Overwound Pickups im Texas Blues - Warnung!

  • Ersteller Rude Mood
  • Erstellt am
Rude Mood
Rude Mood
Registrierter Benutzer
Zuletzt hier
01.02.22
Registriert
13.11.12
Beiträge
919
Kekse
8.338
Hallo,

Die Diskussion um die Texas Specials in meinem Thread "Spielen wie Stevie Ray" im Spieltechnik-Bereich hat mich dazu bewogen, dieses Thema mal anzureissen. Dort sollte es eigentlich primär um Stevies Spieltechnik gehen, aber die Texas Specials wurden recht viel diskutiert, und ich wollte mit meiner Antwort nicht völlig OT gehen.

Das Geheimnis der Beliebtheit der Texas Specials von Fender ist - etwas zynisch ausgedrückt - die Tatsache, dass viele Leute glauben, dass diese Pickups etwas ersetzen können, was woanders - nämlich in den Händen des Gitarristen - fehlt. Was ich damit meine: trotz aller Gerüchte, die sich in der Gitarristengemeinde halten, hatte Stevies Number One - von Lenny ganz zu schweigen - eheh schwache, also "underwound" Pickups. Dies kannst Du leicht hören, wenn Du Stevies Sound auf den frühen Konzertaufnahmen (z.B. auf dem Live from Lupo's-Bootleg mit Lou Ann Barton) genau analysierst: Du merkst, dass der Sound zwar dank der schweren Saiten sehr voll ist, aber trotzdem eine gewisse Süße und manchmal sogar etwas "Twang" hat. Das Geheimnis von Stevies muskulösem Sound bzw. Ton ist also nicht in den Pickups zu suchen, sondern in den anderen Komponenten: Number One hatte angeblich eine hohe Saitenlage, und Stevie hat die schweren Saiten oft extrem brutal angeschlagen. Der bzw. die Tubescreamer und der extrem laut eingestellte Röhrenamp taten das Übrige. Anders ausgedrückt: das Zeichen, welches von Stevies Gitarre ausging, war im Grunde genommen "klein" - "groß" wurde es erst durch die anderen Komponenten (Anschlag, Saitenstärke, TS, Amp).
4
Ich werde das Gefühl nicht los, dass die Leute von Fender dies durchaus wussten, als sie die Texas Specials entwickelten. Sie wussten aber auch, dass der Großteil der Gitarristen nicht Stevie Ray Vaughan ist: Wenige spielen 13-58er Saiten, und wenige spielen den Blues mit der gleichen Intensität, die erforderlich ist, um einen derart "großen" Ton zu produzieren. Deshalb suchen viele die Lösung in lauten Pickups wie dem Texas Special-Set. Mal ganz fies ausgedrückt: die Dinger sollen das ersetzen, was der Gitarrist nicht in den Händen hat.

Bei oberflächlicher Betrachtung kann man damit für eine gewisse Zeit sogar durchkommen: besonders beim ersten Anspielen einer Gitarre mit Texas Specials - vor allen mit Overdrive - haben viele diesen "ich klinge ja wie Stevie"-Effekt, aber man merkt sehr schnell, dass der Preis, den man dafür zahlt, sehr hoch ist: die Texas Specials matschen Deinen Sound ziemlich zu, und der ickup ist völlig unfähig, die Subtilitäten Deines Spiels klar zu zeigen. Wenn Du dies nicht glaubst, dann nimm eine Gitarre mit Texas Specials, schließe sie an einen clean eingestellten hochwertigen Röhrenamp an, und schlage die ersten beiden Akkorde von Lenny durch. Nimm danach eine Gitarre mit erlesenen Pickups wie Jason Lollars oder Rod McQueens, und spiele die gleichen Harmonien. Der Unterschied ist in etwa so groß, wie zwischen den Ton eines explodierenden Feuerwerkskörpers und den Klang einer Glocke: bei den Texas Specials hörst Du einen muffigen Klangteppich mit Mitten ohne Ende, bei den hochwertigen Pickups jede einzelne Note der etwas verdrehten Akkorde.

Du solltest Dir vor Augen halten, dass es dieser glockige "kleine" Sound war, den Stevie in anderen Songs mit seiner Anschlagstechnik, mit den dicken Saiten und dem lauten Amp "groß" gemacht hat. Die Texas Specials zäumen dagegen das Pferd von der falschen Seite auf und produzieren etwas, was bereits "groß", dafür aber sehr unsubtil ist und vermitteln somit den Eindruck beim Spielen, dass der Gitarrist nicht mehr so hart dafür arbeiten muss, den Sound "groß" zu machen.

Mein Rat deshalb an alle SRV-Fans: macht um die Dinger einen großen Bogen! Arbeitet lieber an Eurer Anschlastechnik und lernt, mit schweren Saiten richtig umzugehen. Dies ist zwar der erheblich längere und schmerzhaftere Weg, aber am Ende wirst Du für Deine Mühe mit einem herrlichen Sound belohnt werden. Darüber hinaus sind die Texas Specials gemessen an ihrer Qualität auch sehr teuer: legt man noch ein wenig mehr Geld dazu, kann man sich schon ein Set "1959 SRV" von Rod McQueen oder einen Satz Belltones von Michael McConachie kaufen, die der Sache wesentlich näher kommen.
 
Eigenschaft
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 10 Benutzer
Der Großteil der SRV-Nachahmer wird schon aus zeitlichen Gründen nicht an den SRV-Ton rankommen - er soll ja 48 Stunden am Tag gespielt haben und wenn da nicht was anderes rauskommt als beim Hobby-Gitarristen.... :)
Da sucht man dann schnell nach technischer Unterstützung und findet freudige "Ent"wickler, die der Sehnsucht die Erfüllung vorgaukeln - ist ja beim Stichwort "PAF" nicht anders ;-) (mit z.T. schon grotesken Werbesprüchen, die gleichzeitig alles versprechen)
Gruß - da Tom
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer
Hallo Rude mood,
- guter Beitrag, schlägt auch eher in meine Kerbe, was die Aussage angeht.
Du solltest dabei eins berücksichtigen :
Es gibt Amps mit eher Blackface-artigem Sound, die mehr Höhen und Bässe produzieren.
Oder eher Tweed-sounding Amps - die halt schon Mitten mitbringen.
Mein Amp hat extrem Höhen und Bässe, mit einem Blackhawk-Speaker hab ich das Klangbild schon etwas in Richtung zahmere Höhen und mehr Mitten verschoben.
Aber da dieser Amp kein bißchen anzerrt , oder auch nur aggressiv klingt ( was eine ideale Basis für ein Pedalboard ist) sind die Texas Specials absolut passend - sie fügen etwas Druck und Aggressivität zu.
Ein TS dazugeschaltet und der Sound ist da. Ein Holier Grail macht Spring Reverb mit etwas mehr Höhen ... und schon läuft der Laden.
Dicke Saiten spiele ich schon immer - ich kenne es gar nicht anders. Und ich stimme noch nicht mal nen Halbton runter.
"Lenny" ist auch nicht inbedingt das Parade-Beispiel für alle Songs ... es gibt eine Reihe von ziemlich kräftig gezerrten Songs, wir haben "Change it" im Programm gehabt - da muß schon ein wenig Pfund kommen.
Also glaube ich nach wie vor daß man keine allgemeingültige Aussage als einzig richtigen Weg machen kann ...
tendenziell ist das alles richtig was Du geschrieben hast - aber man sollte niemals zu sehr auf seiner Sicht beharren ---
denn andersrum betrachtet bedeutet es daß die User der Specials alle die falschen PUs spielen ...und das ist lächerlich, ich spiele SRV Songs schon viele, viele Jahre, auch live. Mit den höhenlastigeren, weniger mittigen Fat 50s kann man wunderbare Clean- und Crunchsounds machen -aber die Specials geben mehr Pfund ... und das brauch ich im Trio.
Gruß, Stefan
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 4 Benutzer
Zitat v. Rude Mood: Das Geheimnis der Beliebtheit der Texas Specials von Fender ist - etwas zynisch ausgedrückt - die Tatsache, dass viele Leute glauben, dass diese Pickups etwas ersetzen können, was woanders - nämlich in den Händen des Gitarristen - fehlt.

Meinst du wirklich? Glaub ich nicht:)

Ich habe die Pickups seit ca. 13 Jahren und bin nach wie vor sehr zufrieden damit. In der betreffenden Strat klingen sie "relativ warm" oder "füllig" ..wie auch immer, jedenfalls nicht ganz so hart wie die Original-PUs meiner US-Strat. Allerdings handelt es sich bei beiden um recht unterschiedliche Konstruktionen, was sicherlich auch Auswirkungen hat.

Weiterhin gibt es ja sehr viele Leutchens, die gar nicht dem SRV-Ton hinterherjagen, sondern einfach nur gute PUs suchen.
Ich habe sie mir damals auf keinen Fall gekauft, weil einer dieser Gitarrengötter die auch hatte.

Erstens wusste ich überhaupt nicht was die für PUs verwenden, zweitens spiele ich deren Musik nicht, drittens heiße ich nicht Stevie Ray Vaughan und werde bestimmt auch nie so spielen können und viertens habe ich meinen eigenen Ton, mit dem ich aber recht zufrieden bin. Oder anders: der hat sich im Laufe der Zeit nunmal so rausgebildet...

Was den Preis anbelangt: Ich glaub die waren auch mal etwas günstiger, aber meiner Meinung nach immer ungefähr auf dem Niveau der Standard-PUs. Als besonders teuer hatte ich sie damals jedenfalls nicht empfunden. Sehr teuer waren allerdings diverse Boutique-PUs, denen viel intensiver göttliche Eigenschaften nachgesagt wurden.

Aber dazu und zu denen im SRV-Thread genannten Herstellern kann ich nichts sagen (kenne und habe ich nicht) ..aber soooo schlecht, dass vor den Texas-Spezials gewarnt werden muss, sind sie mit Sicherheit nicht...

Zitat v. Rude Mood: die Texas Specials matschen Deinen Sound ziemlich zu, und der ickup ist völlig unfähig, die Subtilitäten Deines Spiels klar zu zeigen. Wenn Du dies nicht glaubst, dann nimm eine Gitarre mit Texas Specials, schließe sie an einen clean eingestellten hochwertigen Röhrenamp an, und schlage die ersten beiden Akkorde von Lenny durch. Nimm danach eine Gitarre mit erlesenen Pickups wie Jason Lollars oder Rod McQueens, und spiele die gleichen Harmonien. Der Unterschied ist in etwa so groß, wie zwischen den Ton eines explodierenden Feuerwerkskörpers und den Klang einer Glocke: bei den Texas Specials hörst Du einen muffigen Klangteppich mit Mitten ohne Ende, bei den hochwertigen Pickups jede einzelne Note der etwas verdrehten Akkorde.

Hmm, da wäre ja ein Soundbeispiel sehr interessant. Dass es gewisse Unterschiede gibt - keine Frage. Hier würde mich deine Meinung zu den Serien-PUs mal interessieren (leider weiß ich nicht welche:), die der amerikanischen Standard z.B.)

Die Serien-PUs meiner Strat bilden gerade im cleanen Spiel hervorragend ab (finde ich jedenfalls) und sie ist deshalb auch meine Lieblingsgitarre. Die Texas-PUs der anderen haben tatsächlich etwas weniger Schärfe bzw. ich empfinde sie irgendwie "wärmer". Aber dass da wat mumpft? Kann ich nicht bestätigen, werde ich aber nochmal genau für mich testen.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer
Also in meiner Strat klingen die Tex-Mex (die kleinen Brüder der Texas Special aus Mechikko) sehr gut ;)
Keine Spur von Matsch und die Positionen Bridge und Bridge/Mitte sind schön twangig. Der Bridge PU klingt ohne zurückregeln durch den Amp schon etwas zu drahtig finde ich.
Aus meiner Sicht eignen sich die Tex-Mex z.B. sehr gut. Ich hab keine 013er Saiten auf meiner Strat und ich will auch gar keine 013er Saiten und ich bekomme einen schön warmen, fetten Overdrive Sound hin, dass sich die Balken biegen. Von Matsch keine Spur. Man muss halt entsprechend mit den Tone Reglern an der Gitarre arbeiten.

Inwiefern die Tex-Mex jetzt den Texas Special ähnlich sind kann ich nicht sagen, aber ich find sie sehr gelungen.
 
... im Grunde genommen. geht es bei einem guten Pickup darum, was er Dir zur Verfügung stellt. Und zwar an differenziertem Sound. Ich hab mir von Aaron Campbell von Rumpelstiltskin ein Strat-Neck und Middle wickeln lassen und unter anderem SRV als eine der Refferenz-Sound in die Agenda geschrieben. Sein Credo, es ist eine urban legend, dass SRV dramatisch overwound Pickups benutzt hat. Wichtig ist der Draht und die Wahl des Alnico-Types und ob die Alnicos geaged sind, und die Wicklung letztendlich handwounding controlled ist, wie in den 50ern und frühen 60ern. Das bringt den Sounds, auf den man aus ist, wenn man SRV, oder Jimmie Hendrix, oder Roy Buchanan im Hinterkopf hat. Den Rest soll man mit den Ampsettings machen, meint er. Wenn die Mitten dominieren und die Pickups das Ende des der Weisheit sind, wirds einfach einseitig. Mag sein er klingt wie SRV ... aber klingt er auch nach Knopfler? ... auch wenn Texas Specials in der Knopfler Signature drin sein sollen? Das ist doch ein Hohn. Wie soll denn das zusammenpassen?
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer

Ähnliche Themen


Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben