Soulagent79
Registrierter Benutzer
Le Marquis N.Y. Violin Beatles Bass
Da diese Marke drüben im Gitarrenforum gerade im Gespräch ist, habe ich mich entschlossen zu meinem neuen Le Marquis Bass ein Review zu schreiben.
Ich bin eigentlich kein Vollblut-Bassist, habe aber in den letzten zwanzig Jahren auch immer einen Bass besessen, weil es mir Spaß macht, zur Abwechslung
mal ein bisschen auf vier Saiten zu grooven und weil ich in meinem Heimstudio selbstgeschriebene Songs aufnehme und dazu auch immer einen Basslauf einspiele.
Hinzu kommt, dass ich ein großer Beatles- und 60er Jahre-Fan bin, daher kommt ein solcher Bass natürlich wie gerufen.
Mittlerweile ist es bereits mein zweiter Le Marquis Beatles-Bass, den ersten habe ich 2010 bei Ebay für 130€ Sofortkauf erstanden, leider
aber vor ein paar Jahren wieder verkauft - und ja, ich habe ihn irgendwie vermisst.
Da der Anbieter von Le Marquis momentan viele Auktionen am Laufen hat, habe ich einfach nochmal mitgeboten und
einen schwarzen Violin-Bass für sage und schreibe 63€ inkl. Porto geschossen.
Womit haben wir es genau zu tun?
Der Le Marquis Beatles- bzw. Violin-Bass ist eine in China hergestellte Kopie des deutschen Höfner 500/1 Basses, wie er von Paul McCartney bei den Beatles berühmt gemacht wurde.
Die Form erinnert an eine Violine, daher nennt man ihn auch "Violin-Bass".
Es handelt sich um einen semiakustischen Viersaiter mit laminiertem Korpus, der zwar ohne F-Loch kommt, aber von innen hohl ist und somit
beim Spielen ordentlich mitschwingt und auch einen recht lauten akustischen Ton produziert.
Als Tonabnehmer dienen zwei Mini-Humbucker, die Bridge ist ganz klassisch aus Holz und mit einem Tailpiece an der hinteren Zargenseite des Korpus befestigt.
Das kennt man von alten Jazz- und Archtop-Gitarren und lässt erkennen, dass der Bass in einer Zeit entworfen wurde, in denen Stop-Tailpieces noch nicht die Regel waren.
Die Brückenkonstruktion ist komplett aus Holz, die Saiten liegen lediglich auf kleinen Metallsättelchen, die sie in der Bahn halten, auf.
Erinnerungen an alte "Schlaggitarren" aus den 50er Jahren werden wach.
Hoyer, Klira, Framus und natürlich auch Höfner - in dieser Tradition dürfte der Bass konstruktionstechnisch stehen.
Der Hals ist kürzer und schmaler als bei den gängigen E-Bässen und fällt deutlich in die Kategorie 'shortscale', dementsprechend kleiner sind die Bünde und auch der Saitenabstand
ist geringer als z.B. bei einem Fender-Precision.
Das Gewicht ist erfreulich gering. Gerade mal 2,2 Kilogramm bringt der Le Marquis auf die Waage.
Das Spielgefühl ist daher dem einer Gitarre sehr ähnlich und man fühlt sich auch mit Plektrum an dem Instrument recht wohl.
Bass-Puristen werden eventuell darüber die Nase rümpfen und auf das Slappen wird man beim Violin-Bass auch verzichten müssen.
Klanglich fühlt sich diese Art von Bass generell in poppigen und rockigen Bereichen am wohlsten.
Funk, Jazz, Fusion und alle Richtungen, in denen ein klarer, drahtiger Ton bevorzugt werden, sind nicht seine Spezialität.
Der Ton ist holzig, fett und mächtig.
Das typische Knarzen und Twangen eines Fender-Basses bietet der Violin-Bass allerdings nicht.
Die Schalter und Potis sind gewöhnungsbedürftig, aber sie ergeben durchaus Sinn und er öffnen dem geneigten Bassisten eine große
Soundpalette: Die beiden Tonabnehmer lassen sich einzeln an- und abschalten oder sanft ein- und ausblenden bzw. mischen.
Der "Rhythm/Solo"-Schalter ermöglicht in der Solo-Position einen kleinen Boost, der den Output der Humbucker nochmal ein Stückchen anschiebt.
Hier ein paar Soundbeispiele Aufgenommen über den PC mit Amp-Simulation.
Zuerst hört Ihr jeweils den Neck-Pickup, dann den Bridge-Pickup und zuletzt beide zusammen.
https://soundcloud.com/jaybee1979/le-marquis-ny-beatles-violin-bass-demo
Im Gegensatz zu meinem ersten Le Marquis von 2010 ist dieser neue Bass neben dem Korpus- sogar mir einem Halsbinding ausgestattet.
Das ist nur ein kleines Detail, aber wertet das Instrument optisch deutlich auf.
Wie ist der Bass qualitativ?
Ganz ehrlich? Ich finde eigentlich keinen richtigen Minuspunkt in Bezug, vor allem in Bezug auf die Preisklasse geht der Le Marquis absolut in Ordnung.
Die Verarbeitung ist für ein Instrument dieser Kategorie angemessen, keine Patzer beim Finish oder Binding, der Klang ist charakteristisch
und die Bespielbarkeit ist auch angenehm.
Sicher: Optisch müssen aus Copyright-Gründen ein paar kleinere Abstriche hingenommen werden, das Tailpiece ist das typische, generische
Asia-Tailpiece, das man bei vielen anderen No-Name Gitarren und Bässen auch findet und die Pickup-Kappen haben keine Öffnungen
für verstellbare Polepieces, wie die klassichen Höfner Staple-Humbucker.
Ansonsten gibt es eigentlich nicht viel zu meckern.
Der Le Marquis hat sogar die klassische Kopfplattenform, die die anderen nichtlizensierten Kopien nicht bieten.
Die Mechaniken wirken stabil und halten die Stimmung. Die Kanten der Bundstäbchen sind ordentlich gefeilt, das Binding ist rundum sauber
und die Nut ist gut gekerbt.
Die Werkssaiten waren okay, ich habe sie allerdings gegen einen Satz Höfners getauscht.
Klanglich ist der Bass auch recht vielseitig - ist aber, wie gesagt, nicht für jedermann, da der Ton sehr charakteristisch und besondere Techniken
wie z.B. das Slappen nicht möglich sind.
Der Le Marquis wird laut Sticker in China hergestellt, hat aber keine Seriennummer und das genaue Werk lässt sich nicht herausfinden.
Das war übriges bei einem Höfner Galaxie-Bass den ich besaß, ganz genauso.
In direkter Konkurrenz steht der Le Marquis z.B. zum Harley Benton Beat Bass (150€) zum Epiphone Viola Bass (280€) und zum in Lizenz
gebauten Höfner Ignition Bass (300€).
Hier kann der Le Marquis durchaus mithalten und sollte, gerade in Anbetracht des günstigen Preises, dem geneigten Beat-Basser eine Überlegung
wert sein.
Im Jahr 2010 habe ich noch 130€ gezahlt, zwischenzeitlich lag der Bass bei 90€, den neuen habe ich Ende 2015 für nur 63€ ersteigert.
Diese Preise sind eigentlich unschlagbar, vor allem, wenn man bedenkt, dass es einen "richtigen" Höfner sowieso in diesem Preisbereich noch
nicht gibt und auch der Höfner Ignition Bass nur eine von einem asiatischen Lizenzhersteller gebaute Kopie ist.
Es würde mich nicht wundern, wenn einige der oben genannten Alternativen aus demselben Werk wie der Le Marquis stammen, zumal
sich die Bässe auch im Detail sehr ähnlich sind. Der Ignition ist zwar der einzige, der kompromisslos den urheberrechtlich geschützen Look bietet,
dafür ist er aber auch der teuerste unter den billigen.
Man darf vor allem nicht vergessen, dass das Original, das Paul McCartney 1960 in Hamburg kaufte, kein Bass der Oberklasse war.
Damals kostete der in Deutschland gebaute Höfner 500/1 umgerechnet gerade mal ein fünftel des damaligen Preises eines amerikanischen Fender Precision Basses.
Das war neben der symmetrischen Form (McCartney ist Linkshänder und konnte den Bass einfach umdrehen) wohl auch ein Auswahlkriterium,
da der noch unbekannte McCartney zu dieser Zeit noch nicht der reichste Musiker der Welt war.
Als ironische Anekdote kann man anführen, dass der heutige Höfner 500/1 mit knapp 2.000€ ein gutes Stück teurer ist als der Fender MIA Precision Bass.
Fazit:
Wer im günstigen Preisbereich einen Beatles Bass sucht, findet beim Le Marquis genau das, worauf er Wert legt.
Klar: Ein echter Höfner 500/1 'made in Germany' ist überragend, da sprechen wir in Punkto Verarbeitung, Materialauswahl und Detailgenauigkeit von einer
ganz anderen Kategorie - da brauchen wir uns nicht vormachen.
Aber in seiner Preisklasse kann er absolut mithalten - und das für relativ wenig Geld.
Wäre ich hauptsächlich Bassist, dann würde ich mehr Geld investieren, aber als Studio-Bass oder 'just for fun' ist der Le Marquis mehr als in Ordnung,
auf die Bühne kann man sich damit gelegentlich auch trauen.
Zum Abschluss noch zwei Bilder meines ersten Le Marquis, gekauft im Jahr 2010, der ebenso zu empfehlen und bis auf das Halsbinding (und natürlich das Finish) identisch mit dem
heutigen ist...
- Eigenschaft
Zuletzt bearbeitet: