwarzen Tasten. :)

Es wäre auf jeden Fall toll, wenn Du hier weiter berichtest und vielleicht ein paar Fotos reinstellst.
Nur keine Sorge, ich werde Euch noch eine Weile quälen. Nur fällt mir jetzt nicht ein, was für Fotos ich NOCH einstellen könnte, abgesehen von den bereits vorhandenen. In gestimmtem Zustand wird das Piano nicht anders aussehen.

Ein bisschen schade finde ich, dass ich zu dem Piano so überhaupt keine Hintergrund Informationen finden kann, außer dass die Firma "Paul Weiss in Spaichingen" bis 1971 "sehr gute Pianos" gebaut haben soll, ehe sie in Konkurs gegangen sind. Die Nachfolgefirma gibt' auch nicht mehr und die haben damals, entsprechend meiner mageren Recherchen, auch nicht die Produktion weiter geführt sondern nur die Marke gekauft. Obwohl, wenn es anständig klingt ist das doch egal.
 
Ich habe zwei Klavierstimmer angeschrieben, wovon der eine meint: Transport ist kein Problem, auch wenn das Klavier jetzt kalt ist. Am neuen Ort aufstellen, akklimatisieren lassen und dann müsste ich erfahrungsgemäß mit ca 300-500€ Wartung rechnen wenn länger nichts gemacht wurde. Genaues weiß er erst, wenn er Hand anlegen kann. Remote Schätzung kann nicht seriös sein. Es würde sich bei dem Instrument aber sicher lohnen.

Der zweite hat gemeint: Seit Wochen im kalten Haus ist schlecht. Es kann passieren, dass nach dem Aufstellen das Holz zu arbeiten beginnt und die ganze Mechanik sich verzieht. Ganz abgesehen von der Stimmung, aber das ist ohnehin ein Stahlrahmen. Der hält das gut aus. Er würde unbedingt empfehlen, das VOR dem Transport durchsehen zu lassen.

:gruebel:

Also, was machen? Ich will natürlich gerne den Wert erhalten, wenn es einen hat und dann auch darauf spielen lernen. Dafür würde ich auch 700-800€ in Transport und Wartung investieren, sollte das nötig sein. Falls das Piano aber den Transport nicht "überlebt" oder der Klavierstimmer am Ende nur mitleidig den Kopf schüttelt, habe ich schon eine Menge Geld in den Sand gesetzt, das ich auch anders investieren könnte.

Ich muss mich kurzfristig entscheiden, weil das Klavier raus muss, auf die Eine oder andere Art. Natürlich kann mir die Entscheidung keiner abnehmen, aber der Eine oder Andere hat vielleicht Erfahrung mit diesen Dingen und kann eine Risiko Schätzung abgeben.

Die paar hundert € die Du reinstecken mußt ergeben den maximalen Wert welchen dieses Klavier bei einem eventuellen Verkauf erzielen kann.
 
Nur fällt mir jetzt nicht ein, was für Fotos ich NOCH einstellen könnte
Sorry, den Link habe ich übersehen. Oft werden ja Bilder hier direkt in die Threads eingebunden ...

Weiss-Klaviere habe ich immer wieder mal gespielt. Das ist inzwischen aber wieder länger her. Besonders erinnere ich mich an die tolle Notenablage über die ganze Breite des Klavieres. Da könnten sich die anderen Hersteller mal eine Scheibe abschneiden.

Soweit ich mich erinnere, waren die Klaviere gut zu spielen, aber keine Überflieger. Ein brauchbares Schülerinstrument sozusagen. Ob es einen finanziellen Wert hat, den man erhalten kann, kann ich nicht beurteilen, der Wert wird auf jeden Fall darin liegen, was Du damit machst.

Viele Grüße,
McCoy
 
Die paar hundert € die Du reinstecken mußt ergeben den maximalen Wert welchen dieses Klavier bei einem eventuellen Verkauf erzielen kann.

Das sehe ich genau so. Diese Marke kennt kaum einer und die Optik ist aus heutiger Sicht schwer verkäuflich. Dennoch würde ich an deiner Stelle es von besagtem Klavierbauer überholen lassen. Dann hast du für relativ kleines Geld ein anständiges Klavier.

Baujahr dürfte 1965 sein. Zu der Marke ist folgendes bekannt: Produktionsbeginn war 1955, vorher war es nur eine Reparaturwerkstatt. 1971 wurde die Firma von Willis übernommen und 1993 wurde die Produktion eingestellt.
 
Kurzer Statusbericht:

Das Klavier habe ich vor zwei Wochen transportieren lassen. Das war ganz problemlos. Zwei kräftige Kerle haben das innerhalb wenigen Minuten verladen und eine gute Stunde später in vergleichbar kurzer Zeit wieder aufgestellt.

Der Klavierstimmer ist soeben fertig geworden, viel früher als er gedacht hat. Der Bass hat trotz der langen Zeit fast gestimmt, bis in den Diskant ist es immer verstimmter gewesen und ganz oben war es aber knapp einen halben Ton zu tief.

Er hat gemeint, für so ein kleines Klavier (110cm) klingt es erstaunlich voll. Greade im Bass klingen vergleichbar niedrige Klaviere nach seiner Erklärung offenbar eher dünn. Das Innenleben ist für das Alter (BJ 1965) sehr gut in Schuss. Leichter Mottenfrass an den Pedal Filzen und am Dichtungsfilz der Klaviatur, aber alle Hämmer einwandfrei.

Die Tasten gehen gleichmäßig und das Spielen in ppp geht scheinbar auch. ICH kann das nicht, aber er konnte das. Es ist wirklich erstaunlich wie LEISE man das Instrument anschlagen kann.

Die Stimmung hat er auf 441 gesetzt, weil er damit rechnet, dass das in den nächsten Wochen noch ein klein wenig nach gibt. Es ist durch das kalt stehen noch ein wenig überschüssige Restfeuchte im Instrument und die Tasten Lager sind daher noch etwas straffer als sie sein müssten. Er meint, das würde in den nächsten Wochen noch etwas leichtgängiger.

Nach seiner Empfehlung werde ich sicherheitshalber noch eine Mottenfalle und einen Hygrometer anschaffen, eventuell einen Luftfeuchte Regler.

Er hält es für die richtige Entscheidung, dass das ich Instrument behalten habe und meint, seinerzeit war das sicher eines von den besseren Modellen und hält immer noch einen Vergleich mit modernen Instrumenten aus. Er meint, wenn ich es anständig behandle, habe ich sicher die nächsten 50 Jahre noch Freude daran. Darauf kann ich mir zum also 100er noch ein Ständchen spielen - falls ich dann noch aus dem Bett komme.

Habe ich also doch ein gutes Klavier und keinen Draht Sondermüll :great:

Alles in Allem habe ich ca 450€ für Transport und Service investiert und ich denke, das war eine gute Investition.

Nächste Station: KlavierlehrerIn
 
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Glückwunsch zum Klavier!
Wenn Du ppp spielen willst, mußt Du die Tasten l a n g s a m runterdrücken.

Viele Grüße,
McCoy
 

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