Leistungschaos

YhawK
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Hallo!

Ich möchte mal langsam mehr oder weniger kleine Wissenslücke schließen.
Was mich schon ne ganze Zeitlang interessiert ist das Verhältnis von Vorstufenleistung - Endstufe und Endstufe - Box.

Jetzt ganz konkret gefragt:

1) Manche Amps haben die Möglichkeit, die Leistung der Endstufe zu drosseln. Bei Röhrenverstärkern ist es mir klar, um früher den ach so tollen Endstufensättigungsklang zu kriegen. Bei Transistoren bleibt es mir jedoch ein Rätsel. Welchen Unterschied machts ob man einen 10 Watt Amp zu 50% aufreißt oder einen 5 Watter zu 100% aufreißt?

2) Ich habe ein Bodenzerrpedal. Der Zerrer hat einen Output Regler. Wenn man den zum Beispiel voll aufdreht wirds laut. Lauter, als wenn ich meine Vorstufe voll aufdrehe, wobei ich diese wiederum nochmal voll aufdrehen kann und es dann sehr laut wird. Soweit zur Hintergrundstory. Jetzt zur Frage: was macht die Endstufe dann? Sagen wir es ist einfach eine 50 Watt Endstufe. Und der einfachheithalber ist sie auch voll aufgedreht. Also 50 Watt. Wenn jedoch mithilfe des Bodenzerrpedals der Output der Vorstufe so stark erhöht wird, dass es um ein vielfaches lauter wird. Kriegt die Box dann trotzdem "nur" 50 Watt ab, diese sind dann aber viel lauter, oder wird der Amp gezwungen mehr Leistung abzugeben und wird damit in den sicheren Tod geschickt?

3) Passend zu der zweiten Frage. Sagen wir mal ein 10 Watt Amp wird an eine 5 Watt Box angeschlossen. Wenn der Amp 10 Watt abgibt, sollte die Box kaputtgehen. Wenn jedoch der Master sagen wir voll aufgedreht ist (= laut meiner Logik 10 Watt), die Vorstufe dann jedoch leise ist, kriegt der Lautsprecher dann "leise 10 Watt" ab und geht trotzdem kaputt, oder wird die Leistung dann entsprechend gedrosselt?

4) Wenn gedrosselt: wie kann man nun diese RMS Leistung berechnen? Bei Voll aufgedrehtem Gain, Volume, EQ alles auf maximum und Master voll aufgedreht die Leistung, die der Amp abgibt oder wie sonst?

5) Man schließt an einen Transistorverstärker an eine Box an, die eine geringere Impedanz hat als der Amp. So wie ich es bisher verstanden habe, wird der Amp gezwungen mehr Leistung abzusondern und sollte dabei also kaputtgehen. Gar nicht gut. Also sollte es dementsprechend auch nur dann passieren, wenn man es dann auch so laut macht, dass es die Nennleistung übersteigt. Oder gibt der Amp immer seine ganze Leistung ab und wird dann mithilfe des Master-Reglers und der Vorstufe gedrosselt, auf "leise Maximalleistung"? Ist ziemlich eng verknüpft mit Frage 2 und 3.

Ich hoffe ich finde jemanden, der mir die Fragen beantworten kann, um diese Wissenslücke zu schließen, sodass ich dann (hoffentlich!) das Mysterium "Leistung, Amp, Box" besser verstehe.
 
Eigenschaft
 
Also bevor der Thread in der Versenkung verschwindet, muss ich hinzufügen, dass ich auch sehr an der Beantwortung dieser Fragen interessiert bin. Das sind endlich mal sinnvolle Fragen, die nicht schon zigmal beantwortet wurden. Wahrscheinlich werden sie daher nicht beantwortet.
Ampfachleute, wo seid ihr?
Wollt ihr mir den Glauben an die Kompetenz dieses Forums nehmen?
Oder wisst ihr es auch nicht?
 
Na gut, dann wills ichs mal versuchen.

1) Jeder Verstärker, egal ob Tranny oder Röhre ist für einen bestimmten ...nennen wir ihn mal Leistungspunkt berechnet worden. Dieser Punkt liegt weder ganz unten noch ganz oben in der Nennleistung. Ein Röhrenamp zerrt z.B. bei Master auf Anschlag, weil er dann sozusagen über sein eigentliches Designmaximum hinaus belastet wird. Ein alter Marshall SLP z.B. war nicht gedacht um verzerrt zu spielen. Dies galt damals sogar als schlecht, da wurdest du anfänglich noch bös angekuckt. Auf manchen Fender Amps war sogar ein Aufkleber nach dem Motto, den Amp bitte nicht übersteuern usw.

Der ideale Arbeitspunkt liegt also NICHT bei Regler auf Anschlag. Drehst du einen Transistor auf Anschlag und gibst ihm dann noch über Vorstufe und Signaleingang volles Rohr Feuer dann kann auch der übersteuern und zerren. Das ganze hört sich aber ziemlich grauselig an, weswegen das keiner freiwillig machen wird. (Stichwort unharmonische Verzerrungen).
Also besser nicht bei 100% betreiben, sonst kann dir sowas passieren. Deswegen (für klaren, unverzerrten Sound) lieber einen etwas stärkeren Amp und den nicht bis Anschlag aufreissen müssen. Zu weit unten (Vol regler auf 0,5 von 10 weil die Kiste sonst so laut wird) ist aber auch nix, da der Amp auch nicht auf eine solche Drosselung konzipiert war (wie es bei den Röhrenamp immer so schön heisst....er muss ein bissl arbeiten damit er klingt.)

2) Dein Amp bringt bei voll aufgedrehtem Mastervol im Maximum 50W, das ist richtig. Allerdings nur bei entsprechender Aussteuerung. Die ENdstufe verstärkt das Signal aus der Vorstufe nur um einen konstanten Faktor. Und der Output der Vorstufe ist begrenzt. Bringt die Vorstufe ihren vollen Nennoutput und der Master steht auf MAX dann bringt deine Endstufe 50W.

Regelst du die Vorstufe runter so wird ja das zu verstärkende Signal für die Endstufe kleiner, die Amplitude des Signal ist kleiner, es wird also nur entsprechend seiner jetzigen Amplitude verstärkt.

Hängst du jetzt einen Zerrer vor die Vorstufe, dann verstärkt dieser das Signal. Du hast jetzt angenommen (so deute ich die Frage), dass sich die Verstärkung von Zerrer+Vorstufe addieren und dann auf die Endstufe knallen.
Das passiert nicht ganz so. Dein Zerrer zerrt, weil er das Signal mehr verstärkt, als dein Übertragungskanal eigentlich hergibt.

Mal dir mal 3 Linien horizontal auf ein Blatt, alle im gleichen Abstand. Nimm jetzt die mittlere Linie als Nulllevel an und zeichne einen Sinus, so dass er die obere und untere Linie berührt (nicht überschreitet). Was du jetzt gemalt hast ist der maximale Aussteuerungsfall, ohne zu zerren. Zeichne jetzt einen zweiten Sinus der allerdings kleiner ist und die Begrenzungslinienen nicht berührt.
In diesem Fall hast du auch ein unverzerrtes Signal, allerdings dann nicht ganz so laut.
Zeichne nun einen dritten Sinus welcher über die Begrenzungslinien hinaus geht. Da man allerdings nicht wirklich eine Vorstufe über ihre Designgrenzen aussteuern kann schneidest du jetzt die Kurventeile ab, welche über die Begrenzungen hinausgehen und verbindest die unterbrochene Sinuskurve an diesen Stellen mit einer geraden Linie. Diese geraden Linien (da wo du abgeschnitten hast), das ist deine Verzerrung, das ist das was du nun als Crunchsound kennst. Du überlastest die Vorstufe, die kann aber nur bestimmte Level aufnehmen und verzerrt dann.

Hängst du jetzt meinetwegen 5 Verzerrer hintereinander so wird das Signal zwar extrem verstärkt, aber immer an der Begrenzungslinie abgeschnitten. Der Klang wird immer verzerrter, aber der Pegel der durch die Vorstufe geht wird nicht grösser, der ist ja durch die Begrenzungslinien begrenzt.
Somit macht es deinem Amp nix aus, wenn du einen Verzerrer vorschaltest und dann noch das Gain der Vorstufe reindrehst (ob das gut klingt ist ne ganz andere Frage).

3) Die Frage sollte sich eigentlich schon weiter oben geklärt haben. Steuerst du die Vorstufe nicht ganz aus bekommt die Endstufe ein kleineres Signal und wird selbst nicht voll ausgesteuert, somit kommen auch keine 10W an den Ausgang.

4)RMS = RootMEanSquare = quadratischer Mittelwert. Kuck mal in der Wikipedia nach, da isses ganz gut erklärt. Ansonsten siehe oben.

5) Ja die Frage mit den Impedanzen. Nun gut, dann will ichs mal versuchen ....
aaaaalso. Ein Transistor ist ja ein recht kleines elektronisches Bauteil. Meistens noch ein dicker Kühler drauf, weil das Ding eben warm wird im Betrieb. Und genau diese Wärme wird ihm zum Problem. Hängst du nun eine Box mit zu kleiner Impedanz an das kleine Kerlchen so wird das Ding gezwungen mehr Strom durchzulassen als es eigentlich kann. Dadurch wird das Teil extrem! warm und schmurgelt dir einfach durch. Bei der Röhre ist es dagegen genau das Gegenteil. Die muss (vereinfacht ausgedrückt) ihre Energie irgendwohin loswerden, sonst gibt es Überschläge im Ausgangsübertrager und das gute Teil ereilt das gleiche Schicksal wie den Tranny.

Nundenn zurück zur eigentlichen Frage. Der Tranny geht so lange mit und ihm passiert nichts wie seine Nennleistung nicht überschritten wird. Überschreitest du diese (was dann nicht bei Master auf MAX passiert, sondern erheblich früher) dann -> Hitze -> Puffff.

Hoffe es war alles halbwegs anschaulich erklärt. Die meisten Erklärungen sind sehr vereinfacht und bildlich ausgedrückt, die Fachleute mögen mir das verzeihen, aber ich finde so lässt es sich einfacher erklären, rein vom Prinzip her.
Falls sich fachliche Fehler finden, die ich im morgendlichen Halbschlaf fabriziert habe, so möge man diese bitte berichtigen.

Gruss Flo
 
Sehr schöner Post GoFlo!

GoFlo schrieb:
2) Dein Amp bringt bei voll aufgedrehtem Mastervol im Maximum 50W, das ist richtig. Allerdings nur bei entsprechender Aussteuerung. Die ENdstufe verstärkt das Signal aus der Vorstufe nur um einen konstanten Faktor. Und der Output der Vorstufe ist begrenzt. Bringt die Vorstufe ihren vollen Nennoutput und der Master steht auf MAX dann bringt deine Endstufe 50W.

DAS ist glaub ich trotzdem falsch.
Ich weiß wirklich nicht viel über Verstärker, ihre Funktion etc., das geb' ich gleich ma zu bevor mir da einer nen Strick draus dreht.

Aber soweit ich weiß, wird die Wattzahl bei einem bestimmten Klirrfaktor gemessen. Klirrfaktor müsste ein bestimmter Grad an Verzerrung sein. Also wenn man praktisch sagen kann, dass 10% vom Signal verzerrt sein dürfen dass man's grade noch "sauber" nennen kann.
Dann wird die Wattleistung an eben genau diesem Punkt gemessen, als "maximale" Wattleistung. Die gilt halt dann per Definition eben nur fürs "saubere" Verstärken. Ein Verstärker soll ja erstma nur Verstärken, deswegen macht das durchaus Sinn.
Dieser Punkt an dem die Wattleistung gemessen wird, ist meistens noch _im_ Regelbereich der Volume/Gain Regler, wenn auch wahrscheinlich doch eher am Ende zu finden.
Die vielerorts gerühmte Endstufenzerre übersteigt glaub ich diesen Punkt.

Das ist auch der Grund, warum ich meinen TSL100, den ich an meiner 2x12" (~120Watt) Box betreibe sicher nicht voll aufreissen werde. der 100Watter kann dann glaub ich schonmal 150 Watt raushaun, wenn alles auf Rechtsanschlag steht und die Endstufe im Sättigungsbereich arbeitet.
Das müsste auch der Grund sein warum die 4x12" Boxen allesamt ne Belastbarkeit von mehr als 300, oft 400 Watt haben. 400 Watt-Topteile gibts doch eher selten, von daher würde das wenig Sinn machen.

Wie gesagt, ich bin mir nicht sicher, aber das ist so das was ich dazu im Kopf habe :)
 
Danke für deinen Beitrag GoFlo, hat mir sehr geholfen.

LoneLobo schrieb:
Aber soweit ich weiß, wird die Wattzahl bei einem bestimmten Klirrfaktor gemessen. Klirrfaktor müsste ein bestimmter Grad an Verzerrung sein. Also wenn man praktisch sagen kann, dass 10% vom Signal verzerrt sein dürfen dass man's grade noch "sauber" nennen kann.

Ich denke, damit meinst du dann das Clipping bzw. verzerren des Signals der Vorstufe und nicht die "normale" Verzerrung?
 
@LoneLobo
Der Klirrfaktor sagt ja nur etwas über die Verzerrungen im Vergleich zum Gesamtsignal aus. Der Klirrfaktor darf btw im Bassbereich höher sein, als in den Höhen damit der Mensch sie wahrnimmt. Aber im Bereich zwischen, sagen wir mal 500-4000 Hz wo wir besonders gut hören sind 10% Klirr schon absolut grausam.
Ein HiFiamp hat z.B. meist Klirrwerte im Zehntelprozentbereich.

Die Klirrfaktoren einer Gitarrenamps kenne ich leider nicht, müsste man mal nachmessen.
Dass ein Gitarrenamp im vollverzerrten Betrieb mehr Leistung drücken kann als angegeben stimmt, nur wie willst du dann eine Leistungsmessung festmachen? Alles was der Amp bringt, egal ob man nur noch Gebritzel und Rauschen hört? Wo machst du die Grenze fest? Deswegen wird die Nennleistung (soweit ich mich erinnere) im unverzerrten Verstärkungsfall gemessen, da es sonst nicht wirklich repräsentativ ist.

Gruss Flo
 
Mal eine Frage, die nichts mit den anderen Fragen gemeinsam hat: wie hört sich eigentlich das clipping an, wenn Lautsprecher überbelastet werden?
 
YhawK schrieb:
Mal eine Frage, die nichts mit den anderen Fragen gemeinsam hat: wie hört sich eigentlich das clipping an, wenn Lautsprecher überbelastet werden?
kreisch!!!!!!!!!

:D

Ne, ernsthaft:
Clipping bedeutet.... also wie soll ich das erklären?
Mal Dir mal eine Sinuswelle auf. Dann nimm ein Lineal und mach oben und unten einen Strich durch, so daß die Kuppen fehlen. Das sieht dann annähend so aus wie ein verhunztes Rechtecksignal. Im Rechtecksignal gibbet aber (anders als im Sinussignal) auch Obertöne - und zwar die geraden Obertöne, oder waren es die ungeraden, naja egal, jedenfalls Obertöne. Die gehören aber da nicht hin, wenn man ein Sinussignal überträgt. Also werden beim Clipping Obertöne in ein Signal gemischt, die man eigentlich nicht haben will, oder doch haben will, wenn man das CLipping mutwillig herbeiführt.

Am Ende hat man: Kreisch!
 

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