Perfektionswahn in der Musik - wie seht ihr das?

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Nicht ganz neu, brachte mich aber erneut ins Grübeln: Madonnas "gedisster" Auftritt beim diesjährigen ESC:

Im Unterschied zu einer (offenbar später korrigierten...) offiziellen Version hört man hier die "katastrophale" Gesangleistung von Madonna:



Also, ich habe mir das mehrfach angehört und denke: Worüber - zur Hölle - regen sich die Leute eigentlich auf? Es wurden je regelrechte Nachrufe auf Madonna verfasst, bzw. das Ende ihrer Bühnenkarriere heraufbeschworen ...

Na klar: Madonnas Intonation ist stellenweise alles andere als perfekt - aber was erwarten die Leute, vor welchem Hintergrund bewerten sie so eine Leistung? Vielleicht hatte sie zeitweise einen schlechten Monitormix, jeder (von uns hier) weiß, wie schwer es dann wird, die Töne sauber zu treffen.

Also, ich habe mir vorgestellt, ich wäre da in der Halle gewesen und ich bin sicher, dass ich trotz (kaum abstellbarem "Musikerpolizei"-Wahrnehmung) einfach nur geflasht gewesen wäre, dass ich da den in den 80ern großen weiblichen Popstar live singen höre - eindeutig als Madonna erkennbar und nicht als eine ihrer vielen Epigonen oder gar eine "Tribute"-Künstlerin. Was machen da ein paar falsche Töne aus? Die man in der Livesituation als Konzertbesucher meiner Erfahrung nach auch nie so wahrnimmt, wie auf einer späteren Aufzeichung ...

Woher rührt dieser Anspruch an Perfektion? Dazu lose ein paar Gedanken, an die ihr vielleicht anknüpfen mögt:

- In Casting-Shows (die ich eigentlich ignoriere) fiel mir wiederholt auf, dass talentierte SängerInnen mit großartigen Stimmen "Rausfliegen" mit der Begründung, sie hätte eine bestimmte Stelle nicht ganz sauber gesungen. WTF? Ich meine, auch in Bezug auf Madonna, wie perfekt soll den Bitteschön eine Live-Darbietung sein? Man höre sich mal Konzertmitschnitte von anerkannten Größen wie Led Zeppelin an oder Soundfestischisten wie Dire Straits...
- Ich komme als Musiker selbst vom Metal und mich hat an guten Metal-Bands immer deren Fähigkeit bewundert, technisch anspruchsvolle Musik extrem sauber zu reproduzieren, jedenfalls besser als die meisten zeitgenössischen Pop-Rock-Acts in den 89er/90ern - aber heute muss es offenbar immer und überall zu 100% so wie auf der Studioaufnahme klingen?
- Ich habe jedenfalls nichts gegen handwerkliches Können und einen gewissen Anspruch - aber Musik(machen!) sollte auch ein wenig Raum zum Atmen haben - "Magische Livemomente" entstehen vielleicht ja auch erst in Abgrenzung zur sonstigen "Imperfektion"?

Wie seht ihr das? Seht ihr da auch einen Trend zu mehr "Perfektion" und "Verpackung"?
 
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Also, ich persönlich hätte es - wäre ich im Publikum gewesen - natürlich auch besser gefunden, Madonna wäre nur rumgehüpft, und die Musik kommt aus der Dose, genauso, wie ich sie gewohnt bin. *hust*
 
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Wenn ich zu einem Konzert gehe und wenn ein Künstler für seine Arbeit bezahlt wird, dann erwarte ich mir TOP Leistung. Aus diesem Grund gehe ich nicht mehr zu Konzerten einiger älterer Musiker/Bands, von denen ich schon mal diesbezüglich enttäuscht wurde. Bei YES versuchte z.B. Steve Howe seine Licks und Solos aus den 70ern hinzulegen, kam aber geschwindigkeitsmäßig bei weitem nicht hin mit der Folge fehlender und falscher Töne. Eine Neuarrangierung hätte geholfen. Aber das verstümmelte Gedudel ist mir das Eintrittsgeld nicht Wert. Da kaufe ich mir lieber eine CD oder DVD/BR mit früheren Aufnahmen.

Mein Fazit: Man muss nicht alle Feinheiten irgendwelcher Studio-Takes live präsentieren, aber die Abweichungen sollen geplant sein und nicht durch spontanes Danebenhauen passieren. Ich bezahle und will dafür Qualität und nicht Gestümpere - da kann ich gegen eine kleine Spende zu einer Schulband gehen und kriege von denen wenigstens das Beste, was sie geben können, und Spaß!
 
Ich frage mich, in wie weit Leute die derart hohe Qualitätsansprüche äußern in ihrem eigenen Tun solchen Qualitätsansprüchen genügen ...

Persönlich mag ich lebendige Musik, von lebendigen Menschen life gemacht, incl. menschlicher Unzulänglichkeiten erheblich lieber … zu Perfektes empfinde ich zunehmend als langweilig. ermüdend ...
 
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Ich frage mich, in wie weit Leute die derart hohe Qualitätsansprüche äußern in ihrem eigenen Tun solchen Qualitätsansprüchen genügen ...
Mein Geld, das ich für die Darbietungen von Profis bezahle, ist von allerhöchster Qualität :D

Beim Klempner gibst Du Dich dann auch mit halbherzigen und unvollständigen Reparaturen für den vollen Preis zufrieden und moserst nicht, wenn das Rohr noch tropft, weil Du es auch nicht besser hättest machen können? Aber, gib Deine Kohle ruhig aus für was Du willst.
 
Haha, mir fällt gerade auf: Ein Parallel-Thread "Perfekionswahn in Überschriften" stünde mir auch gut zu Gesicht.

Vielleicht kann ein MOD das noch in "Perfektionswahn" korrigieren (sorry für's schlampen...).
 
Beim Klempner gibst Du Dich dann auch mit halbherzigen und unvollständigen Reparaturen für den vollen Preis zufrieden und moserst nicht, wenn das Rohr noch tropft, weil Du es auch nicht besser hättest machen können? Aber, gib Deine Kohle ruhig aus für was Du willst.
Nicht alles was hinkt ist ein Vergleich … ;)
 
Wenn bei Madonna der externe/interne Anspruch so auseinanderklaffen, dann tut' halt weh. Madonna war mal DIE "Queen of Pop", so wichtig wie Michael Jackson, und trotz nicht perfekter Stimme hat sie immer eine perfekte Performance aufs Tablett gebracht. Da war das hier ... nix. Wie auch irgendwann mal eine ziemlich danebene Britney Spears, bevor sie sich was die Medikamente angeht wieder gefangen hat.

Es ist eins, wenn ein "kaputter Typ" wie Cobain oder eine Amy Winehouse oder wasauchimmer für ein Rebell einen "schlechten Tag" hat, oder wenn ein Bob Dylan seit ein paar Jahrzehnten grummelt und grunzt und nicht das spielt was das Publikum will... bei einem Pop-Performer erwartet man, dass die liefern! Und geliefert hat sie halt ... nicht.
 
Nicht alles was hinkt ist ein Vergleich … ;)

Der Vergleich erinnert mich ein bisschen an meinen Opa, der sich seinerzeit immer herrlich über Boris Becker aufregte: "Wie kann man denn, bei den Millionen die der Kerl verdient, noch einen Doppelfehler aufschlagen? Das kann doch nicht sein!"

@DerZauberer: Deine Haltung teile ich weitestgehend, aber - und ich habe mir den Song jetzt extra noch einmal und noch einmal angehört – unsere Bewertung der Leistung geht auseinander:

Für mich liegt Madonnas Gesangleistung absolut innerhalb dessen, was ich für Livemusik für tolerabel halte. Das geht besser, keine Frage, es ist aber auch kein "Betrug am zahlenden Kunden". Sie kann es sicher besser, der Part ist auch nicht so, dass er sie altersbedingt stimmlich überfordern dürfte (dann hätte sie den Song kaum ausgewählt) - und sie muss ja auch nicht wie irgendwer anderes singen sondern nur wie gewohnt. Dass ihr das nicht perfekt gelang, kann an Umständen gelegen haben, die uns Außenstehenden verschlossen sind, wie z.B. ihr InEar-Mix.

Ist mir aber letztendlich auch egal, für mich ist das ganz losgelöst von (vermutlich von ihr unverschuldeten) Ursachen "noch im Rahmen".

Und in die Richtung wollte ich oben: Haben sich da die Ansprüche derart verändert?

Beispiel: In den 80ern war bei uns an der Penne der Held, wer seltene Live-"Bootlegs" seiner Helden hatte, also inoffizielle Konzertmitschnitte auf LP, erworben auf Plattenbörsen. Wir haben die - auch später nicht - vor dem Hintergrund bewertet, dass da totale Grütze zu hören war, sondern das man eben ein seltenes Tondokument eines Konzerts hatte, vielleicht sogar desjenigen, das man selbst erlebt hatte.

Ich habe z.B. zwei Live-Bootlegs von Pink Floyd, eines von der "The Wall"-Tour 80/81 und eines von der "A Momentan Lapse Of Reason"-Tour 1987. Da kannst Du mal hören, wie Imperfekt eine vermeintlich perfekte Band wie PF mitunter live spielen/singen konnte. Dagegen ist Madonnas obige Gesangleistung "flawless".

(Trotzdem sind mir die Scheiben natürlich heilig und eher ein beruhigender Beleg, dass auch solche Musiker an manchen Tagen halt menschlich agieren ... Das kratzt in feinster Weise an ihrem Genie.)

Oder nimm Led Zeppelins Reunion-Auftritt von 2007, etliche Jahre später als "Celebration Day" veröffentlicht: Da hat man offenbar die Jahre genutzt, um hier und da dezent auszubessern und die Zeit für sich arbeiten lassen (so dass Fans die Diskrepanzen zwischen eigenem Erleben und Tondokument nicht mehr so deutlich wird ...) und dennoch wirkt Page bei den ersten Songs teilweise orientierungslos und hat auch später noch seine Irrläufe. Dennoch berichten Leute, die da waren, von einem magischen Abend (angeblich gab es weltweit Nachfrage nach 1 Mio. Karten für dieses einmalige Konzert in London).

Und trotz der "Mängel" finde ich den Mitschnitt sehr gut, einfach, weil er mehr nach Led Zeppelin klingt, als es eine noch so makellos aufspielende Tribut-Band je könnte.

Vor dem Hintergrund ist mir eine Imperfekt aber live singende Madonna auch immer noch lieber als ein perfektes Playback. Sogar bei der Musik ...
 
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Oh je - ein weites Feld ...
Ich fang mal provokativ an, bevor ich dann mit der Tür durch das offene Fenster falle.

Wer zu einem Konzert von Bob Dylan geht in der Erwartung, ihm würde ein Medley seiner besten Lieder in Studioqualität zum Mitsingen geboten, hat sich einfach so dermaßen nicht informiert und erhält infolgedessen von mir in nullster Form ein Mitleid, das man sich nämlich auch erst verdienen muss.

Es geht insgesamt um das Verhältnis von Erwartung und Lieferung. Und damit geht es um das Versprechen, das vorher gemacht wurde.

Bei handgemachter Musik mit ausgesprochenen Live- oder Improvisationsanteilen oder bei Künstlern mit instabilem Lebenswandel kann halt mal was nicht so gut laufen - dementsprechend rar und kostbar sind dann die Perlen. Es ist ein einzigartiger Moment und dementsprechend nicht 1:1 reproduzierbar.

Dann gibt es genau das Gegenteil: das Versprechen der genauen Reproduktion der Studio-Produktion, möglichst mit der von YouTube schon bekannten Video-Performance.
Da ist man dann halt gerne bei der kompletten Kontrolle inklusive Playback, Voicecontrol und was weiß ich nicht noch alles. Abweichung ist Mangel und Defizit.

Und dazwischen gibt es halt alles mögliche, z.B. ein erstklassiges Konzert von King Crimson 2018 in der Lichtburg mit drei drummern (aber wohl nicht auf allen Plätzen), ein soundmässig gutes Konzert von Dylan in Leipzig vor ein paar Jahren), ein super Konzert von Gabarek vor 3 Jahren. Dazwischen alle möglichen kleineren Gigs und Sessions mit erstaunlich gutem sound.

Ich glaube, dass durch die bessere Technik zu bezahlbaren Preisen im Durchschnitt die Soundqualität in den letzten Jahren bei livekonzerten zugenommen hat. Das weckt - durchaus zu recht - höhere Erwartungen.

Meinem Eindruck nach hat auch die handwerkliche Qualität der MusikerInnen zugenommen - was da heute im Durchschnitt geboten wird, war vor 30 Jahren eher über dem Durchschnitt - das Level ist imho insgesamt gestiegen.

x-Riff
 
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Das Problem ist doch: Das, was man heutzutage selbst von wirklich talentierten Topacts auf CD oder Spotify oder im Radio oder wo auch immer hört, das hat niemand so gespielt oder gesungen.

Selbst die allerbesten Sänger und Musiker werden, so sie bei Major-Labels sind, heute mittels Autotune und Melodyne so glattgezogen, daß sie wie Maschinen klingen. Früher hat Madonna meinetwegen vier, fünf, sechs, acht oder mehr Takes gesungen, und man hat das beste genommen oder aus mehreren Takes eins zusammengeschnitten. Heute singt sie eins (Studiozeit ist teuer), das derart vermelodynet wird, daß es nicht mehr wie Madonna klingt, sondern wie Hatsune Miku (Vocaloid). Dann wird das Ganze noch gaaaaaaaaanz eben mit einem Spezialalgorithmus (geht schneller als händisches Verbiegen) gehumanized, bis es wieder wie ein Mensch klingt, aber keinen Deut weiter. Das heißt, manchmal läßt man das schnurgerade Autotune sogar drin, weil die Kids angeblich voll darauf stehen – sogar bei Crooners wie Michael Bublé.

Das weiß da draußen aber keiner. Die Leute denken, die Popsänger singen tatsächlich derart präzise. Und zwar auch live. Dabei hat Cher eigentlich alle Welt schon vor zwei Jahrzehnten auf Autotune aufmerksam gemacht, indem sie knallhart streckenweise durch Autotune auf Maximaleinstellung gesungen hat bis hin zu damit verbundenen harten Notensprüngen. Aber wenn's keine Notensprünge gibt, dann ist es auch nicht geautotunet.

Ich weiß ja nicht, wie sich die Leute – wenn überhaupt – vorstellen, wie Popmusik gemacht wird. Ob das wirklich alles gleichzeitig von echten Musikern händisch eingespielt wird wie bei Motown in den 60ern. Und daß das dann 1:1 auf der Bühne so reproduzierbar ist. Von echten Musikern händisch.

Dann hat man auf der Bühne ein armes Keyboarder-Würstchen, dessen von einem japanischen Hersteller per Endorsement-Vertrag gestellte Workstations nur als MIDI-Controller fungieren. Mit denen fährt er in groben Schnipseln die Studiobackings ab, die aus über 100 Stereospuren bestehen und mit einem derartigen Aufwand produziert wurden, daß selbst in den 90ern ein ganzer Flugzeughangar voller Elektronik dafür nicht ausgereicht hätte, um das hinzukriegen. Das macht er darum, damit das Publikum glaubt, er spielt zumindest irgendwas davon per Hand.

Eigentlich wär es einfacher, das ganze Konzert als zweistündiges Pro-Tools-Projekt zu fahren. Doch, geht. Ging schon vor 20 Jahren. Über 3 Stunden am Stück. Vor den Pyramiden von Gizeh. Wär aber nicht ganz so live.

Oder noch besser, gleich eine CD einzulegen. Die musikalisch weniger geleckte Mehrheit im Publikum wär begeistert, oder zumindest würde es ihnen nicht negativ auffallen. Doof nur, wenn ausgerechnet bei einem Popkonzert, das eigentlich überhaupt keine Musiker anlocken sollte, Mupo im Publikum ist, der es schon auffallen würde, wenn der Drummer bei mehreren Konzerten immer bis ins kleinste Detail exakt dasselbe "spielen" würde (ist den Rolling Stones tatsächlich passiert).

Ich glaube ja, bei vielen Popkonzerten wird tatsächlich der Studiogesang abgefahren, damit es genau wie im Radio klingt. Die Gesangsmikros sind normalerweise zu, aber per DAW-Automation werden sie an gewissen Stellen, vor allem, wo kein Gesang ist, auch mal aufgemacht, um wenigstens ein bißchen Live-Andeutung zu haben und Ansagen zu ermöglichen. Falls doch mal hie und da live gesungen werden soll, schaltet die DAW-Automation natürlich für die Songs das Autotune ein und justiert es je nachdem, wie es an welcher Stelle in welchem Song gerade sein muß, und für die Ansagen wieder aus.

Und vor allem, wenn man Riesenbühnen mit Riesenbühnenshow hat, wo sowieso keiner™ im Publikum auf die Musiker achtet (schon gar nicht, wenn man sie weit genug nach hinten stellt), kommt man auch damit davon, daß das gesamte Instrumentalbacking Vollplayback der Studioversionen ist.

Tatsächlich: Je größer so eine Show ist, desto eher hat man Playback. An dieser Stelle kann ich mal wieder ganz prima den Bogen zu Jean-Michel Jarre schlagen. Der war nämlich in den 80er und 90er Jahren seiner Zeit in mancherlei Hinsicht weit voraus und hat damals mit seinen Umsonst-und-draußen-Einzelkonzerten Größenordnungen abgeliefert, die bis heute sonst niemand erreicht hat. Selbst als er 1993 getourt ist, konnte er pro Woche nur etwa zwei Konzerte spielen, weil es jedes Mal drei Tage dauerte, die Bühne mit der angedeuteten Wolkenkratzerskyline zusammenzuschweißen.

Spätestens seit Rendez-vous Houston 1986, seinem zweiten Megakonzert seit seinem Debüt 1979, lagen immer die Studiospuren mit am PA-Pult an. Das ging einfach nicht anders. Dafür war die Show zu groß. Die ging ja weit über die Bühne hinaus, die umfaßte Bild- und Filmprojektionen auf Wolkenkratzerfassaden, Skytrackers auf den Dächern der Wolkenkratzer, Höhenfeuerwerk, das von den Dächern der Wolkenkratzer abgefeuert wurde, und natürlich unzählige Scheinwerfer, darunter Moving Heads von der Größenordnung von Flakscheinwerfern. Und alles perfekt synchron zur Musik. Im Vergleich dazu waren Bridges To Babylon von den Stones, Zoo TV von U2 und sogar Roger Waters' 1990er Inszenierung von The Wall Kleinkunst.

Daß so eine Show nicht komplett per Hand abgefahren werden konnte, sollte klar sein. Zuviele Elemente, die man hätte steuern müssen. Um alles einsehen zu können, hätte das Lichtpult locker einen Kilometer (!) von der Bühne entfernt stehen müssen. Der Lichtmensch hätte das eigentliche Konzert mit mindestens drei Sekunden Verzögerung gehört. Und eine derart durchchoreographierte Lightshow von solch titanischen Ausmaßen, die alle Rekorde brach, konnte sich menschliches Versagen eh nicht erlauben. Also mußte automatisiert werden, was irgendwie automatisierbar war.

Dann mußte aber auch die Synchronizität zwischen Musik und Show stimmen. Auf musikalischer Seite konnte man sich also auch keine Fehler erlauben, die irgendwie den Songablauf beeinträchtigt hätten, weder menschliche noch technische. Also hat man Mehrspurkopien von den originalen Studioaufnahmen gemacht und in die PA eingespeist, teilweise als Backup für die Musiker, teilweise, weil die Passagen überhaupt nicht händisch spielbar waren.

Die 1981er Concerts In China, die in Hallen stattfanden, kamen noch ohne Studiobackings aus. Bei den Outdoor-Riesenkonzerten ab 1986 ging das nicht mehr.

Studio-Nachbearbeitung von Live-Aufnahmen war für Jarre auch nichts Unnormales. Was man auf den Live-Alben hört, hat nicht mehr viel mit dem zu tun, was tatsächlich auf den Konzerten zu hören war. Da wurden oft und gern Instrumentalspuren im Studio ersetzt. Bei den Concerts In China war das schon deshalb notwendig, weil die meisten Spuren, die in China aufgenommen wurden, im nachhinein eine räudige Qualität hatten. Wahrscheinlich sind einige Stücke, die auch auf den Konzerten gespielt wurden, fürs Album komplett im Studio entstanden. Aber dann riß das generell ein, und selbst bei Aufnahmen von Megakonzerten, bei denen sowieso schon Studiospuren mitliefen, wurden live eingespielte Spuren im Studio nachträglich ersetzt – auf Alben wie auf Video. Am Ende gleich mehrerer "Live"-Versionen von "Magnetic Fields 2" hört man exakt dasselbe Synthesizersolo, das so nie live gespielt worden ist – Dominique Perrier hat es im Studio eingespielt. Wer sich Konzertbootlegs anhört, wird sich wundern.

Und es hatte zur Folge, daß viele Jarre-Fans in einer Zeit, als die Verbreitung von Konzertbootlegs noch ungleich schwieriger war, dachten, die Konzerte hörten sich tatsächlich so an. Ich meine, trotz der riesigen, häufig siebenstelligen Zuschauerzahlen haben nur wenige Fans ihn damals live gesehen, weil er nur alle paar Jahre auftrat und dann auch nicht immer in der Nähe. Um live das Qualitätsniveau der geschönten Konzertveröffentlichungen zu halten, wurde im frühen 21. Jahrhundert – auf ungleich kleineren Konzerten – regelrecht Playback gefahren. Das ging so weit, daß ab dem Millenniumskonzert in Gizeh für "Second Rendez-vous" und "Souvenir Of China" ein Orchester auf die Bühne kam – und man über die PA eine Aufzeichnung eines ganz anderen Orchesters hörte, und zwar bei jedem Konzert dieselbe. Absurderweise 2002 in einem dänischen Windpark sogar bei einem Konzert, wo gar kein Orchester auf der Bühne war.

Mittlerweile gab es aber das Internet, man konnte sogar ganze Konzertvideos darüber verbreiten, und es gab Foren, in denen sich Jarrefans austauschten, unter denen auch nicht wenige Musiker waren. Und denen fiel es auf, daß Konzerte wie 2004 in Peking oder vor allem 2005 in Danzig zu großen Teilen Playbackshows mit Instrumenten waren.

Die Folge war ein Shitstorm, der genau umgekehrt zu dem von Madonna war.

Die Folge davon war Jarres nächste Live-Regung 2007, die zunächst einmal nicht mal vor Publikum stattfand, sondern vor laufenden Kameras in einem Filmstudio in Belgien: Zusammen mit drei Mitstreitern spielte er auf Dutzenden überwiegend uralten elektronischen Instrumenten das gut 30 Jahre alte Album Oxygène neu ein. Live. In Echtzeit. Bis auf wenige Parts, die nur maschinell spielbar waren, komplett händisch. Und vor allem ohne jegliches Audiobacking.

Und genauso sahen dann vier Tourneen 2008 bis 2011 aus. Auf den perfekten Schein folgte der hochriskante Ritt auf der Kanonenkugel mit nur vier Mann, 60 überwiegend museumsreifen und entsprechend empfindlichen und pflegebedürftigen elektronischen Instrumenten und trotzdem ohne Netz und doppelten Boden in Form von jeglichem Backing. Zu einer Zeit, als jeder andere große Elektronik-Act nur mit einem Laptop und USB-Controllern aufgetreten ist. Wie Platte klang es natürlich nicht. Es war nur in relativ kleinem Rahmen möglich (was bei Jarre eben klein ist). Und ja, es gab trotz eines Technikerstabs immer wieder zickende Geräte. Aber es war echt.


Martman
 
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Im Vergleich dazu waren Bridges To Babylon von den Stones, Zoo TV von U2 und sogar Roger Waters' 1990er Inszenierung von The Wall Kleinkunst.
Made my day!

Danke für den interessanten und kurzweilig zu lesenden Beitrag (bekeksen geht hier ja leider nicht), Martman.

Da hast Du mit Jarre ein Beispiel geliefert, bei dem aufgrund der Musik beide Extreme irgendwie Sinn machen - die automatisierte Gigantomanie genauso wie die Reduktion auf das Wesentliche (hier natürlich immer noch komplexe).

Ich habe Pink Floyd 88/89 zweimal live gesehen und das waren die einzigen Stadion-Konzerte, die mir gefallen haben, weil es hier nicht wichtig war, vorne zu stehen, die besseren Plätze waren soundmäßig in der Mitte, auf der Bühne bewegte sich abgesehen vom Saxophonisten ohnehin niemand, mit etwas Abstand konnte man aber die Laser-Show und Einspielfilme etc. überhaupt erst genießen. Wenn da die Musik komplett vom Band gekommen wäre, wäre mir das wohl weder aufgefallen, noch hätte es mich in dem Moment gestört.

Seit etlichen Jahren meide ich aber ohnehin Konzerte ab einer gewissen Größenordnung, mir macht Livemusik in dem Kontext am meisten Spaß, wo ich hören, sehen und irgendwie auch "spüren" kann, wie die Musik entsteht. Da ist mir der Kern (=die Musik) wichtiger als die perfekte Verpackung/das multimediale Feuerwerk.

Es geht insgesamt um das Verhältnis von Erwartung und Lieferung. Und damit geht es um das Versprechen, das vorher gemacht wurde.
Also Madonna als Opfer der Geister, die sie selbst, gerufen hat. Bzw. die Maschinerie dahinter.

Für mich ist eine Folge der vom Martman beschriebenen Praktiken, dass Laien heute die Leistungen von Musikern gar nicht mehr richtig einschätzen und würdigen können - wenn sie eben doch mal wieder mit echter, bzw. ungeschönter Musik konfrontiert werden.

Für den Nachwuchs sind das sicher keine einfachen Bedingungen ... Da wartet ja erstmal ein Berg von Ernüchterungen und Entmutigungen, bzw. die Herausforderung den Abgleich zwischen Realität und Illusion ohne Frustration zu schaffen.
 
Für mich ist eine Folge der vom Martman beschriebenen Praktiken, dass Laien heute die Leistungen von Musikern gar nicht mehr richtig einschätzen und würdigen können - wenn sie eben doch mal wieder mit echter, bzw. ungeschönter Musik konfrontiert werden.

Absolut richtig! ... abgesehen davon hat "die Jugend" heute auch gar kein Interesse mehr daran Musik zu machen. Als ich in den 90ern in meinen Teen-Jahren war, war es ziemlich hip selbst Musik zu machen, damals eben durch die Grunge/Metal/Alternative-Welle der 90'er war's extrem angesehen unter Jugendlichen mit Gitarre, Bass, Schlagzeug und Gesang Musik zu machen oder als DJ gut auflegen zu können oder flüssig und gut artikuliert rappen zu können. Irgendwie war damals auch noch die Lust auf sowas da und selbst diejenigen, die mal die Chance hatten ein Instrument in die Hand zu nehmen und es zu testen, haben sich noch getraut.
Und heute? Junge Menschen spielen kaum noch ein Instrument und diejenigen die es als Kinder gemacht haben, hören meist im Alter von 13 oder 14 Jahren damit auf. Wer von den Jugendlichen mal die Chance hat was zu testen, nimmt es auch oft nicht wahr. Abgesehen davon ist es auch nicht mehr hip das zu können. Mein Basslehrer hat mir neulich mal erzählt, dass die typische Kundschaft in der Musikschule ca. 4-10 Jahre alt ist, dann kommt eine große Alterslücke und die zweitgrößte Gruppe ist ca. 28-40 Jahre alt, die drittgrößte Gruppe ist die der Leute die 50+ Jahre alt sind.
Die andere Seite ist aber auch die, dass die sogenannten DJs heute auch keine DJs mehr sind, da andere Techniken die Plattenspieler ersetzt haben. Ich kann mich da noch gut dran erinnern, wie wir nachmittags mit vielen Leuten im Probekeller eines Freundes gejammt und geprobt haben, ein Konglomerat aus Musikern mehrerer Bands und abends haben andere Freunde im Keller "auflegen" geübt und es ging an darum gut zusammenpassende Vinylplatten aus den großen Kisten zu finden und saubere Übergänge zu produzieren, da ging es auch um handwerkliches Geschick, Rhythmusgespür und Melodien und man hat super gemachte Übergänge zwischen zwei Vinylscheiben bejubelt wie ein großartiges Instrumentalsolo. Das war auch die Zeit in der Elektroikonen wie Sven Väth und viele der 90'er DJs, die ihre Hochzeit hatten. Heute gibt's auch da zig kleine Helferlein, die einem so etwas notfalls auf Knopfdruck abnehmen.
Deshalb können viele Menschen so etwas heute nicht mehr einschätzen und würdigen, da zählt nur noch das Ergebnis.

Für den Nachwuchs sind das sicher keine einfachen Bedingungen ... Da wartet ja erstmal ein Berg von Ernüchterungen und Entmutigungen, bzw. die Herausforderung den Abgleich zwischen Realität und Illusion ohne Frustration zu schaffen.

... und genau da liegt eben auch der Übergang zu deinem zweiten benannten Punkt. Wenn junge Leute es dann trotzdem mal versuchen, ist der Frust gleich hoch, denn das was sie "produzieren" liegt Welten davon entfernt, wie sie es sich klanglich vorstellen und somit ist es kein Wunder, wenn viele es erst nicht mal versuchen oder die Flinte schnell ins Korn werfen, abgesehen davon, dass die Jugendlichen heute sowieso sehr oft eine extrem niedrigr Frustrationstoleranz haben, falls überhaupt vorhanden.

Ich kann mich auch noch gut erinnern als ich mit meiner zweiten Band mal im Studio eine EP aufnehmen wollte. Wir hatten ein kleines Studio mit einem erfahrenen Produzenten für drei Tage und für unsere damaligen Verhältnisse extrem viel Geld gemietet und er bat uns in einer Vorabsitzung mal drei bis vier Alben mitzubringen, die ihm einen ungefähren Eindruck geben sollten, wie es am Ende klingen soll. Wir hatten vorab schon Sachen von uns aufgenommen und ihm zukommen lassen. Unser Gitarrist war nicht ganz unbeleckt und preschte hervor mit der Aussage, dass man dann generell alle Gitarrenspuren doppeln müsste ... die Auflösung wieviele Gitarrenspuren und was man da überhaupt alles hört, war extremst ernüchternd.

Man muss eben wissen was da abläuft und was man hört. Ich fand es umgekehrt auch schon extrem enttäuschend, wenn ich per Youtube über Live-Auftritte von Bands gestolpert bin derenRelease des Debut-Albums anstand. ... dann kam das Album raus und die rohe Kraft und Virtuosität war einer glattgebügelten Studioproduktion für die Masse gewichen. Das Album war leider schon vorbestellt und staubt nun im CD-Regal vor sich hin. Mittlerweile warte ich nach einem Release erstmal ab und höre mir die Sachen dann an, bevor ich sie kaufe, nachdem ich da nun schon einige Male enttäuscht wurde.

Allerdings gibt es auch immer noch Künstler und Bands, die ihr Handwerk verstehen und da mit wenig viel zaubern können. Wie von den Vorrednern erwähnt, sind das eben meist die kleinen Shows, die mir aber persönlich auch besser gefallen, denn man ist viel näher dran, manchmal sogar im wahrsten Sinn des Wortes.
 
In Casting-Shows (die ich eigentlich ignoriere)

Also gebe hier einfach mal zu, dass ich TVOG noch immer sehr gerne und regelmäßig schaue (auch wenn die Show leider von Jahr zu Jahr auch immer mehr zum geskripteten Drama mit möglichst vielen persönlichen Schicksalen wird). Da ist mir schon vor Jahren aufgefallen, dass die meisten Sänger, die die Blinds überstanden haben, in den Blinds nahezu perfekt gesungen haben. Das mag daran liegen, dass Sie Songs singen dürfen, die sie wirklich gut können und mögen, oder (wahrscheinlicher) ihnen wurden die Songs so vorgegeben, dass die für das Weiterkommen vorgesehenen Sänger möglichst gut dastehen. Der "Rest" darf (oder muss) dann auch schon mal richtig "verkaxxen". Besonders früher waren die Battles dann alle absolut perfekt, trotz "vorgegebener Songs", "Wettkampfsituation" und eventuell ungewohntem Duett. Heute ist das nicht mehr ganz so extrem, aber immer noch präsent. In den Sing-Offs zeigen die Kandidaten dann wieder erste Schwächen, kommen aber trotzdem weiter. Wahrscheinlich, um das Publikum auf die echte Performance in den Live-Shows " vorzubereiten. Da sind die Nachbearbeitungsmöglichkeiten wohl eingeschränkt, genau wie auf der folgenden Live-Tour.

Grundsätzlich ziehe ich aber kleinere, individuelle Konzerte großen Stadien-Konzerten klar vor. Ich will keine Reproduktion von CD, sonder echte, handgemachte Musik mit Gefühl und Überraschungsmomenten. Einzelne schiefe Töne kann ich da locker akzeptieren. Aber wenn der Gesang oder einzelne Instrumente konstant daneben liegen, dann renne ich aber auch schon mal weg, egal wieviel Eintritt ich gezahlt habe...

Ich glaube aber, dass der allgemeine Anspruch dank perfektem Streaming zu jeder Zeit tatsächlich ist, Musik immer möglichst perfekt und originalgetreu geboten zu bekommen. Wenn es jedes Mal anders klingen würde, müsste man sich ja eventuell ernsthaft darauf einlassen und damit auseinandersetzen...

Gruß,
glombi
 
Die Schere geht halt weit auseinander.

Bruce Springsteen im Stadion (...meiner Meinung nach immer noch der beste Live-Performer...) braucht halt anstaendigen Sound und sonst ... Nix.
Es gibt also kein Feuerwerk, keine Tänzer, keine riesige Ladung and Background-Sängern, keine Videoinstallation, keine Kostümwechsel, kein "klingt so wie auf CD". Klingt so wie die Band an dem Abend klingt und wer halt so dabei ist. Aber immer mit vollem Enthusiasmus und Engagement, und der Funke springt über.

Konzerte, zu denen ich so "mitgeschleift" wurde, wie z.B. Coldplay oder U2 oder Robbie Williams ... ganz andere Nummer. Die musikalische Performance tritt gegen die Multimedia-Show deutlich in den Hintergrund.

Und letztlich - heute Abend fahre ich nach Brighton zu Molly Tuttle. Großartige Künstlerin, tolle Gitarristin und Sängerin, winziger Club, zum Anfassen, direkt vor der Bühne.
 
nach Brighton zu Molly Tuttle. Großartige Künstlerin, tolle Gitarristin und Sängerin, winziger Club, zum Anfassen, direkt vor der Bühne.
Musstest Du mir das jetzt lang und breit aufs Butterbrot schmieren?
Mein Neid sei dir gewiss!

Btt Spielt nicht auch der Unterschied zwischen einem Mini-Auftritt im Rahmen einer ander Veranstaltung und einem abendfüllenden Auftritt eine Rolle?
 
Wie seht ihr das? Seht ihr da auch einen Trend zu mehr "Perfektion" und "Verpackung"?

Um nochmal auf deine Eingangsfrage(n) einzugehen ...

... einerseits wäre da die philosophische Frage nach Perfektion, bzw. Ästhetik, denn die liegt doch gerade im musischen bereich im Auge des Betrachters, bzw. in dem Fall im Ohr des Hörers.
Ich bin gerade Dank eines anderen Users über die Band Moon Tooth gestolpert, deren Musik in meinen Ohren ästhetisch ist - der Gesang irgendwo zwischen Björk, Anthony Kiedis und Daryl Palumbo, die Musik ist ein Mix aus vielen Prog Bands und Post Hardcore, Rock und Metal. In anderer Leute Ohren ist das wahrscheinlich nur Gejammer, Geschrei und Herumgedresche auf den Instrumenten.

Auch ich bin der Meinung, dass Madonnas Gesangsleistung da evtl. auf hohem Niveau kritisiert werden kann ... aber bitte, was denn? Man rufe sich mal das Alter der Frau ins Gedächtnis, irgendwann baut der Körper ab und es gibt viele Vergleiche von früher und heute, mir kommt das gerade ein Video auf YT ins Gedächtnis, als jemand letztes Jahr die Grazie von Destiny's Child, Celine Dion, Christina Aguilera und Co. vokalistisch auseinandergenommen hat. Ja, irgendwann ist man eben keine 20 mehr, aber da ist auch eben wieder der Perfektionswahn ... die Stimme soll bitte immer gleich sein, das Aussehen soll knitterfrei sein und so weiter. Ganz ehrlich, die meisten jungen Mädels zwischen 16 und 21 schmieren sich heute genau so viel Make-Up ins Gesicht wie Frauen die Mitte/Ende 40 sind. Wieso? Die älteren Damen wollen aussehen und die jüngeren älter? Wo liegt dann das Ideal? Wäre das dann vom ästhetischen Standpunkt die Kombination von Perfektion und Verpackung?

Jetzt werde ich aber nochmal ganz kätzerisch.
Die Frage ist überhaupt wieviel Perfektion darin liegt, wenn ständig irgendwelche Songwriter und Produzenten die Songs für andere Künstler wie Madonna und Co. schreiben, arrangieren und geradeziehen. Gerade im Pop-Bereich ist das doch usus.

Für meinen geschmack liegt mehr Perfektion darin, wenn einzelne Bands und oder Künstler dies allein tun. Das merkt man dann auch bei den Bühnenshows und gerade die kleinen intimen Auftritte haben es dann in sich.
Ich möchte da nur mal auf einige Künstler verweisen, die z.B. auch in der Tradition Springsteens und vieler anderer derer stehen und/oder stark von ihnen beeinflusst sind. Als da wären: Dave Hause, Chuck Ragan, Northcote, Brian Fallon, ... um nur mal vier Stück zu nennen und es gibt so viele viele mehr, die man jetzt nennen könnte. Genau bei Künstlern der Sparte braucht es dann auch nichts mehr als eine Gitarre im intimen Rahmen.
Wir waren mal auf einem Konzert von Austin Lucas und es war eins der besten Konzerte, die wir je gesehen haben. Die Show lief in einem ganz kleinen Rahmen und war an sich schon super, aber irgendwann hat die Band mal eine Pause gebraucht und der Herr Lucas stand dann alleine mit seiner Akustikgitarre auf der Bühne, stellte das Mikro beiseite und hat absolut unplugged eine Show mit Gänsehautgarantie abgeliefert. Einerseits hat das Publikum getobt, weil die Songs so mitreißend waren, aber andererseits hat dann auch ehrfürchtige und überwältigte Stille geherrscht. Das war einmalig.
Für mich liegt am Ende mehr Perfektion und Ästhetik darin, wenn jemand dies nur mit seiner Stimme und seinem Instrument zu leisten vermag, als wenn eine riesige Crew ein Spektakel auf die Bühne stellt.
 
Hier mal mein Beispiel. Die habe ich vor 3 Tagen live gesehen, selbe Band.

Die können das. Genau so bzw immer auf diesem Niveau. Ohne AutoTune.




Ist halt kein klassisch seichter Pop, sondern “richtige” Musik von “richtigen” Menschen.
 
... und die Lady singt nicht nur gut, sondern spielt eine richtig gute Bluegrass-Gitarre. :)
...nicht nur die, sondern allgemein. Hat u.a. einen Abschluss in „Guitar Performance“ vom Berklee College of Music.

Noch so Beispiele für Vollprofis finden sich in den „Tiny Desk Concerts“ beispielsweise...

 
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