Melodiestimme spielen bei wenig Lippenspannung

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kalleblech
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Hallo, hier nochmal dieselbe Frage. Ich hatte meinen noch unfertigen Beitrag zu früh freigegeben.
Also:
ich habe lange Jahre in einem Bläserchor Tenorhorn gespielt, und zwar einfache Stücke (Volkslieder, Kirchenchoräle, Spielstücke). Da ich gerne auch die Melodien spielen wollte, habe ich mir vor langer Zeit eine Yamaha-Trompete gekauft und auf dieser zu Hause geübt. Im Chor habe ich zuletzt Flügelhorn (2. Stimme) gespielt. Mein Problem: Ich schaffe es trotz Üben nicht, höhere Töne zu spielen. Es reicht, wenn überhaupt, nur bis zum hohen C, und dass auch nur mit viel Druck (und dann zu laut). Ich habe keinen hohen künstlerischen Anspruch, es würde mir halt einfach Spaß machen (zunächst nur alleine, nicht im Chor).
1. Da ich es im Rentenalter wohl kaum noch schaffen werde, meinen Tonumfang in der Höhe zu erweitern, suche ich ein Instrument, mit dem ich die Melodiestinme eine Oktave niedriger spielen kann.
2 .Oder gibt es einfache Möglichkeiten, den Ansatz spürbar zu verbessern?
 
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Hallo kalleblech, willkommen im Musiker-Board! :hat:

Ich schaffe es trotz Üben nicht, höhere Töne zu spielen.
Statt trotzdem würde ich "weil" vorschlagen, denn Tenorhorn und auch Flügelhorn spielen liefern keinen großen Beitrag zur ansatztechnischen Voraussetzung, auf der Trompete hoch spielen zu können.

Wenn Du ein tieferes Blechblasinstrument mit sehr ähnlicher Mensur spielen möchtest, dann wäre das die Posaune.
Man kann den Ansatz natürlich ausbilden, die amtliche Methode wurde in den 1950er und 1960er ausgehend von Blechbläsern des Chicago Symphony Orchestra entwickelt, aber bei uns erst in der YT-Ära populär.
Mein Rat wäre bei YT eine kritische Grundhaltung, denn manche Tutorien sind schon recht speziell.

Die Methode "Buzzing" sorgt vor allem für bessere Koordination von Atmung und Ansatzumuskulatur, bildet die aber natürlich auch aus.
Die beiden Übungen sind Lip Buzzing und Mouthpiece Buzzing, manche Spieler beschränken sich auch nur auf das Buzzing mit Mundstück.

Die allerbeste mir bekannte Anleitung ist ein etwas unkonventionelles Lehrvideo des großen Trompeters Reinhold Friedrich, es hieß ursprünglich "Reinhold Friedrich Solo Warmup and Fundamentals" und demonstriert seine technischen "Lieblingsübungen".
Das Video enthält teilweise eigene Anpassungen bekannter Übungen und ist nach meiner Erfahrung damit unbedingt empfehlenswert. Zwei Jahre braves Üben haben mich aus einer - trotz qualifiziertem Unterricht - über Jahre hinweg immer schlimmeren Krise mit dem Instrument geholt. Dass sich die Mühe lohnen würde, konnte ich schon binnen der ersten Wochen spüren. Einen Teil der Übungen habe ich heute noch im Warmup, aber nach den zwei Jahren war ich ansatztechnisch besser als in meinen besten Zeiten der späten 90er Jahre, insofern war das eine Zäsur.


View: https://www.youtube.com/watch?v=IH9PyK3bVr4

Wichtig ist natürlich, sich mit Geduld aufzubauen und dem Ansatz nach Überforderungen auch die nötige Erholung zu gönnen. Ständige Überforderung nehmen die Lippen bekanntlich irgendwann übel und versagen schließlich den Dienst.
Ich habe im Board schon viel zum Stichwort geschrieben, ist aber schon etliche Jahre her und möglicherweise sehe ich Details heute anders.

Wenn Du einen vernünftigen Schnupperkurs zur Grundzügen des Buzzing mit Lippen und Mundstück suchst, wäre Nico Leikam mein Tip, die Übungen mit Reinhold Friedrich sind dagegen deutlich fortgeschrittener.
Zum Üben braucht man keine weiteren Requisiten außer dem Mundstück.
Allein mit den Lippen buzzen
Mit Mundstück buzzen

Ob man Lippenhantel und andere isometrische Übungen wie Kaffelöffel am Stiel waagrecht halten braucht, das muss man natürlich selbst entscheiden.
Ich habe ziemlich viel von diesem Kram ausprobiert, der in der Richtung Ansatz-Training angeboten wird und sah am Ende keinen spürbaren Nutzen darin. Nützlich finde ich atemkoordinierendes Üben wie Zirkularatmung und damit in praktischer Anwendung das Spielen auf einem Digeridoo, was auch enorm Spaß macht und innerlich entspannt. Diese Atemtechnik funktioniert aber auch auf der Trompete und da am leichsten um das eingestrichene g herum.

Nachweislich ist eine gute Höhe vor allem eine Frage der fein abgestimmten Koordination von Luftführung, Zunge und Lippen sowie der Erfahrungsbildung anhand geeigneter Vorstellung und Übungen.
Das ist rein bewusst kaum so gut steuerbar wie durch praktische Übungen und etwas Wissen zu den Abläufen im Körper.
Wie einst Natalie Dungey beeindruckend zeigte, kann mit diesem Hintergrund auch ein zierliches kleines Mädchen locker mit gutem Ton und sehr hoch spielen.

Ein sehr gutes Lehrvideo zu dem, was man über die ansatztechnische Seite des Trompete Spielens wissen sollte, ist der Workshop von Christoph Moschberger auf Facebook.
Gerade noch einmal getestet, der Workshop lässt sich sowohl hier im Fenster wie auch auch ohne Facebook-Konto oder Anmeldung auf deren Site problemlos abspielen.

View: https://www.facebook.com/musikhausthomann/videos/christoph-moschberger-live-aus-treppendorf/2178670769046813/

Noch eine Ergänzung: ein Mundstück mit großem Durchmesser wie Schilke 17 oder Bach 1 1/4 C erschwert es deutlich, als "wenig erfahrener Hobbytrompeter" die Melodiestimme zu spielen. Ich würde bei einem mittleren Mundstückdurchmesser anfangen, z.B. das oft beiliegende Yamaha 11B4. oder Bach 3C, 5C oder noch kleiner, aber tiefer 7C. Früher habe ich das Bach 7C wegen der Tiefe nicht empfohlen, aber mit dem hier vorgestellten Training ist es eigentlich ein gutes Allround-Mundstück.
Wenn man viel oberhalb g'' spielen muss, tut man sich auf einem flacheren Mundstück dennoch leichter.

Gruß Claus
 
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Hallo Kalle(blech),
Hallo Claus,

Was ich nicht verstehe ist, wieso man zum Spielen der Melodie unbedingt eine Trompete braucht? Kalle fragt nach einem Instrument, mit dem [er] die Melodiestinme eine Oktave niedriger spielen kann. Kurz überlegen, was hat Kalle früher noch mal gespielt? Richtig: Tenorhorn, meinetwegen auch Euphonium. Damit kann man auch Melodie spielen, klingt prima. Bei Posaune bin ich mir nicht so sicher, ob er auf seine alten Tage noch das Zugsystem lernen möchte. Und von der Atmung und Ansprache her sind die komnisch gebauten, hornartigen Blechblasinstrumente einfach viel unkomplizierter.

Wie auch immer, meiner Meinung nach ist Claus' Tipp, das Buzzing, sicher eine tolle Methode (mache ich selber). Aber bei dem beschriebenen Tonumfang von Kalle ist das vermutlich ein wenig verfrüht. Man kann da auch einiges falsch machen. Buzzing wäre für mich erst der übernächste Schritt.

Einer der häufigsten Fehler unter Laienbläsern ist, zu früh "hoch hinaus" zu wollen, also von der Tonhöhe her. Gerade bei Erwachsenen, denen es sowieso nie schnell genug voran geht. Und wenn es dann in der Höhe nicht klappt, wird gezielt und dauerhaft die Höhe und die Lippenmuskulatur trainiert. Atmung und saubere Tonbildung werden dabei aber meistens total vernachlässigt. Das Resultat ist dann eine völlig überlastete Lippenmuskulatur und eine ganz allgemeine Verkrampfung, die der Erweiterung des Tonumfangs aktiv entgegen steht. Bestenfalls hat der Bläser dann zwar irgendwann die Höhe, klingt aber nicht gut. Es ist daher wichtig zu verstehen und zu verinnerlichen, dass vor allem anderen erst einmal eine saubere Tonbildung erlernt werden sollte. Und diese benötigt nicht (nur) "starke Lippen", sondern v.a. auch eine gute und stabile Atmung und Luftführung (Stütze), sowie einen unverkrampfen Rachenraum, damit die Luft auch fließen kann. Selbst die Zungenstellung spielt eine Rolle, aber das ist eher was für Fortgeschrittene.

Meiner Meinung nach führt der Weg in die Höhe daher unweigerlich erst einmal in die Tiefe. Das kling wohl zunächst paradox und ich sage das auch nicht nur, weil ich Bassposaunist bin. Ich unterrichte auch und habe eine Trompetenschülerin im Posaunenchor. Die legt als Sopranbläserin (1. Stimme) in der Tiefe einen fetteren Sound hin, als so mancher Altbläser. :D An der Höhe arbeiten wir, aber immer schön behutsam.

Durch das vorwiegende Üben in der Tiefe gewöhnt man sich viel leichter eine tiefe und lockere Atmung mit gleichmäßigem Luftstrom (Stütze) an. Es fällt auch leichter, den Mund- und Rachenraum zu öffnen (Vorstellung: heiße Kartoffel im Mund) und so einen schönen großen runden Klang zu erzeugen. Auch die Lippenmuskulatur wird in der Tiefe trainiert und aufgebaut, aber sie wird eben nicht überanstrengt (ganz wichtig!).

Natürlich lernt man vom ständig nur tief spielen auf Dauer nicht die hohen Töne, das ist klar. Aber der Sinn ist, dass man erst einmal eine gute Basis schafft. Dafür vielleicht mal einige Wochen bewusst gar nicht hoch spielen und stattdessen gezielt Übungen zur Tonbildung in der Tiefe machen (langsame Tonleitern, Haltetöne, Lagenübungen usw.). Nach ein paar Wochen kann man dann zunächst kurze und mit der Zeit (Wochen bis Monate!) später dann längere Ausflüge in die höheren Gefilde wagen, dabei aber immer bewusst die unverkrampfte Atmung und den großen Rachenraum "aus der Tiefe mitnehmen". Also Ohren auf und nur so viel und lange in höheren Gefilden spielen, wie es noch schön klingt - und nicht zu sehr anstrengt. Wenn das Gesamtsystem stabil arbeitet, die entspannte Atmung, Luftführung und der große Rachenraum beibehalten werden, kommen die höheren Töne nicht nur leichter, sie klingen auch besser. Bei den ersten Anzeichen von Anstrengung gleich wieder in die Tiefe und mit tiefen Tönen wieder entspannen und lockern. Nach ein paar Minuten dann wieder in die Höhe. usw.

Man sollte sich aber schon darauf einstellen, dass man nicht über Nacht mit brauchbarem Klang das f'' dahin trällert. Die beschriebene Entwicklung ist zeitintensiv und kann Monate bis Jahre dauern. Daher abschließend noch der Tipp, sich bei dieser Entwicklung ggf. auch den Rat und die unterstützung eines Lehrers oder Chorleiters einzuholen. Was ich geschrieben habe, erfordert autodidaktisch schon ein sehr hohes Maß an Selbstbeobachtungsgabe. Mit Lehrer geht das viel leichter, da der dann auch korrigierend einschreitet, wenn der Schüler wieder einmal nicht merkt, dass er gerade zu viel will. ;)


Vielen Dank & Grüße
Marco
 
Was ich nicht verstehe ist, wieso man zum Spielen der Melodie unbedingt eine Trompete braucht? Kalle fragt nach einem Instrument, mit dem [er] die Melodiestinme eine Oktave niedriger spielen kann.
Ich habe den Nebenaspekt Rückzug ins tiefe Blech beantwortet und als Alternative Posaune genannt, weil die noch näher verwandt ist als z.B. das Euphonium, ist hier aber off topic.

Des Pudels Kern zeigt sich im letzten Satz von Beitrag 1 und kalleblech hat dazu von sich aus hier bei den Trompeten nachgefragt.
Oder gibt es einfache Möglichkeiten, den Ansatz spürbar zu verbessern?
Also weiter, die zuvor genannte Schlussfolgerung von kalleblech unter 1. ist falsch und die mit 2. (Zitat) verbundene Hoffnung lässt sich selbstverständlich in spielbaren Standardumfangs bis zum dreigestrichenen c umsetzen, wenn er den Hinweisen aus meinem Beitrag folgt, weitere gebe ich auf Nachfrage.
Ich hatte einmal jemand mit vergleichbarem Problem im Videochat und in der Session kam er von seinem gequälten c'' über eine Öffnung des Tons zu seinem ersten a'' überhaupt. Das lag an der Vermittlung von Grundlagenwissen - im Moschberger-Video Stellschrauben genannt - und geeigneten Übungen. Die Ersterfahrung solcher Möglichkeiten reicht sicher nicht aus, aber auf solchen Erfolgen baut es sich leichter als auf der Frustration, die viele Trompeter beim Üben intensiv genug erfahren.

kalleblech hatte sich nun einmal eine Trompete gekauft und zuletzt Flügelhorn gespielt. Bei der Trompete ging er von einer Fehlannahme aus und beim weiteren Üben machte er offenbar mehr falsch als richtig, folglich kam er auf keinen grünen Zweig.

Da ist es doch vollkommen klar, dass ich ihm im zuständigen Trompeten-Subforum erläutere, dass er seinen Wunsch noch längst nicht begraben muss, sondern die Tonerzeugung verstehen und bessere Übungen machen.
Wenn er aber lieber tieferes Blech spielen will, dann kann er das genauso gerne tun und sich bei Interesse mit Tips im entsprechenden Subfoum versorgen.

Es hängt an kalleblech, sich zum Thema zu äußern, ob nun mit Nachfragen oder eigenen Überlegungen nach Lektüre der Antworten.

Gruß Claus
 
Ich habe den Nebenaspekt Rückzug ins tiefe Blech beantwortet und als Alternative Posaune genannt, weil die noch näher verwandt ist als z.B. das Euphonium, ist hier aber off topic.
Jein, er hat ja nach Vorschlägen zu einem Alternativinstrument gefragt. Posaune lernen bedeutet weg von den gewohnten Ventilen hin zum Zugsystem, was eine zusätzliche Hürde im Lernprozess darstellen. Als "Kompromiss" könnte man natürlich auch noch die Ventilposaune vorschlagen. Aber das wird das Problem vermutlich auch nicht lösen, denn auch bei der Posaune kommen hohe (und tiefe) Töne nicht von alleine, sondern brauchen die richtige Technik. ;)

Ich stimme Dir selbstverständlich zu, dass die Erweiterung des Tonraums auch im Alter zu meistern ist. Wir beide haben nur unterschiedliche Wege beschrieben, jeder aus seinem persönlichen Blickwinkel und Erfahrungsschatz. Jetzt liegt es tatsächlich an Kalleblech, sich das für ihn passende herauszusuchen, seine Schlüsse zu ziehen und letztlich seine Übungseinheiten entsprechend anzupassen.

Viele Grüße
Marco
 
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Erstmal bitte ich um Entschuldigung über die verspätete Reaktion und bedanke mich für die sehr ausführlichen Antworten!
Da ich in den späten 60er bin, suche ich eine einfache Art, auch gängige Melodien zu spielen, ohne den Aufwand eines allzu aufwändigen Trainings. Mein Problem ist, dass ich leider zu vielseitig interessiert bin und auch noch andere Instrumente spielen möchte, z. B. endlich mal mein schon lange vorhandenes Akkordeon oder Gitarre. Ich überlege dann erstmal.
Viele Grüße
Kalle
 
...ohne den Aufwand eines allzu aufwändigen Trainings.
Das gelingt auf der Trompete allerdings nur sehr Wenigen. :nix:
Sicher hättest Du es längst bemerkt, wenn Du zu diesen Begabungen mit "Naturansatz" gehören würdest, die kaum bis nie Probleme mit Ansatz, Luftführung oder hohen Tönen haben - ein Beispiel dafür ist Wayne Bergeron, seit Jahrzehnten ein "first call" Studiomusiker.

Dagegen muss die große Mehrheit der Trompeter/innen fleissig, beharrlich und mit Verstand sowohl mit wie ohne Instrument an Ansatz und Luftführung arbeiten, um das persönlich beste Niveau zu erreichen und auch zu halten, das bekennt sogar Reinhold Friedrich in einem Lehrvideo.

Gruß Claus
 

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