Ich bezweifele durch den Einbauort vor allem die Richtcharakteristik an, aber Du wirst ja sicher einen Vergleich mit einem Meßmikrofon gemacht haben...
Das habe ich in der Tat - die so ziemlich am schlechtesten angelegten 129 EUR (ich sehe grade, das Teil ist inzwischen günstiger geworden). Der Unterschied ist für den praktischen Einsatz tatsächlich zu vernachlässigen:
micW i436 Kit, Miniatur-Aufsteckmikrofon für das iPhone/iPad/iPod von Apple, Set enthält: i436 Mikrofon, CB011 Verlängerungskabel 2m, CB012 Splitkabel, CL013 Klammer, WS013 Windschutz, AC011 The TUBE (Aufbewahrung/Stativadapter/Shockmount),...
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Wichtig ist auch, dass man zumindest anfangs die von THX vorgeschlagenen fünf Positionen für die besten Messpunkte einnimmt und dann den Durchschnitt ermittelt (und wenn es nur zum Verständnis der Messmethode ist und was man an welcher Stelle denn so misst). Und irgendwann wird einem auch klar, dass in vier von fünf Situationen nur eine Messung an der richtigen Stelle notwendig ist.
Ich beschreibe mal "meine" Messmethode. Diese ist, wenn ich sie komplett ausführe, weitestgehend identisch mit der Methode, welche THX für deren Zertifizierung vorschreibt (mit einer deutlichen Abweichung). Letztlich aber geht es darum, dass man versteht, was getan wird.
Statt Pink Noise (das habe ich tatsächlich nur dreimal in meinem Leben eingesetzt) nutze ich Musik, deren Frequenzkurve ich gut kenne. Warum kein Pink Noise? Weil es fürchterlich nervig klingt und weil, falls der Wirt bei der Messung anwesend ist, der einem mit Rauswurf drohen kann. Ist uns passiert. Daher Musik, da explodiert keiner. Diese Musik sollte ausgewogen gemischt sein (Steely Dan sind da echte Meister, aber persönlich nutze ich "Cliffs of Dover" von Eric Johnson - da weiss ich, dass es um 1 kHz eine kleine Senke im Spektrum hat und ansonsten recht ausgewogen gemischt ist). Und Ihr nehmt, was Ihr wollt, aber es muss ausgewogen gemischt sein.
THX schreibt fünf Messungen vor:
- je eine in 1m Abstand vor jeder Box (Topteil), wobei ich versuche, auf der Höhe zwischen Hochtöner und Woofer zu messen)
- eine in der Raummitte
- je eine in 1m Abstand vor der Rückwand, so breit voneinander entfernt wie die Boxen aufgestellt sind
Ergibt fünf Messungen. Dann den Mittelwert bilden und zwischen 100 Hz und 10 kHz auf "linear +/- 3 dB einstellen". Soweit die Theorie.
Zum Verständnis:
Was misst man an diesen fünf Punkten?
- vor den Boxen misst man den Frequenzgang der Boxen, nahezu unbeeinflusst von der Raumakustik
- in der Raummitte misst man üblicherweise den Durchschnitt; das ist mEn die wichtigste Messung, und wenn die Zeit nur für eine einzige Messung reicht - das ist sie!
- die Messungen vor der Rückwand zeigen nahezu die reine Raumakustik, hier gibt es kaum noch Direktschall, sondern nur noch das, was der Raum aus den Lautsprechersignalen macht; hier findet man mit größter Zuverlässigkeit alle Überhöhungen, die der Raum erzeugt
Warum zwischen 100 Hz und 10 kHz? Weil da die wichtigen Informationen liegen. Ja, ich versuche auch, den Bassbereich zu entzerren, wenn es da kräftige Überhöhungen gibt, aber eigentlich mache ich da etwas, was nicht der THX-Methode entspricht. Statt Linearität im Bassbereich (soweit die Lautsprecher für den Job eben im Spektrum runtergeht) hebe ich die Frequenzen um 60 bis 80 Hz gerne um 3 bis 6 dB an - ich nenne das "die Spassbässe", und zumindest bei bass- und rhythmusbetonter Musik (also bei Rock, Pop und angrenzenden Stilen) bringt das die Meute zum Tanzen.
Warum
"linear +/- 3 dB"? Ganz einfach, weil das gut genug ist für das menschliche Gehör. Ausserdem haben wir an unterschiedlichen Stellen des Raums unterschiedliche Frequenzgänge, und wenn ich die Anlage für Position A strichgrade linear einstelle, mag das an Position B eine Verschlimmbesserung ergeben und den Frequenzgang dort aus dem Korridor von +/- 3 dB Abweichung heraus bringen. Also Kompromisse eingehen! Es wird eh nicht gelingen, dass es an allen Stellen perfekt linear oder identisch klingt. Aber eben doch ganz ähnlich.
Was kann man linearisieren?
Man kann Überhöhungen im Frequenzgang durch Absenken des Master-EQs ausgleichen. Interessanterweise habe ich es manchmal mit Überhöhungen zu tun, welche die Harmonische einer darunter liegenden Frequenz sind, üblicherweise eine Oktave. Soll heissen: Manchmal habe ich eine Überhöhung bei, z.B. 200 Hz. Ich senke dort den EQ kräftig ab, aber es tut sich kaum was. Wenn ich dann aber die Oktave darunter (also 100 Hz, wo wir vielleicht nur eine geringe Überhöhung haben) absenke, dann ist mein Problem bei 200 Hz weg. Ganz ehrlich, das habe ich noch nicht wirklich verstanden, ich weiss, wie ich das Problem löse, aber ich verstehe die Zusammenhänge nicht.
Auf Überhöhungen reagiert das menschliche Gehör recht empfindlich, daher sollte man diese auch weitestgehend ausgleichen.
Was kann man NICHT linearisieren (und sollte es auch nicht versuchen, wenn man seine Anlage nicht beschädigen will)?
Neben den Überhöhungen im Frequenzgang wird man auch die eine oder andere Senke finden, also Stellen mit Auslöschungen im Frequenzgang, denn unser Messsignal, egal ob Pink Noise oder Musik, sollte ja so ziemlich alle Frequenzbereiche ungefähr gleichlaut bedienen. Der Raum löscht bestimmte Bereiche also zum Teil aus. Kann man das durch Anhebung am EQ hinbiegen? Nein, kann man nicht. Das Signal, was wir in den Raum gegeben haben, löscht sich bei dieser Frequenz gegenseitig zu einem gewissen Grad aus. Und wenn wir nun durch Anhebung am EQ bei dieser Frequenz mehr Lautstärke bzw. Leistung in den Raum geben? Dann löscht sich halt mehr Leistung gegenseitig aus, am Klang ändert sich nichts, und wir haben hier nach wie vor eine Senke. Wenn man es mit der Anhebung übertreibt, beschädigt man so den Lautsprecher oder die Endstufe - ohne dass man davon einen hörbaren Nutzen gehabt hätte. Glücklicherweise reagiert das menschliche Gehör auf Absenkungen weitaus weniger empfindlich als auf Absenkungen, d.h. das stört unser Publikum üblicherweise nicht.
Ergänzungen und Anmerkungen - ab hier kommt mein eigener Mist, das oben geschriebene kann man auch anderswo nachlesen.
Umgang mit Absenkungen im Spektrum: Normalerweise ist das kein Problem. Jedoch kann es vorkommen, dass ein bestimmtes Instrument im Bereich der Senke einen wichtigen Bereich hat. Durch diese Senke kommt das Instrument also ggf. nicht mehr so gut durch im Mix. In diesem Fall muss man den Mix für dieses Instrument eben etwas anders anlegen und den Bereich eine Oktave darüber oder darunter versuchen.
Nun kann es sein, dass ich zwar Raum und PA einigermassen linearisiert habe, die Band liefert mir aber bei (sagen wir wieder) 200 Hz einfach zuviel Pegel, es klingt daher etwas matschig. Dann erlaube ich mir, auch hier noch mit dem Master EQ ein klein wenig
aufzuräumen, dann wird es klarer. Das entspricht zwar nicht der reinen Lehre und ist auch genau genommen kein sauberes Vorgehen, aber wenn es dadurch besser klingt, nehme ich mir diese Freiheit.
Auch erlaube ich mir,
den Bereich um 2 kHz und zwischen 3 und 5 kHz dezent abzusenken (vielleicht 2 bis 3 dB) - das nimmt dem Gesamtsound etwas die Schärfe. Ja, es klingt dann auch weniger deutlich, also nicht übertreiben. Ausserdem (Danke, TK, für diese Erkenntnis, auch wenn ich in dem Moment ziemlich daran zu kauen hatte!) funktioniert das nur beim Mix auf kurze Distanzen, bis maximal 15 oder 20 Meter. Wenn man z.B. ein Strassenfest mischt oder einfach größere Distanzen überbrücken muss, dann ist diese Absenkung kontraproduktiv. Daher nicht machen bei Strassenfesten oder großen Venues - dann klingt es vorne halt aggressiver, aber weiter hinten wird der Sound automatisch softer. Auch wenn ich für meinen durchsichtigen, aber nicht-aggressiven Sound oft Lob bekomme, diese Art zu mischen funktioniert nicht überall. Eigentlich nur im kleineren Rahmen, schätzungsweise bis max 400 PAX und auf Distanzen bis maximal 15 oder 20m.
Auch mal fünf grade sein lassen - grade bei kleineren Formationen oder bei meinen Freunden im spirituellen Bereich gibt es manchmal Instrumente oder vorgemischte Backings, wo über 2 kHz einfach kein Pegel mehr kommt. So eine Handpan z.B. liefert über 1 kHz wenig, über 2 kHz kaum noch etwas. Gewisse Gitarristen, die mir bei jeder Begegnung versichern, dass die abgespielten Saiten essentiell wichtig sind für "ihren" Sound oder Bassisten mit Flatwound Strings geben über 1 oder 2 kHz auch kaum noch Signal ab. Da kann ich die Musik nicht mit Gewalt auf linear trimmen wollen, dann ist der Höhenbereich hier eben zurückgenommen.
Auch kann es sein, dass der Höhengehalt im Spektrum nur von zwei oder drei Signalen einer Gruppe kommt, und wenn diese grade Pause haben oder sehr leise spielen, dann kann so ein Frequenzgang vorübergehend auch mal so aussehen:
Ab ca. 3 kHz sieht man hier einen kräftigen Abfall. Als kurz darauf die ganze Band wieder einstieg, sah das ganze im Höhenbereich auch wieder etwas "grader" aus.
Die Grenzen dieser Methode
Wir haben bislang von Überhöhungen im Frequenzbereich gesprochen. Manche Räume (grade die größeren) liefern bei bestimmten Frequenzbereichen ja auch eine Art Nachschwingen - also quasi Überhöhungen im Zeitbereich. Da sieht die spektrale Messung dann recht grade aus, aber in bestimmten Bereichen klingt es einfach matschig. Ich hatte vor einem Jahr mal einen Raum, der bei 300 Hz mächtig Nachschwingen produziert hat. Mit dem EQ kriegt man das nicht ind en Griff, da müsste man akustische Dämpfungsmassnahmen einbauen (ging nicht wegen Denkmalschutz) oder die Anlage komplett umpositionieren (dafür blieb leider keine Zeit mehr). Zum Glück wurde diese Veranstaltung mit recht viel Hall "gefahren" - ich habe dann im Hallsignal eben diesen Frequenzbereich per EQ herausgezogen und so die Resonanz mit meinem Hall "maskiert". Das ging ganz gut.
Solche Resonanzen im Zeitbereich kann man mit einem Wasserfalldiagramm sichtbar machen, aber diese Funktionalität hat ein handelsüblicher RTA nicht unbedingt eingebaut. Hier ein Beispiel:
... welches ich mir von hier geborgt habe:
https://realtraps.com/art_dan.htm
Zur Erklärung:
Auf der X-Achse, von links nach rechts, die Frequenz.
Auf der Y-Achse, von unten nach oben, die Lautstärke.
Auf der Z-Achse, und zwar von hinten nach vorne zu uns hin verlaufend, die Zeit.
Man kann sehen, dass bei ca. 40, bei ca. 80 und bei ca. 160 Hz Resonanzen etwas länger zum Abklingen brauchen als der Rest des Signals.
Soviel also zu meiner Methode von Messen, Interpretieren und Umsetzen. Für mich funktioniert das so, und das kann gerne jeder mal probieren und variieren. Falls jemand andere Methoden hat, Fehler in meiner Methode oder Argumentation findet, wäre ich daran sehr interessiert. Insbesondere diese Sache mit der Oktave unter einer Überhöhung...