Foxx
Pop/Rock-Gesang
Kommerzielle Gesangssysteme
Mit Beiträgen von broeschies, Kenshi, Shana und Foxx
In den letzten Jahren haben Gesangssysteme - also lizenzierte Lern- und Lehrkonzepte - immer mehr an Bedeutung und Popularität gewonnen. Was diese Gesangssysteme auszeichnet, ist eine kommerzielle Verbreitung der Lehrinhalte über Workshops und Seminare durch offiziell lizensierte Lehrer. Die kostenpflichtige Ausbildung zu einem solchen wird üblicherweise ebenfalls angeboten. Diese Franchises füllen in gewisser Hinsicht ein Vakuum, das von den "offiziellen" Ausbildungswegen an Hochschulen, die lange Zeit nur klassischen Gesang anboten, nicht bzw. zu spät besetzt wurde.
Da hier im Forum in den letzten Jahren vermehrt Rückfragen zu solchen Systemen kamen und auch immer mehr User sich aktiv mit ihnen beschäftigen, Workshops besucht haben oder die dazugehörigen Lehrwerke benutzen, möchten wir hier einen kurzen Überblick anbieten, der die wichtigsten Merkmale und Prinzipien der verschiedenen Systeme kurz vorstellt.
Wir nehmen mit den folgenden Beschreibungen keine Wertung der einzelnen Systeme vor - sich eine Meinung über Pros und Kontras zu bilden soll jedem Anwender selbst vorbehalten bleiben. Dennoch sei zumindest ein allgemeiner Hinweis erlaubt: Keines dieser Systeme hat Gesang neu erfunden! Es handelt sich um verschiedene Herangehensweisen, die für den einen besser, für den anderen schlechter funktionieren. Einige bieten sehr gute Ideen und interessante Ansätze, vieles ist aber auch alter Wein in neuen Schläuchen und bei allen unten genannten Systemen handelt es sich um kommerzielle Methoden, die entsprechend aggressiv vermarktet werden. Man sollte daher immer im Hinterkopf behalten, dass es keine Wundermethoden gibt, die einen über Nacht zur nächsten Whitney Houston oder zum nächsten Freddie Mercury machen.
In diesem Sinne: viele Wege führen nach Rom - viel Erfolg dabei, Euren eigenen zu finden!
Im Folgenden werden vorgestellt:
Beim Estill Voice Training System (EVTS), das auf die amerikanische Stimmforscherin Jo Estill zurückgeht, wird der Gesangsapparat quasi in seine einzelnen Elemente "zerlegt" und evaluiert, welche Funktion jedes einzelne einnimmt. Die einzelnen "Stellschrauben" werden innerhalb des Systems als "Figures" bezeichnet und stellen die Grundlage für ein physiologisches Verständnis des Gesangsapparates dar.
Die Fragestellungen sind also: wie klinge ich, wenn mein Kehlkopf sich senkt oder hebt, mit geschlossenem oder offenen Gaumensegel, mit gekipptem oder gerade gestelltem Schildknorpel usw. Hingeführt wird man zu diesen einzelnen Figures durch das Imitieren von leicht nachzumachenden, bekannten Klängen, wie z.B. das Maunzen einer Katze oder das Lachen einer Hexe.
In einem zweiten Schritt werden dann die insgesamt 13 Figures wieder zu Klangqualitäten "zusammengeführt", indem man beispielsweise sagt: tiefer Kehlkopf, dünne Stimmlippen, weicher Stimmeinsatz, geschlossenes Gaumensegel und leichter Twang führen zu einem Opernklang. Estill versteht Gesang als "Top Down"-Prinzip und geht davon aus, dass Stütze nicht gelehrt werden muss, da die richtige Atmung sich bei korrekter Kehlkopfeinstellung von alleine ergibt.
Lehrangebot: Üblicherweise wird das Programm in zwei mehrtägigen Workshops angeboten, Estill Voice Training Level 1 und Level 2. In Level 1 werden die Figures und in Level 2 die Klangqualitäten gelehrt. Das Belegen beider Workshops ist die Grundvoraussetzung um sich selbst als EVTS-Lehrer zertifizieren zu lassen. Hierfür ist das Ablegen von Prüfungen und das Hospitieren in weiteren Kursen notwendig.
Literatur: Teilnehmer der Workshops erhalten die dazugehörigen Lehrbücher Estill Voice Training Level 1 und Level 2. Diese sind allerdings nicht frei verkäuflich.
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CVT steht für Complete Vocal Technique und ist ein System, das von der Dänin Cathrine Sadolin entwickelt wurde. Als grundlegende Elemente bzw. Grundprinzipien des Gesangs definiert es:
1. Atemverbindung ("Support")
2. Fokus/Vordersitz (das heisst im Buch "notwendiger Twang")
3. die Entspannung von Kiefer und Lippen
Nach CVT gibt es vier grundlegende Stimmgebungsmodi: Neutral (entspricht in etwa einer kopfigen, "halbklassischen" Randstimme), Curbing (entspricht in etwa der Mischstimme, also der kopfigen Vollstimme), Overdrive (entspricht in etwa dem Belting) und Edge (entspricht Gesang mit übermäßig starkem Twang). Jeder dieser Modi kann mit sogenannten Effekten klanglich verändert, also z.B. abgedunkelt oder schärfer gemacht werden. CVT geht somit im Vergleich zu EVTS den umgekehrten Weg: die Modi werden als fertige Klangeinstellungen präsentiert, die dann durch das Verändern einzelner Aspekte klanglich verändert werden können.
Lehrangebot: Das Complete Vocal Institut in Kopenhagen bietet 5-Tages-Kurse an, sowie zweiwöchige Intensivkurse im Sommer. Daneben existiert ein einjähriges Ausbildungsprogramm zum CVT-Sänger sowie eine dreijährige Ausbildung zum CVT-Lehrer. Letztere können eigene Kurse und Workshops anbieten.
Literatur: Das Lehrwerk Complete Vocal Technique bzw. Komplette Gesangstechnik ist frei verkäuflich.
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Speech Level Singing (SLS) von Seth Riggs basiert im Wesentlichen darauf, dass die Einstellung des gesamten Gesangsapparates auf die Sprechlage eingestellt wird, um so ein möglichst entspanntes Singen zu gewährleisten. Die Kernidee ist, mit minimalem Technikaufwand zu singen und als Ausgangsklang dafür den Sprachklang zu verwenden. Übermäßige, extreme Kehlbewegungen sollen beim Gesang vermieden werden - die Übungen sind jedoch bisweilen sehr extrem. Charakteristisch ist das frühe und viel geübte Wechseln in die Kopfstimme. Das A&O für guten Gesang ist hier der saubere Stimmbandschluss. Das Programm wird häufig damit beworben, dass viele in den USA bekannte Popsänger Unterricht bei Riggs persönlich oder zumindest seinen Master Instructors genommen haben.
Lehrangebot: Unterricht nach SLS wird von verschiedenen lizensierten Lehrern angeboten. Daneben werden mehrtägige Workshops und Master Classes durch sogenannte SLS Master Instructors angeboten. Um sich selbst als Instructor zertifizieren zu lassen, müssen Lehrproben abgelegt und regelmäßig wiederholt werden.
Literatur: Es existiert zwei englischsprachige Lehrbücher von Riggs: "Singing fort he Stars" sowie "American Idol Singers Advantage". Beide Werke laufen aber nicht "offiziell" unter der SLS-Marke.
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The Vocalist Studio (TVS) von Robert Lunte richtet sich nach Aussage von Lunte selbst primär an fortgeschrittene Sänger und ist auf den Bereich des Contemporary-Gesangs ausgelegt. Die 4 "Säulen" des Gesangs sind Lunte nach: Atmung, Phonation, Resonanz und Visualisierung (am günstigsten mit "Vorstellungskraft" übersetzt). Luntes Programm ist dabei von EVTS geprägt, da er selbst darin ausgebildet wurde. Entsprechend werden gesangliche Konzepte werden bei Lunte grob angelehnt an die zugrunde liegenden physiologischen Vorgänge relativ fein aufgedröselt. Generell gibt es bei Lunte 4 sogenannte Vocal Modes, die zum Singen tauglich sind, nämlich "Opera" (klassischer Gesang), "Twang" (bei Lunte im Prinzip = Contemporary-Gesang), "Belt" (sehr stark angelehnt an natürliches Rufen) und "Distortion" (angezerrter Gesang basierend auf entweder Belt oder Twang). Lunte propagiert ein "Early Bridging", also ein frühstmögliches Wechseln von tiefen Registern in höhere.
Lehrangebot: Gesangsunterricht nach TVS wird von lizensierten Lehrern angeboten. Robert Lunte selbst tourt in unregelmäßigen Abständen weltweit und bietet Master Classes an. Um sich als Lehrer zertifizieren zu lassen, muss man min. 35 Unterrichtsstunden bei Lunte persönlich nehmen und sich von ihm prüfen lassen.
Literatur: Luntes englischsprachiges Lehrbuch "The Four Pillars of Singing" ist frei verkäuflich.
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Brett Mannings Singing Success ist in gewisser Hinsicht ein "Sprössling" des SLS-Systems, nach dem Manning selbst unterrichtet wurde. Das System kennt fünf Register: Vocal Fry, Bruststimme, Kopfstimme, Falsett und Pfeiffstimme. Der Mix wird hier als Technik, nicht als eigenes Stimmregister angesehen. Zwischen Kopfstimme und Falsett wird unterschieden mit der Begründung, die Kopfstimme sei satt und gestützt (gestützte Randstimme) und das Falsett wäre ungestützt. Das Ideal von Singing Succes ist eine Stimme, die in allen Registern Homogen klingt sowie ein Kehlkopf der möglichst in einer neutralen Position bleibt ohne zu verrutschen. Brüche werden nicht durch Hochziehen von Kehlkopf oder Gaumen umspielt, sondern durch versiertes Mischen überbrückt. Generell wird auch bei diesem System sehr früh in die randstimmigen Register gewechselt.
Lehrangebot: Das Programm besteht im Wesentlichen aus dem DVD-Paket mit Buch (siehe unten), Workshops werden nicht angeboten. Allerdings bieten Brett Manning sowie eine Crew aus sogenannten Master Associates ergänzenden Einzelunterricht an.
Literatur: Das Singing Success Lehrprogramm besteht in einem Paket aus mehreren CDs und DVDs mit begleitendem Lehrbuch.
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Powervoice von Andrés Balhorn ist kein "eigenes" System, sondern vielmehr eine einfache Zusammenstellung an Skalen- und Intervallübungen und stellt im Wesentlichen eine Übertragung alterhergbrachter, klassischer Lehrmethoden auf den Pop- und Rockgesang dar. Zu beachten ist, dass das Buch zu einer Zeit erschien, als Popgesangsdidaktik in Deutschland ein Randthema und das Angebot an Gesangsunterricht vorwiegend klassisch geprägt war. Stimmen und Meinungen zum Lehrbuch finden sich in unserem Literaturthread. Die Powervoice Academy sowie das dazugehörige Workshopangebot entstanden erst später aufgrund des Erfolges des Buches.
Lehrangebot: Es werden deutschlandweit ein- und mehrtägige Workshops durch Balhorn sowie lizensierte Lehrer angeboten. An der Powervoice Academy in Hamburg kann sich für ein halbjähriges Ausbildungsprogramm zum zertifizierten Lehrer bewerben.
Literatur: Das Buch ist in deutscher Sprache im freien Handel verfügbar.
Mit Beiträgen von broeschies, Kenshi, Shana und Foxx
In den letzten Jahren haben Gesangssysteme - also lizenzierte Lern- und Lehrkonzepte - immer mehr an Bedeutung und Popularität gewonnen. Was diese Gesangssysteme auszeichnet, ist eine kommerzielle Verbreitung der Lehrinhalte über Workshops und Seminare durch offiziell lizensierte Lehrer. Die kostenpflichtige Ausbildung zu einem solchen wird üblicherweise ebenfalls angeboten. Diese Franchises füllen in gewisser Hinsicht ein Vakuum, das von den "offiziellen" Ausbildungswegen an Hochschulen, die lange Zeit nur klassischen Gesang anboten, nicht bzw. zu spät besetzt wurde.
Da hier im Forum in den letzten Jahren vermehrt Rückfragen zu solchen Systemen kamen und auch immer mehr User sich aktiv mit ihnen beschäftigen, Workshops besucht haben oder die dazugehörigen Lehrwerke benutzen, möchten wir hier einen kurzen Überblick anbieten, der die wichtigsten Merkmale und Prinzipien der verschiedenen Systeme kurz vorstellt.
Wir nehmen mit den folgenden Beschreibungen keine Wertung der einzelnen Systeme vor - sich eine Meinung über Pros und Kontras zu bilden soll jedem Anwender selbst vorbehalten bleiben. Dennoch sei zumindest ein allgemeiner Hinweis erlaubt: Keines dieser Systeme hat Gesang neu erfunden! Es handelt sich um verschiedene Herangehensweisen, die für den einen besser, für den anderen schlechter funktionieren. Einige bieten sehr gute Ideen und interessante Ansätze, vieles ist aber auch alter Wein in neuen Schläuchen und bei allen unten genannten Systemen handelt es sich um kommerzielle Methoden, die entsprechend aggressiv vermarktet werden. Man sollte daher immer im Hinterkopf behalten, dass es keine Wundermethoden gibt, die einen über Nacht zur nächsten Whitney Houston oder zum nächsten Freddie Mercury machen.
In diesem Sinne: viele Wege führen nach Rom - viel Erfolg dabei, Euren eigenen zu finden!
Im Folgenden werden vorgestellt:
- Estill Voice Training System
- Complete Vocal Technique
- Speech Level Singing
- The Vocalist Studio
- Singing Success
- Powervoice
Beim Estill Voice Training System (EVTS), das auf die amerikanische Stimmforscherin Jo Estill zurückgeht, wird der Gesangsapparat quasi in seine einzelnen Elemente "zerlegt" und evaluiert, welche Funktion jedes einzelne einnimmt. Die einzelnen "Stellschrauben" werden innerhalb des Systems als "Figures" bezeichnet und stellen die Grundlage für ein physiologisches Verständnis des Gesangsapparates dar.
Die Fragestellungen sind also: wie klinge ich, wenn mein Kehlkopf sich senkt oder hebt, mit geschlossenem oder offenen Gaumensegel, mit gekipptem oder gerade gestelltem Schildknorpel usw. Hingeführt wird man zu diesen einzelnen Figures durch das Imitieren von leicht nachzumachenden, bekannten Klängen, wie z.B. das Maunzen einer Katze oder das Lachen einer Hexe.
In einem zweiten Schritt werden dann die insgesamt 13 Figures wieder zu Klangqualitäten "zusammengeführt", indem man beispielsweise sagt: tiefer Kehlkopf, dünne Stimmlippen, weicher Stimmeinsatz, geschlossenes Gaumensegel und leichter Twang führen zu einem Opernklang. Estill versteht Gesang als "Top Down"-Prinzip und geht davon aus, dass Stütze nicht gelehrt werden muss, da die richtige Atmung sich bei korrekter Kehlkopfeinstellung von alleine ergibt.
Lehrangebot: Üblicherweise wird das Programm in zwei mehrtägigen Workshops angeboten, Estill Voice Training Level 1 und Level 2. In Level 1 werden die Figures und in Level 2 die Klangqualitäten gelehrt. Das Belegen beider Workshops ist die Grundvoraussetzung um sich selbst als EVTS-Lehrer zertifizieren zu lassen. Hierfür ist das Ablegen von Prüfungen und das Hospitieren in weiteren Kursen notwendig.
Literatur: Teilnehmer der Workshops erhalten die dazugehörigen Lehrbücher Estill Voice Training Level 1 und Level 2. Diese sind allerdings nicht frei verkäuflich.
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CVT steht für Complete Vocal Technique und ist ein System, das von der Dänin Cathrine Sadolin entwickelt wurde. Als grundlegende Elemente bzw. Grundprinzipien des Gesangs definiert es:
1. Atemverbindung ("Support")
2. Fokus/Vordersitz (das heisst im Buch "notwendiger Twang")
3. die Entspannung von Kiefer und Lippen
Nach CVT gibt es vier grundlegende Stimmgebungsmodi: Neutral (entspricht in etwa einer kopfigen, "halbklassischen" Randstimme), Curbing (entspricht in etwa der Mischstimme, also der kopfigen Vollstimme), Overdrive (entspricht in etwa dem Belting) und Edge (entspricht Gesang mit übermäßig starkem Twang). Jeder dieser Modi kann mit sogenannten Effekten klanglich verändert, also z.B. abgedunkelt oder schärfer gemacht werden. CVT geht somit im Vergleich zu EVTS den umgekehrten Weg: die Modi werden als fertige Klangeinstellungen präsentiert, die dann durch das Verändern einzelner Aspekte klanglich verändert werden können.
Lehrangebot: Das Complete Vocal Institut in Kopenhagen bietet 5-Tages-Kurse an, sowie zweiwöchige Intensivkurse im Sommer. Daneben existiert ein einjähriges Ausbildungsprogramm zum CVT-Sänger sowie eine dreijährige Ausbildung zum CVT-Lehrer. Letztere können eigene Kurse und Workshops anbieten.
Literatur: Das Lehrwerk Complete Vocal Technique bzw. Komplette Gesangstechnik ist frei verkäuflich.
*
Speech Level Singing (SLS) von Seth Riggs basiert im Wesentlichen darauf, dass die Einstellung des gesamten Gesangsapparates auf die Sprechlage eingestellt wird, um so ein möglichst entspanntes Singen zu gewährleisten. Die Kernidee ist, mit minimalem Technikaufwand zu singen und als Ausgangsklang dafür den Sprachklang zu verwenden. Übermäßige, extreme Kehlbewegungen sollen beim Gesang vermieden werden - die Übungen sind jedoch bisweilen sehr extrem. Charakteristisch ist das frühe und viel geübte Wechseln in die Kopfstimme. Das A&O für guten Gesang ist hier der saubere Stimmbandschluss. Das Programm wird häufig damit beworben, dass viele in den USA bekannte Popsänger Unterricht bei Riggs persönlich oder zumindest seinen Master Instructors genommen haben.
Lehrangebot: Unterricht nach SLS wird von verschiedenen lizensierten Lehrern angeboten. Daneben werden mehrtägige Workshops und Master Classes durch sogenannte SLS Master Instructors angeboten. Um sich selbst als Instructor zertifizieren zu lassen, müssen Lehrproben abgelegt und regelmäßig wiederholt werden.
Literatur: Es existiert zwei englischsprachige Lehrbücher von Riggs: "Singing fort he Stars" sowie "American Idol Singers Advantage". Beide Werke laufen aber nicht "offiziell" unter der SLS-Marke.
*
The Vocalist Studio (TVS) von Robert Lunte richtet sich nach Aussage von Lunte selbst primär an fortgeschrittene Sänger und ist auf den Bereich des Contemporary-Gesangs ausgelegt. Die 4 "Säulen" des Gesangs sind Lunte nach: Atmung, Phonation, Resonanz und Visualisierung (am günstigsten mit "Vorstellungskraft" übersetzt). Luntes Programm ist dabei von EVTS geprägt, da er selbst darin ausgebildet wurde. Entsprechend werden gesangliche Konzepte werden bei Lunte grob angelehnt an die zugrunde liegenden physiologischen Vorgänge relativ fein aufgedröselt. Generell gibt es bei Lunte 4 sogenannte Vocal Modes, die zum Singen tauglich sind, nämlich "Opera" (klassischer Gesang), "Twang" (bei Lunte im Prinzip = Contemporary-Gesang), "Belt" (sehr stark angelehnt an natürliches Rufen) und "Distortion" (angezerrter Gesang basierend auf entweder Belt oder Twang). Lunte propagiert ein "Early Bridging", also ein frühstmögliches Wechseln von tiefen Registern in höhere.
Lehrangebot: Gesangsunterricht nach TVS wird von lizensierten Lehrern angeboten. Robert Lunte selbst tourt in unregelmäßigen Abständen weltweit und bietet Master Classes an. Um sich als Lehrer zertifizieren zu lassen, muss man min. 35 Unterrichtsstunden bei Lunte persönlich nehmen und sich von ihm prüfen lassen.
Literatur: Luntes englischsprachiges Lehrbuch "The Four Pillars of Singing" ist frei verkäuflich.
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Brett Mannings Singing Success ist in gewisser Hinsicht ein "Sprössling" des SLS-Systems, nach dem Manning selbst unterrichtet wurde. Das System kennt fünf Register: Vocal Fry, Bruststimme, Kopfstimme, Falsett und Pfeiffstimme. Der Mix wird hier als Technik, nicht als eigenes Stimmregister angesehen. Zwischen Kopfstimme und Falsett wird unterschieden mit der Begründung, die Kopfstimme sei satt und gestützt (gestützte Randstimme) und das Falsett wäre ungestützt. Das Ideal von Singing Succes ist eine Stimme, die in allen Registern Homogen klingt sowie ein Kehlkopf der möglichst in einer neutralen Position bleibt ohne zu verrutschen. Brüche werden nicht durch Hochziehen von Kehlkopf oder Gaumen umspielt, sondern durch versiertes Mischen überbrückt. Generell wird auch bei diesem System sehr früh in die randstimmigen Register gewechselt.
Lehrangebot: Das Programm besteht im Wesentlichen aus dem DVD-Paket mit Buch (siehe unten), Workshops werden nicht angeboten. Allerdings bieten Brett Manning sowie eine Crew aus sogenannten Master Associates ergänzenden Einzelunterricht an.
Literatur: Das Singing Success Lehrprogramm besteht in einem Paket aus mehreren CDs und DVDs mit begleitendem Lehrbuch.
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Powervoice von Andrés Balhorn ist kein "eigenes" System, sondern vielmehr eine einfache Zusammenstellung an Skalen- und Intervallübungen und stellt im Wesentlichen eine Übertragung alterhergbrachter, klassischer Lehrmethoden auf den Pop- und Rockgesang dar. Zu beachten ist, dass das Buch zu einer Zeit erschien, als Popgesangsdidaktik in Deutschland ein Randthema und das Angebot an Gesangsunterricht vorwiegend klassisch geprägt war. Stimmen und Meinungen zum Lehrbuch finden sich in unserem Literaturthread. Die Powervoice Academy sowie das dazugehörige Workshopangebot entstanden erst später aufgrund des Erfolges des Buches.
Lehrangebot: Es werden deutschlandweit ein- und mehrtägige Workshops durch Balhorn sowie lizensierte Lehrer angeboten. An der Powervoice Academy in Hamburg kann sich für ein halbjähriges Ausbildungsprogramm zum zertifizierten Lehrer bewerben.
Literatur: Das Buch ist in deutscher Sprache im freien Handel verfügbar.
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