Hi,
WOW! Danke für die ausführlichen Antworten.
Zunächst mal: Sorry, daß ich mich so bedeckt gehalten habe. Das war deswegen, weil ich die ersten Reaktionen wissen wollte.
@Banino:
Die praktische Umsetzung werde ich in einer Forschungsskizze "andenken". Im Moment schwebt mir da ein "musizierender gruppenleitergeschulter Pädagoge" vor. Das Ganze sollte im Unterricht in der Schule (etwa ab der 7 bis zur 10 Klasse) stattfinden. Nicht in der Offenen Jugendarbeit, da gibt es das schon, sondern Schule, als ein wichtiger Ort der Politischen Bildung.
Der "Lehrer" sollte nun den Kids die Instrumente erklären können, denn Musizieren ist das Vordergründige Ziel, aber eben auch die Gruppendynamik erkennen, reflektieren und mit den Musikern gemeinsam aufarbeiten können.
Hier ist auch die "Leitungsrolle" des "Lehrers" wichtig, wie leitet er, oder wie soll er leiten? In meinen Augen sollte sich dieLeitung auf das technische, sprich: wie halte ich einen Bass und wo ist das "C" auf den Instrumenten? beschränken.
Also:
Politische Bildung ist immer intentional, d.h. sie verfolgt ein Ziel, das wäre hier: Gesellschaftliche Prozesse erlebbar machen. Konkreter
*hier* (policy, politics und polity)
Das Setting soll in der Schule sein, hier ab der 7. oder 8. Klasse. Durch die staatliche Vorsortierung in Haupt- Realschule und Gymnasium oder das Kurssystems in Pseudogesamtschulen könnte es weitere Aspekte zu Tage fördern.
Ziel der Arbeit soll es sein, ein Forschungsprojekt zu den Grundlagen zu entwerfen, auf dem später dann verfeinert und erweitert aufgebaut werden kann.
@x-riff:
Du hast recht, Gesellschaft ist natürlich komplexer.
Politische Bildung teilt sich deswegen auch in ppp (siehe oben) und "Institutionenkunde" auf. Letzteres geht in einer Band natürlich nicht. Die ppp Prozesse sind aber auch dort zu erleben - darum geht es mir. Ich habe das mal als Diagramm unten angehängt.
Demokratie und Führungsstile:
Ich gehe nicht davon aus, daß Musiker automatisch "Demokraten" sind.
Ich habe selbst auch alle Führungstile erlebt und genau *deswegen* weiß ich, welcher mir am besten gefällt, bei welchem es am meisten Spaß macht.
Der Ansatz ist dementsprechend auch hier zu suchen: Die Möglichkeit verschiedene Herrschaftsstrukturen zu *erleben*. Aus diesem Erleben dann die Politische Bildung zu machen ist Aufgabe des "Lehrers". Der Kerngedanke wäre etwa, daß man ein bestimmtes Wissen um die Dinge haben muß, um eine *Wahl* (im qualitativen Sinn) zu haben.
Methode:
Die politische Bildung ist intentional, d.h. sie hat eine Absicht. Würde ich nun nur die Band beobachten, wäre es nicht wirklich möglich, die Prozesse zu reflektieren. Es ist sozusagen zweigleisig: Einerseits geht es tatsächlich darum zu Musizieren und ggfs. am Abschlußabend (bspw. Abiball) musikalische Untermalung zu haben, gleichzeitig aber auch darum die Prozesse um das eigene Handeln (ppp) und Erleben der einzelnen Musiker erlebbar zu machen.
Deswegen soll die Arbeit Kriterien entwickeln, um die These der Arbeit: "Musiziern in kleinen Gruppen als Form Politischer Bildung" zunächst zu überprüfen und Möglichkeiten der Umsetzung ausloten. Sie bleibt also zunächst rein theoretisch.
Also: Ein Ansatz, um in "das innere des Wals" schauen zu können.
Schule und PW:
Ich gehe da weiter: Schule ist deswegen theoretisch und auf Wissen (nicht Denken) ausgelegt, da Untertanen leichter zu regieren sind als mündige Bürger. Wenn eine Facharbeit in der Oberstufe *keine* eigenen Gedanken, sondern nur Zitate enthalten darf spricht das mehr als 1000 Worte.
Gesellschaft erfahren:
Ich verwende mehrere Seite darauf umzu erklären, was die Schülerband so einzigartig macht. Die Essenz: "Gemeinsames Musizieren hat im Hinblick auf die Politische Bildung besondere Merkmale, welches es von anderen gemeinschaftlichen Aktivitäten abhebt: a) es wird ein Ergebnis geschaffen, dessen Ausprägungen durch gezieltes Üben bereits im Vorfeld genau definiert sind, b) es gibt keine Möglichkeit des spontanen Auswechselns und c) das Handeln und Können des Individuums besteht in einem ambivalenten System: Einerseits tritt der Einzelne in den Hintergrund, denn er ist nur noch Teil eines Kollektivs, auf das er angewiesen ist, denn zu hören ist das Gesamtwerk, andererseits ist der Einzelne ein unentbehrlicher Teil des Kollektivs, welches wiederum auf ihn angewiesen ist."
Musiker wachsen in einer Band zusammen, so daß ich eine Band als "symbiotisch-organisches Puzzle" bezeichne.
Die Klasse ist bspw. eine Zwangsgemeinschaft, die AGs sind meist nicht auf einzelne angewiesen oder der Enizelne auf die AG. Es geht nicht nur um "gemeinschaftlich etwas machen". Die Abhängigkeit von anderen und gleichzeitg aber auch die Entfaltungsmöglichkeit bei fehlenden Herschaftsstrukturen sind imho in der Band einzigartig.
Fragestellung:
> Bands sind eine demokratische Veranstaltung
Stimmt, zumindest nicht per se. Aber sie bieten die Möglichkeit Herrschaftsstrukturen zu erleben, egal welcher Natur. Diese Erfahrung aufzuarbeiten ist Aufgabe eines "Lehrers" und durch die Aufarbeitung wird es zur Politischen Bildung.
> Im Kleinen kann man fürs Große lernen
Das denke ich sehr wohl. Es setzt natürlich ein gewisses Abstraktionsvermögen voraus, aber fast alles zeichnet sich durch Muster und Strukturen aus, die ihn sehr ähnlicher Form in anderen Dingen wiederzufinden sind.
Wenn sich in der Band ein Monarch herausbildet, dann erfahren die Mitmusiker am eigenen Leib, wie es ist beherrscht zu werden, das tun zu müssen, was ein anderer sagt. Diese Erfahrung ist leicht zu übertragen.
@Wiesengrund:
Grundsätzlich hast Du recht. Deswegen lege ich mein Augenmerk auch auf die Prozesse des Umgangs der Musiker untereinander. Die Rechtssubjekte und Institutionen sind in einer Band nicht vermittelbar.
Im angehängten Diagramm werden die Ziele etwas deutlicher, was meiner These zufolge die Schülerband leisten kann und was nicht.
"In kleingruppen ist konsens wichtiger als bloßes abstimmungsverfahren. hier gelten keine rechtlichen grundlagen, sondern freunschaftliche gefühle und tonale stimmigkeit."
"Rechtliche Grundlagen" sind nichts anderes als verschriftlichte, allgemein gülige und anerkannte und staatlich durchsetzbare "Vereinbarungen".
Rousseaus Gesellschaftsvertrag gilt in den Grundsätzen für viele ebenso wie für wenige. Selbst in einer Beziehung werden Regeln und Umgangsformen explizit oder implizit gebildet und genau dieser Prozess ist ein Bestandteil meiner Überlegungen. Nicht: wer sanktioniert, sondern der Weg zu den Erkenntnissen, ob man Sanktionen braucht oder nicht.
@Cello und Bass:
Tiefere Gedanken zu Methodik und Didaktik hoffe ich vermeiden zu können, in dem ich eine Grundlagenarbeit abgebe.
Klar, müssen die Thematiken angedacht und etwas ausgebreitet werden, aber ein tatsächliches Forschungsprojekt sollte interdisziplinär sein, d.h. Musikpädagogen, Organisationssoziologen und -psychologen, Spieltheoretiker und Gesellschaftswissenschaftler.
Nochmals 1000 Dank für eure Anmerkungen!
Sie sind sehr hilfreich, um meine Thesen zu schärfen und den Bilck zu fokussieren.
LG Stefan