Erst mal kann ich mich vielen hier anschließen und sagen, dass man auf jeden Fall mit Lehrer lernen sollte, und wenn es vom Geld her gesehen ein Problem ist, dann eben seltener Stunden nehmen als gar nicht.
pille schrieb:
2. man macht musikalische und technische Fehler, die man selbst nicht bemerkt, und die sich deshalb auf Dauer einschleichen. Die wird man NIIEEE! wieder los, oder nur mit größter Kraftanstrengung
Bei solchen Aussagen krieg ich jedes mal Bauchweh, denn viele Klavierspieler schreiben sowas, aber richtig wird es deswegen auch nicht. Solche Aussagen sind schlichtweg falsch und widersprechen den wissenschaftlichen Fakten, wie ein Mensch bzw. das menschliche Gehirn lernt.
Egal was wir lernen, wenn es etwas komplett neues ist, dann tun wir uns am Anfang schwer, weil im Gehirn noch keine "Verdrahtungen" vorhanden sind. Je länger wir etwas lernen, desto leichter fällt es uns, weil durch das Üben in unserem Gehirn bestimmte Bereiche trainiert werden und dort "Verdrahtungen" hergestellt werden. Man kann sich das in etwa so vorstellen, als ob es am Anfang nur einen holprigen kleinen Feldweg gibt, auf dem die Impulse zwischen den Nerven fließen, und man den Weg noch nicht kennt. Durch das üben wird der Weg zu einer kleinen Straße und irgendwann zur Autobahn. Ob wir nun sitzen, gehen, stehen gelernt haben oder jetzt ein Instrument lernen wollen, wir lernen IMMER im Gehirn und IMMER nach diesen Grundsätzen.
Fakt ist auch, dass sobald so eine "Autobahn" in einem Bereich angelegt ist, wir uns leicht tun in diesem Bereich was Neues zu lernen, oder an bestehendem zu arbeiten. Erstens kennen wir ja den Weg dahin und zweitens haben wir ja schon für den Großteil des Weges eine komfortable Autobahn.
Jetzt zu dem Teil der Aussage, der IMHO falsch ist
pille schrieb:
Die wird man NIIEEE! wieder los, oder nur mit größter Kraftanstrengung
Wenn es nach dem geht, dann dürfte man z.B. als Kind keine Sportart selber anfangen, und Fußball oder Tennis mit Freunden oder Eltern spielen, sondern müsste sofort in einen Verein gehen und mit Trainer trainieren. Laut dieser Aussage würde sogar jemand, der vorher ohne Trainer ein, zwei Jahre Tennis gespielt hat und dann in einen Verein geht einen Nachteil gegenüber einem absoluten Anfänger haben, weil er NIEEEE! wieder seine falsche Technik los wird oder derjenige würde viel mehr Zeit brauchen, weil er leider an seiner falschen Technik fast verzweifelt.
So, jetzt kann sich jeder von euch selber fragen: wenn zwei gleich talentierte, theoretisch absolut gleiche Menschen (körperliche Voraussetzungen, Motivation, etc.) in einem Tennis-Verein anfangen, wer wird nach einem Jahr der bessere sein? Der absolute Anfänger oder der Amateur mit falscher Technik, der aber bereits durch sein autodiktatisches Lernen seine Auge-Armkoordination trainiert hat, ein Gefühl für den Platz, die Geschwindigkeit und Flugkurve des Balls etc. entwickelt hat
Natürlich hinkt der Vergleich darin, dass einer der beiden Tennisspieler schon mehr Praxis hat und deswegen besser ist, was ich aber damit sagen will ist, dass eingelernte Fehler nicht in Stein gemeißelt sind, sondern man auf einer autodiktatisch erlernten Erfahrung gut aufbauen kann, wie anfangs erwähnt, weil im Gehirn schon "Verdrahtungen" vorhanden sind, an die man anknüpfen kann.
Wie gesagt es ist egal ob man Klavier spielen lernt, einen Pullover stricken, eine Sportart oder sonst was, die grundlegenden physiologischen Abläufe sind immer gleich.
Ich persönlich würde aber auch zum Lehrer raten, aber man sollte endlich mit diesem "die falsche Technik wirst du nie wieder los" Gerede aufhören.