Musik für Musiker, der Rest bleibt draussen!

Fastel
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[Achtung, ich bin mal bewusst ein bisschen provokativ]

Dream Theater
Charly Parker
Johann Sebastian Bach


Wenn Leute, die selbst keine Musik machen, kein instrument spielen soetwas hören:

Toccata und Fuge in Dmoll "Cool diese Melodie am Anfang, die kenn ich! Aber ab Minute 7 oder so nervt es hart."
Dream Theater - "oh guck mal wie verrückt die sind! Ab Minute 23 nervt es hart."
Bebob- "Jeah geht ab!... aber muss der so dudeln die ganze Zeit?.... nervt hart."

Das ist keine Behauptung, nur eine manchmal(!) bemacht Beobachtung.

Der Musiker antwortet verzweifelt:
Toccata und Fuge: "Aber guck mal da kommt der Comes in einer doppelt gerippten Modulation über das fünfte Thema dreistimmig bla bla..."
Dream Theater: "Aber schau mal wie die wechseln zwischen 13/8 und 9/7 Takt bei 392 bpm und das unisono und dann in Triolen... und wie tight die zusammen sind, und wie schnell der mit den langen Haaren da spielt... ne der andere mit der Gitarre!"
Be-bob: - "Aber... aber... die modal Interchanges man! Und wie der Outside spielt! Voll Outside!"

(kein Anspruch auf vollständigkeit der jeweiligen Zitate ;) )
Soweit die Vorrede ;)

Frage: gibt bekannte/verbreitete Musik/Bands, die nur für Musiker gemacht ist? Die sich nur für Musiker erschließt? Bei deren Konzerten man fast nur andere Musiker im Publikum findet?

Oder hören auch Leute ohne irgendeinen praktischen musikalischen Hintergrund Dream Theater?
Finden auch Leute eine Bachfuge gut, die die musikalische Mechanik dahinter nicht verstehen? Wenn die Melodie weg ist, kommt ja prizipiell erstmal viel Gedudel. Das gilt wohl auch für Bebob.
Und wenn nach dem Hören einer endlosen Bachfuge ein Nichtmusiker sagt: "ja fand ich gut". Ist das eher Verlegenheit weil - man will sich ja "Kultur und so" geben? Oder funktioniert das, dass ein Nichtmusiker solche Musik aus einem - ihm selbst vielleicht auch nicht bewussten - Grund toll findet? Dass bei einem be-bob Konzert nach dem 7. hektischen uptempo Solo auch bei dem "Nichtmusiker" die Zuhör-Luft noch nicht raus ist?

ps: ich bin absichtlich provokativ in der Formulierung ;)
pps: ja es steckt ein wenig Ironie darin Musikern diese Frage zu stellen :weird:

Also die Gedanken sind frei! :D
 
Eigenschaft
 
Charlie Parker ;)

Ich hab keine - oder zumindest recht wenig - Ahnung von Musiktheorie aber ich liebe Bach und höre auch mal gerne "stundenlang" Fugen ...
Ich habe auch keine Ahnung von den "Jazztheorien" aber ich liebe Jazz, besonders Bop und höre wirklich stundenlang Charlie Parker, Miles Davis, John Coltrane und und und ...
 
Hm...

wenn ich Musik höre, dann höre ich, um sie zu genießen, nicht um zu analysieren. Und dann nervt mich z.B. scheinbar planloses Rumgedudel oder so wahrscheinlich genauso wie einen Nichtmusiker. Dann ist es mir egal, ob sich genialerweise ein 17/23-Takt mit einem 9/18 abwechselt oder der Komponist ein 2-jähriges Wunderkind war, dann schalte ich um oder aus oder höre weg.

Etwas anderes ist es natürlich, wenn ich als (Hobby-)Musiker etwas gezielt anhöre, weil mich die Musik "dahinter" interessiert - sei es, weil ich es selbst spielen möchte oder weil es mich einfach interessiert, was da passiert. Aber "Musik hören" tu ich vermutlich nicht viel anders als ein Nicht-Musiker.
 
Ich habe mal gehört, und das hat sich für mich sehr bewahreitet, dass man Musik hören lernen muss. Man muss schon eine Menge bewusst hinhören, damit sich einem das ein oder andere erschließt. Und je öfter man das macht, desto leichter findet man Zugang zu komplexer Musik. Musiker hören von sich aus natürlich schonmal eher genau hin, was gerade passiert, haben also sozusagen einen Trainingsvorsprung. Trozdem kann ich mir natürlich vorstellen, dass Breiti von den Hosen weniger auf Anspruchsvolles steht als ein regelmäißger Operngast.

Zur Frage, ob komplexe Musik besser ist, würde ich sagen, dass es nicht verkehrt sein kann viele Möglichkeiten zu haben. Man muss sie aber sinnvoll anwenden, und nicht mit gewalt in 4:30 pressen.

Empfehlung für Freunde komplexer Musik: Animals as Leaders
 
Das Thema macht mir wieder bewusst, dass ich Avishai Cohen und Omer Klein zuhause nur hören kann, wenn ich alleine bin. Andererseits gibt es auch genügend Konzertbesucher, die keine Musiker sind.

Ich musste da auch wieder an die Hörtypologie nach Adorno denken, hatten wir mal in der Schule (ganz schön lange her). Daraus leite ich spontan die These ab, dass der Zugang zu "komplexer" Musik nicht zwingend am "Musikerdasein" hängt, sondern ggf. auch an Hörgewohnheiten. Man kann ja Dream Theater, Bach und Parker toll finden und gerne hören, ohne dass man die Strukturen versteht.

Wo ich aber aussteige: John Cage, "Branches". Einmal eine Aufführung erlebt, das ist mir zu schräg. Aber ich bin ja auch nur Hobby-Musiker... ;-)
 
Nun ich gebe zu das es mir schwer fällt Musik manchmal nur zu hören und nicht zu analysieren. Es gibt definitv Bands und Künstler deren Publikum fast nur aus Musikern besteht. Ich finde es ansich schade, das mir die Leichtigkeit beim hören manchmal abhanden gekommen ist.
 
Der Beitrag von @marcel71 brachte mich auf Parallelen zu Bereichen wie Malerei und Literatur, wo der Output von X oder Y auch für gewöhnliche Sterbliche schwer zugänglich sein können. Aber würde da jemand fragen, ob X nur für Maler*innen malt oder Y nur für Autor*innen schreibt?
 
Ich finde das ist schwierig zu pauschalisieren. Ich kenne genug Nichtmusiker, die auf Prog, ect stehen und beim Hören auch einfach... etwas gefordert werden wollen.
Der Mainstream-Radio-Konsument hat da natürlich weniger Zugang bzw. überhaupt Interesse. Wenn da nicht in der ersten Minute ne eingängig Hook kommt, hat es sich schon erledigt.

Mir geht es im Umkehrschluss aber auch oft so (gutes Beispiel Dream Theater), dass manche Parts gefühlt einfach nur der Technik & Komplexität willen Platz im Song gefunden haben. Für mich dann auch oft nervig beim Hören.

Für mich muss ein Song in erster Linie Gefühle oder eine Atmosphäre erzeugen, der Rest is ein willkommener Bonus.

Als Gegenbeispiel mal Tool - die verpacken die Komplexität so geschickt im großen Ganzen, dass es erstmal nebensächlich ist, was da eigentlich alles abgeht. Da habe ich auch das Gefühl, dass bei der Band wirklich jeder Ton mit Absicht an genau diese Stelle gesetzt wurde (.... Naja Jambi vllt. nicht, da könnte ich mir vorstellen das Adam einfach mal n Talkboxsolo spielen wollte und ein Song dafür gebastelt wurde :rolleyes:)
Aber erstmal hat man einen stimmigen atmosphärischen Song, bei dem es dann als Bonus viele Details zu entdecken gibt und auch nach dem 20mal Hören noch interessant bleibt.

Die oben erwähnten Animals as Leaders find ich auch mega :great: wenn da auch viel Ausschuss dabei ist.
Kleiner Geheimtipp meinerseits wäre noch Indukti sowie KLONE, leider viel zu unbekannt
 
Ist ganz einfach: Entweder es gefällt mir, oder ich kann mich "reinhören". Sonst halt nicht. Musiker hin oder her. Aber zu mir weiter unten, erstmal so:

Ich nehme folgende Sachen wahr:
- Leute finden Musik gut, weil sie sie gut finden wollen. Der ProgRocker "will" ProgRock gut finden, der Jazzer Jazz, der Metalhead Metal... das ist nicht nur ehrlich und gewollt und gefühlt, das ist z.T. auch "gemusst".
- Leute finden es gut, wenn sie mehr wissen und verstehen und fachsimpeln. Andererseits - wer hat nicht schonmal die Freude-befreite Musiker-Polizei erlebt?
- Musiker, die Nischen-Musik machen sollten damit selbstbewusst klarkommen und sagen "mag halt, wer mag" und nicht "baah, die sind zu doof zu verstehen wie genial die sind". (und auch wenn es schwer ist: Klassik und Jazz und Metal und ProgRock sind Nischen).
- Es gibt keinen objektiven Maßstab für Qualität und "Wertigkeit" von Musik. Komplexität ist es nicht, Verkaufszahlen auch nicht, wie oft gesungen kaum messbar ("Happy Birthday To You" dürfte recht weit vorne sein...). "Schwierig" ist nicht "besser". "Einfach" ist nicht "besser". Einfach und eingängig ist tendenziell kommerziell erfolgreicher, aber was ist schon einfach und eingängig? Leute hören Beyonce und Drake und sind kaum der englischen Sprache mächtig, aber hören sie, cause Image.
- Der Zugang zu Musik kann sehr unterschiedlich sein. Von "ich will verstehen, und das im Detail" zu "Haupsache es geht ins Ohr und in die Beine".
- Musiker sind nicht "besser" als nicht-Musiker.
- Kunst ist halt Kunst, und vielschichtig.

Ich halte es wie oben gesagt. Ich bin als (Hobby)Musiker nichts Besseres. Ich bringe Leuten, die ihr Instrument und ihre Musik beherrschen absoluten Respekt entgegen. Trotzdem kann ich mit gefühlten 75% der klassischen Musik nichts anfangen, ebensowenig wie mit >50% vom Jazz. Von irgendwelchen Prog-Geschichten und Metal und HipHop ganz zu schweigen, da dürfte meine "bringt mir nix" Quote jenseits der 90% liegen. Als Musik-Interessierter höre ich mir aber viel an, auch Sachen, wo von vornherein laut Packungsbeilage nix für mich dabei ist. Und ab und an findet sich ja auch immer wieder eine Perle. Oft aber merke ich, dass es mich irgendwie "zerreißt" - z.B. beim Jazz finde ich oft die Atmosphäre super, die Musiker phantastisch, aber mir wird's nach kurzer Zeit echt zu viel und dann wird's anstrengend und ich muss raus und die Ohren wieder freikriegen.

Warum mich kratzige alte Blues-Aufnahmen, AltCountry/Americana und Folk-angehauchte Sachen so kicken? Warum ich mit der Geschichte der (durchaus mainstreamigen...) Pop&Rock-Musik so viel Spass habe? Keine Ahnung, ist mir auch wurscht, muss ich nicht analysieren und will das auch gar nicht. Lieber mache ich die Ohren auf und höre, was es da so noch alles gibt. Ich schäme mich nicht dafür, dass ich wie viele Millionen anderer Menschen einen Song wie "Sultans of Swing" oder "Superstition" oder auch "Born To Run" auf meiner absoluten und ewigen eigenen Top-10-Liste habe. Genauso freue ich mich, dass da auch Sachen drauf sind, die weniger bekannt sind - weil es MIR gefallen soll und sonst niemandem.
 
Ich hab einige Konzerte gespielt/gesehen bei denen mangels zahlender Besucher nur die jeweils anderen Bands als Zuschauer da waren.
DAS ist mal Musik für Musiker :ugly:
 
Ich habe mal gehört, und das hat sich für mich sehr bewahreitet, dass man Musik hören lernen muss.
Das kann ich so bestätigen....ob man es jetzt lernen muss, soll jeder für sich selber entscheiden...aber man muss schon lernen hinzuhören und sich nur berieseln zu lassen.
Ich habe es bei mir ganz deutlich bei Joe Satriani gemerkt. Früher hab ich mir das mal angehört...einen durchlauf dann CD wieder raus...hat mir gereicht.
Jetzt hab ich "Beautiful Strange Music" beim Arbeiten immer angehabt...und was soll ich sagen...die läuft in der Endlosschleife...obwohl ich nebenher was mache nehme ich die Musik anders war. Meine Frau wäre nicht begeistert wenn sie wüste wie ich dann irgendwie im Takt mitwippend auf dem Gerüstbock herumturne.
 
Das finde ich super, dass das angesprochen wird. Es sollte den Leuten endlich klar sein!
 
Einen Aspekt würde ich noch reinwerfen:

Es gibt Musiker, die Künstler sind in dem Sinne, dass sie ihren Horizont immer erweitern wollen - und das bezieht sich auch auf ihr lnstrument. Da geht es um Erfahrungen, um Grenzüberschreitungen, darum, was geht. Dass man mit einem drum auch Melodien spielen kann, dass ein Bass auch acht Saiten haben kann, mit dem man solieren kann, dass bei Blasinstrumenten die Übergänge zwischen Atmen und Tongeben hörbar werden - sowas meine ich. Gibt es auch auf kompositorischer Ebene, auch beim Gesang etc.

Diese Musik und das, was da passiert, ist nicht in erster Linie dafür da, dass es sich "schön" anhört - sondern dazu, dass experimentiert wird, Erfahrungen erweitert werden.

So was ist - meine Erfahrung - oft für die Leute zugänglich, die einen Zugang zu dem jeweiligen Instrument habe und dessen Grenzen und Möglichkeiten kennen. Oder extrem neugierige Menschen. Oder Menschen, die sich auf Erfahrungen einlassen möchten, die jenseits von "hört sich gut an" liegen.

In gewisser Weise trifft das auch auf Musik zu, die erst mal die üblichen Grenzen übersteigt. ProgRock, Jazz, Experimentelles etc. Das sind oft Sachen, die Musiker beeinflussen, die es dann in dem "mainstream" tragen. An der Grenze sind trifft man dann auch nicht selten die Zollbeamten der Jazzbehörde und der Puritaner-Polizei.
Jahre oder Jahrzehnte später ist das dann mainstream und regt keinen mehr auf. Nicht immer, aber oft genug.

Insofern: Übergänge sind fließen, Grenzen sind vorläufig - was zählt, sind Erfahrungen.

x-Riff
 
Musik muss mich berühren, einfach "Kriegen". Ich analysiere keine Musik beim Hören. Wenn es mir gefällt, alles gut. Wenn nicht, weg damit. Ich kann z.b. mit Klassik oder Opern nichts anfangen. Ich könnte natürlich auch keine Analyse darüber schreiben, aber ich kann es mir einfach nicht anhören. Obwohl ich selbst Musik mache, ganz wenig von Theorie verstehe, aber so gehe ich einfach da nicht ran. Musik ist ja für mich auch nur ein Hobby, zwar das schönste der Welt, aber eben kein Beruf. Weit hergeholt, aber: Für mich ist das z.b. wie bei Wein. Schmeckt oder schmeckt nicht. Punkt. Den Rest überlasse ich gerne den selbst ernannten "Fachleuten". Obwohl ich solche Musiker und Komponisten einfach genial finde, aber das ist für mich auch schon wieder zu weit weg.
 

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