@ wüstenstaub + x-Riff
x-Riff schrieb:
Aussage, Grundgedanke - auch ich fange oft Texte an, ohne zu wissen, worauf es hinausläuft ... in gewisser Weise "schreibt etwas in mir" und ich versuche vor allem, am Ball zu bleiben.
Jo. Mache ich ebenfalls . Fast täglich. Manchmal zum Beispiel für das Gedichteforum. Oder in Cafes, öffentlichen Verkehrsmitteln, Wartezimmern... Neuerdings während des Joggens. Ich ordne das aber als "Stoffsammlung" ein. Denn meistens geht es mir dabei nur um Beobachtungen. Noch nicht um Ideen. Dafür muss ich mich sehr konzentrieren.
Ideen sind für mich an zwei Sachen gekoppelt
a) an 2 (!)konkurrierende
Aussagen, aus deren Interaktion sich
b) ein Sack voller
Beispiele ergibt.
Ich improvisiere mal frech und versuche dabei irgendwie beim Beispiel zu bleiben.
Idee:
Sterben macht
Spaß (Genau so ginge auch zum Beispiel "der
Tod öffnet
die Herzen", "der
Tod macht alle
reich usw. )
Dazu fallen mir massig Beispiele ein.
- Die Beerdigung meines besten Schulfreundes. Ich war 15. Hinter mir in der Kirche saß eine (heute bekannte) Band. Auch sie blutjung und ebenfalls unfähig, mit dem Tod souverän umzugehen. Der Pastor natürlich uncool steif. Hinter mir begann ein bandtypisches Rumgewitzle, was bald nicht mehr zu stoppen war. Wir saßen mit hochroten Köpfen und drohten zu platzen vor Lachen. Ich bin mir noch heute sicher, meinem toten Freund Udo wäre es genau so ergangen.
- Ein anderer lieber Freund starb in Sekundenschnelle an einem Infarkt. Unser damals riesiger Freundeskreis traf sich Tage später zu einer Gedenkfeier. Es wurde gesungen, gekuschelt, zärtlich gelacht und die härtesten Kotzbrocken redeten leise und nett.
- Mein feinfühligster Freund ist Steinmetz. Wenn ich ihn an seinen krisenfesten Job erinnere, lächelt er zufrieden.
- nicht zu Reden von Erbschaften oder dem Ableben verhasster Diktatoren
- und so weiter....
Damit hab ich noch keinen Song. Aber ein Ziel. Und eine Methode: Die Strophen müssen als Beweis für meine Prämisse dienen. Alle anderen Gedanken scheiden mit größter Wahrscheinlichkeit aus. Selbst das Leid und die Tränen müssen sich diesem Beweis unterordnen!
Wem das jetzt zu herzlos erscheint, der urteilt mMn zu vorschnell. Alle anderen Themen wie natürlich "Tod bringt Leid" Tod bringt Unglück" oder "Tod macht einsam" können der Ausgang für 3 neue Lieder sein. Obwohl diese Aussagen leider kaum mit einenander konkurrieren. Hingegen: die frechste und krassesten Prämisse versprechen die glaubwürdigsten Beispiele.
Warum mach ich das am liebsten so? - Weil gerade so der Song für Dritte verständlich bleibt. Weil dieses Prinzip Spielraum für die gewaltigsten Gegnsätze bietet, ohne das 1.) ich und 2.) mein Zuhörer die Übersicht verliert. Die schrägsten Plots, oder Twists (wie das Annette gern nennt) könnte man einsetzen, ohne dass der Song unübersichtlich wird.
Und nun staunt nicht gleich Bauklötzer...

Lest mal in Euren Krimis. Jeder banale Absatz ist nach diesem Prinzip geschrieben: Ein Gedanke und x-wiewiele Beispielsätze.
x-Riff schrieb:
Wo steht die Grundausage in einem Text?
Klare Antwort: sie muss nirgendwo stehen. Mir ist das sogar oft zu "Holzhammermäßig". Die Grundaussage muss sich aber aus dem Text erschließen lassen.
x-Riff, so sehr wie wir uns zu verstehen scheinen: in manchem verworrenem Text wäre es mr ein Vergnügen, die Grundaussage träte auf und würde mit ihrem Holzhammer den Autor daran erinnern, verständlich zu bleiben.
"Sterben macht Spass" wäre vermutlich nicht meine Hookline. Da müßte ich länger suchen. Glücklicher Tod, Spiel auf Gevatter. täglich tanzt der Sensenmann, ich würde stundenlang bis zur totalen Erschöpfung mit meiner Prämisse spielen. (Oh diese Instrumentalisten... da ringen sie manchmal jahrelang um einen Bandnamen, aber 1 Stunde ersthafte Hookline-Suche ist den meisten zu viel. Komisch...

...

)
Oder eine der Strophenzeile bringt mich auf die Hookline.
Nun gibt es ja nicht nur Schwarz und Weiß. Natürlich könnte sich die Geschichte um den Tod meines Schulfreundes verselbständigen. Zum Beispiel im Zusammenhang mit der bekannten Band. dann könnte mein Prämisse sich ändern in: "Rocker sind nicht reif für den Tod" Oh ja, das hätte doch was
Ich hoffe, ich hab mich verständlich gemacht: Auch so..."verständlich" versus "verstehen". Irgendwie versteht man fast jeden Text, Irgendwie. Das kann ich als Autor nicht beeinflussen. das hängt von fremden Sensoren ab.
Aber ich kann alles dafür tun, mein eigenes Anliegen zu suchen, zu verstehen und danach "verständlich" zu machen. Damit meine ich "verdeutlichen" klar "darstellen" auf geile, aber im Kontext überflüssige Zeilen verzichten, die die gewünschte Darstellung der Prämisse nur verwässern könnte.
So, dass ist
eine Methode, wie ich ins Texten komme, ohne mich gleich von der Muse geküsst zu fühlen
Hier mach ich mal Pause