Meine ganz persönliche Meinung (also keine "das ist so" Aussage) :
Ich denke die Komplett freitonale Sache war in gewisser Weise als Mittelfinger das dem Publikum entgegengestreckt wurde gedacht: "Ihr wollt schöne Musik?"
Das Aufbrechen der Tonalität mit Wagner und Nachfolgern wurde vielleicht sogar zu einer Art Wettlauf. Wer setzt noch einen drauf. Bis es dann irgendwo einen nicht zu übertreffenen Höhepunkt geht, an dem gar keine Bezüge zur "Harmonielehre" mehr da sind und die Sache komplett freitonal ist. Also keinem Akkord kann ich einen Funktionstheoretischen (oder auch Funktionsästhetischen) Zusammenhang zum Folgenden zuweisen. Einfachstes Beispiel. Ein Dom7 kann also nicht wegen seine Wirkung auf den Folgeklang eingesetzt werden. Er kann nichtmal aufgrund seiner - Wirkung in sich selbst - eingesetzt werden. Da er Spannung aufbaut und Assoziationen erzeugt. Ist dies der Fall entsteht eine Erwartungshaltung die entweder erfüllt wird, oder nicht. Allerdings kann es in freitonaler Musik ja nichteinmal diese Erwartungshaltung geben, denn die ist an unser tonales Musikverständnis gebunden.
Wenn ich selbst komponiere, kann ich höchstens das Dur, Moll, Modi - System aufbrechen. Ich selbst verstehe freitonale Sachen als sinnfrei, aber nicht sinnlos.
Ich brauche beim komponieren allerdings meinen roten Faden, etwas das ich im Sinn habe. Ansonsten wäre meine Musik ein Zufallsprodukt. Allerdings stehe ich kompositionstechnisch noch am Anfang. Mein Theorielehrer hat mit mir schon darüber diskutiert. Ich würde niemals erfahrenen Komponisten vorwerfen, ihre Musik sei durch Zufall genau so wie sie ist. Ich verbleibe für mich dabei, das zu machen wobei ich mich wohl fühle und wobei ich der Ansicht bin, dass das was ich tue genau so getan werden muss. Reich technokratisch könnte man hier auch sagen, es kann "richtig" oder "falsch" sein. Freitonale Musik ist weder richtig noch falsch. Lediglich über die Instrumentation könnte man eine Bewertung, bzw eine Kommunikation zwischen Komponist und Publikum, eine Aussage interpretieren.
Das führt dazu, dass freitonale Musik schwer greifbar und bewertbar ist, sofern man diese Parameter in der Musik überhaupt braucht.
Interessant wäre auch, ob serielle Musik wirklich freitonal ist. Eigentlich ist es doch die unfreiste Musik überhaupt. Frei von Tonika-dominierter Tonalität vielleicht.

Anyway....
edit: ups da war Günter schneller