Neulich bei Ebay: Ibanez PF-230

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Jeder Hersteller von Elektrogitarren, der etwas auf sich hält, hat sie im Programm: Einen Klon der Gibson Les Paul.

Der japanische Hersteller Ibanez (der ja eigentlich nur ein Handelsname ist), macht diesbezüglich keine Ausnahme. Schon in den 70er Jahren waren entsprechende Modelle im Angebot, die dem Original täuschend echt nachempfunden waren. Das rief natürlich Gibson auf den Plan und es kam zu einer rechtlichen Auseinandersetzung. Danach waren alle Hersteller von Kopien bemüht, ihre Modelle immer ein wenig zu verändern. Darüber hinaus begann man damit, eigenständige Modelle zu entwickeln. Zu diesen gehört bei Ibanez die Artist-, die Concert- sowie die Musician-Serie.

Obwohl man mit der Artist über eine sehr gute Weiterentwicklung der Les Paul verfügt, kam man wohl nicht umhin, eine Kopie derselben im Programm zu haben. Dieses war seit 1978 die Performer-Serie, welche die Modelle PF-100, PF-150, PF-200, PF-230, PF-300, PF-350 und PF-400 beinhaltete.

Ein besonders langes Leben war dieser Serie allerdings nicht beschieden. Man findet erste Hinweise auf insgesamt 5 Modelle im Katalog von 1978. 1981 wurden nur noch 2 Modelle produziert (PF-150, PF-350). Danach wurde die Performer vermutlich eingestellt.

Im Katalog versprach man "die am meisten nachgefragten Features in der unverwechselbaren originalen Form zu einem günstigen Preis" anzubieten.

Eine Besonderheit war die PF-230 aus dem Jahre 1978. Wie die Les Paul Custom verfügte sie über drei Humbucker. Gleichwohl mir persönlich die Korpusform der Performer nicht zusagt, ist so eine Gitarre natürlich schon interessant. Hier ein Bild aus dem Katalog von 1978:

IbanezPF230.jpg

Die Spezifikation las sich im Katalog wie folgt:

Body: Lamed maple top on mahagony body with 7-layer black and white binding

Also eine mehrschichtige Verbindung aus Ahorn und Mahagoni. Genau das, was man ja auch von einer Les Paul erwartet.

Be Ebay wurde unlängst eine PF-230 angeboten, die meine Aufmerksamkeit erregte, weil ein Foto des E-Faches dabei war. Leider war es nicht besonders groß, aber dem Onkel war da etwas aufgefallen, was er nicht erwartet hätte. Also Anbieter anschreiben und größeres Bild anfordern. Hier ist es:

IbanezPF230EFach.jpg

Ich habe mir erlaubt drei Pfeile einzufügen. Und was sagt uns das ganze?

  1. Der eigentliche Korpus besteht aus eine zweischichtigen Holzverbindung (Pfeil rechts)
  2. Die Decke besteht nicht aus einem massiven Stück Holz, welches vollflächig mit dem Back verleimt wurde. Es ist ein deutlicher Spalt zu erkennen (Pfeil mitte)
  3. Um eine Wölbung der Decke zu realisieren wurde in der Mitte ein zusätzliches Stück Holz "zwischengefüttert" (Pfeil links)
Hier hat Ibanez eindeutig einen Rückfall in die dunkle Vergangenheit erlitten, denn eine solche Konstruktion kannte man in den 70er Jahren nur von den billigen Kopien der Les Paul. Mit diesem Bild erhält die Aussage: "Lamed maple top on mahagony body" natürlich eine ganz andere Bedeutung.

Nach den Spezifikationen der anderen PFs ist die PF-230 vermutlich das einzige Modell, welches mit diesem Feature aufwartet. Jetzt stellen sich zwei Fragen:

1. Warum hat Ibanez das gemacht und

2. Wirkt sich die Konstruktion auf den Klang aus?

Über das warum kann man natürlich nur spekulieren. Fakt ist, daß sich eine solche Konstruktion billiger Herstellen läßt. Vielleicht wollte man auf diese Weise den Aufpreis für den dritten Tonabnehmer kompensieren?

Vergleicht man diese Konstruktion mit der einer "richtigen" Les Paul, so muß sich zwingen ein klanglicher Unterschied ergeben, denn

  1. Die Verbindung der Brücke zum eigentlichen Korpus ist nicht so fest.
  2. Die Masse des Ahorn-Top ist wesentlich geringer.
  3. Durch den Hohlraum kann man schon fast von einer Semi-Konstruktion sprechen. Die PF-230 sollte, im Vergleich zu einer massiven Konstruktion, anfälliger für Feedbacks sein.
Ob das ganze aus klanglicher Sicht nun besser oder schlechter ist, kann ich aus eigener Erfahrung nicht beurteilen. Wer sich bei der PF-230 jedoch eine Paula vorstellt, der wird etwas enttäuscht werden.

Gleichwohl konnte die PF-230 aus dem Jahre 1978 bei Ebay für 413 Euro verkauft werden.

Ulf
 
Eigenschaft
 
Hallo Onkelchen!
Wie immer sehr gut recherchiert und informativ!:great:
Und auch wenn die seltsame Konstruktion dieser PF-230 ne ziemliche Schweinerei ist:
Ich würde mir gern noch ein paar mehr Details zu anderen Modellen der Reihe wünschen, ähnlich wie in deinen Cardinal- oder Musician-Threads.

Ist doch immer wieder interressant, von alten Erzeugnissen japanischer Gitarrenbaukunst zu lesen, vor allem, wenn sie so sexy wie die Performer sind, deren Korpusform mir persönlich sehr gut gefällt.;)
 
Hallo Onkelchen!
........ auch wenn die seltsame Konstruktion dieser PF-230 ne ziemliche Schweinerei .......

So würde ich das jetzt nicht unbedingt sehen, zumal diese, oder ähnliche Hohlkammerkonstruktionen auch bei
anderen (heutzutage hoch angesehenen) japanischen Herstellern bis in die ´80er hinein angewendet wurden.

Ich besitze u.a. einige MIJ-Gitarren, von denen zwei Stück dieses (nennen wir es mal) Feature aufweisen, und
es stört mich ehrlich gesagt in keinster Weise.
Bei einer der beiden (eine Les Paul) habe ich sogar den direkten Vergleich zu dem "massiven" Pendanten aus der
gleichen Baureihe. Mit gleicher PU-Bestückung ist zwar ein deutlicher Klangunterschied vorhanden, aber ein besser
oder schlechter würde ich nicht definieren wollen. Es kommt immer auf das gewollte (Sound)Ergebnis an !

Nikki

PS: Es sollen ja mittlerweile auch gut vermarktete, moderne Konstruktionen mit Hohlkammer existieren :D
 
Und auch wenn die seltsame Konstruktion dieser PF-230 ne ziemliche Schweinerei ist
Das ist hier tatsächlich die Frage. Wenn man die Specs der Serie aufmerksam liest könnte man schon hellhörig werden. Bisher ist es mir jedoch auch nicht aufgefallen.
Ich würde mir gern noch ein paar mehr Details zu anderen Modellen der Reihe wünschen, ähnlich wie in deinen Cardinal- oder Musician-Threads.
Ich war heute schon versucht... allein mir fehlt die Zeit. Wie wäre es, wenn Du da mal eine Recherche machst? Wie es geht habe ich ja gezeigt und Konkurenz belebt das Geschäft! ;)

...aber ein besser
oder schlechter würde ich nicht definieren wollen. Es kommt immer auf das gewollte (Sound)Ergebnis an !
Das ist genau der Punkt, den ich zum Ausdruck bringen wollte!

Beinharte LP-Fanatiker, wie zum Beispiel Hoss33, werden ob einer solchen Konstruktion natürlich die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, aber unter dem Strich zählt nur der Klang und wenn mir der gefällt, ist der Rest togal! ;)

Ulf
 
Ich war heute schon versucht... allein mir fehlt die Zeit. Wie wäre es, wenn Du da mal eine Recherche machst? Wie es geht habe ich ja gezeigt und Konkurenz belebt das Geschäft! ;)
Oberstufenschüler im Streß der ersten Klausuren des Jahres haben auch keine Zeit!:D
Irgendwannmal. Vielleicht.
 
Obwohl man mit der Artist über eine sehr gute Weiterentwicklung der Les Paul verfügt, kam man wohl nicht umhin, eine Kopie derselben im Programm zu haben. Dieses war seit 1978 die Performer-Serie, welche die Modelle PF-100, PF-150, PF-200, PF-230, PF-300, PF-350 und PF-400 beinhaltete.

Ein besonders langes Leben war dieser Serie allerdings nicht beschieden. Man findet erste Hinweise auf insgesamt 5 Modelle im Katalog von 1978. 1981 wurden nur noch 2 Modelle produziert (PF-150, PF-350). Danach wurde die Performer vermutlich eingestellt.

Zum deinem sehr ausführlichen Beitrag noch eine kleine Ergänzung:


Um 1982 wurde noch eine Ibanez Performer PF-360 Limited Edition vorgestellt.
Diese Limited Edition ist aber wirklich sehr Limited (insgesamt 340 Stück)

- Yellow Sunburst: 100 Stück
- schwarz: 60 Stück
- weiß: 60 Stück
- weinrot: 60 Stück
- Antique Sunburst: 60 Stück

Die PF-360 geht schon deutlicher Richtung Les Paul, als die "Serien-Performer". Die PF-360s haben set-necks, vollmassive Riegelahorndecken (Yellow Sunburst, Antique Sunburst) und keine Bierbauch-Nische, wie die anderen PFs.

Ich hatte selbst eine PF-360 in Antique Sunburst. Diese hatte, wie alle Performer, einen Ahornhals, mit dem ich nicht so richtig klar kommen konnte und der darüberhinaus auch noch sehr sehr schlank war.

Die verbauten Super58s sind bekanntlich splitbar, wobei der dünne "Single Coil" -Sound dieser PAF Kopien imho schlichtweg unbrauchbar ist.

Die PF-360 war das letzte Aufbäumen der Performer-Serie, die man aufgrund großer Nachfrage noch einmal zu etablieren versuchte. Leider konnte sie sich nicht durchsetzen.
Später wurden noch ein paar wenige Performer in Korea gebaut.

Anbei noch ein (leider schlechter) Scan aus dem Original-Prospekt.
 

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