Der Herr dankt!
ich lege hier aber wert darauf daß man nicht nur den PU für sich betrachtet sondern den ganzen Umstand bzw das Umfeld in dem er arbeitet.
So wollen wir es tatsächlich halten!
Wie jeder Gitarenspezi weiß ist der Hauptunterschied zwischen einem (korrekt konstruiertem) Singlecoil und einem P90 der, daß bei einem SC 6 Stabmagnete mit einer Apertur (um bei dem von Dir gewählten Fachjargon zu bleiben) von ca 5.5mm (~23mm²) in der Spule stecken die ein jeweils eigenes und sich gegenseitig beeinflussendes Magnetfeld besitzen. Streng genommen fokussieren sich die Aufnahmebereiche der Einzelmagneten dadurch auf die jeweilige Saite aber beeinflussen auch deren Schwingungsverhalten (allgemein hin als Stratitis bekannt) wenn zu nahe an der Saite positioniert. Ein P90 hingegen besitzt einen Barrenmagnet mit ca 12.5x5mm (~62mm² Öffnung) Querschnitt der erstens quer unter der Spule liegt (andere Feldorientierung) des weiteren sind die Pole durch ca 3mm Schrauben aus Weicheisen ausgebildet (mit einem ähnlichen Effekt als wie beim SC, nur deutlich schwächer ausgebildet), ebenso ist die Feldorientierung anders (z.B. SC Nord oben, Süd Unten für jeden Pol, P90 Nord links, Süd rechts mit analog drehender Polorientierung an den Polschrauben).
Das ist unstrittig!
Insofern ist das Induktionsverhalten eines P90 anders als das eines Singlecoils weil sein "magnetisches Fenster" deutlich größer ist.
Nö! (Begründung folgt später!)
Eben jenes Verhalten ersuchte ich mit dem (zugegeben etwas allgemeinem Begriff) Flux zu beschreiben, ich hätte besser Abweichende Feldstärke und abweichender magnetischer Fluß aufgrund unterschiedlicher Feldlinienorientierung Polmaterialien schreiben sollen,
Das trifft es leider alles nicht.
die dadurch teilweise gravierend unerschiedlichen Einflüssen des verwendeten Magnetmaterials lasse ich jetzt mal außen vor (A2, A3, A5, Keramik). Ich kenne weder Dein Simulationsprogramm noch die Art wie Du das Ganze berechnest aber allein schon durch den unterschiedlichen Magnetfeldlinienverlauf (einfach darzustellen mit einem Papier und Eisenpulver aber die Schweinerei tu ich mir jetzt nicht an) ist das Verhalten des PUs bei gleicher Art der Induktion durch die Saite anders => ergo andere Reaktion des Gesamtkonstrukts aus schwingender Saite und PU.
Die Magnetmaterialien spielen eine wesentlich geringere Rolle, als man gemeinhin immer liest.
Mein Simulator berücksichtigt nur die linearen Filtereigenschaften sowie (auf Anweisung) den Einfluß von Pickup-Position und Apertur).
Die von dir erwähnte Permeabilität gilt hier ebenfalls als Unterschiedlich da die Weicheisenpole (µr 300-10000) des P90 eben nicht vergleichbar mit den Stabmagneten (µr 700-500.000)des SCs sind, eher noch mit einem Billig PU aus Asia Fertigung.
Auch nein, da die Weicheisenkerne, ebenso wie die Saite durch den Permanentmagneten bis zur Sättigung magnetisiert werden. Damit sinkt die relative Permeabilität wieder in Richtung 1 und eine fokussierende Wirkung ist nicht mehr festellbar. (Nachzulesen bei Manfred Zollner: Physik der Elektrogitarre)
Hier noch Bilder von Feldlinienverlaufssimulationen die das verdeutlichen was ich meine (ich greif hier auf vorhandenes Material zurück da ich keine Möglichkeit habe die Grafiken selbst zu erzeugen)
Ich kenne diese Simulationen natürlich. Sie wurden mit dem Programm
FEMM erzeugt und vor ein paar Jahren von einem Amerikaner im Netz veröffentlicht.
Den aus ihnen scheinbar zu ziehenden Schlußfolgerungen bin ich auch bis vor einem Jahr "aufgesessen". Zu den Simulationen ist folgendes zu sagen:
Sie zeigen jeweils einen Schnitt durch das Feld des betreffenden Tonabnehmers. Man kann mit ihrer Hilfe also tatsächlich gut die Unterschiede zwischen den verschiedenen Konstruktionen sichtbar machen.
Sie bilden aber leider nur den statischen Fall ab und - noch viel wichtiger - sie lassen den Einfluß der magnetisierten Saiten vollkommen außer acht!
Das statische Magnetfeld induziert in der Saite zwei temporäre Permanentmagneten (beim Single-Coil). Ihre Felder überlagern sich mit dem statischen Feld des oder der Tonabnehmermagneten
So sieht das dann für einen Strat-SC aus (Übrigens auch mit FEMM erzeugt):
Aber auch das zeigt nicht den dynamischen Fall!
Manfred Zollner hat in "Physik der Elektrogitarre" Meßwerte der Fensterfunktionen verschiedener Tonabnehmer veröffentlicht (wohlgemerkt Meßwerte!), die ich jetzt mal eben schnell klaue (ist ja modern und nicht so schlimm, wenn man unseren Politikern glauben darf). Hier beträgt der Abstand zur Saite 2mm:
Man sieht, daß die Unterschiede deutlich geringer sind, als man sie nach den Simulationsbildern von FEMM erwarten würde.
Diese Fensterfunktionen haben in etwa den Verlauf einer Gauss-Funktion. Mit etwas mathematischem Sachverstand kann man daraus eine saitenspezifische Übertragungsfunktion berechnen. Das Ergebnis ist dann ein sogenannter
Gauss-Tiefpaß der für jede Saite existiert.
Zollner hat entsprechende Kurvenverläufe in Kapitel 5 Abb 5.4.21 veröffentlicht und schreibt dazu:
Bedenkt man, dass durch die Tonabnehmerresonanz der Übertragungsbereich auf etwa 5 kHz begrenzt wird, so wird deutlich, dass beim Einspulen-Tonabnehmer (Singlecoil) das Magnetfeldfenster keinen großen Einfluss auf das Übertragungsverhalten hat.
Diese Meinung teile ich!
Also, die FEMM-Simulation der statischen Feldverläufe ist ganz gut, aber sie bringt uns leider nicht weiter!
Übrigens spielt die Polarität des Magneten keinerlei Rolle. Es dreht sich allenfalls die Phase der Signalspannung um 180°.
Zum Thema Magneten noch eine Randbemerkung:
Unlängst habe ich einem EPI-Humbucker, die ja ach so schlecht sind, einen Magneten aus einem Gibson Humbucker, die ja..., gegönnt. Ergebnis: keine signifikante Abweichung bei der Induktivität. So viel also zum Thema relative Permeabilität der Kerne. Damit wäre Zollners diesbezügliche Aussage belegt.
So, viel bleibt als Unterschied also nicht übrig!
Der wesentliche Unterschied zwischen einem Strat-Pickup und einem P-90 ist also tatsächlich die geringere Resonanzfrequenz verbunden mit einer geringeren Güte und eine größere Induktionsspannung!
Natürlich können wir jetzt noch damit beginnen, bestimmte nichtlineare Effekte, die durch die reziproke Abnahme der statischen und dynamischen Feldanteile entsteht zu diskutieren, aber bevor wir uns auf dieses Gebiet begeben sollten alle, die daran interessiert sind, zunächst den Zollner studieren. Aber Vorsicht! Das ist harter Stoff und gegen den Zollner ist der Onkel ein Stümper!
Ulf