Die Idee vom Herrn Kuhlo war doch eigentlich sehr konsequent: ein einheitlicher Notensatz, für alle Instrumentalisten verständlich. Pianist versteht Hornist, Hornist versteht Posaunist, Trompeter versteht Pianist (bis auf den Unterschied Violin-/Bassschlüssel).
Hallo Basshorn,
ich glaube nicht einmal, daß es primär um das gegenseitige "Verstehen" ging, sondern um das ganz praktische Problem, überhaupt spielbare Noten zu haben; eventuell vorhandene Bestände an Chor- und Orgelnoten nutzen zu können.
Bei Kuhlo stehen abgesehen vom ideologischen Hintergrund (Abgrenzung von saufenden und unkeuschen Blaskapellen) deshalb wohl auch handfeste Gründe für die klingende Schreibung von Posaunenchorsätzen:
Der Posaunenchor hat ebenso wie die Orgel beim Choralspiel unter anderem die Aufgabe, einen klassischen vierstimmigen Chor zu imitieren/ersetzen. So ist es kein großer Zufall, daß sowohl für Orgel als auch Posaunenchor ein Choralsatz genau wie ein vierstimmiger Chorsatz aussieht:
- Eine Zeile im Violinschlüssel mit Sopran und Alt,
- eine zweite Zeile im Baßschlüssel mit Tenor und Baß
Es ist ohne weiteres möglich, daß Chor, Orgel und Posaunen ein und dieselbe "Partitur" benutzen.
Exkurs: Im Falle der Orgel wird normalerweise die tiefste Stimme (der Baß) im Pedal gespielt, Alt- und Tenorstimme werden je nach Bedarf von der linken oder rechten Hand übernommen - die Notation spiegelt das in keiner Weise wider, denn sie ist am Chor, nicht an der Orgel, orientiert.
Für den Posaunenchor gilt, daß vorhandene Noten, obwohl nur vierstimmig, nicht in x Varianten vorgehalten werden müssen. Sollte eine Tuba dabei sein, spielt sie einfach die Baßstimme eine Oktave tiefer mit. Trompeten und Hörner (Flügel- oder nicht) müssen sich mit dem abfinden, was da ist.
Soweit ich weiß, spielen Posaunenchöre auch direkt aus der Partitur und haben keine eigenen Stimmauszüge wie Orchester, Blaskapellen, Musikvereine.
Ergo: ein Posaunenchor könnte z. B. bei Freiluftveranstaltungen mal flugs aus dem Orgelbuch ein paar Choräle spielen. Ein Musikverein nicht. Die haben dann ihre eigenen Noten, die freilich wieder nicht zu dem passen, was die Orgel spielen würde, wenn sie denn spielte...
Woher kommt es dann, dass bei herkömmlicher Blasmusik jeder seine eigene Schreibweise hat? Ist vorm Kuhlo keiner auf die Idee der Vereinheitlichung gekommen? Oder hat Kuhlo-Stil auch Nachteile?
Die Notation transponierender Instrumente ist traditionell begründet und keinesfalls einheitlich oder logisch.
Wärend die Zugposaune auch bei herkömmlicher Blasmusik nicht transponierend (manche sagen deshalb "unbewußt transponierend"
) im Baßschlüssel geschrieben wird, gibt es eine Ausnahme für Ventilposaunen
, die im Gegensatz dazu im Violinschlüssel und B-Schreibweise stehen.
Höchst profaner Grund dafür ist (so geht die Mär), daß - Verzeihung - Trompeter, die sich "die Fre**e kaputtgeblasen" haben, oft auf Ventilposaune oder Tenorhorn umgestiegen sind, dann keinen neuen Schlüssel lernen mußten und die gewohnten Griffe weiter verwenden konnten.
Aus einer Zeit, in der es noch keine Ventile bei den Blechbläsern gab, stammen z. B. die vielen "Horn in XXY"-Stimmen, und auch später ist ihrer "Naturton-Vergangenheit" die (Un?)sitte zu verdanken, Hornstimmen immer noch ohne Vorzeichen (sondern in jedem Einzelfall mit Versetzungszeichen) zu schreiben.
Viele Grüße
Torsten