Missionierungen, dass sie sich erst mal einen guten Lehrer suchen soll, helfen nicht, weil sie für regelmäßigen Unterricht keine Zeit und keinen Nerv hat.
"regelmäßiger Unterricht" bedeutet im optimalem Fall 1x die Woche eine Stunde, bei wenig Zeit 1x im Monat eine Stunde. Im Vergleich zur nötigen ÜBEZEIT ist das vernachlässigbar - jedenfalls vom Zeitaufwand her.
Ich kenne mehr Leute, die zwar alles mögliche können wollen, aber lernen?
Bäh. Das ist ja wie Schule. Total retro. Wenn der Spaßfaktor nicht stimmt, kannst Du das vergessen! Und überhaupt, da kommt irgend so ein Schnösel, der meint an mir herum maulen zu müssen. Mach dies, mach das, lass DAS! Und zur Strafe spielst Du 100x "Frère Jacques". Kannst Du Dir stanzen, ich bin doch kein Kind mehr.
Ich freue mich jedes mal, wenn ich wieder zu meiner KL darf. Klar bin ich angespannt, ob meine Fortschritte "genügen", ob ich mir die Übungen richtig gemerkt und sie richtig umgesetzt habe. So regelmäßig wie ich sollte ist das auch nicht. Mal muss ich länger arbeiten, mal bin ich gar nicht da, mal hat sie Konzertkarten. Aber ein kurzes Telefonat und wir machen einen anderen Termin aus. SO kann Unterricht auch sein.
Ein(e) KL ist kein Pauker, sondern ein Freund. Einer der Dir HILFT, Dein Ziel zu erreichen und einer der Dir aber auch knallhart sagt, wenn Du dabei bist einen Blödsinn zu machen. Wie es gute Freunde eben tun.
Es sind auch nicht die großen Dinge, die sie mir in 50 Minuten rein paukt. Es sind die kleinen Dinge: "Da bei der Hand Haltung, das ist ungeschickt. Mit den kurzen Fingern ist es leichter wenn...", "in diesem Stück müssen wir bei der Betonung folgende Besonderheit beachten...", "Das Legato im Akkord musst Du so spielen, dass der xx Finger liegen bleibt, während die anderen neu anschlagen...", "Finger weiter rein auf die Tasten und auf die Haltung des Handgelenks achten..", "nicht so schnell, wir sind noch lange nicht im Ziel Tempo..."
Keine Klavierschule für Autodidakten kann Dir das geben. Das ist nicht "unbezahlbar", sondern "bezahlbar". Ich würde wenigstens am Anfang ein paar Stunden mit einem Profi einplanen. Auch Autofahren lernt man nicht aus einem Lehrbuch, sondern unter praktischer Anleitung. Wenn die Basics sitzen, darf alleine weiter geübt werden.
Abgesehen davon ist "Klavier spielen, mein schönstes Hobby" vermutlich eins der Werke die am häufigsten verwendet werden.
Das Problem bei erwachsenen Anfängern ist, dass sie sich schnell zu viel zumuten und sie sich nicht die Zeit nehmen, die Grundlagen zu erarbeiten. Ohne einen guten Unterbau wird es später aber ein arges Flickwerk. Die anfänglich schnellen Erfolge werden weniger, die Problemstellen immer mehr. Bis man nur noch Problemstellen hat und erkennen muss, dass man "offenbar unbegabt" ist.
Naja, im Durchschnitt eben. Aber Deine Bekannte ist bestimmt kein Durchschnitt sondern ein Überflieger. Somit ist das Szenario natürlich auf sie nicht anwendbar.