Hm, nun ja. Es scheint also keiner die Pre-Order-Version gehabt zu haben. Ist inzwischen aber egal, denn das Album steht nun auch in den Läden.
"Marillion zurück auf dem Artrock-Thron" hat die Zeitschrift "Eclipsed" getitelt. Nun mag man sich zwar trefflich darüber streiten können, ob "Marbles" tatsächlich "Art-Rock" ist (klassischer Neo-Prog ist es definitiv und Gottseidank nicht mehr), aber ein echter Diamant ist es allemal. Für viele gilt es jetzt schon als bestes Marillion-Album seit "Brave" (1994). Da muss ich mich leider ausnehmen, denn ich fand "Afraid Of Sunlight" (1996) besser als "Brave". Aber immerhin: Nach dem lauen "This Strange Engine", den grottenschlechten "Radiation" und "Marillion.com" sowie dem gefälligen "Anoraknophobia" ist den Briten (endlich!) mal wieder ein großer Wurf gelungen.
Hier im Forum sind ja hauptsächlich etwas jüngere Semester unterwegs, die vielleicht gerade noch wissen, dass diese Band mal in den 80ern den Radiohit "Kayleigh" hatte (der schon damals, aber erst recht heute nicht gerade viel Aussagekraft über das tatsächliche Potenzial dieser gigantischen Band hatte und hat). Überraschend ist jedoch, dass der "Underground"-Act Marillion mit seiner neuen Single "You're Gone" in England auf Platz 7 der Single-Charts eingestiegen ist...
Es ist auf alle Fälle für jeden Musiker mehr als lohnenswert, sich mal mit "Marbles" im speziellen und Marillion im allgemeinen zu beschäftigen. Intelligente Rockmusik auf der Höhe der Zeit, die wie Kino für die Ohren daherkommt. Ausufernde Tracks, emotionale Wechselbäder, große Atmosphäre(n), fragile Passagen. Das Album ist ein echter "Grower", der sich erst nach ein paar Durchläufen im CD-Player in seiner vollen Schönheit offenbart. Gekrönt wird das Ganze (wie immer, möchte man sagen) durch die brillianten Vocals von Leadsänger Steve Hogarth. Ich kenne nur wenige Sänger, die mit ihrer Stimme derart vielschichtige Emotionen ausdrücken können wie dieser Mann.
Sicher, die fünf Herren haben größtenteils bereits die 40 übersprungen. Aber ihre nach wie vor zeitlose Musik macht sie auch für die jüngeren Hörer mehr als interessant. Nicht zuletzt berufen sich ja auch Musiker wie Dream Theater, Radiohead, Coldplay oder Porcupine Tree auf Marillion, von denen sie maßgeblich beeinflusst wurden.
Also: Wer Marillion bislang noch nicht kennt, sollte sich mal an "Marbles" wagen und sich intensiver damit beschäftigen. Es lohnt sich definitiv.
Wer es dann richtig wissen will, kann sich die Band auf ihrer momentan stattfindenden Deutschland-Tour anhören. Dort gibt es auch die Doppel-CD von "Marbles" zu kaufen, nachdem im Handel leider nur die 1CD-Version angeboten wird.