musikalische Qualität heutiger Produktionen

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Bin Ich eigentlich der Einzige, der den Eindruck hat, daß die Verfügbarkeit preisgünstiger Produktionstechnik dafür gesorgt hat, daß die musikalische Qualtität heutiger Musik massiv gelitten hat? Wenn Ich mir anhöre, was noch in den 90ern so gemacht wurde und was dagegen heute in Regal liegt, dann scheint der Schwerpunkt auf Plastik, Effekten und günsigen Produktionskosten zu liegen. Weil heute so Viele produzieren, liegt offenbar ein gewaltiger Druck auf den Proucern und auch den Studios, sei es im Bereich Komposition, Arrangement oder Mastering etc. Indiz dafür ist ein Rückgang der Budgets. CD-Produktion darf heute möglichst garnichts mehr kosten.

Betroffen sind eigentlich alle Bereiche: Pop, Schlager, Electronic.

Früher haben sich die Produzenten irgendwie mehr Mühe gegegen, da wurde bis ins Letzte gefeilt, bis alles stimmte. Nehmen wir mal den Bereich Schlager: Songs von Katja Ebstein, Ireen Sheer und anderen waren technisch perfekt eingesungen und arrangiert, da hat man gfs nochmal einen Produktionstag drangehängt und geschnitten, bis es gepasst hat. Höre Ich mir heute Sachen von Sheer oder den "Neulingen" Egli, Fischer und Michelle an, dann orte Ich allenthalben Intonatiosschwächen, Tempofehler und sogar Probleme in der Aussprache. Oftmals Dinge, die beim Einsingen passieren können, die man aber locker wegschneiden kann. Haben die Produzenten gar keine Zeit mehr? Oder haben sie keine Ohren mehr?

Ich führe mal als Beispiel "Paris" mit Michelle an. Mehrere schwere Ausdrucksfehler, unter anderem fehlt das "n" bei "in dieser schnelle(n) Welt" und beim Wort "bischen" ist das S stimmhaft gesungen. Das Ganze sogar zweimal, was darauf hindeutet, dass die Passage nur einmal eingesungen und kopiert sein könnte. Bei der Musik fehlt an zwei Stellen ein akkordgebender Ton, was besonders am Ende beim Mollakkord auffällt. Sowas käme bei mir nie im Leben nicht durchs Finalizing sondern ginge - wie man das in solchen Fällen FRÜHER gehandhabt hat - an das Studio / den Produzenten zurück, weil die Plattengesellschaft einem sonst den Kopf abmonitert hätte. Scheint aber keinen zu interessieren.(?)

Dann nehmen wir mal Trance und Techno: Eine Musik, die von den Klängen und den Rhythmen lebt und es unverzeilich macht, wenn - anders als bei live - auf der CD offenkundige Fehler drinstecken, weil man die immer wieder hört. Als man in den 80ern und 90ern noch mit Bändern (zunächst oft noch analog!) eingespielt- und es hinterher im aufwändigen Ping-Pong geschnitten hat, kamen klanglich und rythmisch sehr gut balancierte Tracks heraus. Was der DJ beim Einspielen nicht in der Lage war, live und in einem Zug korrekt hinzubekommen, wurde eben per Schnitt korrigiert - notfalls wurde eben mehrfach gespielt.

Das zog sich wie ein roter Faden durch 2 Jahrzehnte beginnend mit Jean M. Jarre, über solche Sachen wie "Sonic Empire" bis in die späten 90er mit z.B. Chicane oder Solarstone. Das waren sehr melodiöse Tracks. Heute haben die Produzenten Cubase und andere Programme, die ein leichtes Arrangieren und Schneiden ermöglichen und sind trotzdem offenbar nicht in der Lage, einen einsetzenden Bass exakt aufs Tempo zu zimmern oder eine Rythmusvariation über alle Spuren sauber mitzuziehen, dass es nicht auseinanderläuft - von verstimmten Instrumenten ganz zu schweigen: Klassischer Fall eine bass drum, als base, die zwar als Sample eine perfekte Quinte übertreicht, die aber von der Tonart nicht zum Rest passt, weil vergessen wurde, sie zu transponieren.

Hört das keiner im Produktionsbetrieb? Hört des Künstler nicht beim Einspielen, hört es der Mischer nicht beim Schneiden, hört es der Mastering-Ingenieur nicht beim Finalizing und hört es der Musiker nicht mehr beim letzlichen Querhören, bevor es in die Pressung geht?

Hören es wenigstens die Konsumenten?

Mir scheint, dass hier ein ähnlicher Effekt stattfindet wie in der Literatur: Früher, als man noch mit Schreibmaschine geschrieben hatte, musste man sich dreimal überlegen, was tippen will, da kam dann weniger bei raus, das aber hatte Qualität. Dieter Hildebrand hat das mal schön an Beispielen erklärt. Seit jeder mit dem Computer schreiben und Korrigieren kann, wird alles im Hochtempo "Rausgehauen".
 
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Du hast schon ganz recht, wenn Du vom Verfall der Qualität redest. Ohne das jetzt konkret belegen zu können, würde ich als Grund dafür die totale Verfügbarkeit von Gerätschaft/Software nennen, die sich jeder Möchtegern für ein paar Kröten günstig anschaffen oder aus dem Netz ziehen kann. Also im Gegensatz zu früher 1000 Leute mehr, die sich 1000 Dinge besorgen, um damit Töne zu verkleben. Damit ist also der Output exponentiell gestiegen, die Mühe, Sorgfalt und das Wissen um Harmonie im weiteren Sinne aber nicht. Folglich hört man viel mehr Schund und auch fehlerbehaftetes Material als vordem. Überdies halten sich die o.g. Möchtegerns auch gern noch für Überflieger, da sie ja CDs raushauen können, wofür man einst einen Haufen Spezialisten einspannen musste, die z.T. jahrelang ihr Metier gelernt haben. Auch das beflügelt eine abnehmende Qualität, weil Selbstüberschätzung Erfahrung substituiert.

Aber auch am Beispiel von Dir selbst sieht man, dass nicht (mehr) mit Sorgfalt gearbeitet wird. Du führst den Bereich Literatur an, der ehedem die Wirkdomäne der Schreibmaschine war. Heute tippt man beinahe ungefiltert in den Rechner und schaut kaum noch nach Schreibfehlern. Was soll`s; ist sowieso alles schnelllebig. Ein Übriges tut der Zeitgeist, der solche Zeitbomben wie die neue deutsche Rechtschreibung gebiert, erfunden von Sesselfurzern, um die globale Kommunikation zu erleichtern. Was ist geschehen? Ein bewährtes, sauberes sprachliches Ordnungsgefüge wurde ohne Not zerschlagen. Heute schreibt jeder wie er will - und auch drei "l" in Schnelllebigkeit wurden als korrekte Schreibweise deklariert (obwohl man darüber lachen muss).

Der Zeitgeist bewirkt also, dass Schnelligkeit und Masse die Präzision verdrängen dürfen. Aber man sollte das auch mit einer gewissen Gelassenheit nehmen: irgendwann schlägt das Pendel wieder zur anderen Seite aus. Aber wahrscheinlich nicht mehr zu unseren Lebzeiten.
 
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Ich kann den Vorrednern nur bedingt beipflichten!

Es müsste ja so sein, daß bei bedeutend mehr Output der vom Konsumenten angenommene/gekaufte Qualitätsdurchnitt mit steigt.
Eine vertausendfachung des Outputs würde ja zwangsweise auch den "traditionellen" Output beinhalten und somit die auch die "alte" Qualität darin enthalten sein.

Ich denke, daß ein wesentlicher Teil der - nennen wirs höflich Vereinfachung - durch mehrere Faktoren angetrieben wird:
1. Durch gigantische Langeweile. Diese entsteht u. a. durch das absolute Totspielen eines erfolgreichen Titels. Wenn der auch noch so gut ist hängt er einem nach ein paar Wochen zum Hals heraus.

2. Musik ist ja nur das Beiwerk. Das eigentlich Trägermedium ist die damit verbundene Geschichte. Diese wird per Video, bezahltes Airplay, diversen Neben(skandal)-Geschichten. Moderatoren etc. gemacht.

3. Musik wird nicht mehr von Menschen konsumiert die sich Musik anhören. Musik wird als permanente Geräuschkulisse ganztägig wahrgenommen. Musik hören nur mehr Personen die kurzfristig, emotional auf ein Musikstück reagieren. Das sind hauptsächlich junge bzw. sehr junge Personen. Denen wird aber auch schneller langweilig.

4. Alle vorangegangenen Punkte machen es u. a. notwendig den Output ständig zu beschleunigen. Die dazu notwendigen Protagonisten lassen sich aber in Anzahl und Qualität nicht "züchten". Also muss die vom TA beschriebene Masse her und daraus wird das irgendwie Machbare extrahiert.
Ob das ein Musikstück oder eine mit bestimmter Musik verknüpfbare Person ist, ist letzlich egal.

5. Diese Masse macht die Möglichkeit (für Musikschaffende) von Musik zu leben fast unmöglich. So wird fast ausschliesslich für den Mainstream produziert. Das bedingt wiederum eine relative Vereinheitlichung der Musikstücke. Daraus entsteht wiederum eine bestimmte Langeweile und............. zurück zu Punkt 1.
 
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Ich denke, das ist auch ein Phänomen des Älter-Werdens (auch wenn wir es uns nicht eingestehen wollen befällt uns das leider alle ;-) ). Das hat schon auch etwas mit Nostalgie zu tun - Musik mit der man aufgewachsen ist, mit der ist man häufig emotional tiefer verbunden und sieht sie mit anderen Augen.

Die wesentlichen Gründe für die Verflachung von Qualität in praktisch allen künstlerischen und technischen Aspekten des Musikschaffens (aber auch des Musikhörens) wurden ja schon genannt. Auch die kreative Qualität leidet: Als Native Instruments zB Machine auf den Markt warf - naja, das musikalische Ergebnis kennt man ja. Aber das gab es zu "Magix Music Maker" Zeiten ja auch schon. Ähnliches passiert ja auch zB im Scoring Bereich für Film, Fernsehen und Videospiele: Libraries von den üblichen verdächtigen ersetzen die kreative Arbeit, das Ergebnis ist, dass sich alle Fernsehserien heute gleich anhören (danke, Heavyocity).

Vielleicht hat die "Verflachung" von Qualität aber auch wie fko56 meint, mehr mit der Masse an Musik zu tun, die uns überflutet, ob der es immer schwieriger wird, qualitätsvolle (was auch immer das für den einzelnen sein soll) Musik zu finden. Filterblasen und Search Bubbles (Leute die das gehört haben, haben auch das gehört ...) tragen sicher auch ihren Teil dazu bei, dass man immer schwerer was Neues, vielleicht qualitätsvolleres findet. Man spekuliert ja auch, dass die Masse sich selbst "entwertet", ich bin aber mir nicht sicher, ob das eine faire oder korrekte Aussage ist.

Gerade dieser Punkt ist es aber, der mir am meisten "Sorgen" bereitet: Wie findet man in der Masse die Klasse? Es gibt sie ja immer noch (auch wenn natürlich jeder andere Geschmäcker hat). Und: wie kann man andere (vorzugsweise die Jungen) für "mehr Qualität" begeistern? Was kann man Musikkonsumschafen bieten, damit sie Musik nicht nur als Begleiterscheinung sondern auch als selbstständiges Werk wahrnehmen und schätzen können?
 
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(...)
Gerade dieser Punkt ist es aber, der mir am meisten "Sorgen" bereitet: Wie findet man in der Masse die Klasse? Es gibt sie ja immer noch (auch wenn natürlich jeder andere Geschmäcker hat). Und: wie kann man andere (vorzugsweise die Jungen) für "mehr Qualität" begeistern? Was kann man Musikkonsumschafen bieten, damit sie Musik nicht nur als Begleiterscheinung sondern auch als selbstständiges Werk wahrnehmen und schätzen können?
Uiuiui! Da hast Du aber ein wahres Wort gesagt. Darauf habe ich auch keine Antwort und dies ist auch der Punkt, der einem Angst machen kann. Angst auch deshalb, weil vieles am wirklich Kreativen das Selbstgemachte ist. Keine Versatzstücke, kein Kopieren, keine Samples. Und wer will heute schon so arbeiten? Wer ein Instrument nicht spielen kann, muss es dann halt mühselig erlernen oder jemanden finden, der das betreffende Instrument beherrscht. So war das früher und nur so sind Bands entstanden. In Zeiten der Kommerzialisierung der Musik- und Instrumente(-industrie) zieht man auf diese Weise jedoch keinen Hering vom Teller, aber es erfolgt die Rückbesinnung auf die Quellen. Man wird zum Exoten und vermutlich belächelt. Und ob "Back to the roots" etwas hinsichtlich Deiner oben angesprochenen Fragen bringt, können wir wohl kaum beantworten.
 
Wie findet man in der Masse die Klasse?

So gut wie gar nicht!

Abgesehen vom persönlichen Geschmack der ja nicht unbedingt von "Klasse" geprägt sein muss kann man das heute nicht mehr bzw. eher zufällig.
Man hat zwar die Möglichkeiten aber nie die Zeit all diese Möglichkeiten zu nutzen. Die Bekanntheit und damit die unmittelbare Beinflussung von Suchergebnissen machen die Bolens und X-Factors.
Music wird damit zu einer Sportart mit Ranglisten deren Sieger aus dem Vorjahr heuer verschwunden sind.
Auch werden reihenweise Talente "gefunden". Wirklich Gute. Das bedingt aber auch wieder eine Talente-Inflation.
Meiner Meinung wird es in Zukunft hauptsächlich durch die Persönlichkeit des/der Interpreten zu gehaltvollen "Entdeckungen" kommen. Ein gerütteltes Maß an Können wird da sozusagen als Feature mitgeliefert.
Wirklich bekannt und einflussreich im Format der Musiker aus dem vorigen Jahrhundert wird wahrscheinlich keiner der zukünftigen Protagonisten werden. Zumindest nicht durch seine Musik.
Hoffentlich gibt es dann trotzdem einige wenige Ausnamen die die Regel bestätigen.

Daß das ewige Gesample und Remixing langsam fade wird zeigen die langsam mehr werdenden unplugged Konzerte ohne grossartige Elektronik.
Die Leute sind nach wie vor fasziniert von "echt" gespielten Instrumenten. Auch wenn das ein elektronisches ist. Das lässt hoffen.
 
Mir scheint, dass hier ein ähnlicher Effekt stattfindet wie in der Literatur: Früher, als man noch mit Schreibmaschine geschrieben hatte, musste man sich dreimal überlegen, was tippen will, da kam dann weniger bei raus, das aber hatte Qualität. Dieter Hildebrand hat das mal schön an Beispielen erklärt. Seit jeder mit dem Computer schreiben und Korrigieren kann, wird alles im Hochtempo "Rausgehauen".
Genau über so ein Beispiel bin ich die Tage gestolpert. Ein 17-jähriger "Schriftsteller" der in Eigenvertrieb innerhalb von einem Jahr(!) sieben Bücher geschrieben(!) und veröffentlicht hat(!).
Ich hab mir die Klappentexte durchgelesen und Leseproben, es war miserabel.
Überhaupt empfehle ich mal bei Amazon nach E-Books zu gucken. Was da für ein Scheiß zu kaufen ist. 50 Shades of Grey ist auch so ne Frechheit. Vom Stil her ist das 6. Klasse Niveau.

Beim Beispiel mit den Sängerinnen sehe ich es aber ein wenig anders. Eine Katja Ebstein war nie das Abziehbild eines Topmodels, sie war nicht so übertrieben standardisiert wie heutige Schlagersängerinnen. Die sehen doch inzwischen alle gleich aus, Sex sells. Und da nimmt man die weniger begabten Sänger, weil die eben gut aussehen. DSDS macht es doch seit 16 Jahren vor. "Du kannst zwar nicht so singen, aber sieht geil aus, bist weiter" - Kay One bei DSDS.
 
Kay One kann ja selber nicht richtig singen und sieht nur "geil aus" :)
 
In Zeiten wo "Geiz geil" ist und Selbstkritik nur ein Lippenbekenntnis ist muss man sich eigentlich nicht wundern, wenn sich das auch in der Musikbranche wieder spiegelt.
Dort soll heute doch in erster Linie möglichst viel Gewinn bei möglichst geringen Ausgaben gescheffelt werden und die Sänger/-innen so schnell wie möglich ausgetauscht, damit der Rubel weiter rollt.

Das sieht man doch schon an einigen bekannten Castingshows.
Ich habe das Gefühl, es geht oft nur noch darum Leute vor zu führen um top Einschaltquoten zu erreichen.
Von wievielen Gewinnern hört man nach 2 Jahren noch etwas?

Zum Thema Selbstkritik - ich brauche mir nur Hörproben auf diversen Musikportalen anhören.
Eigentlich sollte der eigene gesunde Menschenverstand manchem bei seinen Aufnahmen selbst sagen, dass man solch schlechten Gesang oder extrem unprofessionelle Aufnahmen im eigenen Interesse nicht veröffentlichen sollte.
Dann nach Kritik fragen ist ok. Aber gute Freunde sollten das dann auch tun - möglichst schon im Vorfeld, bevor Aufnahmen online für alle zugänglich sind.
Da das oft nicht der Fall geht es seinen Weg - es muss eine CD produziert werden. Dagegen ist ja erst einmal nichts ein zu wenden.
Die Produktion darf natürlich aber möglichst nur sehr wenig bis nichts kosten. Also geht man in irgendein kleines Studio, wo im besten Fall jemand ist, der sich etwas mit den Gerätschaften auskennt und das nebenher macht.
Sicher gibt es auch hier bessere und schlechtere, aber wer einmal in einem professionellen Studio Aufnahmen gemacht hat und vor allem das Endergebnis gehört hat, weiß wie groß der Unterschied des Hörerlebnisses hinterher sein wird.

Noch schlechter wird es, wenn die Musiker/-innen anfangen selbst produzieren zu wollen. Gleich ob im Miet-Studio, wo die akustischen Bedingungen meist wenigsten gut sind - oder im "worst case" irgendwo in einem Probenraum, der überhaupt nicht für Aufnahmen ausgelegt ist und vermutlich mit unzureichendem Equipment.

Ich finde, man muss wissen wo man hin möchte und wenn man eine CD produzieren möchte, die in den Handel soll geht um ein professionelles Aufnahmestudio kein Weg herum.
Und das kostet eben Geld. Gute Arbeit ist immer teuer!
Das beginnt schon damit, dass Mikrofone genutzt werden, die mehrere tausend Euro kosten - und den Unterschied hört man schon beim Einspielen/-singen über die Kopfhörer.
Es geht weiter bei sehr konzentrierter und penibler Studioarbeit und endet beim Mixen und Mastern.

In der Jazzszene läuft das auf jeden Fall derzeit noch etwas besser als im Pop- oder Schlagerbereich, obwohl es auch hier bei den Produzenten und Labeln große unterschiede gibt.

Vielleicht liegt es aber auch an den Kauf- und Hörgewohnheiten von uns als Konsumenten.
Die Wenigsten setzten sich heute doch noch hin und hören mit Muße Musik. Sie wird eher nebenher konsumiert und da ist es den Meisten egal, ob Sequenzen großartig zu hören sind.

Letzendlich entscheidet doch der Käufer darüber, wie Musik produziert wird.
Sind wir kritischer und kaufen überwiegend professionell top produzierte Musik könnten die Label nicht anders als gescheit zu produzieren, denn sonst blieben sie auf ihrer oft wirklich schlecht gemachten Musik sitzen.
 
Nichts für ungut, aber irgendwie finde ich das Gejammere darüber, dass manche Leute nicht professionell genug arbeiten, zu wenig Geld investieren etc.pp. ziemlich arrogant. Mit den Argumenten, die hier aufgeführt werden, kann man auch den Kindern im Kindergarten sagen, dass ihr Gekritzel auf dem Papier ein Unding sei und sie gefälligst einen professionellen Picasso engagieren sollen, ohne dabei zu geizig zu sei; dabei noch auf die genutzten Buntstifte schimpfen und fragen, warum nicht mit guten Rotring-Stiften gearbeitet wird.

Es bleibt jedem selbst überlassen, wie professionell er arbeiten möchte, wie viel Zeit er darin investiert und wie viel Geld er für sein Hobby ausgibt. Wem das Ergebnis zu unprofessionell ist; der muss es sich nicht anhören und braucht sich nicht dafür zu interessieren. Aber es gibt keine Pflicht zum Perfektionismus und auch keinen Anspruch auf Perfektionismus. Auch Leute mit weniger Erfahrung und geringeren Mitteln haben ein Recht, ihr Hobby auszuüben. Man muss sich wirklich nicht für sie interessieren, wenn man das nicht möchte, aber die Leute ihre Sachen auf ihre Art machen lassen.

Ich würde mir auch keine Platte kaufen, die qualitativ unter aller Kanone ist. Aber wozu hört man sich vor dem Kauf eine Hörprobe an? ist mir der Mix zu billig oder das Mastering zu schlecht, dann Zack und weiter. Darüber, dass jemand eine solche Veröffentlichung verbrochen hat, muss ich mich nicht aufregen - Schwamm drüber und vergessen.
 
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Viele interessante Aspekte sind bisher eingebracht worden, und Gedanken um den Nachwuchs wurden auch schon gemacht. Eine Unterhaltung mit unserem Schlagzeuger (ein paar Jahre jünger als ich) hat noch einen interessanten Aspekt hervorgehoben, der mir - und was man hier rauslesen kann, euch teilweise euch und je nach musikalischer "Herkunft" sogar sehr - nicht aufgefallen war, nämlich das viele junge Musiker mittlerweile nicht mehr wissen, wie ein akustisches Instrument (vor allem Schlagzeug) eigentlich klingt. Wird bei Gesang ähnlich sein und ist natürlich eher im Pop/Rock/Metal-Bereich der Fall als bei klassischer Musik oder Jazz, aber wer Pech hat und (ich hoffe, der Ausdruck ist hier richtig, bin kein Fachmann) musikalisch nur mit moderner Musik sozialisiert wurde, wird wahrscheinlich auch so klingen wollen.
 
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Es wurde angedeutet, dass man heute vor allem (noch) im Jazz- und Klassik-Bereich hochwertige Produktion findet, die audiophilen Ansprüchen gerecht werden. Dabei handelt es sich natürlich um zwei Musikrichtungen, bei denen der Zuhörer seit jeher ein großes Interesse an hochwertigem Audio-Material hat. Und unter den wohlhabenden Leuten, die sich eine Hifi-Anlage für 10.000 Euro und leisten können, sind es auch vornehmlich Klassik- oder Jazz-Interessierte, denen das auch das Geld wert ist.

Wer sich für Schlager, Hip Hop oder auch für Liedermacher interessiert, der wird in erster Linie ein lyrisches Interesse an dieser Musik haben. Für ihn stehen die verbalen Botschaften im Vordergrund und weniger die verbale Qualität. Kann er einem Lied in Sachen Text und Melodie die Note 1 geben, kann er eine Note 4 in Sachen Produktion auch tolerieren.

Wer sich für Eurodance oder Elektropop interessiert, erwartet dass die Musik einfach nur laut und fett klingt; dies nach Möglichkeit auch mit dem billigsten MP3-Player. Was durch die audiophile Brille schlecht aufgenommen, schlecht produziert und auch schlecht gemastert ist, ist genau das, was der Zuhörer in dieser Form erwartet. Würde man an eine Eurodance-Produktion herangehen, wie an eine Jazz-Produktion, würde die Haupt-Zuhörerschaft das nicht nur kaum zu schätzen wissen, sondern - ganz im Gegenteil - die Musik eher langweilig finden.

Das ist aber kein neues Phänomen. Es gab auch früher viel schlecht produzierte Musik, die sich dann auf eine 7''-Single gepresst nochmals eine Nummer schlechter anhörte und trotzdem erfolgreich war.
 
So gute Ohren wie der TO habe ich vermutlich nicht ... einen Drumkick ob der fehlenden Transponierung zu bemängeln .. ich würde halt sagen, klingt irgendwie schräg.

Davon abgesehen da ja vor allem der Qualitätsanspruch hier im Vordergrund steht ( wer zum Teufel ist Michelle???)
Da mache wir uns emol janz einfach und unterscheide jenau drää Dinge:

Audioqualität: Loudness war, Totkomprimierung etc. brauche ich glaube ich nicht zu erwähnen. Ursprünglich fürs Radio zwecks Aufmerksamkeit hat sich das verselbständigt und hat es den Produzenten billiger Güter deutlich erleichtert audio-devices wie Kopfhörer, Stereoanlagen ( oder was man heute dafür hält) zu erschaffen. Geil, eine Muckemaschine für 100 Euro und macht laut...) Diese selbstverstärkende Schleife sorgt für weniger Dynamik und allerlei Mist mehr, dafür eine schöne Badewanne die WUMM macht. Meine Kinder können gute Aufnahmen von schlechten kaum unterscheiden und das kaum resultiert nur daraus dass ich gelegentlich mal ein paar Beispiele für den Unterschied auf meiner Anlage fahre ...

Produktionsqualität: Ja, wohl ebenso. Dazu kann ich aber weniger beitragen, Clipping allerorten (selbst in Toptiteln) ist mir bereits bei absoluten Toptiteln aufgefallen (HipHop und co). Da war ich ziemlich fassungslos und habe es zuerst auf einen Fehler sonstwo geschoben. Nein, nein, war von der Original-CD... (gut, die könnte als Schwarzpressung in sonstwo gemacht worden sein ... war nicht meine)

Edit: Das mit der Verfügbarkeit von Produktionsmitteln stimmt sicherlich, aber das meiste Zeug davon hören wir doch nie... es ist eher die Herangehensweise an eine Produktion, da ein geiler neuer DJ mit geilem neuen, verkäuflichen Sound und schon wird Mist übergeben und Mist weiter produziert. Ausnahmen bestätigen die Regel. Selbst M.Eicher mit seiner ECM war schon immer eine Ausnahme.

Zuhörerqualität: Nunja, Musik wird konsumiert. War schon immer für einen Großteil der Bevölkerung so, hat m.E. noch zugenommen. Die Allverfügbarkeit von spotify, youtube etc. verdrängt das klassische Radio und man gewöhnt sich an den schlechten Klang, zumal man die Mucke beim Fitness, bei der Arbeit, daheim, halt immer dabei hat. Musik wird nicht mehr als Musik wahrgenommen sondern als Hintergrundgeräusch/Soundtrack des eigenen Lebens den man auch noch selbst bestimmen kann oder sich bestimmen lässt. Könnte ja sonst langweilig werden.
 
Auf der ANDEREN Seite muss ich sagen, dass es da durchaus diverse "Gegenbewegungen" gibt, die ich wahrnehme. Es gibt je nach Genre auch verdammt viel durchaus "sauber" produzierte Musik - ich bin selbst viel in dem unterwegs, was unter "Americana" zusammengefasst werden kann, oder meinetwegen auch Folk-Rock oder ... hm, schwer, da eine Genre-Schublade draufzupappen.

Will sagen: Es gibt gerade bei Musik, die auf echte Menschen mit echten Instrumenten setzt (und die gibt es noch!) in Summe schon recht hohe Qualität, durch die Bank: Die Musiker sind gut, Aufnahme und Produktion sind super, das Gesamtergebnis auch. Nicht unbedingt bewusst "audiophil", aber eben sauber gemacht und nicht lieblos hingerotzt. Da ist durchaus viel echtes Handwerk drin. Dann gibt's die ganze Lo-Fi Gegenseite, die ganz bewusst mit schrottiger Technik arbeitet und entsprechende Ergebnisse produziert.

Die Challenge ist eher, diese Musik zu finden, denn (gerade im deutschen) Radio wird man die nur selten zu hören bekommen. Hier muss man als Interessierter eben - wie immer schon! - selbst auf die Suche gehen und dem Hobby Zeit lassen. Man vergisst immer gerne, wie viel totaler Schrott in den 1950er bis 2000er Jahren auch gelaufen ist! Musik war "früher" auch nicht unbedingt besser, der Zeitgeist hat immer eine riesige Rolle gespielt, und "Hits am Fließband" wurden immer schon rausgehauen.

Ich stöbere mich absolut gerne durch gut kuratierte Playlisten bei Spotify um auch neue Musik zu entdecken. Und höre diverse Podcasts um zu sehen, was sich gerade so tut (der New York Times Popcast ist toll, ebenso "All Songs Considered" vom NPR). Ich folge Blogs, lese nach wie vor die britische UNCUT, rede mit anderen Musikinteressierten - und kann mich über einen Mangel an wirklich guter Musik nicht beklagen.

Aber eben auch: eine sehr starke emotionale Verbindung wie (in meinem Fall) zu einem "Sultans of Swing" oder "Born To Run" oder meinetwegen auch "51st State of America" oder "Forever Young" oder "Under The Bridge" wird für die neue Musik schwer. Die Songs in der kurzen Liste (zusammen mit einigen mehr) sind für mich ewig verbunden mit legendären Partys, Erwachsenwerden, erster Liebe, und so weiter. Da kommt man schwer ran, das ist die enge Verbindung zum "Soundtrack des eigenen Lebens".

Um's mal konkret zu machen: Michael Kiwanuka - Love & Hate. Meiner Meinung nach eines DER besten Alben 2016, als Gesamtpaket. Schlanke, 10 tolle Songs. Es gibt sie noch, die gute Musik. Oder auch was Marcus Mumford so raushaut in den diversen Konstellationen wo er unterwegs ist. Oder auch die Black Keys mit ihren Ablegern und Dan Auerbach als Produzent. Dann die ganzen "alten Hasen", allen voran für mich Tom Petty, die immer für ein gutes Album gut sind.

Und was nachwachsende Generationen angeht: Meiner Meinung nach ist es doch okay, wenn man die Musik der Eltern (erstmal oder immer) doof findet. Genau so wie die Klamotten. Oder. oder. oder. ;)
 
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