Hi,
wie Maxi und stollentroll denke ich, dass sich alle auf die andere Situation einstellen müssen, der Bass muss auf jeden Fall aktiver werden. Metallica haben auf ...And Justice For All sogar ohne (hörbaren) Bass funktioniert, weil die Rhythmusgitarren und Drums alles abgedeckt haben (zum großen Frust von Newsted übrigens). Umgekehrt muss der Bass jetzt bei Euch die Lücke füllen.
Die richtig guten instrumentalen Powertrios wie die Jimi Hendrix Experience, The Who, Van Halen (I+II - auf dem Gebiet Pflichtprogramm selbst für Nichtfans!) und ZZ Top zeigen durchaus verschiedene Wege auf, wie das gehen kann. Wo bei den Who John Entwistle und Keith Moon eine Menge Noten spielten und Pete Townshend auf Soli meist schlicht verzichtete, füllte Jimi Hendrix den Raum oft auch selbst mit sehr orchestralem, vielstimmigen Gitarrenspiel, auch in den Soli.
Das mag (und kann...) nicht jeder, und bei Van Halen und ZZ Top sieht man wieder eine ganz andere Herangehensweise: das Backing ist meist sehr solide und straight, die Gitarrensoli sind voller Singlenotes, und trotzdem funktioniert es.
Warum? Zwei Faktoren sind es mMn: Zunächst mal sind die beiden Gitarristen einfach sch...gut.
Und sie spielen natürlich auch viel, aber eben interessant. Der Reverend erzeugt gerne Spannung mit lang ausgehaltenen Tönen oder Anschlagsvariationen des gleichen Tons, während Eddie solche Tonkaskaden ablässt, dass man erst mal drüber nachdenken muss. Er füllt also nicht die Pausen, sondern einfach das Gehirn des Zuhörers... Was auch wichtig ist: Auch mit Singlenotes kann man den
Eindruck eines Akkords vermitteln, wenn man gut auf den Bassmann hört und sich stärker auf auf Harmonietöne zu dessen Linien stützt als auf die Grundtöne und Quinten, um die sich viele Soli sonst gerne herumbewegen. Spielt der Bass straighte Achtel auf dem Grundton, klingt ein Standard-Pentatonik-Bendning eher langweilig. Bewegt man sich um Terzen und Sexten herum, gewinnt der Gesamtklang harmonisch an Aussagekraft. Auch rhythmisch muss im Solo was passieren: Schau Dir mal im Notenbild an, was Eddie da so treibt - da gehts selten gerade zu, Sextolen, Quintolen(!), Synkopen, Rubato und Legato wechseln sich in wilder Folge ab und reiben sich mit der Rhythmusgruppe. Diese Freiheit hat man in größeren Besetzungen nicht so, aber man muss sie eben nutzen.
Was alle dieser Bands gemeinsam haben, ist übrigens auch der
Sound des Basses: Im Powertrio funktioniert ein zurückhaltender, cleaner Bassound mit tiefen Bässen, wenig Mitten und Piano-Höhen mMn nicht sehr gut. In einer größeren Band hält das den Raum frei für Keyboards und/oder Rhythmusgitarre, im Powertrio verliert man aber zu viel an Toninformation. Obwohl es ordentlich fett klingt, fehlt einfach etwas für den Zuhörer, wenn die Rhythmusgitarre wegfällt. Die gespielte Tonhöhe und damit der harmonische Gehalt der Gesamtband (s.o.) ist für das Ohr viel schwerer zu identifizieren, was den Bass zum reinen "Impulsgeber" degradiert. Das kann man sich im Powertrio nicht leisten, hier muss man den Bass
bewusst wahrnehmen können. Dafür eignet sich am besten ein eher mittiger, knurriger Sound - mindestens im Livesound eine eindeutige Gemeinsamkeit der genannten Bands.
Der Haken daran: der Bassist muss auch wirklich wissen, was er da spielt
. Kann man sich in einer größeren Band noch durchmogeln, und fällt ein falscher Ton nicht so auf, muss hier jeder Ton sitzen, in Tonhöhe und Rhythmus. Ein Trio ist kein Ort für die Bassisten, wie sie gerne in Comics zu sehen sind: hinten im Eck vor dem Amp stehend, die Fluppe zwischen den Lippen und halb schlafend.
Fazit: Euer Zusammenspiel muss ganz neu abgestimmt werden, alte Basslinien oder Soli aus der bisherigen Besetzung werden nicht mehr unbedingt funktionieren. Das kann aber sehr spannend sein und viel Spaß machen.
Gruß, bagotrix