Kramer gehört nun zu Gibson und fertigt in Singapur. Eigentlich können nun fast alle Werke in der Welt, vielleicht bis auf das hinterste Setchuan, Gitarren bauen. Es stellen sich halt immer nur die Fragen nach Ausgangsmaterial und Qualitätskontrolle. Die Kramer Aussault ist ne feine Gitarre, es gibt kaum etwas zu beanstanden. Vielleicht ist Kramer wieder da!
Die Firma Kramer gibt es seit 1990/91 nicht mehr. Damals ging man in die Insolvenz und verscheurte die noch vorhandenen Lagerbestände an Korpi und Hälsen in der Hauptzentrale in Neptune, NJ an verschiedene Abnehmer, u.a. an Schaller. Die meisten alten Pacers, die heute in Europa z.B. bei ebay auftauchen, sind hier Anfang der 90er von Schaller vertrieben worden. Man erkennt sie an der nicht vorhandenen Seriennummer auf der Korpusplatte und dem fehlenden American-Schriftzug auf der Halsplatte. Im Gegensatz zur American-Serie haben die Schaller-Pacers keine Seymour Duncan-Tonabnehmer, sondern welche von Schaller. Auch ist das Original-Floyd durch ein Licensed by von Schaller ersetzt worden. Die Korpi und Hälse stammen aber aus der American-Serie und sind von Schaller aus New Jersey nach Tschechien transportiert worden, wo diese von einer Firma namens Jolana montiert und bestückt wurden. Die Hälse und Korpi der American-Serien sind übrigens seit 1986 alle bei ESP in Japan produziert und dann in die USA exportiert worden, wo sie schließlich bei Kramer lackiert, montiert und bestückt wurden. Kramer hat schon seit Anfang der 80er die Korpi und Hälse für Pacers, Barettas etc. von Zulieferern produzieren lassen. Ich glaube bis 1985 war das eine US-Firma namens Sports, daher konnte auch bis Mitte der 80er Made in USA auf den Gitarren stehen. In Neptune selber produziert hat Kramer, glaube ich, nur die Bässe und Gitarren aus der Aluminium-Serie von ca. 1976 bis in die frühen 80er.
Auf jeden Fall waren die Barettas und Pacers aus der American-Serie in den 80ern schweineteure Prestige-Instrumente für Profis, von solchen exotischen Modellen wie Nightswan, Sustainer und Stagemaster ganz zu schweigen und in Deutschland nur bei wenigen Händlern zu bekommen. 1986 lag z.B. der Preis für eine American-Baretta hier ungefähr bei 2.100 DM, eine Gibson Explorer kostete dagegen "nur" ca. 1.800 DM. Gibson und Fender - das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen - kamen im Laufe der 80er in der Hard 'n Heavy-Szene zunehmend aus der Mode. 1985 und 1986 verkaufte kein Hersteller in den USA so viele Gitarren wie Kramer, auch Fender und Gibson nicht.
Obwohl einen großen Anteil an den Preisunterschieden sicherlich das originale Floyd-Rose-Tremolo ausmachte, welches in den 80ern, wenn ich mich recht erinnere, nur bei Kramer-Gitarren aus der American-Serie erhältlich war und sonst bei keinem anderen Hersteller. Das Floyd-Rose-Trem war ja 1982/83 in Zusammenarbeit von Kramer, Floyd Rose und Eddie Van Halen extra für diesen entwickelt worden und erschien dann erstmals auf der Baretta, der Signature-Gitarre von Eddie, nachdem dieser einen Endorser-Vertrag bei Kramer unterschrieben hatte.
Gibson hatte sich dann 1998 die Rechte an dem Markennamen Kramer gesichert. Mit der ursprünglichen Firma hatte das aber nichts mehr zu tun, denn die war bereits seit acht Jahren Geschichte.
Kramer ist pleite gegangen, weil riesige Ausgaben für Endorsement (u.a. Eddie Van Halen, Richie Sambora, Mick Mars), sowie teure Anzeigenkampagnen in Zeitschriften die Verkaufserlöse auffraßen. Dazu kam noch ein chaotisches Finanzmanagement und vielleicht auch das "rauschhafte Flair" in der amerikanischen Hardrock-Szene der 80er, dem sich auch die Manager von Kramer wohl nicht ganz entziehen konnten. Als man dann Ende der 80er auch noch einen teuren Prozess gegen Floyd Rose verlor, welcher Provisionen seines Tremolos für jede produzierte Kramer-Gitarre einklagte und man diese rückwirkend auszahlen musste, fuhr der ganze Laden an die Wand. Der Sargnagel war dann Ende 1989 die Signature-Gitarre für die russische Band Gorky Park. Im Zuge von Glasnost und Perestroika sowie dem legendären Moskau-Peace-Festival '89, wo mit Mötley Crüe, Bon Jovi, Skid Row und Cinderella gleich vier Kramer-Endorsement-Gitarristen am Start waren, hatte man sich bei Kramer gedacht, Gorky Park in den USA zu Weltruhm führen zu können. Die Gorky-Park-Kampfe lag dann aber wie Blei in den Regalen der Gitarrenhändler und damit war das Aus von Kramer besiegelt. Gibson und Fender wird's sicherlich gefreut haben.