Neue Wege in unserer Musik?

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*Xardas*
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Hallo Zusammen, erstmal!

Ich meinerseits bin hauptsächlich an Rockmusik interessiert, spiel Gitarre und hab so mit dem üblichem Punk Zeugs angefangen als ich meine ersten eigenen Songs verfasst hab. Ich hab aber bald gemerkt, dass Punk von der Einstellung lebt und die wiederum nicht so ganz meinen Vorstellungen von meiner Musik entspricht(dies soll keine Kritik am Punk sein, sondern ist nur meine Erfahrung). Seitdem seh ich mich vor dem Problem wie man aus dem heutigem Einheitsbrei der Musikrichtungen herausragen kann. Ist es überhaupt noch möglich Neues im eigentlichem Sinn, auch in der Rockmusik zu schaffen? Wenn man sich so umsieht ist alles in irgendeiner Form schon dagewesen und es ist nahezu unmöglich etwas grundlegend zu verändern. Also wo ansetzen um auf sich aufmerksam zu machen und sich in einer neuen, oder zumindest veränderten Form auszudrücken!? Ich hätte gerne mal eure Meinug zu diesem Thema gehört und erfahren wie ihr damit umgeht!

mfg
Xardas
 
Eigenschaft
 
Interessantes Thema.

Wenn man sich so umsieht ist alles in irgendeiner Form schon dagewesen und es ist nahezu unmöglich etwas grundlegend zu verändern.

Richtig. Das Neue ist immer nur eine andere Form des Alten = eine andere Kombination der Zutaten. Curry, Tomate und Brühwurst waren schon länger da. Das Neue war vor ca. 50 Jahren, dies zur Currywurst zu kombinieren.

Auch Fleisch, Gemüse, Soße, Gurke und Brötchen gibt's schon wesentlich länger als den Hamburger, der daraus besteht - den man aber nur aufgrund einer bestimmten Mischung und Zubereitung dieser Bestandteile als solchen erkennt.

Also wo ansetzen um auf sich aufmerksam zu machen und sich in einer neuen, oder zumindest veränderten Form auszudrücken!?

Try & Error. Von 1000 neuen Ideen setzt sich höchstens mal eine durch. Leider weiß man vorab net, welche. Für Vieles offen sein in Musik. Malerei usw. und sich an Stimmungen und Gefühlen Rausnehmen, was einem gefällt. Oder: Sich bewusst abschotten. Kein Radio, keine Disco, keine Cds und MP3s, die einem das Gehirn prägen. Das eigene Erleben selbst gestalten und nicht gestalten lassen.
 
Ist es überhaupt noch möglich Neues im eigentlichem Sinn, auch in der Rockmusik zu schaffen? Wenn man sich so umsieht ist alles in irgendeiner Form schon dagewesen und es ist nahezu unmöglich etwas grundlegend zu verändern.

Ist das denn so?
Sieh dir andere Kunstformen an, die bildenden Künste, oder die Literatur, die sind wesentlich älter als die Rockmusik und es gibt trotzdem immer wieder Dinge die für neu gehalten werden!
Klar kann man da entgegenhalten, dass es natürlich viel mehr Farben oder Worte gibt als Töne. Aber so hat die Musik eben andere Bereiche wo sie aus dem vollen Schöpfen kann, verschiedene Instrumente und deren Kombination.
Hans spricht das ja auch schon an, die Zutaten sind gegeben, jetzt muss nur noch etwas mit ihnen angestellt werden!
 
Hosenformen und rocklängen kommen und gehen, moden erzeugen bedürfnisse und befriedigen sie, der markt der eitelkeiten blüht und gedeiht mit riesenumsätzen, auch in der musik. Wieviel "modernes" hat es in den letzten jahrzehnten gegeben, wieviel verschwand wieder in der versenkung oder wurde "nostalgisch" aufgepäppelt.
Gitarrensound hat swing-combo und big band abgelöst, wer hätte das damals für möglich gehalten? Harmonisch ist rockmusik nicht über das 19.jh. hinausgekommen, mikrofone, verstärkertechnik, verzerrung und verfremdung haben die populäre musik revolutioniert, an rein musikalischer substanz wenig hinzugewonnen.
In der bildenden kunst spricht man von einer periode des "fauvismus", in dem die jungen wilden sich austobten, eine übersättigte kultur kehrt gern zu den ursprüngen zurück, um sich wiederzubeleben, zu rausch und ekstase.
Was kommt danach? Ferruccio Busoni verfasste 1907 einen " versuch einer neuen ästhetik der tonkunst", experimentierte auch, was ist davon geblieben?
Geht die entwicklung in kleinen schritten, gibt es eine kehrtwende?
 
Seitdem seh ich mich vor dem Problem wie man aus dem heutigem Einheitsbrei der Musikrichtungen herausragen kann. Ist es überhaupt noch möglich Neues im eigentlichem Sinn, auch in der Rockmusik zu schaffen?

Punkt 1: Es ist möglich, Neues zu schaffen - es ist nur die Frage, ob es sich bei den Hörern musikalisch und kommerziell durchsetzt. Und es ist die Frage, ob du selbst Neues um des Neuen willen schaffen willst, oder ob du bestimmte Absichten damit verfolgst. Wenn du kommerziellen Erfolg mit deiner Musik haben willst, sind einige Kombinationen musikalischer Parameter von vornerherein ausgeschlossen, z.B. Stücke mit bestimmten Besetzungen, Texten, Sounds, Lautstärken, Tempi, etc. . Wenn dir der kommerzielle Erfolg egal ist, kannst du natürlich beliebig neu kombinieren und wirst dann auch etwas Neues schaffen, allein durch Kombinatorik musikalischer Parameter.

Punkt 2: Musik ist aber nicht nur eine Ansammlung musikalischer Parameter, sondern bietet im Regelfall auch Sinnzusammenhänge darüberhinaus. Also z.B. ...
  • Abbildung und Verarbeitung von Textpassagen
  • Gegenüberstellung Individuum-Kollektiv (z.B. bei Jazzimprovisation)
  • Bestätigung oder nicht-Bestätigung der Hörgewohnheiten
  • politische Aussagen (auch bei Instrumentalmusik, z.B. 3.Sinfonie von Beethoven)
Auch auf diesen Gebieten kannst du Neues schaffen, aber das setzt natürlich voraus, daß man sich a) schon mal damit beschäftigt hat, was es alles gibt und daß man b) Kreativität mitbringt, die über das bloße Kombinieren musikalischer Parameter hinausgeht.

Und damit kommt der 3.Punkt: Auslöser eines kreativen Prozesses ist fast immer (bzw. sollte sein) der Drang nach einer eigenen Aussage. Wenn dich etwas bewegt und du es in Musik umsetzen kannst, dann hast du die notwendige Grundlage für das Schaffen neuer musikalischer Zusammenhänge. Oft hilft es, wenn man mit Musik wie mit einer Sprache umgeht, denn für sprachliche Situationen haben wir differenziertere Bezeichnungen. Du könntest z.B. ein Stück als Kommentar schreiben, z.B. zu einer politischen Situation. Du könntest eine Anklage formulieren, einen Dialog führen, etc. - Kommunikationsformen abzubilden hilft manchmal, Struktur und Aussage in Musik hineinzubringen.

Wenn man sich so umsieht ist alles in irgendeiner Form schon dagewesen und es ist nahezu unmöglich etwas grundlegend zu verändern. Also wo ansetzen um auf sich aufmerksam zu machen und sich in einer neuen, oder zumindest veränderten Form auszudrücken!?

Das ist ganz genau die Situation, in der sich alle Komponisten befinden, egal ob in der Rockmusik oder anderswo. Es gibt auch Kompositionsworkshops, wo genau diese Frage diskutiert wird.

Erst mal ist es so, daß wir alle aus unserer musikalischen Sozialisation nicht herauskönnen, selbst wenn wir es wollten. Wir reproduzieren unsere musikalische Welt, ob wir wollen oder nicht. Wer nach neuen Ausdrucksformen und neuen Inhalten sucht, entfernt sich notwendigerweise damit vom Mainstream der Gesellschaft, denn der Mainstream ist konservativ (belegbar z.B. durch die Zahlen der Pop-Plattenverkäufe und der Playlists in den öffentlich-rechtlichen Sendern). Ein Komponist auf der Suche nach neuen Ausdrucksformen muß also in gewisser Weise exzentrisch (=nicht im Zentrum) denken und handeln. Einer konservativen Gesellschaft aber progressive Ideen nahezubringen (und nicht zuletzt auch zu verkaufen) ist nicht so einfach. Da muß die Idee gut sein und die Vermittlung muß stimmen.

Harald
 
Es gibt immer wieder Neues, das die konventionellen Formen auflöst. Mehr oder weniger beachtet. Das wie und warum wurde ja recht ausführlich dargestellt, ich will aber mal ein paar Beispiele geben, mehr oder weniger aus der Rockmusik.

1. Mick Barr. Gitarrist, der in Bands wie Orthrelm, Octis, Ocrilim sehr unkonventionelle Songs darbietet. Auf den Ersten Eindruck hässliches schnelles und monotones Geshredder mit einem Schlagzeug oder Drumcomputer im Hintergrund. Wenn man genauer hinhört, ist da eine ganze Menge in den Tönen. Ich sehe das nicht theoretisch, sondern staunend und hörend.

2. Das ganze Mathcore Genre ist mehr oder weniger originell und auch noch nicht besonders alt. Psyopus zum Beispiel - völlig abstruse Songstrukturen und eine sehr intensive, emotionale Stimmung. Handwerklich sowieso nicht mehr von dieser Welt.

3. Neukombination wurde hier oft genannt. Hör die mal Ephel Duath an, die Art, Metal und Jazz zu kombinieren ist schon extrem kreativ.


Natürlich gibt es wesentlich mehr Beispiele. Allein Cynics Arbeit im Deathmetal Bereich - legendär! Man kann Neues erschaffen, durch Rekombination, durch Mut und das geschieht immer wieder. Augen offen halten;)
 
Ich gebe gerade mal einen etwas anderen Aspekt zu bedenken:

Wen interessiert es, ob etwas neu ist, wenn ein Gefühl rübergebracht wird und es den Leuten gefällt? Dieser Zwang, unbedingt etwas komplett neues zu entwerfen kann auch derbe nach hinten losgehen - in dem Sinne, daß es eine Kreativblockade aulösen kann und das Gefühl, das hinter der Musik stehen sollte zu kurz kommt.

Beispiel: Mit Scornage spiele ich 80er Thrash. Einige Reviews der letzten Platte sagen, daß es das alles schonmal in ähnlicher Form gab. Aber das ist okay, daß ist das, was wir machen wollen. Es hat auf jeden Fall seine Daseinsberechtigung und es ist echt nicht schlecht (Ich darf das sagen, weil die letzte Platte noch von vor meiner Zeit war). Also kann es durchaus als Lob aufgefasst werden, wenn man sagt, man macht Musik, die schon dagewesen ist.

Was ich sagen will: Lass Deine Finger, Dein Gefühl, Deine Stimmung im Song sprechen. Suche nicht zwingend nach etwas neuem, sondern bleibe authentisch. Dann ist Musik auch gut, ungeachtet dessen, ob etwas schonmal dagewesen ist, oder nicht.

Grusz,

P.S. Wenn ich das so lese, sollte ich keine Einträge verfassen, wenn ich blau bin - egal, ich lass es mal drinne.....
 
Das neue gibt es immer wieder - so wie es jedes Jahr eine neue Winter- und Herbstkollektion gibt.

Manche sagen alter Wein in neuen Schläuchen, manche halten es für unabdingbar, weil ihnen der Sommerhit vom letzen Jahr, der letzte Hype und die letzte Bitch des Rock schon wieder aus dem Hals raus hängen.

Wenn Du was zu sagen hast, sage es und schere Dich einen feuchten Kehrricht um die Leute. Prinzip Bob Dylan und Neil Young. Wenn Du willst, dass es bei den Leuten ankommt, kannst Du es in Kleider verpacken, die sie erst mal überziehen, weil sie klasse sind, um dann später zu merken, was eigentlich drin steckt. Wenn man´s zu gut versteckt, finden die Leute es vielleicht nicht. Wenn man es gar nicht versteckt, erreicht man vielleicht nicht viele Leute. Irgendwo dazwischen verortest Du Dich halt - und wechseln kannst Du sowieso auch.

Alle Fragen, die Du fragst, sind berechtigt und deshalb uralt.
Und die Antworten sind immer die selben, aber immer wieder für einen Teil der Leute neu.

Viel Spaß.
Ach ja - Man braucht sich dabei gar nicht so zu zermürben und aufzureiben - das ist alles Quark und Atitüde. Mach Dein Ding, sei locker und hau rein - that´s all. Ach so - ein bißchen was können ist natürlich auch nicht direkt hinderlich.

x-Riff
 
Waas? Ihr kennt Psyopus und Ephel Duath???

Checkt mal Sigh - Imaginary Sonicscape
 

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