So, dann mach ich mal wieder den Spielverderber...
Also, du hast derzeit nen Marshall (wäre intererssant zu wissen, welcher) und willst auf nen Rectifier umsteigen, weil du dir davon einen besseren Sound versprichst?
Als erstes muss ich mal sagen, dass es in der Hinsicht kein "besser" oder "schlechter" gibt, vorrausgesetzt der Marshall ist kein AVT oder MG.
Deshalb bezweifle ich, dass du wirklich definitv sagen, kannst dass dich ein Recti glücklich macht. Die Erfahrung vieler Nutzer ist nämlich die, dass sie sich aufgrund der Populariät des Rectifiers diesen kaufen in der Erwartung, den Tremonti-FooFighters-XY-Sound sofort stehen zu haben. Das Problem an der Sache ist aber, dass der Rectifier, egal ob ein oder zweikanalig, ein äußerst schwierig einzustellender Amp ist, der sehr auf den EQ reagiert. Dann kommt dazu, dass dieser populäre, wuchtige Sound häufig nur dadurch zustande kommt, dass in den Studios gnadenlos Gitarrenspuren gedoppelt werden. Das klingt auf einer CD dann sehr sauber und gut, hat mit der Realität aber häufig nur noch wenig zutun. Denn der Rectifier klingt als erstes mal sehr flach, charakterlos und sägig. Das muss kompensiert werden durch eine richtige Einstellung (die bei einem solchen Amp durchaus mehrere Wochen dauern kann) und vor allem durch eine entsprechende Spieltechnik.
Wenn dein Spiel unsauber, unpräzise und "untight" ist, kann dir der beste Amp nicht weiterhelfen, im Gegenteil, er wird dir eher im Weg stehen und dich un deine Unzulänglichkeiten gnadenlos überführen. Das ist leider das, was viele nicht wahrhaben wollen: das kostbarste Gut ist in diesem Fall das eigene Individuum, dass sich entwickeln muss und dass ist im vergleich zu einem Amp absolut unbezahlbar, denn das musst du dir selbst erarbeiten. Da das Mühe macht, wird häufig die Schuld am Equipment und seeeeehr selten an sich selbst gesucht.
80% Mensch, 20% Gitarre!!!
Ich gehe davon aus, dass du bereits über einen professionellen Amp verfügst. Jetzt ist es an der Zeit, testen zu gehen, und zwar nicht nur Mesa. Sei dabei ehrlich mit dir selbst. Einen Rectifier zu wollen nur weil jeder andere ihn auch hat (dazu sag ich gleich noch was) ist absolut sinnlos. Da hilft die Testerei auch nichts wenn du dich letztendlich selbst hintergehst.
Wenn du zu keinem vernünftigen Ergebnis kommst, lass es lieber noch bleiben und arbeite an deinen Skills und deinem Tongehör.
Noch schlimmer wird es aber, wenn du jetzt vom eben angesprochenen Marshall MG oder AVT auf einen Profi-Amp wie den Recti umsteigen willst. Ich kann mir kaum vorstellen, dass du dann genug Urteilsvermögen besitzt, um wirklich sagen zu können, dass es dieser Amp sein soll. Bilde dich in dem Fall weiter und warte auch hier noch ab.
PS: Boogie-Amps sind gut, das ist richtig. Dass man damit allerdings NICHTS falsch machen kann stimmt so nicht, Mesa baut inzwischen schon fast auf dem Niveau von Engl und Chinaware, das heißt, kosten- und outputorientiert, da sonst die starke Nachfrage nicht bedient werden kann. Das trifft bei den Klassikern wie dem Rectifier noch nicht zu, allerdings gehen inzwischen auch die günstigeren Vertreter wie Stiletto oder Roadster besser, und da wird dann doch etwas an der Verarbeitung gespart: die Fassungen auf Platinen und überhaupt alles nur noch auf Platinen, trotzdem kosten die Amps bei uns im Schnitt immer noch 2000 bis 2600 Euro. Letztendlich ist das kein Zeichen schlechter oder guter Qualität, es zeigt aber doch auf, dass die Komponenten auf dem Setzbrett positioniert und durch ein Lötbad gefahren werden. Warum sollte ich da trotzdem den vollen Preis bezahlen, als wenn die Sache handgearbeitet wäre und wenn es andere Hersteller gibt, die das ganze günstiger anbieten? Bei Mesa zahlt man halt auch den Namen mit.
Und dass der Rectifier-Sound so weit verbreitet ist, hat (Polemik-Mode an) hauptsächlich damit zutun, dass Mesa nach wie vor kräftig die Werbetrommel rührt und jedem mit einem Platinalbum oder einem bekannten Gesicht ein solches Teil vor die Tür stellt (Polemik-Mode aus). Wie du siehst ist das etwas übertrieben, aber so ungefähr läuft es. Inzwischen geht der Trend ja auch wieder von Mesa weg, Kleinserienhersteller wie Bogner und Diezel finden großen Zuspruch und auch VHT hat mit seiner aktuellen Serie wieder stabilen Halt auf dem Markt. Dann darf man auch die wachsende Beliebtheit von BadCat-Amps, ehemals Matchless, nicht vergessen. Also, mach dir nicht nur Gedanken um einen Rectifier, wenn du wirklich nicht mit deinem jetzigen Amp zufrieden sein solltest, kannst du ernsthaft drüber nachdenken, dazu solltest du aber genau über seine Schwächen und Stärken bescheidwissen. Und dieses Wissen musst du erstmal haben.