Mir geht's teilweise ähnlich wie dir. Ich mag Country-Sounds auch sehr gerne. Diese ultrakonservative und teils rassistische Weltsicht einiger Leute vor allem aus den Südstaaten finde ich auch definitiv inkzeptabel.
Wobei man da auch noch unterscheiden muss: Nicht jeder, der sich gerne mit der "Rebel Flag" zeigt, ist auch gleich ein ultrakonservativer Rassist. Die Konföderierten-Flagge war und ist auch bei Musikern wie Pantera, Gov't Mule oder Hank III, denen man in dieser Hinsicht sicherlich nichts vorwerfen kann, ein beliebtes Utensil...
Zum Glück gibt's den großen Bereich von alt-country, Americana und Co. Diese Leute sind in aller Regel deutlich liberaler und weltoffener. RomanS hat hier vor kurzem eine sehr schöne Liste empfehlenswerter Country-Platten, darunter auch sehr viele "alternative" Acts, gepostet:
https://www.musiker-board.de/vb/country/296577-country-die-besten-cds.html#post3357666
Was
Johnny Cash angeht: Mit Mojo Nixon würde ich den nicht vergleichen. Nixon ist jemand, der ganz bewusst mit den Themen provoziert, die konservativen Amis am meisten "wehtun".
Cash war eigentlich nie in diesem Maße provokant - zumindest nicht absichtlich. Dass er einigen Ärger hatte, stimmt allerdings. In jungen Jahren eckte er wegen exzessiven Drogenkonsums an. Außerdem kultivierte er systematisch sein "outlaw"-Image. Skandalös war seinerzeit auch der "Folsom Prison Blues", weil er darin das Leid eines im Prinzip zu Recht verurteilten Gefangenen besingt - Sympathie für Täter ging damals gar nicht...
Außerdem war er mit politisch eher "links" (wobei das in Amerika ein schwieriger Begriff ist...) stehenden Leuten wie Bob Dylan, Willie Nelson und Kris Kristofferson befreundet, was man ihm im konservativen Nashville auch übel nahm.
In den 90ern hat er sich dann erneut unbeliebt gemacht, indem er mit dem Rock-Produzenten Rick Rubin seine "american recordings" Serie aufgenommen hat. Im Grunde war das für Cash wohl erstmal eine "Notlösung", weil ihn damals keine der etablierten Country-Plattenfirmen mehr haben wollte. Zu alt, nicht mehr "hip" genug. Naja.
Dann hat er diese Aufnahmen mit einem sehr spartanischen, vom Grundcharakter her deutlich "alternativen" Sound gemacht. Ich glaube nicht, dass er bewusst jemandem auf den Schlips treten wollte.
Aber es gab halt so einige Dinge, die konservativen Amis nicht gefallen haben: Er äußert sich überhaupt nicht zu "patriotischen" Themen. Während selbst der "Alt-Linke" Springsteen nach dem 11. September zumindest zeitweise zum "guten Amerikaner" mutierte, schwieg Cash größtenteils. Er gab Benefiz-Konzerte und engagierte sich für die Opfer und deren Angehörige. Politisch hat er das Ganze aber kaum kommentiert. Dann hat er auch noch die christlichen Fundamentalisten gegen sich aufgebracht, indem er Songs von "bösen Satanisten" wie Depeche Mode ("Personal Jesus") und den Nine Inch Nails ("Hurt") gecovert hat.
Das Pikante daran ist, dass Cash selbst bis zuletzt absolut überzeugter Christ war. Aber für ihn war das wohl vor allem eine persönliche Sache. Anderen Leuten vorzuschreiben, was sie zu tun oder zu lassen hätten, war eben nicht sein Ding. Für Leute, die den biblischen Schöpfungsbericht als verpflichtenden Unterrichtsstoff in der Schule sehen wollen (und das in vielen amerikanischen Bundesstaaten, v.a. im Süden, auch erreicht haben) ist so eine offene, tolerante Haltung schon eine Provokation...