Vicious6circle
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Kurzgeschichte über den Kampf: Röhre vs. Transistor
Es sei direkt erwähnt dass der folgende Text niemanden persönlich angreifen soll. Dies ist lediglich eine evtl. überspitzte Darstellung meiner Erfahrungen bzgl. der ewigen Frage: Röhre oder Transistor. Eigentlich sollte es ein Review werden doch der Prolog zog sich länger und länger. Im Endeffekt entstand eine Art Kurzgeschichte die ich meinem geliebten Forum nicht vorenthalten möchte. Böse scherze sollten mit einem Augenzwinkern betrachtet werden. Und wer weder über einen gesunden Humor, noch über musikalisches Talent verfügt, hat in diesem Thread sowieso nichts verloren.
So wie die meisten Gitarristen die etwas auf sich halten war auch ich Jahrelang ein Röhrenspieler. Nachdem ich damals meinen ersten bandtauglichen Amp (Crate Flexwave <= Transe) gegen einen Peavey Valveking ausgetauscht hatte, wollte ich nie wieder zu diesen kreischenden Transistorverstärkern zurückkehren. Doch wie man so schön sagt.... man trifft sich immer zwei mal im Leben. Im Laufe der Zeit steigen ja bekanntlich die Ansprüche, sodass ich vom Valveking zum 6505 wechselte. Schönes Teil, doch i.wie war er mir immer zu harsch und kühl. Der Engl Fireball meines Rythmus-Legasthenikers gefiel mir da doch etwas besser. Mit der Zeit kamen dann noch einige Tretminen, Koffer, etc. dazu und plötzlich findet man sich mit >30 kg Equipment im Auto wieder. Daneben das >35 kg schwere Material deines Bassisten (welches dann sowieso nur dumpfes gebrummel ohne Töne von sich gibt) und hinter dir die Karren deiner restlichen Bandkollegen, die unter kreischendem Motoren-Gejaule ein Schlagzeug und weitere Elektronik mit sich führen. Endlich am Ort des geschehen eingetroffen wird dir klar dass der ganze Kram zur Bühne getragen werden muss. Schwitzend und Keuchend schleppt man es auch dort hin während der Drummer (bevorzugt als Trommler bezeichnet) vor der Location steht und genüsslich eine raucht. "Ey! Wie wärs wenn du auch mal was von deinem Misst auslädst !!?!!"..... "Jaja, bin doch gleich fertig." Das "fertig" dauert dann doch mal wieder bis die Fahrzeuge leer und die Stage voll ist.
In solchen Momenten würde man am liebsten etwas weniger Equipment haben. Und aus diesen Gründen habe ich mich dann für einen HK Tubemeister 36 entschieden. Zumindest ein erster Schritt Richtung "Downsizing". Trauriger weise war das Teil nie wirklich für modernen Metal geeignet. Trotzdem hab ich ihn behalten und auch ne gute Zeit damit gehabt. Als ich mich dann wieder auf der Bühne fand, einen Stepptanz mit alten ausgelatschten Chucks aufführend, wurde mir klar: "...das muss doch einfacher gehen...". Nach entsprechender Recherche kam ich dann auf die Idee meine Tretminen gegen eine Bohne namens POD zu tauschen. Genauer: einen POD HD 500. Diesen hab ich sehr günstig in der Bucht geschossen.
Die Idee dahinter: alle Effektgeräte gegen ein einziges Board zu tauschen mit dem ich den Tubemeister zusätzlich steuern (via Midi) und einen metallastigeren Ton zaubern kann.
Das Resultat war ein wunderbar zu steuerndes, leichtes Equipment mit dem ich zusätzlich sehr viel flexibler war als je zuvor. Wunder der Technik. Aus unerklärlichen Gründen konnte ich mich dennoch nie mit dem Tubemeister komplett anfreunden. Aus diesem Grund hab ich mich nach einem Ersatz umgesehen. Eine einfache Endstufe wär doch mal was. Allerdings waren die guten mit Röhren besetzten Gebiete etwas teuer. Urplötzlich schlug es mir mitten ins Gesicht... das große T... es schrie mich dabei an: "GPA400... tu es... tu es.... TU ES!" Es kam wie es kommen musste. Ehe ich mir weiter Gewalt antun ließ wollte ich diese Transe von Endstufe testen. Soviel zu "man sieht sich immer zwei mal im Leben". Trotz der tollen Bewertungen unter der Produktbeschreibung habe ich mir eigentlich nicht viel erhofft. So hab ich das Teil an meine 2x12er angeschlossen, den POD in die Transe eingeführt (hmm... klingt seltsam...) und meine Klampfe um die Schultern geworfen. Nach einer geschätzten Stunde der Soundbearbeitung bemerkte ich ein langsam stärker werdendes euphorisches Gefühl. Na was ist denn da los? Seit wann wecken Transen denn solche Gefühle bei mir? Nach weiteren 30 min. war ich vorsichtig optimistisch. Ich empfand den Sound schon jetzt i.wie besser als mit dem Tubemeister... Ja... sogar besser als den des 6505er?!? Ein moderner Metal-Sound wie er im Buche steht! "Aber halt! Da sind doch gar keine Röhren drin! Das kann doch gar nicht gut klingen! Vermutlich werd ich Krank und mein Gehör leidet schon darunter. Hmm... jap, DAS muss der Grund sein. Mal sehen wie die Probe nächste Woche läuft."
In den nächsten Tagen spielte ich mit dem POD zuhause am PC. Sounds erzeugen... tweaken (nicht mit Twerken zu verwechseln)... tweaken .... und wieder tweaken. Siehe da. Das Teil kann echt einiges. Dann kam der D-Day der GPA400. Die erste Bandprobe stand an. Selbes vorgehen wie im Absatz zuvor und auf go. "Na da brät mir doch einer nen Storch!" Das Teil macht dem Fireball meines Nachbarn ziemlich viel Konkurrenz! Man glaubt es kaum was aus meinem Equipment ertönt. Die Differenziertheit der Akkorde, der Druck, die Mitten... unglaublich Geil. Meine Bandkollegen schauten mich nach dem ersten Song Schräg an. Keiner konnte sich erklären wie aus der winzigen, super leichten Endstufe und dem POD als Preamp solch ein monströser Klang entstand. Die restliche Zeit der Probe verlief unerwartet. Gänsehaut-Feeling bei jedem Anschlag, Freude über jeden erzeugten Ton (egal wie schief er war) und eine unglaubliche Schadenfreude darüber den Röhren meines Nachbarn zu zeigen wo der Hammer hängt (genau... zwischen den Beinen der Transe...). Am Ende des Tages lief ich mit einem gigantischen Grinsen aus dem Proberaum wo die Dämmerung mich wie einen heimkehrenden Helden Empfang, der soeben mit <25 kg Equipment eine Armee aufhielt....
Um allen Übertreibungen im Text nun kurz Einhalt zu gebieten:
Ich spiele das Equipment nun seit ca. 4 Monaten und bin mir sicher den Sound gefunden zu haben der mich die nächsten Jahre begleiten wird. Im Proberaum bin ich äußerst durchsetzungsfähig. Auf Gigs habe ich weit weniger zu schleppen als zuvor. Sollte mich die Box oder die Endstufe spontan im Stich lassen, kann ich immer noch mit dem POD direkt ins Mischpult gehen und den Abend damit meistern. Zuhause macht der POD das aufnehmen von Songideen um vieles einfacher.
Nie hätte ich gedacht dass eine Transistorendstufe und ein Modeling-Preamp so gut klingen könnten. Ich bin jedenfalls froh mich darauf eingelassen zu haben und kann auch jedem Röhrenfetischisten raten sich das ganze einmal näher anzuschauen. Viele sagen man käme damit nicht an Röhrenamps heran (auch ich war einmal der Meinung). Heute weis ich es besser und ich bin sicher dass mir einige zustimmen werden.
Damit sich die Augen nun ausruhen können gibts noch was auf die Ohren:
https://soundcloud.com/orbscollide/orbs-collide
-Gitarren und Bass wurden mit dem POD direkt durch eine Focusrite in Cubase aufgenommen
-Drums mit Addictive Drums programmiert
-Mix: Selfmade
In diesem Sinne....
keep it bloody,
Vicious6circle
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