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Cameron Philips
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Genre: Drum & Bass, Breakbeat, Synth-Rock
Erscheinungsjahr: 2008
Trackanzahl: 10
- Showdown
- Different
- Propane Nightmares
- Visions
- Midnight Runner
- The Other Side
- Mutiny
- 9,000 Miles
- Granite
- The Tempest
Pendulum macht auf dicke Hose...
Das zweite (und noch derzeitig 'amtierende') Album der australischen D'n'B-Formation knüpft an das beliebte 'Hold Your Color' an und geht noch etwas weiter in die Rock-/Pop-Richtung: einfach gestrickte Ohrwürmer, immer schön viel Bass, meistens mit Volumenwerten im Oberbereich, dazu jede Menge kitschige Effekte und leidenschaftlicher Gesang.
Deswegen polarisiert 'In Silico' wie kaum ein anderes Album aus diesem Musikfach. Bei Drum & Bass-Puristen sind Pendulum wohl mittlerweile ziemlich unbeliebt, während eher offenere Hörer aus verschiedenen Fraktionen durchaus auf diesen extrem hit-kompatiblen und zugänglichen Sound stehen.
Die Musik setzt dabei nahezu bei jedem Song auf dasselbe Rezept: Im Hintergrund gibt's pro Titel minutenlang ein- und denselben Breakbeat plus pendulum-typische Synthies, die mal wieder nicht gerade 'subtil' eingesetzt werden.
Das ist soweit nichts neues, kennen wir schon aus 'Hold Your Color' zu genüge. Bei 'In Silico' gesellen sich noch weinerlicher Gesang, E-Gitarren sowie noch ein paar plakative Effekte dazu und natürlich ist das Ganze stets eine Nummer lauter und poppiger. Dieser Mischmasch hört sich jedoch nicht besonders innovativ, sondern eher ein bisschen abgedroschen an. 'In Silico' präsentiert sich in seiner Gesamtheit sehr geschlossen als klinisch übersauber.
Eins muss man den Jungs jedenfalls lassen: Ihre Mucke lässt sich nicht wirklich in irgendeine Schublade einordnen und trägt eine eigene Handschrift. Die 10 Titel klingen wie eine Mischung aus Hard-Rock, Eurodance, Drumm'n'Bass und softer Popmusik. Trotzdem sind die Lieder so glatt und eingängig, dass einem alles wie schon tausendmal gehört vorkommt. Auch erscheint es manchmal etwas kindisch und übertrieben. Lediglich 'Granite' trifft in die richtige Kerbe und wirkt einen Tick reifer als der Rest. Ferner gefällt '9,000 Miles', da es auf die grobe Kelle verzichtet und stattdessen auf schöne Melodien setzt. Zu den einzelnen Tracks später mehr…
Fett ist diese Platte, das kann man nicht leugnen und die Beats sind ebenfalls nett konstruiert, auch wenn einzelne Lieder des öfteren den Eindruck erwecken, künstlich in die Länge gezogen worden zu sein. Es ist manchmal schwer zu behaupten, dass einen 'In Silico' gänzlich kalt lässt. Die Tracks triefen nur so vor Pathos, man weiß gar nicht ob man sich den Klängen erstaunt ergeben oder doch angewidert abwenden soll. Man muss sie nicht mögen, aber man kann mit dieser etwas grenzwertigen Musik viel Spaß haben.
Showdown gibt den Ton für das folgende Geballer vor, laut und monoton. Dazwischen grobschlächtige E-Gitarren und ein paar Gesangsfetzen, die einem x-beliebigen Punk-Rock-Song entstammen könnten. Different lässt sich als hochglanz-gefilterte Softie-Kopie eines Prodigy-Hits beschreiben. Das verkitschte Propane Nighmares folgt dem simplen Pendulum-Schema weiter ohne Überraschungen und konzentriert sich noch stärker auf den Gesang. Visions ist ein solides Stück mit weichen, computerverzerrten Stimmen. Midnight Runner zieht sich zwar etwas dahin, gehört aber dank einer guten Synth-Idee und Vocalarmut zu den besseren Tracks des Albums. The Other Side beginnt vielversprechend, doch sobald das Geträller einsetzt, entwickelt sich die Nummer wieder zu einem klischeehaften Breakbeat-Popsong. Mutiny greift in der Folge langweilig das Konzept eines Alternative-Rocksongs in elektronischer Form auf, um nachher noch in ebenso ätzenden metal-ähnlichen Rhythmen zu enden. 9,000 Miles mit seinen dezent mittelalterlich klingenden Akustik-Zwischenparts ist ein hervorragend unaufdringliches D'n'B-Tune zum Dahinschwelgen. Danach markiert der Dampfhammer Granite den qualitativen Höhepunkt der Platte. Zwar nutzt es exakt die gleichen Formeln wie die anderen Tracks, doch hier stimmt einfach die Konstruktion, es hat das gewisse ‚Etwas'. The Tempest versucht schlussendlich diesen kurzen Höheflug zu wiederholen. Mit fragwürdigem Erfolg. Hier regiert endgültig der Stadion-Rock mitsamt seinen effektiven aber holzammerartigen Methoden.
Insgesamt ist das Album wie eigentlich immer bei Musik eine Sache des Geschmacks. Im Klartext heißt das für 'In Silico': Entweder man feiert diese berechenbare, in ihrem Gesang sehr melodische Abgehmusik ohne sich die Stilfrage zu stellen oder man verabscheut Pendulum's leicht abgehalfterten Prollo-Sound.
Zumindest ödes, minimalistisches ‚Bassgepumpe' kann man ihnen nicht vorwerfen. Das Album bietet vielleicht nicht viel Abwechslung, doch immerhin sind die vollgepackten Songs mehr als nur simple Fließbandware und lassen sich leicht runterhören. Pendulum haben ein gutes Gespür für poppige Arrangements und wenigstens unter diesem Maßstab sind eindeutig Qualitäten zu erkennen.
Was soll man sagen - Pendulum zieht sein Ding durch und schert sich nicht um überzogene Proteste aus der Ex-Fangemeinde, die nicht begreifen will, dass die Jungs das Recht haben, zu machen was sie wollen. Gewisse Abneigungen aus der DnB-Ecke gegenüber dem neuen Musikstil sind zwar nachvollziehbar, doch wer sagt eigentlich, dass man sich an festgefahrene Genre-Strickmuster halten muss? Ob Pendulum nun Drum & Bass voll und ganz zu Grabe getragen oder dem Genre zu neuer Blüte verholfen hat, lässt sich also nicht eindeutig beantworten. Warten wir mal den Nachfolger ab...
Halten wir fest: Wer schon immer fand, dass Drum & Bass unprätentiöse Untergrund-Musik bleiben sollte oder auf dreckigere, reife Beats der Marke Prodigy steht, ist hier bei der falschen Adresse. Wer aber die Meinung vertritt, zu guter Musik gehört unbedingt Gesang; sich nicht an trashigen Lead-Synths und billigen Gitarrenriffs stört und auf 80er-Jahre-Rock abfährt, kann ruhig mal reinhören.
Trotz der - wie sagt man so schön - 'Kommerzialisierung' des Albums ist ihnen ein gewisses Maß an Mut zuzugestehen, die sicheren D'n'B-Gefilde zu verlassen und sich weiterzuentwickeln. Ein Geniestreich ist ihnen trotzdem nicht gelungen, doch das ist ihr Debütalbum auch nie gewesen…
Anspielvorschläge: Granite, 9,000 Miles
Skip-Tipps: Showdown, Mutiny
Skip-Tipps: Showdown, Mutiny
5/10
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