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uhland
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Dies ist ein Bericht zu meinen Erfahrungen mit der Yahama Silent Guitar (in der klassischen Ausführung mit Nylonsaiten). Viele von euch werden vermutlich noch nie von diesem Instrument gehört haben. So ging es jedenfalls mir noch vor einigen Jahren. Damals hatte ich - Mitte 30 - Lust, wieder mit dem Spiel der klassischen Gitarre anzufangen.
Ich hatte schon mal klassische Gitarre gespielt, aber im Laufe meines Studiums damit aufgehört, weil ich meinte, die Zeit nicht mehr zu haben. Rückblickend muus ich zugeben, dass ich damals viel mehr Zeit hatte als heute. Aber damals schien es mir so und ich habe das Gitarrespielen auch viele Jahre nicht vermisst.
Mit Mitte 30 änderte sich das aber. Ich hatte mein Studium abgeschlossen, erste berufliche Erfolge und auch Misserfolge eingefahren, viel Zeit in Weiterbildungen investiert. Und an diesem Punkt in meinem Leben merkte ich, dass es auch Nachteile hat, alle seine Energie in seine berufliche Entwicklung zu stecken. Im Berufsleben kann man durchaus Selbstverwirklichung und viel Anerkennung finden. Das war für mich auch sehr motivierend. Aber im wesentlichen geht es darum, etwas zu machen, dass anderen nützlich ist. Das bedingt eine gewisse Orientierung an äußeren Maßstäben. Diese können durchaus auch mal mit persönlichen Zielen zusammenfallen, aber oft sieht es auch anders aus.
Mit Mitte 30 habe ich mich jedenfalls erinnert, wie es war, Hobbies zu haben. Etwas zu machen, das einem Spaß macht, ohne dass es dabei eine Rolle spielt, ob es nach den Maßstäben anderer nützlich oder besonders gut ist. Und da habe ich mich an die klassische Gitarre erinnert. Meine alte Gitarre hatte ich längst verkauft. Schade, rückblickend, denn es war ein ganz gutes Einsteigerinstrument. Genützt hätte sie mir aber nichts, denn meine Lebens- und Wohnsituation war speziell. Ich steckte in einer Fernbeziehung, pendelte jedes Wochenende in die Stadt meiner Partnerin, was natürlich viel Geld gekostet hat. Am Arbeitsplatz wollte ich nur eine möglichst kleine Wohnung haben. Ich kam oft abends erst spät nach Hause, war dort im wesentlichen nur zum schlafen. Da wollte ich nicht viel Geld ausgeben und ich hätte auch kaum Zeit gehabt, eine Wohnung in Schuss zu halten. Darum wohnte ich unter der Woche zur Untermiete bzw. in WGs. Und da wäre es ein Problem gewesen, spät abends Gitarre zu üben. Außerdem wäre es mir ein bisschen peinlich gewesen, meine Mitbewohner an meinen ersten Spielversuchen nach langer Abstinenz teilhaben zu lassen.
Dann entdeckte ich bei Thomann die Yamaha SLG120NW. Sie ist eine klassische Gitare mit Nylonsaiten, hat aber keinen Korpus. Stattdessen hat sie schlanke Holzrahmen, die die Form eines Korpus nachahmen, so dass man sie wie gewohnt auf den Schoß legen kann. Wenn man sie spielt, erklingen die Saiten ohne Resonanz. Sie ist also im Zimmer für den Spieler gerade hörbar. Hinter der ersten Tür bekommt man nichts mehr mit. Darum also der Name Silent Guitar. Die Gitarre hat ein Piezo Pickup und einen einbauten Kopfhörerverstärker. So kann man sich selbst beim Spielen gut hören. Wenn man mag, kann man auch einen Hall in 2 Stufen dazuschalten, was allerdings die 9V-Blockbatterie schneller lehrt. Ein Merkmal, das ich selbst selten benutzt habe, ist ein Audioeingang mit Mischer. Daran könnte man z.B. einen MP3-Player mit Play-alongs anschließen. Außerdem hat die Gitarre einen gewöhnlichen Klinkenausgang, so dass man einen Akkustikverstärker anschließen und auch laut spielen könnte.
Die Silent Guitar gab es damals in 2 Ausführungen: Mit Nylonsaiten und mit Stahlsaiten. Da ich klassische Gitarre gespielt hatte, entschied ich mich für die Variante mit Nylonsaiten.
Angefangen habe ich tatsächlich wieder mit meinen alten Notenheften aus Jugendtagen: Matteo Carcassi und Ferdinando Carulli. Anfangs glaubte ich, wieder komplett bei Null anfangen zu müssen. Aber ich merkte bald, dass sich meine Finger an Dinge erinnerten, die mein Kopf vergessen hatte. Nach den ersten 3 Monaten ging schon wieder was.
In den nächsten 4 Jahren habe ich an 6 Tagen die Woche 45 bis 60 Minuten geübt. Ich kam oft nach der Arbeit erst spät nach Hause und war ja - wegen der Fernbeziehung - oft alleine. Aus beruflichen Gründen bin ich dieser Zeit oft umgezogen. Einmal fielen meine Mitbewohner aus allen Wolken, als ich erwähnte, dass ich jede Nacht Gitarre spiele. Wir wohnten seit Monaten Tür an Tür und sie hatten nie etwas gehört.
Sehr praktisch war auch, dass man einen der Holzrahmen, die die Form des Korpus nachbilden, abschrauben kann. Dadurch kann man die Gitarre sehr platzsparend in der Tasche verstauen, was ungemein praktisch ist, wenn man z.B. im Zug, im Reisebus oder als Mitfahrer im Auto unterwegs ist. Mitreisende haben manchmal auf eine Bratsche getippt. So klein ist sie wegpackt zwar nicht, aber eben doch ein bisschen zu klein, um als Gitarre erkannt zu werden. Abuch im Familienurlaub, wenn das Auto bis zum Anschlag vollgepackt war, war es nützlich, dass meine Gitarre nur wenig Platz brauchte. In der Ferienwohnung konnte ich auch spät abends üben, wenn die Kinder meiner Partnerin schon schliefen.
Nach vier Jahren habe ich es dann endlich geschafft, zu meiner Partnerin zu ziehen. Seitdem wohne ich wieder in einer richtigen Wohnung. Ich hatte mir bei diesem Umzug eine Sache vorgenommen: Ich wollte wieder eine richtige klassische Gitarre mit Korpus spielen. In meinen "Vagabundenjahren" hatte ich regelmäßig Geld zurückgelegt, das ich am Monatsende übrig hatte. Jetzt war ein kleines Polster da, so dass eine ziemlich gute klassische Gitarre in Reichweite war. Es ist eine Hanika geworden.
Der klassischen Gitarre bin ich treu geblieben, auch wenn ich seit meinem Umzug nur 25 bis 30 Minuten pro Tag spiele. Die einsamen Abende wurden ersetzt durch ein lebhaftes Familienleben. Trotzdem merke ich, wie gut es mir tut, mich 20 bis 30 Minuten pro Tag auf eine bestimmte Sache zu konzentrieren, die mir Freude macht und die ich allein für mich tue. Gerade in Zeiten, in den ich beruflich oder auch privat stark gefordert war, habe ich daraus viel Kraft schöpfen können.
Meine Silent Guitar habe ich seitdem nur noch selten gespielt. Das Gefühl, einen schwingenden Korpus aus Holz an Bauch und Brust zu spüren, ist eben doch noch ein bisschen mehr als der reine Klang aus Piezo Pickup und und Verstärker. Außerdem spiele ich inzwischen gerne spanisch angehauchte Sachen. Auf der Silent Guitar ist vieles möglich, aber wenn es keine Gitarrendecke gibt, geht auch kein Golpe. Im Urlaub und auf Wochenendtrips kam sie aber doch immer wieder mal zu Einsatz, wegen dem kleinen Packmaß und um nachts andere Gäste nicht zu stören.
Meine Partnerin ärgerte sich aber immer wieder mal über die Silent Guitar, die zwar wenig Platz wegnahm, aber eben auch nur noch selten gebraucht wurde. Diesen Sommer war es soweit. Ich nahm die Silent Guitar mit an den französische Atlantikküste und sie ein letztes Mal ausgiebig zu spielen. Mit dem Versprechen, sie danach abzugeben. Ich verkaufe sie nun bei EBay und das wird das Ende unserer Reise.
Natürlich klingt sie nicht so schön wie meine Hanika, aber ein ästhetisches Instrument war sie schon. Vor allem hat sie mir einen Wiedereinstieg in das Spiel das klassischen Gitarre ermöglicht, als meine Lebens- und Wohnsituation dem eigentlich entgegen stand. Ein bisschen Wehmut ist schon dabei, sie nun loszulassen.
Bye, bye, Silent Guitar. Es war eine schöne Zeit!
Ich hatte schon mal klassische Gitarre gespielt, aber im Laufe meines Studiums damit aufgehört, weil ich meinte, die Zeit nicht mehr zu haben. Rückblickend muus ich zugeben, dass ich damals viel mehr Zeit hatte als heute. Aber damals schien es mir so und ich habe das Gitarrespielen auch viele Jahre nicht vermisst.
Mit Mitte 30 änderte sich das aber. Ich hatte mein Studium abgeschlossen, erste berufliche Erfolge und auch Misserfolge eingefahren, viel Zeit in Weiterbildungen investiert. Und an diesem Punkt in meinem Leben merkte ich, dass es auch Nachteile hat, alle seine Energie in seine berufliche Entwicklung zu stecken. Im Berufsleben kann man durchaus Selbstverwirklichung und viel Anerkennung finden. Das war für mich auch sehr motivierend. Aber im wesentlichen geht es darum, etwas zu machen, dass anderen nützlich ist. Das bedingt eine gewisse Orientierung an äußeren Maßstäben. Diese können durchaus auch mal mit persönlichen Zielen zusammenfallen, aber oft sieht es auch anders aus.
Mit Mitte 30 habe ich mich jedenfalls erinnert, wie es war, Hobbies zu haben. Etwas zu machen, das einem Spaß macht, ohne dass es dabei eine Rolle spielt, ob es nach den Maßstäben anderer nützlich oder besonders gut ist. Und da habe ich mich an die klassische Gitarre erinnert. Meine alte Gitarre hatte ich längst verkauft. Schade, rückblickend, denn es war ein ganz gutes Einsteigerinstrument. Genützt hätte sie mir aber nichts, denn meine Lebens- und Wohnsituation war speziell. Ich steckte in einer Fernbeziehung, pendelte jedes Wochenende in die Stadt meiner Partnerin, was natürlich viel Geld gekostet hat. Am Arbeitsplatz wollte ich nur eine möglichst kleine Wohnung haben. Ich kam oft abends erst spät nach Hause, war dort im wesentlichen nur zum schlafen. Da wollte ich nicht viel Geld ausgeben und ich hätte auch kaum Zeit gehabt, eine Wohnung in Schuss zu halten. Darum wohnte ich unter der Woche zur Untermiete bzw. in WGs. Und da wäre es ein Problem gewesen, spät abends Gitarre zu üben. Außerdem wäre es mir ein bisschen peinlich gewesen, meine Mitbewohner an meinen ersten Spielversuchen nach langer Abstinenz teilhaben zu lassen.
Dann entdeckte ich bei Thomann die Yamaha SLG120NW. Sie ist eine klassische Gitare mit Nylonsaiten, hat aber keinen Korpus. Stattdessen hat sie schlanke Holzrahmen, die die Form eines Korpus nachahmen, so dass man sie wie gewohnt auf den Schoß legen kann. Wenn man sie spielt, erklingen die Saiten ohne Resonanz. Sie ist also im Zimmer für den Spieler gerade hörbar. Hinter der ersten Tür bekommt man nichts mehr mit. Darum also der Name Silent Guitar. Die Gitarre hat ein Piezo Pickup und einen einbauten Kopfhörerverstärker. So kann man sich selbst beim Spielen gut hören. Wenn man mag, kann man auch einen Hall in 2 Stufen dazuschalten, was allerdings die 9V-Blockbatterie schneller lehrt. Ein Merkmal, das ich selbst selten benutzt habe, ist ein Audioeingang mit Mischer. Daran könnte man z.B. einen MP3-Player mit Play-alongs anschließen. Außerdem hat die Gitarre einen gewöhnlichen Klinkenausgang, so dass man einen Akkustikverstärker anschließen und auch laut spielen könnte.
Die Silent Guitar gab es damals in 2 Ausführungen: Mit Nylonsaiten und mit Stahlsaiten. Da ich klassische Gitarre gespielt hatte, entschied ich mich für die Variante mit Nylonsaiten.
Angefangen habe ich tatsächlich wieder mit meinen alten Notenheften aus Jugendtagen: Matteo Carcassi und Ferdinando Carulli. Anfangs glaubte ich, wieder komplett bei Null anfangen zu müssen. Aber ich merkte bald, dass sich meine Finger an Dinge erinnerten, die mein Kopf vergessen hatte. Nach den ersten 3 Monaten ging schon wieder was.
In den nächsten 4 Jahren habe ich an 6 Tagen die Woche 45 bis 60 Minuten geübt. Ich kam oft nach der Arbeit erst spät nach Hause und war ja - wegen der Fernbeziehung - oft alleine. Aus beruflichen Gründen bin ich dieser Zeit oft umgezogen. Einmal fielen meine Mitbewohner aus allen Wolken, als ich erwähnte, dass ich jede Nacht Gitarre spiele. Wir wohnten seit Monaten Tür an Tür und sie hatten nie etwas gehört.
Sehr praktisch war auch, dass man einen der Holzrahmen, die die Form des Korpus nachbilden, abschrauben kann. Dadurch kann man die Gitarre sehr platzsparend in der Tasche verstauen, was ungemein praktisch ist, wenn man z.B. im Zug, im Reisebus oder als Mitfahrer im Auto unterwegs ist. Mitreisende haben manchmal auf eine Bratsche getippt. So klein ist sie wegpackt zwar nicht, aber eben doch ein bisschen zu klein, um als Gitarre erkannt zu werden. Abuch im Familienurlaub, wenn das Auto bis zum Anschlag vollgepackt war, war es nützlich, dass meine Gitarre nur wenig Platz brauchte. In der Ferienwohnung konnte ich auch spät abends üben, wenn die Kinder meiner Partnerin schon schliefen.
Nach vier Jahren habe ich es dann endlich geschafft, zu meiner Partnerin zu ziehen. Seitdem wohne ich wieder in einer richtigen Wohnung. Ich hatte mir bei diesem Umzug eine Sache vorgenommen: Ich wollte wieder eine richtige klassische Gitarre mit Korpus spielen. In meinen "Vagabundenjahren" hatte ich regelmäßig Geld zurückgelegt, das ich am Monatsende übrig hatte. Jetzt war ein kleines Polster da, so dass eine ziemlich gute klassische Gitarre in Reichweite war. Es ist eine Hanika geworden.
Der klassischen Gitarre bin ich treu geblieben, auch wenn ich seit meinem Umzug nur 25 bis 30 Minuten pro Tag spiele. Die einsamen Abende wurden ersetzt durch ein lebhaftes Familienleben. Trotzdem merke ich, wie gut es mir tut, mich 20 bis 30 Minuten pro Tag auf eine bestimmte Sache zu konzentrieren, die mir Freude macht und die ich allein für mich tue. Gerade in Zeiten, in den ich beruflich oder auch privat stark gefordert war, habe ich daraus viel Kraft schöpfen können.
Meine Silent Guitar habe ich seitdem nur noch selten gespielt. Das Gefühl, einen schwingenden Korpus aus Holz an Bauch und Brust zu spüren, ist eben doch noch ein bisschen mehr als der reine Klang aus Piezo Pickup und und Verstärker. Außerdem spiele ich inzwischen gerne spanisch angehauchte Sachen. Auf der Silent Guitar ist vieles möglich, aber wenn es keine Gitarrendecke gibt, geht auch kein Golpe. Im Urlaub und auf Wochenendtrips kam sie aber doch immer wieder mal zu Einsatz, wegen dem kleinen Packmaß und um nachts andere Gäste nicht zu stören.
Meine Partnerin ärgerte sich aber immer wieder mal über die Silent Guitar, die zwar wenig Platz wegnahm, aber eben auch nur noch selten gebraucht wurde. Diesen Sommer war es soweit. Ich nahm die Silent Guitar mit an den französische Atlantikküste und sie ein letztes Mal ausgiebig zu spielen. Mit dem Versprechen, sie danach abzugeben. Ich verkaufe sie nun bei EBay und das wird das Ende unserer Reise.
Natürlich klingt sie nicht so schön wie meine Hanika, aber ein ästhetisches Instrument war sie schon. Vor allem hat sie mir einen Wiedereinstieg in das Spiel das klassischen Gitarre ermöglicht, als meine Lebens- und Wohnsituation dem eigentlich entgegen stand. Ein bisschen Wehmut ist schon dabei, sie nun loszulassen.
Bye, bye, Silent Guitar. Es war eine schöne Zeit!
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