10. Feintunings
10.1. Schleifen
Schleifen war für mich die eintönigste und am meisten verabscheute Arbeit während meines gesamten Gitarrenbaus. Es erforderte sehr viel Zeit und Ausdauer, bis die Holzteile nach vielen Durchgängen mit den verschiedenen Schleifpapieren endlich so fein und eben waren, dass sie weiter behandelt werden konnten. 7 ganze Tage verrichtete ich nur diese Arbeit und hoffte jedes Mal, dass ich nun an diesem Tag fertig wäre mit schleifen. Motiviert haben mich meine Träume über meine fertige Gitarre und der Wunsch, sie möglichst bald mit nach Hause nehmen zu können.
Wenn die Holzteile der Gitarre komplett sind, kann mit der Feinarbeit, dem Schleifen begonnen werden. Mit der Schleifpapierstärke 100 wird angefangen und über das ganze Pallett hinauf bis zu Stärke 240er/280er Schleifpapier weiter gearbeitet. Es ist darauf zu achten, dass man mit jedem Schleifpapier in die Richtung der Faserung streicht, ansonsten können kleine aber leidige und hartnäckige Kratzer entstehen. Wenn man beim 220er Schleifpapier angekommen ist und nach diesem Durchgang immer noch Kratzer auszumachen sind, schleift man am besten mit diesem Schleifpapier weiter bis auch diese verschwunden sind.
Viele Leute, die eine Gitarre bauen, wissen nicht, wie wichtig es ist, die Oberfläche des Holzes so zu behandeln, bevor sie an das Beizen oder an die Lackierung gehen. Vor allem die Einfärbung mit Beize ist sehr heikel. Auch die kleinsten Kratzer füllen sich mit Farbe und hinterlassen dunkle hässliche Striche.
10.2. Wässern
Nach jedem Schleifgang wässert man die Gitarre komplett mit warmem Wasser. Da sich die Poren mit Wasser füllen und aufstehen, kann man so die feinsten Kratzer und Unebenheiten sehen.
Mit einem feuchten (nicht nassen) Schwamm wird das Holz der Faserung nach angefeuchtet, damit die Schwammspuren schnell wieder verschwinden.
10.3. Beizen
So, nun hatte ich mich endlich mit allen Papieren durch geschliffen und freute mich auf das Beizen. Ich habe mich für ein 3-tone-Sunburst entschieden. Dies färbt in verschiedenen Schritten das Holz ein und gibt dadurch eine ganz besondere Optik, in der die Holzfaserung stark zum Ausdruck kommt. Ich verwendete Stewart MacDonald Beize. Wie der Name schon sagt, sind beim 3-tone-Sunburst am Schluss drei Farbtöne ersichtlich, diesen Effekt ergibt sich aber aus vier Farben, mit denen gebeizt wir:
- Brown
- Honey-Amber
- Red
- Black
Das Färben von Holz ist sehr heikel, weshalb ich zuvor meine Lehrgänge auf einem Probekorpus tätigte. So bekam ich das Gefühl im Umgang mit Schwamm und Spritzpistole.
10.3.1. Ablauf in drei Schritten:
10.3.1.1. Brown
Als erstes verwendet man das Braun, denn das wird später angeflammt. In der Richtung, in der die Maserung verläuft trägt man mit einem Schwamm die Beize auf. Der Schwamm darf nicht zu nass von Beize, sondern nur leicht feucht sein. Unbedingt muss für jede Farbe ein anderer Schwamm verwendet werden.
Anflammen: Anflammen bedeutet, das Holz nochmals anzuschleifen, bis das Bild des Riegelahorn wirklich kräftig zum Vorschein tritt.
10.3.1.2. Honey-Amber
Mit einem neuen Schwamm wird die nächste Beize aufgetragen. Das Anflammen ist jetzt nicht mehr notwendig. Aus dieser Mischung habe ich den ersten Farbton der 3-tone-Sunburst erhalten.
10.3.1.3. Red:
Die nächste Farbe ist ein Rot, das nur als Rand mit der Spritz-pistole aufgetragen wird. Ich versuchte einen möglichst schmalen Rand zu erreichen.
10.3.1.4. Black
Ebenfalls mit der Spritzpistole wird ein dünner Rand entlang der Gitarrenkontur mit schwarzer Beize aufgetragen.
Beim Aufsprühen der roten Farbe passierte mir ein grosses Missgeschick. Als ich den feinen Rand sprühte, wackelte ich wohl zu fest herum, sodass ein Farbtropfen aus der Pistole genau auf eine helle Stelle kleckerte. Das einzige Mittel, einen solchen Fehler zu korrigieren, ist, das Ganze nochmal abzuschleifen und von vorne zu beginnen. Man stelle sich vor, wie missmutig ich an diesem Abend nach Hause ging!
10.4. Lackieren
10.4.1.1. Theorie
Der gute alte Nitrolack eignet sich für die Gitarre eigentlich immer noch am besten. Da die Verarbeitung mit ihm aber ziemlich viel Zeitaufwand benötigt, wurde er in der Gitarrenindustrie durch zahlreiche andere Lacke ersetzt.
Die Kunst des Lackierens mit Nitrolack beruht auf verschiedenen und entscheidenden Dingen.
1. 14-16 Schichten, weil sich im Trockenzustand nur noch ca. ¼ der Masse auf der Oberfläche befindet.
2. Dadurch wird eine Menge Material benötigt
3. Nitro muss in ultra feinen Schichten aufgetragen werden, damit sich keine Haarrisse und/oder Tränen bilden
4. Exakte Handhabung und Vorbereitung
10.5. Oberflächen (Schutz)
Der Schutz ist vor allem beim Lackieren sehr wichtig, denn Nitrolack würde sehr belastend auf unsere Lunge wirken. Also geht man in den nächsten Baumarkt und kauft sich eine Schutzmaske die Lösungsmittel 100 % filtert. Die Maske muss genau passen, damit sie einen optimalen Schutz gewährt. Da Nitrolack auch nicht gut für die Umwelt ist, sich auch nicht so leicht aus einem geschlossen Raum vertreiben lässt, hat Herr Bissig einen Raum mit Abzugsmaschine bei einer Schreinerei organisiert.
10.6. Vorbereiten und Allgemeines
- das Griffbrett wird vollständig abgeklebt
- Lack mit Nitroverdünner anmischen
- Flüssigkeitsgrad prüfen: die Mischung muss in einem Faden vom Rührstäbchen rinnen. Wenn sie tropft, ist sie zu zähflüssig
- Druck des Kompressors auf die Pistole kontrollieren
- Jede Schicht muss genügend lange ausgetrocknet werden: die ersten 4 Schichten können an einem Tag aufgetragen werden, danach nur noch höchstens 2 Schichten pro Woche. Wenn die einzelnen Lackschichten nicht genügend ausgetrocknet und verhärtet sind, können sich die unteren Schichten mit dem Auftragen der neuen wieder lösen und weich werden. Dadurch entstehen Haarrisse.
10.7. Erste Schicht
Die erste Schicht ist eine Ausnahme, und wird vor allem bei gebeizten Gitarren angewendet. Sie besteht nämlich nicht aus Nitro- sondern aus Schellack. Diesen benutzt man, weil er die Beize erst richtig zum Vorschein bringt.
10.8. Vorgänge und Bedienung
Die Flüssigkeit (Nitro- oder Schellack) wird in den Behälter der Pistole gegeben. Eine Sprühprobe ist angezeigt, um Sprühmenge, Breite des Strahles und Druck des Kompressors zu kontrollieren. Am Anfang kann man mehr Material geben, da es noch besser austrocknet als wenn schon mehrere Schichten aufgetragen sind.
Die Gitarre wird zuerst längs und dann der Breite nach lackiert. Auch die Distanz zwischen Gitarre und Pistole ist wichtig, und sollte am Besten schon bei der Probe festgestellt werden. Für die ersten 3 Schichten wartet man zwischen jedem Durchgang mindestens eine halbe Stunde. Je nachdem, wie der Lack trocknet, kann man auch bei den weitern Schichten 2 Vorgänge hintereinander vornehmen.
10.9. Zwischengänge (Lackierungen)
Zwischen den vielen Schichten muss der Korpus immer wieder angeschliffen werden, damit die Oberfläche feiner wird. Natürlich darf nicht der Lack weg geschliffen werden und auch bei den Kanten ist Sorgfalt geboten. Die Gitarre muss unbedingt vor dem nächsten Spritzgang gut entstaubt werden.
11. Polieren
11.1. Vorbereitungen
Dazu gehört auch nochmal das Anschleifen, diesmal mit einem Schleifpapier der Stärke 500. Die Gitarre muss nach diesem Arbeitsgang überall matt sein und weisslich schimmern. Wenn sie sich nun richtig fein anfühlt, wird sie exakt entstaubt und kann poliert werden.. weiss ist und es sich richtig fein anfüllt.
11.2. Verschiedene Techniken
Beim Polieren gibt es insgesamt drei Techniken die man verwenden kann:
a.) Schwabbelscheibe
Diese Technik ist traditionell und wurde schon bei den ersten Modellen der E-Gitarre angewendet. Leider braucht diese Anwendung sehr viel Geschick und Können (und Muskeln). So habe ich auf diese Methode auf Anraten von Herrn Bissig verzichtet und gehe auf den komplexen Hergang auch nicht näher ein.
b.) Von Hand mit Papier
Das Polieren von Hand ist am sichersten, dafür aber wieder mit einem riesigen Zeitaufwand verbunden.
c.) Winkelschleifer
Man verwendet dafür einen Aufsatz aus Schaumstoff, worüber man ein Tuch spannt.
Obwohl die Anwendung mit dem Winkelschleifer auch ziemlich risikoreich ist, entschied ich mich für diese Methode. Ich hatte einfach keine Lust, schon wieder stundenlang von Hand zu schleifen, und die Gefahr des Durchschleifens besteht auch hier. Also, Aufsatz montieren, Tuch darüber und los gehts! Zum Glück und durch meine Achtsamkeit (
ging alles gut!
11.3. Polieren mit dem Winkelschleifer
Mit dem Winkelschleifer muss man immer in Bewegung sein, darf nie an einer Stelle stehen bleiben und ja keinen Druck geben. Aufpassen muss man vor allem an den Kanten, denn da hat man sehr schnell einmal durchpoliert. Begonnen wird mit dem Heavy-Cut Cleaner. Mit diesem poliert man bis es keine matten Stellen mehr gibt. Nun so weiter mit dem Fine-Cut Cleaner und mit dem Swirl Remover bis alles nach persönlichem Empfinden einen ebenmässigen Glanz hat.
12. Elektrik & Hardware
Zur Elektrik gehört Tonabnehmer, Potis, Kondensatoren und 3-Weg-Schalter. Grundkenntnisse in Physik und Elektronik sind hier sehr hilfreich oder man holt die Unterstützung durch Fachpersonen. Ich war natürlich auf die Anleitung von Markus Bissig angewiesen und habe auch in diesem Bereich einiges gelernt.
12.1. Tonabnehmer
Ich wollte auf meiner Gitarre unbedingt zwei Humbucker (deutsch: Brummunterdrücker, zwei Spulen) montieren, die eingebaut werden, um das Brummen durch Störfaktoren, wie zum Beispiel Neonröhren etc., das der Singlecoil (deutsch: Einzige Spule, eine Spule) abnimmt und verstärkt, zu unterdrücken. Der Trick des Humbucker ist eigentlich sehr simpel: Die zwei Spulen sind gegenläufig gewickelt, aber in Serie bzw. Reihe geschaltet. Also hat man eine nordpolige und eine südpolige Spule. So werden dann die ungewünschten Brummgeräusche heraus gefiltert.
12.2. Spulen & Verkabelung
Ich habe zwei Humbucker, die beide ein vieraderiges Kabel haben. In diesem vieraderigen Kabel befinden sich ein gelbes, ein braunes, ein weisses, ein grünes und ein Kabel für die Erdung, doch das Kabel ist blank. Nun musste ich mit Hilfe eines Ohmmeters heraus- finden, welche Kabel zusammen von einer Spule kommen. Man hält die Spitzen des Meters an je ein Kabel. Das Ausschlagen des Ohmmeter zeigt an, wenn die Kabel von einer Spule kommen.
12.3. Elektro-Schema
Das Aufzeichnen des Schemas zum Schaltplan macht man in mehreren Schritten:
a. Zuerst zeichnet man die Tonabnehmer mit den verschiedenen Kabeln, die Push/Pull Potis (falls vorhanden), die normalen Potis und der Toggle Switch (in meinem Fall einen 3-way-toggle-switch) auf. Danach kann man sich Gedanken machen, welche Einstellungen man auf der Gitarre haben will. Hilfe dazu bietet der Plan aus der Tonabnehmerverpackung, denn da sind alle wichtigen Schaltungen aufgezeigt.
b. Diese Angaben können auf das Schema übernommen werden, inklusive die Angaben über über den heissen Draht. So bezeichnet man das Kabel, auf das alle anderen Anschlüsse gehen. Der heisse Draht mit dem Kondensator dazwischen geht auf dem Tonpoti immer auf den zweiten Pin (siehe: kleines Lexikon)
1. Bei allen Potis, egal ob Push/Pull, Push/Push oder Normal, ist immer auf dem ersten Pin die Erdung. Die Erdung muss zwar nicht aufgezeichnet werden, zu beachten gilt aber, dass später beim Löten die Erdung ein geschlossener Kreis bildet.
2. Nun zieht man bei beiden Volumepotis vom dritten Pin aus einen heissen Draht zum Toggle Switch, wichtig ist, ist das man die beiden äusseren Pins zieht.
3. Der 3-way-toggle-switch besitzt auf der einen Seite vier und auf der anderen Seite einen Pin. Bei den vier Pins biegt man die 2 inneren so zusammen, dass man ein Kabel in beide Pins hinein löten kann. Von dort aus zieht man wieder einen heissen Draht zur Buchse und zwar auf den äusseren Ring. Der Innere ist immer(!) für die Erdung vorgesehen (siehe: kleines Lexikon).
12.4. Löten
Diese Arbeit war zwar nicht sehr schwierig und machte mir auch Spass, ich musste mir aber trotzdem Mühe geben, genau und vorsichtig zu arbeiten.
12.4.1. Vorbereitungen
Während as Lötgerät aufheizt, wird ein feuchter Schwamm bereit gelegt. Die Lötspitze muss sauber sein und es darf sich kein alter oder dreckiger Lötzinn darauf befinden. Die Tonabnehmer fädelt man schon ein und nimmt die Kabel durch die F-Löcher oder durch das Elektrikfach heraus, damit man ausserhalb der Gitarre Löten kann.
12.4.2. Kalte Lötstellen verhindern (instabil)
Damit man keine kalten bzw. instabilen Lötstellen bekommt muss man das Kabel und das Pin oder Gehäuse vor dem löten erhitzen. Achtung das wird ganz schön heiss!
12.4.3. Verzinnen
Vor dem Löten aber nach dem Erhitzen sollte man mit ein bisschen Zinn den Draht aus dem Kabel verzinnen.
12.4.4. Löten
Das Kabel in den Pin oder auf das Gehäuse halten und den Lötzinn an der richtigen Stelle mit der Lötpistole schmelzen. Zum Schluss wird das Schema mit den Lötstellen verglichen und überprüft.
13. Schwierigkeiten (gelöst)
Als ich die Potis in die Löcher einführen wollte, musste ich feststellen, dass die Schäfte meiner Potis zu lang sind und der Schaft meines Toggle Switches zu kurz war. Um dieses Problem sauber zu lösen, entschied ich mich, ein Elektrifach zu fräsen. Damit ich wusste, wo ich das Elektrikfach platzieren muss, bohrte ich die Poti-Löcher auf der Rückseite durch. Ich übernahm die Schablone eines Gibson-Modells, richtete sie korrekt ein und fräste die Form aus.
14. Montage
Nun montiert man die mechanischen Bestandteile, das Pickguard, das Tremolo und die Gurtpins und verschliesst das Elektrikfach.Das Tremolo richtet man an der Leimfuge (Mittellinie) aus. Die Gurtpins montiert man in der Mitte der Zargen. Für das Elektrikfach nahm ich fertige Teile aus dem Gibsonsortiment. So konnte ich endlich nach fast 3/4 Jahren dem Ende meines grossen Projekts entgegen sehen.
Aber es war geil.
Die Bilder folgen...