Ich war schon in einem Musikladen mit grosser Kopfhörer-Testwand. Dort konnte man dann Musik spielen lassen und die Kopfhörer alle antesten. Leider hat dies überhauptnichts gebracht, weil die Empfindlichkeiten unterschiedlich sind. Manche sind richtig laut, andere wieder sehr leise. So bringt der Vergleich nichts.
Damit schon der Griff zum Testobjekt - und erst recht der Kauf - nicht mehr oder minder dem Zufall überlassen bleibt und Du beim Probieren des sechsten Kopfhörers (KH) schon nicht mehr weißt, was ihn von den ersten beiden, die Du ausprobiert hast, unterscheidet, ist es ratsam vorab zu selektieren.
Unabhängig vom Klangempfinden sind eine Reihe vermeintlicher Nebenschauplätze zu beachten, die die Kaufentscheidung maßgeblich beeinflussen können.
Da ist zunächst die Bauform: es gibt offene, halboffene und geschlossene KH. Wie die Bezeichnung bereits vermuten lässt, schirmen
geschlossene KH den Träger von Umgebungsgeräuschen stärker ab als ihre halboffenen und offenen Kollegen. Damit geht einher, dass auch die Umwelt weniger bis nichts vom Sollbetrieb mitbekommt als dies bei (halb-)offenen KH der Fall ist, z.B. abends, wenn der noch junge Nachwuchs widerwillig die Bettruhe angetreten hat.
Die Klangcharakteristik geschlossener Bauformen ist in aller Regel, vereinfacht gesagt, weich und direkt, kaum räumlich. Mitunter ertappt man sich dabei, wie man ein bissl Reverb oder Delay (soweit vorhanden) draufgibt, was bei einem Pärchen munter aufspielender Aktivboxen vergleichsweise schon wabernd klingt.
Bei längerem Betrieb macht sich ein Nachteil des geschlossenen KHs bemerkbar, Du bekommst relativ schnell einen "Satz heiße Ohren", weil die Lauscher unter den geschlossenen KH, insbesondere denen die ohrumschließend mit Kunstoffpolstern ausgerüstet sind, transpirieren. Wenn Dir zudem jemand auf die Schulter tippt, um mit Dir die Kommunikation aufzunehmen, ... soo bist Du schon lange nicht mehr erschreckt worden.
Die Vor- und Nachteile des
offenen KHs - in aller Regel sind sie ohraufliegend konstruiert - verhalten sich genau umgekehrt zu denen des geschlossenen KHs. Abhängig vom Betriebspegel wirst Du Deine Umgebung mit Deinen künstlerischen Fähigkeiten begeistern, aber genauso wenig von der Umwelt abgeschirmt werden. Die Klangeigenschaften sind typisch räumlich, eher indirekt aber transparent. Zudem ist der Tragekomfort meist deutlich besser, selbst wenn es sich um einen offenen KH mit nicht textilummantelten Schaumstoffpolstern handelt.
Die
halboffenen KH (manche nennen sie auch halbgeschlossen) sind ein mehr oder minder gelungener Kompromiss zwischen den dargestellten KH-Welten. Es gibt sie sowohl ohraufliegend als auch ohrumschließend. Auch diese Bauform hat ihre Fangemeinde.
Was sagt uns nun der Wert des Wechselstromwiderstandes, die Impedanz? Zunächst gar nichts, denn die
Impedanz ist nun mal frequenzabhängig, mithin keine "feste" Größe. Aber dennoch nimmt sie Einfluß auf das Ansprechverhalten und damit auf den Klang. Die Impedanz sagt aber nichts darüber aus, ob ein hochohmiger KH (hier sind durchaus Werte oberhalb von 600 Ω drin) zwangsläufig gut, ein niederohmiger Kopfhörer (ab 35 Ω aufwärts) deswegen weniger gut klingt.
In Tonstudios werden meist
hochohmige KH verwendet. Sie bieten einen weichen, feinzeichnenden Klang und sind "Allesfresser" an fast jedem Studioequipment.
Niederohmige KH neigen zum Färben; die Höhen kommen spitzer, die Bässe etwas satter, fahren aber früher in den Klirr. Dafür kann man sie gleichermaßen gut an MP-3-Playern verwenden. Da Digitalpianos in aller Regel nicht mit den besten eingebauten KH-Vorverstärkern aufwarten, sollte man keine allzu hochohmigen KH verwenden.
Wer nach den beschriebenen Kriterien selektiert, dem dürften nur noch eine Handvoll Kopfhörer bleiben, die sinnvollerweise am eigenen Digitalpiano ausprobiert werden sollten. Das Abhören handelsüblicher CD- oder mp3-Klänge bietet leider keine Referenz zur Klangbeurteilung, weil das Digitalpiano gegenüber "totkomprimierten" Signalen ein Vielfaches an Sounddynamik entfaltet.
Und noch etwas: Vorsicht mit dem Pegel! Denkt an Eure Gesundheit und dreht nie auf, sonst legt Ihr damit den Grundstein für einen nahtlosen Übergang vom Kopfhörer zum Tinnitus-Masker oder Hörgerät.
Ooops, ich sehe gerade, dass es eine Menge mehr Text geworden ist, als ursprünglich gedacht ...